Hallo Tom,
um methodisch richtig zu trainieren muss man - zumindest als Einsteiger - gar nicht so viel beachten. Es ist aber nützlich, jeweils zu wissen, was man tut und vor allem auch wofür/warum man so und nicht anders trainiert. Zunächst solltest du wissen, dass sich viele Autoren schwerpunktmäßig mit dem AUSDAUERtraining befassen und dafür Pläne schreiben oder Regeln an die Hand geben. Ausdauer ist jedoch nur eine der motorischen Eigenschaften, die Läufer schulen. KRAFT, KRAFTAUSDAUER, usw. werden eher vernachlässigt.
Das ist so lange in Ordnung, wie keine Beschwerden beim Laufen auftreten, was übrigens - mag man schwerlich glauben, wenn man selber Betroffener ist - bei den meisten Einsteigern so ist. Vor allem wenn sie relativ früh mit dem Laufen anfangen. Dass du in diesem Forum massenweise über Beschwerden/Schmerzen/Verletzungen liest, liegt natürlich daran, dass sich hier kaum jemand "verewigt", bei dem alles "Paletti" ist. So wie beim Arzt auch nur Kranke (auch eingebildete) oder Rekonvaleszenten im Wartezimmer sitzen. Da du Beschwerden hast beim Laufen, vor allem solche die immer auftreten, auch wenn sie beim Training nach kurzer Zeit verschwinden, solltest du mit entsprechenden Übungen dagegen arbeiten.
Natürlich empfindet jeder Mensch Beschwerden anders, was die Intensität angeht, aber auch die Schmerzform. Darum in aller Vorsicht: "Brennende" Muskeln sind normalerweise ein Indiz für Überlastung. Nun kann aber in den ersten Minuten noch keine Ausdauerüberlastung auftreten. Möglicherweise - wie gesagt mit aller Vorsicht - unterliegen deine Wadenmuskeln einer Verkürzung. Das kann man mit Dehnübungen für die Waden beheben. 1 Million Seiten im Internet bieten dir dafür Übungen an, mit Fotos erklärt. Was oftmals bockfalsch dargestellt wird, ist die Dauer der Dehnung: Ich habe das mal mit einer erfahrenen Physiotherapeutin diskutiert, die für die Akutphase, also wenn die Beschwerden "da" sind und man beginnt dagegen zu arbeiten, eine Dehndauer von sage und schreibe 1 min für notwendig hält. Also 3 x 1 min in die Dehnung gehen. Alles was unter 20 s gehalten wird, ist wirkungslos. Bei Beschwerdefreiheit und Bewegungsapparat ohne Verkürzung genügt eine Dehndauer von etwa 30 s, um die betreffende Muskulatur auf Dauer flexibel zu halten.
Damit bin ich mittendrin: Sollten Verkürzungen da sein, dann haben die einen Grund. Und dieser Grund wird durch das Dehnen nicht beseitigt. Genauso, wie man durch Einwerfen von (reinen) Schmerzpillen, die Ursache des Schmerzes nicht bekämpfen kann. Letztlich heißt das, dass die betreffend Partie sozusagen lebenslang immer wieder gedehnt werden muss. Oder du beseitigst die Ursachen, was aber ein sehr langwieriger, schwieriger Prozess sein kann.
Weiterer Hinweis speziell zum Dehnen der Wadenmuskulatur: Da mir das selbst schon passiert ist, geb ich's mal weiter. Wenn man beim Dehnen übertreibt, dann kann man sich einen veritablen Muskelkater einfangen. Beim Dehnen der Wade steht man vor der Wand und stellt den Fuß nach hinten aus (wie zeigen dir die Bilder).
Übertreiben bedeutet in diesem Zusammenhang den Fuß
zu weit nach hinten ausstellen. Wenn dann die Dehnung einsetzt ÜBERdehnt sie die Muskelgruppen in der Wade. Also vorsichtig zu Werke gehen. Lieber kleine Ausstellweiten, schrittweise vergrößern, von Mal zu Mal, und lange (1 min) halten, das Ganze bei beiden Beinen je 3 x.
Neben der Flexibilität ist es aber auch noch wichtig die Kraft zu schulen. Möglicherweise - wieder mit aller Vorsicht - sind deine Wadenmuskeln auch einfach zu schwach. Die beste Übung, um dagegen zu arbeiten, ist die: Mit den Fußballen (-spitzen) einen sicheren Halt auf einer Treppenstufe suchen, dich mit einer Hand am Geländer oder wo auch immer festhalten. Dann die Fersen absenken, bis es in den Waden minimal zieht und dann mit diesem Fuß auf die Zehenspitzen gehen. Das Ganze langsam ausführen und nur so oft wiederholen (anfangs viellecht 7 - 10 mal), dass das besagte "Brennen" weitgehend vermieden wird. Die Übung nicht unterschätzen, immerhin stemmst du mit einem Fuß dein ganzes Körpergewicht. Beide Füße je 3 x nacheinander. Ich mache diese Übung selbst zweimal die Woche und bin bei etwa 20 - 25 Wiederholungen. Je nachdem wie viel Restermüdung von irgendwelchen Trainingseinheiten noch übrig ist.
Nun zu einem wichtigen Punkt: Nicht immer zwickt es da, wo auch das Problem liegt. Therapeuten sehen den Bewegungsapparat ganzheitlich. Zum Beispiel haben Läufer gerne mal Beschwerden im Bereich der Knie (meiste Beschwerden) oder im Bereich der Achillessehnen (zweitmeiste Beschwerdegruppe bei Läufern). In aller Regel ist weder das Knie, noch die A-Sehne das Problem. Am Laufen ist der komplette Muskelapparat beteiligt, auch wenn wir nur die Beine in Aktivität sehen. Doch andere Muskelgruppen sind extrem wichtig, weil sie die Laufbewegung erst möglich machen. Sie fixieren die Laufhaltung (Funktion: Halten) und verhindern so ein Abkippen. Dafür nutzen wir ganz wesentlich die Rückenmuskulatur, jene am Bauch, Adukktoren (Schritt Innenseite), Abduktoren (Hüfte, Gegenspieler der Adukktoren) und - ebenfalls elementar wichtig - die Gesäßmuskulatur. In Therapeutendenken übersetzt nützt es wenig bei spezifischen Beschwerden ganz spezifisch auch diese eine meckernde Partie zu schulen. Stattdessen sollte man mit einem Grundstock von Übungen die wichtigsten Partien permanent trainieren.
So ein Grundstock von Übungen (Kraft- und Dehnübungen) findest du auf unserer
Laufseite. Menüpunkt "Ein Weg zum Marathon", darin "7. Marathon und Gesundheit" und hier wiederum "3.3 Dehnen und Kräftigen.
Störe dich nicht dran, dass die Themen im Rahmen des Marathontrainings stehen. Die sind - wie vieles andere Grundlegende auch - für alle Läufer gleich.
Und noch der Hinweis: Falls deine Bescherden hartnäckig bleiben und auch nach einigen Wochen Dehnen/Kräftigen nicht besser weden, dann solltest du einen Sportarzt aufsuchen und das abklären lassen. Einen Sportarzt wohlgemerkt, keinen Orthopäden. Sportärzte kennen sich in solchen Dingen genauso gut aus, sehen ständig Laufprobleme, haben also sportspezifisch mehr Erfahrung und vor allem nehmen sie dich mit diesem - vergleichsweise - "Pieps" auch ernst.
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Was dein Ausdauertraining angeht, so gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Du solltest dir zunächst klar machen, dass die Muskulatur über zwei wesentliche Energielieferanten verfügt: Kohlenhydrate und Fette. Nun gilt grundsätzlich Folgendes. Fette sind als Kraftspender nahezu unerschöpflich im Körper gespeichert. Rein auf Fettbasis könnte ein Mensch tagelang laufen ... Nur leider ist die Flussrate, mit der dieser Prozess dem Muskel Energie bereitstellen kann beschränkt.
Kohlenhydrate lassen sich in der Muskulator rasch in Power umsetzen. Diese Sache hat aber auch einen Haken: Die Kohlenhydratvorräte stehen im Vergleich zu den Fetten nur in geringer Menge zur Verfügung. Grundsätzlich gilt: Je untrainierter die Ausdauer, umso geringer ist der Vorrat an Kohlenhydraten im Muskel (an Fetten natürlich auch).
Der Körper hat nun einen tollen Regelmechanismus entwickelt: Je langsamer wir laufen, umso mehr setzt er Fette als Energielieferant ein und schont die Kohlenhydrate. Beschleunigen wir, dann verschiebt sich die genutzte Energieform immer mehr zu den Kohlenhydraten hin. Das ist also eine Art von biologischem Hybridantrieb.
Und damit kannst du dir selbst erklären, warum Läufer in sehr unterschiedlichen Tempi mit unterschiedlichen Zeitdauern trainieren. Man muss langsam und lange Laufen, um den Fettstoffwechsel zu schulen, jedoch schnell (geht dann aber nur kurz), um den Kohlenhydratstoffwechsel zu "reizen", wie man in der Trainingslehre sagt. Zwischen langsam und schnell, gibt es mindestens noch zwei Zwischenstufen, auf denen man trainieren sollte, wo die Mischung Fett/Kohlenhyd. durchaus anders ausfällt.
Das ist aber schon ein sehr "raffiniertes" Training und für den Einsteiger nicht erforderlich. Der absolute Einsteiger (bist du nicht mehr nach 4 Monaten) läuft zunächst nur langsam, um überhaupt in die Gänge zu kommen und seinem Bewegungsapparat Zeit zur Anpassung zu geben.
Fortgeschrittenere, wie du, trainieren sinnvollerweise und im Grundsatz nach dem oben dargestellten Konzept:
Bezogen auf eine Trainingswoche:
1 x lange und langsam
1 x kurz und schnell
1 (oder 2) mal mittelang und mittelschnell, wobei man bei zwei solchen Einheiten, noch unterschiedliche Tempi wählen kann
Das "1 x kurz und schnell" muss aber keineswegs bedeuten (sollte es auch nicht), nun - um eine Zahl zu nennen - 30 min wie eine Granate durch die Gegend zu bolzen. Für den Anfang gibt es schonendere Methoden, die gleichermaßen zum Ziel führen. Allen diesen Methoden ist gemeinsam, dass das Tempo variiert.
Zum Beispiel so: 5 x 3 min schnell, dazwischen 2 -3 min Traben zu Erholung (Vorher ganz langsam 5 bis 10 min einlaufen, dann 5 min ganz langsam auslaufen). Diese Methode heißt Intervalltraining. Es leuchtet ein, dass man sich mit der Zeit mehr fordern kann, wenn man den Stellschrauben dreht: Schnelligkeitsintervall verlängern, Tempo erhöhen, Trabpause verkürzen, Wiederholungszahl erhöhen.
Oder - anderes Beispiel - das: Ins Gelände gehen und sich dort Aufgaben stellen: Zum Beispiel den Hügel vor dir so schnell wie verträglich erstürmen, oben dann zum Erholen weitertraben und irgendwann die nächste Aufgabe stellen: Bis zum Trafohäuschen schnell, dann wieder traben. Dabei ist es weder möglich noch nötig feste Belastungs- und Pausen-Zeiten einzuhalten. Einfach nach Gutdünken trainieren, innerhalb einer fix vorgegebenen Zeit. Zum Beispiel 10 min langsam eingrooven, dann 20 bis 30 min mit dem Tempo spielen, dann 5 min auslaufen. So was nennt man Fahrtspiel. Eigentlich die schönste Form Tempo ins Training zu bringen.
Oder auch so: Langsam loslaufen, dann alle 10 min das Tempo etwas steigern. Da du einen Pulsmesser hast, kannst du auch auf dessen Anzeige mit stufenweisen Erhöhungen des Pulses ca. 5 - 10 bpm (beats per minute) arbeiten. Bis zu einer von dir zu bestimmenden Höchstgeschwindigkeit, danach wieder stufenweise runter. Ein-Auslaufen ergibt sich automatisch, weil du langsam anfängst und langsam aufhörst.
Soweit das. Nun noch die wichtigste Regel, damit dein Ausdauerzuwachs nicht irgendwann stagniert. Genau das tut er nämlich, wenn du nach einer Weile jede Woche denselben "Stiefel" mit mehr oder weniger derselben Belastung trainierst. Um besser zu werden (schneller oder weiter laufen können, oder mit der Zeit beides), muss man den Reiz für den Körper immer weiter erhöhen. Sonst passt er seine Strukturen an und legt sich in seine Hängematte schlafen. Auch dabei darf man keinesfalls überziehen. Du musst darauf achten, dass du von einer Trainingswoche zur nächsten nie mehr als 10 % des gesamten Wochenumfangs steigerst. Besser ist klar drunter zu bleiben. Außerdem nicht innerhalb einer Trainingswoche sowohl die Tempoübung verschärfen, als auch beim längsten Lauf länger laufen. Enweder das eine oder das andere in einer Woche. Jede vierte Woche gibst du deinem Körper Gelegenheit alles in "Ordnung" zu bringen, was das harte Training der letzten drei Wochen in "Unordnung" brachte. Dazu gehst du im Pensum deutlich zurück in dieser einen Woche. Zum Beispiel so, falls du vier Einheiten trainierst: Eine der mittleren Einheiten weglassen und nur dreimal trainieren, außerdem ein zweite etwas kürzen. Diese Woche nennt man Regenerationswoche. Wer sie einhält hat mehr Trainingserfolg bei weniger orthopädischen Riskiken als andere, die das nicht tun.
Gilt natürlich nicht für Leute, die einen Level erreicht haben und nun - weil ihnen das genügt - Woche um Woche im Wesentlichen dieselbe Belastung abrufen (denselben "Stiefel" trainieren).
Das war's eigentlich "schon". Upss ist nun doch ein bisschen länger geworden

. Ist natürlich nicht alles, was man beachten kann. Wenn du mehr wissen willst, findest du weitgehend "Alles" auf unserer
Laufseite. Vor allem im Menüpunkt "Themen für alle Läufer", dort "Trainingsprinzipien".
Alles Gute und viel Laufspaß
Gruß Udo