Hallo Hydi,
du bist ein Opfer. Viele die hier mehr oder weniger erschrocken reinkommen und von "Frequenzüberschreitungen" berichten sind Opfer. Opfer der Industrie, Opfer von unbedachten Lauffreunden und Opfer eigener Irrtümer. Größtes Interesse an der fortschreitenden Verbreitung von Pulsmessern hat die Industrie. Der Grund dafür ist klar. Unbedachte Freunde empfehlen womöglich den Einsatz eines Pulsmessers, weil sie zu wenig nachdenken oder auch nicht mit Wissen rund um die Herzfrequenzmessung gesegnet sind. Letztlich sind sie selber Opfer. Mit dem Kauf eines Herzfrequenzmessgerätes ist man zunächst in der Lage die eigene Herzfrequenz (Hf) zu messen. Nicht weniger aber vor allem auch nicht mehr. Dies gilt für den Fall, dass man Messfehler vermeidet, die es auch gibt.
Aber auch korrekte Messwerte kann man aber nur unter bestimmten Voraussetzungen SINNVOLL verwenden.
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- Man läuft bereits einige Zeit mindestens zweimal pro Woche, weil ansonsten der Puls überschießt. Erklärung: Ein nicht ausreichend lange trainiertes Nervensystem schraubt bei jeder Ausdauerbelastung die Hf unnötig weit hoch. Es muss erst lernen, auf maßvolle Belastung mit entsprechender Erhöhung der Hf zu reagieren.
- Man kennt seine maximale Herzfrequenz (Hfmax). Diesen Wert exakt auszutesten ist sehr schwierig und setzt voraus, dass man bereits Grundausdauer erworben hat. Darum behelfen sich viele mit einer Hfmax aus Formeln ermittelt. Letzteres ist nur ein Notbehelf und sollte alsbald durch einen Belastungstest ersetzt werden.
- Man kennt und versteht die Prinzipien des Ausdauertrainings und weiß wie ein Pulsmesser in diesem Regelwerk unterstützen kann.
- Man kann mit dem eigenen Pulsmesser umgehen.
- Man weiß um Abhängigkeiten, denen der eigene Puls unterliegt. Eine Rolle spielen zum Beispiel Außentemperatur, Wasserhaushalt des Körpers, tageszeitliche Schwankungen, mentale Befindlichkeiten und mehr.
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Diese Liste 1 bis 5 klingt ingesamt kompliziert. Tatsächlich ist die sinnvolle Verwendung eines Pulsmessers kein kinderleichtes Unterfangen. Andererseits wird rasch damit zurecht kommen, wer sich ernsthaft mit den Zusammenhängen auseinandersetzt.
Was deinen konkreten Fall angeht, so hast du mit Sicherheit nicht deine tatsächliche Hfmax zu Grunde gelegt. Irreführend ist auch die Formulierung "dass ich ständig über meinem Trainingspuls laufe". So etwas wie DEN Trainingspuls gibt es nicht. Vom Hfmax leitet man INDIVIDUELLE Herzfrequenzbereiche ab, die jeweils eine bestimmte Intensität des Laufens repräsentieren. Grob eingegrenzt entsprechen 70 bis 80 % von Hfmax einem Tempobereich, der als angenehm und maßvoll belastend empfunden wird.
In deiner Situation hat der Einsatz eines Pulsmessers eigentlich nur den Sinn optisch oder akustisch bestätigt zu bekommen, dass das Herz schlägt. Also der Nachweis, dass du lebst. Aber dieses Empfinden vermittelt dir jeder gelaufene Kilometer über die Sensorik des Körpers viel intensiver... Scherz beiseite: Du brauchst keinen Pulsmesser. Achte auf Atemfrequenz und die anderen Empfindungen des Körpers, die von der Belastung ausgehen. Wachsende Müdigkeit zum Beispiel und auch mal ein Ziehen oder Zwicken in der Muskulatur. Lerne damit Tempo und Dauer deines Laufes zu steuern.
Empfehlung für das Tempo: Nur so schnell laufen, dass du dich noch unterhalten kannst (könntest) ohne dabei völlig außer Atem zu geraten.
Empfehlung für die Laufdauer: Aufhören, wenn sich Müdigkeit (Schwäche) deutlich bemerkbar macht. Du solltest nach dem Trainingsabbruch jedes Mal noch in der Lage sein ein Stück weiterzulaufen. Nie so lange laufen, bis dich dein Körper zum Abbruch zwingt.
Empfehlung für die Steigerung der Laufdauer: Nie mehr als um 10% steigern. Dieser Wert ist von einer Laufwoche zur nächsten berechnet. Beispiel: In Woche A drei Läufe zu je 20 min ergeben insgesamt 60 min. In der Folgewoche sollte man dann, um nicht mehr als 6 min verlängern. Sinnvoll wäre dann in Woche A+1 so zu laufen: Drei Läufe, zwei zu je 20 min und einer mit 25 min.
Empfehlung für die Häufigkeit der Trainings: Pro Woche drei Läufe, dazwischen jeweils mindestens ein Laufruhetag.
Den Pulsmesser kannst du in dem Moment sinnvoll verwenden, wenn du Grundausdauer erworben hast und mit Tempovariationen (Training in verschiedenen Herzfrequenzbereichen) deine Ausdauer erhöhen möchtest.
Ich wünsche dir alles Gute
Gruß Udo