imp hat geschrieben:Weil viele Anfänger nach Puls trainieren wollen, es für sie aber unmöglich ist, einen lockeren Lauf bei HF 70-75% zu machen, hat der Herr Karvonen die Karvonenformel erfunden. Demnach sind z.B. HF 70% gem Karvonenformel 80% nach der Allerweltsrechnung. Und Schwups muß sich keiner mehr Gedanken machen ob er nun bei 70 oder 80% HF max läuft und ob dies nun 65% HF Reserve oder 83 % HF Standard ist.
Hallo,
höchste Zeit mal wieder einzugrätschen, bevor Menschen, die mit Laufen beginnen wollen oder eben gerade begonnen haben und sich mit einigen Fragezeichen im Kopf hierhin verirren, noch mehr verwirrt werden.
Zunächst gilt es festzuhalten, dass Einsteiger - ich meine damit Läufer in den ersten Wochen nach Trainingsbeginn - keinen Pulsmesser brauchen. Hilfsmittel zu benutzen - und nichts anderes ist ein Pulsmesser -, ergibt erst Sinn, wenn man mit diesen Hilfsmitteln etwas Sinnvolles anstellen kann. Laufeinsteiger können auf der Anzeige des Pulsmessers lediglich ablesen, dass sie leben und natürlich auch dass der Puls steigt wenn sie loslaufen. Das ist alles. Mit der Herzfrequenz, die sie ablesen, etwas anfangen, können sie jedoch nicht. Also ist der Hf-Messer überflüssig. Ballast!
Hf-Messgeräte lassen sich dort sinnvoll einsetzen, wo in unterschiedlichen Herzfrequenzbereichen trainiert werden soll UND kann. SOLL, weil der Läufer/die Läuferin einen Trainingsplan verwendet, der auf solchen Herfrequenzbereichen basiert. Und KANN, weil das erst sinnvoll möglich ist, wenn sich das häufig zu beobachtende Überschießen der Herzfrequenz bei Laufeinsteigern verloren hat, der fortgeschrittene Laufeinsteiger seine maximale Herzfrequenz kennt und er überdies mit dem Hilfsmittel Hf-Messer umgehen kann. Dazu muss man ein bisschen was über die Abhängigkeit der Herzfrequenz von äußeren wie inneren Umständen wissen (Einfluss körperlicher Befindlichkeiten oder Außentemperatur, usw.) und von möglichen Fehlerquellen des Pulsmessers.
--------------------- Einsteiger ab hier nicht mehr weiterlesen ---------------------------
So und nun zum Inhalt des Zitats oben: Dort werden Bananen und Äpfel zu Obst zusammengemischt. "Lockeres Laufen" kann alles mögliche heißen. Es gibt keine Definition für "locker". Fix und fest ist lediglich die Angabe 70-75%, üblicherweise eine Belastung, wie sie bei langsamem "Wohlfühllauf" auftritt. Das nennen viele Autoren "langsamer Dauerlauf". In der Sportwissenschaft wird der Bereich bei "Grundlagenausdauer 1" (GA1) eingeordnet, was jedoch ebenfalls keiner festen Definition unterliegt.
Herr Karvonen hat die Karvonenformel sicher NICHT für Laufeinsteiger erfunden, die, wie oben schon erläutert, ohnehin keine sinnvolle Pulsmessung durchführen können, oder die Messwerte nicht sinnvoll verwenden, weil sie nicht mal ihre Hfmax kennen. Darüber hinaus ist die Karvonenformel für gut austrainierte Läufer viel eher bedeutsam. Der Grund dafür ist beim Ruhepuls zu suchen, der bei austrainierten Läufern sehr niedrig liegt. Wenn man die Karvonenformel anwendet, stellt man fest, dass die Herzfrequenzbereiche umso niedriger liegen, je niedriger der Ruhepuls ist. Ein austrainierter Läufer würde sich (nach Karvonen) also irgendwann überlasten, wenn er bei den anfänglich nur vom Hfmax abgeleiteten Pulsbereichen bleibt, obwohl er inzwischen erheblich ausdauernder geworden ist.
Und Gedanken muss man sich immer machen. Wer sich blind auf irgendwelches Formelgedöns oder schnöde Messgeräte verlässt, wird irgendwann nicht mehr seinem Körper gerecht trainieren. Egal was Formeln oder Messgeräte sagen, das was der Körper im Inneren meldet, das was man von den körpereigenen Sensoren mittgeteilt bekommt, muss man empfinden, überdenken, werten und sich entsprechend verhalten.
Gruß Udo