miniwadl hat geschrieben:Wie trainiert man mit einem HF-gesteuerten Plan wenn man den Brustgurt zuhause lässt und sich nach der pace orientieren möchte?
Die Seite von Carsten ist mir bekannt, das wäre eine Möglichkeit.
Hallo miniwadl,
wie du korrekterweise festgestellt hast
"kann man nicht davon ausgehen dass diese Bereiche/Begriffsdefinitionen automatisch übereinstimmen (zb lockerer DL 80-85%)." In der Realität existierender Trainingspläne werden diverse Begriffe für Intensitäten verwendet, die der jeweilige Autor dann auch noch nach seiner Überzeugung mit Prozentwerten von Hfmax verknüpft. Beim ersten Kontakt mit dieser Welt geht es für den Interessierten kunterbunt durcheinander. Die einen reden von langsamen, ruhigem, lockerem, schnellem, usw. Dauerlauf, dann wieder welche in GA1, GA2, etc. Begrifflichkeiten. Wenn du dir meine Trainingspläne ansehen würdest, dann fändest die Angaben von DL65 über DL70 bis hin zu DL85.
Wenn du nach einem bestimmten Trainingsplan eines bestimmten Autors trainieren möchtest, dann bleibt dir zunächst nichts anderes übrig als dich in dessen Nomenklatur einzulesen. Es ist letztlich nicht schwierig herauszufinden, welche Hf-Bereiche der Autor mit dem jeweiligen Begriff verbindet. Wenn du die Zuordnung herausgefunden hast - und ich verwende hier mal als Beispiel die Begriffswelt meiner eigenen Trainingspläne -, ist allerdings noch nicht viel gewonnen auf dem Weg zu den "dahinter stehenden" Tempi.
DL70 = Dauerlauf: 70 - 75 % von Hfmax
DL75 = Dauerlauf: 75 - 80 % von Hfmax
DL80 = Dauerlauf 80 bis 85 % von Hfmax
DL85 = Dauerlauf: > 85 % von Hfmax (Tempodauerlauf und Wettkampftempo)
Das scheint doch recht einfach zu sein, oder? Isses auch. Dennoch haben Läufer häufig Schwierigkeiten, wenn sie nun versuchen so einen Hf-basierten Trainingsplan umzusetzen. Dafür gibt es die verschiedensten Gründe. Ein häufiger ist, dass sie ihre maximale Herzfrequenz falsch ansetzen. "Berechnen", falsch abschätzen, nicht ermitteln, von irgendwas ausgehen. Tatsächlich ist es nahezu unmöglich die wirkliche Hfmax aufs bpm genau zu bestimmen. Man kann das aber "hinreichend genau" tun, wie ist allerdings hier nicht das Thema.
Nur eins noch: Pulsbasiertes Training funktioniert nur, wenn eine wichtige Voraussetzung erfüllt ist ... Kürzlich mailte mir ein Nuzter meines Marathontrainingsplanes "Zielzeit 3:44 h", dass er mit den Pulsbereichen überhaupt nicht zurecht käme. Es stellte sich heraus, dass sein Ausdauerniveau überhaupt nicht zur gewählten Zielzeit passte. Um seinen Voraussetzungen zu entsprechen hätte er den Plan "3:29 h" oder sogar noch etwas anspruchsvoller trainieren können/müssen. Sein Argument den weniger anspruchsvollen zu wählen war: Er habe nicht so viel Zeit und wolle sich auch nicht so verausgaben und gesunheitlich keine Risiken eingehen. Alles in Ordnung. Kann er machen. Allerdings kann er dann nicht nach Pulsangaben trainieren. Wenn mein Plan z.B 80% von ihm verlangt, dann wird er feststellen, dass er ein Tempo erreicht, das deutlich über dem Marathonrenntempo liegt. So erging es ihm dann auch. Tatsächlich jedoch sollte er mit DL80 unter Marathonrenntempo bleiben, allenfalls es erreichen. Was ist da los? Seinem Herz ist völlig egal, was auf dem Papier steht. Wenn er sein Herz mit Marathonrenntempo für 3:44 h reizt, dann "lacht" das da drüber, weil es eben sehr leistungsfähig ist aufgrund vorherigen Trainings auf niedrigeren Distanzen.
Heißt was? Heißt, dass ich meinen Trainingsplan sehr sorgfältig nach meinem aktuellen Leistungsstand auswählen muss. Dazu muss ich mein Zielzeitpotenzial auf der Strecke für die ich trainieren möchte hinreichend genau abschätzen. Und um das wiederum zu leisten brauche ich ein Ergebnis auf einer Unterdistanz, die ich dann mit einem Faktor multipliziere. Dieser Faktor beträgt z.B. zwischen der Distanz 10 km und Halbmarathon 2,22 (Es sei mir gestattet auf die Herleitung dieses Faktors zu verzichten). Wenn also jemand einen HM-Trainingsplan braucht, dann sollte er zuerst 10 km (5 geht auch, dann muss er allerdings den Faktor 4,67 verwenden) laufen. Und zwar volle Pulle, wie im Wettkampf, am besten in einem Wettkampf. Dann kann er abschätzen was er HM-mäßig drauf hat und sich den für ihn adäquaten Plan aussuchen. Und dann funktioniert die Hf-basierte Trainingssteuerung.
Ich "schwiff" nun ein wenig ab, von deiner Frage, um dir zu zeigen, was da alles dahinter steckt, wenn man mit Herzfrequenmesser trainieren will und um was sich Leute Gedanken machen, die entsprechende Trainingspläne verfassen. Jetzt wieder zu deiner Frage. Du musst also letztlich den Ersteller des Trainingsplans fragen, wenn du exakt wissen willst, welche Pulsbereiche er welchem Tempo zuordnet. Wenn du es nicht so exakt brauchst (und das ist doch meistens der Fall), dann kannst du dir diese Bereiche selbst zurechtlegen. Dabei gehst du von den mittleren Prozentwerten aus, mit denen Wettkämpfe üblicherweise gelaufen werden. Ganz grob kann man sagen:
- Marathon mit 85%
- Halbmarathon mit 87 %
- 10 km mit 90% von Hfmax
Selbstverständlich differiert dieser Wert zwischen gleich leistungsfähigen Läufern, auch zwischen den Geschlechtern und er hängt überdies davon ab, ob ich einen Leistungs-/Spitzenläufer oder einen ambitionierten Freizeitläufer betrachte. Freizeitläufer haben meist nicht die nötige so genannte "Tempohärte", um einen so hohen Hf-Wert über die komplette Distanz durchzuhalten wie Leistungs- oder Spitzensportler.
Mal ein Beispiel: Angenommen jemand trainiert einen Marathonplan für 3:30h. Den nehme ich jetzt gern, weil das Marathonrenntempo (MRT) dabei (fast) glatten 5 Minuten pro km entspricht. Diese 5 min/km kann er dann etwa 85 % von Hfmax gleichsetzen. Den anderen Eckpfeiler, das langsamste Tempo kann er aus der Erkenntnis der Trainingslehre gewinnen, dass der lange Lauf in Marathontrainings etwa 40 bis 60 Sekunden
* langsamer ausgeführt werden soll als das vorgesehene MRT. Und dieser lange Lauf entspricht wiederum nach der "Lehre" einem Pulsbereich von 70 bis 75 %. Und der Rest ist Aufteilen und zwar so:
MRT: 85 % <-> 5 min/km
DL80: Dauerlauf 80 bis 85 % ("lockerer" DL heißt das oft) <-> 5 bis 5:20 min/km
DL75: Dauerlauf 75 bis 80 % ("ruhiger" DL) <-> 5:20 bis 5:40 min/km
DL70: Dauerlauf 70 bis 75 % ("langsamer DL) <-> 5:40 bis 6:00 min/km
Das gilt selbstverständlich so NUR für eine bestimmte Zielzeit und für das Marathontraining. Für andere Zielzeiten und Strecken muss man das anders festlegen. Es war lediglich meine Absicht dir einen möglichen Weg aufzuzeigen, welche Überlegungen man anstellen muss, um Hf-Bereiche in Tempoangaben zu transformieren.
Ich hoffe, das versteht irgend jemand
Auf unserer Seite lässt sich das hier Dargestellte bei Bedarf nachvollziehen. Auch die "ominösen" Faktoren zur Potenzialbestimmung für die Zielstrecke (z.B. unter "Trainingspläne"). Unter "Themen Marathon", "2. Planung" dort "2.1 Abschätzung einer realistischen Zielzeit" ist auch erklärt, woher diese Faktoren stammen.
Dir alles Gute
Gruß Udo
*) Je größer die Zielzeit für einen geplanten Marathon wird, umso geringer ist auch die sinnvolle Distanz zwischen dem geplanten MRT und dem Trainingstempo langer Lauf. Beispiel: Wenn jemand einen Marathon in 4:45 h plant (MRT ca. 6:40 min/km) dann sollte er seine langen Läufe beinahe im selben Tempo ausführen, höchstens ein paar Sekunden langsamer, dafür, wenn ihn das zu überfordern droht, lieber immer wieder mal eine Gehpause im Training einlegen.