Hallo Ute,
mein Beitrag bezog sich einzig und allein auf Berns Posting und nicht im Mindesten auf deine Antwort. Ich lese meist die Anworten anderer Foris auf ein Posting nicht, um unvoreingenommen meinen "Senf" beitragen zu können. Da du dich nun auf meinen Beitrag bezogen hast, will ich die Zusammenhänge aus meiner Sicht noch einmal klar stellen:
Niemand nimmt zu, nur weil er keinen Sport betreibt. Dabei ist es völlig egal, ob er NICHT läuft, NICHT Gewichte stemmt oder NICHT Fußball spielt oder was auch immer NICHT sportlich tut. Menschen nehmen zu, weil ihre Kalorienbilanz am Ende eines Zeitraums positiv ausfällt. Das heißt: Sie haben mehr Energie zu sich genommen, als sie verbrauchten. Dass es sehr viele schlanke Nichtsportler gibt, beweist meine Aussage. Wenn es sich bei diesen Schlanken um Menschen handelt, die nicht anderweitig - z.B. bei der Arbeit - körperlich gefordert werden, die also Gewicht in relativer Untätigkeit halten können, dann mag das aus anderen Gründen nicht sonderlich gesund sein. Es ist ja bekannt, dass von regelmäßiger körperlicher Betätigung sehr viele gesunde Wirkungen mentaler und physischer Art ausgehen. Also nix tun und schlank bleiben muss nicht gesund sein, aber darum geht es hier ja nicht. Hier geht es nur um die Kalorienbalance.
Wogegen ich mich wende ist das Ammenmärchen, die Legende, die Falschinformation, die Volksverdummung - nenne es, wie du willst -, dass Sport notwendigerweise schlank macht. Wer auf Sportplätze oder zu Sportveranstaltungen im Amateur- bzw. Freizeitbereich geht, wird genügend übergewichtige Sportler zu sehen bekommen. Die traf ich z.B. auf Fußballplätzen, als ich vor vielen Jahren dort noch selbst Bälle in der Gegend rum getreten hab. Und stelle dich an den Straßenrand eines City-Marathons und guck dir die Läufer im letzten Drittel an. Auch da wirst du einige sehen, die unübersehbar zu viel Gewicht mit sich schleppen. Ich hab auch eine eigene Erfahrung in dieser Hinsicht aufzuweisen. 2003 trainierte ich auf meinen zweiten Marathon, den ich letztlich tatsächlich in der gewünschten Zeit unter 3:30h - also relativ anspruchsvoll - zu Ende brachte. Es ist mir in den 3 Monaten Vorbereitung, bei einem Wochenpensum von ca. 70 bis 80 Kilometern und entsprechenden Tempi sogar gelungen 5 kg zuzunehmen. Da fragt man sich schon, wie so was geht. Ganz einfach: Wenn ich so viel und hart trainiere - so meine Denkweise - dann kann an den Rippen gar nix hängen bleiben. Hinzu kam, dass ich mich zu der Zeit im kulinarischen Schlaraffenland mit steter Verführung aufhielt, was ich nicht näher ausführen möchte.
Ein anderer Punkt: Ich hatte eine ziemliche Zeit lang das größte deutsche Laufmagazin abonniert. Über viele Monate machte jedes Heft u.a. mit einer immer gleichen Überschrift auf: "Durch Laufen soundsoviele Kg abgenommen". Natürlich war mir klar, warum dieser Blickfang auf der 1. Seite stand. Wer das liest und zu viele Kilos hat, der wird versucht sein das Heft zu kaufen ... Ich habe mich dennoch über diese Aufmachung geärgert, weil sie irreführend ist. Denn: In AUSNAHMLOS jeder der zig Läuferabnehmerfolgsgeschichten wurde erwähnt, dass besagte Gewichtsreduzierung mit der Zeit UND nach einer Umstellung der Ernährung erfolgte. Der eigentliche Grund war also nicht das Lauftraining, sondern die Ernährungsumstellung.
Natürlich ist niemand darin interessiert klar heraus zu stellen, dass die Pfunde - mit etwas mehr Verzögerung vielleicht - auch dann purzeln würden, wenn man nur die Ernährung umstellt und nicht läuft, radelt, Fußball spielt, Gewichte wuchtet.
In diesem Forum landeten in den vergangenen Jahren immer wieder ratlose Läufer, die sich vom Laufeinstieg eine Reduzierung ihres Übergewichts versprachen. Tatsächlich nach Laufbeginn auch ein, zwei, drei Kilo abnahmen - das war's dann aber auch. Durch den Sport aktivieren sie ihre Muskulatur und erhöhen damit den Grundumsatz. Bei ansonsten inhaltlich unveränderter Ernährung senkt das - normalerweise - das Gewicht etwas. Die Stagnation nach ein paar Wochen konnten sie sich nicht erklären, weil doch jeder weiß, dass Laufen schlank macht ...
Genau dieser Irrglauben ist es, wogegen ich mich wende. Sport - auch Laufen - unterstützt den Prozess des Abnehmens, wenn man es richtig macht. Und natürlich auch nur dann, wenn die eigentlichen Fehler, die dick machenden Gewohnheiten, verändert werden. Sport unterstützt, aber Sport macht nicht schlank. Ich habe mich oft gefragt, woher diese Legende rühren mag, die man dem Laufsport andichtet. Ist es, weil die meisten Läufer tatsächlich schlank sind? Was nach meiner Beobachtung aber nur auf die Mehrheit zutrifft, beileibe nicht auf alle. Oder ist es, weil eine Dienstleistungs-Fitness-Industrie diese Mär mit dämlichen Werbesprüchen immer wieder nährt? Kommt es vielleicht von der Trimm-dich-Welle, die in den 1970er und 1980er-Jahren der zunehmenden Verfettung und ungesunden Lebensweise entgegen gesetzt wurde? Ich habe leider nur Indizien zur Verfügung, aber keine Beweise.
Ich wünsche dir viel Laufspaß und alles Gute
Gruß Udo