Nxtway hat geschrieben:Hallo Forum,
Wenn ich die Literatur richtig verstehe, dann kommt beim Marathon der Mann mit dem Hammer wenn die Kohlenhydrate verbraucht sind. Mit dem trainieren der Fettverbrennung und reduzieren der Geschwindigkeit kann man das aufbrauchen der Kohlenhydrate herauszögern, im Idealfall bis ins Ziel.
Jetzt meine Frage: Kann man durch zyklische Einnahme von Power-Gel während des Marathon Kohlenhydrate zuführen sodass man flotter laufen und dennoch der Vorrat nicht auf Null geht ?
Hallo Nxtway,
wann der Vorrat an Kohlenhydraten (KH) so weit aufgebraucht ist, dass man eine Laufgeschwindigkeit beim Marathon nicht mehr halten kann, hängt von 3 Faktoren ab:
- Dem Vorrat an KH, den du in der Arbeitsmuskulatur und zu einem gewissen Anteil in den Organen gespeichert "an Bord" hast.
- Intensität (ist nicht gleich Tempo) in Verbindung mit Laufdauer
- Menge der während des Laufs zugeführten KH
zu 1: Durch effizientes Training gelingt es einerseits die Menge an gespeicherten KH zu erhöhen UND zweitens die Menge der pro Zeiteinheit verbrauchten KH zu senken. Letzteres bedeutet, dass der Organismus "lernt" dasselbe Tempo bei weniger Energieverbrauch zu realisieren, also wirtschaftlicher zu arbeiten.
zu 2: Je höher die Laufintensität, umso höher ist der Verbrauch an KH pro Zeiteinheit. "Intensität" kannst du als Ausdruck mit "Tempo" gleichsetzen, wenn die Strecke flach ist. Sind Steigungen zu überwinden, dann erhöht sich die Intensität trotz gleichbleibendem oder sogar langsamerem Tempo. Es leuchtet ein, dass bei mehr oder weniger forschem Tempo irgendwann die KH-Speicher entleert sein werden.
zu 3: Das Verdauungssystem (Magen-Darm-Trakt) des Menschen hat Grenzen, was die Schnelligkeit angeht, mit dem es zugeführte Nahrung verwerten kann. Am schnellsten verwertet es die von dir erwähnten Gels, wenn ein Läufer diese verträgt. Es gibt von Läufer zu Läufer Unterschiede, wie viel Gel er beispielsweise pro Stunde verdauen kann. Natürlich ist das auch vom Lauftempo abhängig. Sicher hast du schon gehört, dass einem - besonders in der Schlussphase eines Laufs - übel werden kann, was wiederum die Menge zuführbarer KH limitiert.
Letztlich gibt es - abhängig vom Trainingszustand - ein maximales Durchschnittstempo (im Flachen), das ein Marathoni laufen und bis ins Ziel konstant durchhalten kann. Nimmt er unterwegs keine KH zu sich, ist diese Pace (etwas) niedriger. Die hohe Kunst des Marathonlaufens ist nicht alleine effizient zu trainieren, sondern diese Pace am Tag X möglichst genau vorherzusagen. Hat man damit bestmöglichen Erfolg, dann reicht der KH-Vorrat (samt zugeführten KH) exakt noch für den Schritt über die Ziellinie. Schätzt man sich falsch ein, dann erzwingt der Körper langsameres Tempo, weil ihm (fast) nur noch der Fettsäurestoffwechsel zur Verfügung steht. Das kann recht abrupt passieren - binnen weniger Laufminuten - und wird dann als "Hammermann" empfunden. Es kann sich aber auch als schleichender Übergang bemerkbar machen.
Wie viel unterwegs geschluckte Gels zur Energieversorgung beitragen können, mag dir folgende (vereinfachte) Beispielrechnung zeigen: Angenommen du läufst einen Marathon in vier Stunden. Pro Stunde verbrauchst du ca. 800 kcal (der genaue Wert ist natürlich von Tempo, Trainingszustand, Körpergewicht und anderen Faktoren abhängig). Deine Muskulatur benötigt also 4 x 800 = 3.200 kcal, um das Ziel zu erreichen. Angenommen es gelingt dir 5 Gel-Portionen (Tütchen) mit je 100 kcal* zu schlucken und vollständig der Arbeitsmuskulatur zur Verfügung zu stellen (also schlucken und verdauen und über den Blutkreislauf der Muskulatur zuführen**). Im Beispiel wirst du also von den benötigten 3.200 kcal etwa 500 kcal (~ 15%) während des Laufs aufnehmen können. Real lässt sich das natürlich nicht genau bestimmen, weil es zu viele Unbekannte in der Rechnung gibt. Dennoch zeigt dir die Kalkulation die ungefähre Bedeutung der KH-Zufuhr während des Laufs. Natürlich bedeutet 15 % weniger KH nicht 15 % weniger Tempo, weil der Energiestoffwechsel nicht alleine auf KH basiert. Wie viel Prozent schneller man mit ausreichender KH-Versorgung laufen kann ist allerdings noch weniger sinnvoll rechnerisch zu erfassen, darum versuche ich es erst gar nicht.
*) Ca. 100 kcal pro Packung (Tütchen) ist ein typischer Wert für viele Präparate
**) Beachte: In den letzten 15 bis 30 min noch ein Gel zu schlucken wird nicht mehr viel helfen, weil die Zeit nicht reicht, um die KH zur Muskulatur zu bringen. Beachte außerdem: Wie viele kcal des Zuckers der Magen-Darmtrakt aufnehmen kann, hängt nicht zuletzt davon ab, ob das Mischungsverhältnis Wasser-Gel stimmt.
Fazit: Mit guter KH-Versorgung kannst du dein Lauftempo "etwas" schneller wählen als ohne und wirst in der Schlussphase des Marathon dennoch nicht einbrechen.
Alles Gute
Gruß Udo