Die letzte halbe Woche vorm Lauf war dann nicht sooo toll…
Nachdem ich die Woche zuvor schon mit Bauchschmerzen zu kämpfen hatte, fühlte sich mein Kopf und insbesondere die Nase am Mittwoch und Donnerstag irgendwie erkältet an – ich habe dann mit Belladonna und Echinacea versucht, gegen an zu kämpfen.
Oder war das doch wieder Taper-Madness? Ich weiß es nicht…
Jedenfalls ging es mir ab Freitagnachmittag richtig sch***** im Kopf, und DAS war eindeutig Taper-Madness

Allerdings, und das kenne ich sonst nicht von mir, musste ich mich nach Feierabend „kurz mal hinlegen“ und habe zwei Stunden wie ein Stein geschlafen.
Trotz Taper-Madness oder gerade deshalb?
Oder doch nicht ganz auf der Höhe?
Ich werde es im Nachhinein nicht mehr herausfinden und deshalb starten wir jetzt mit dem Bericht zum Lauf
Samstagmorgen 5:31 Uhr geht der Wecker – showtime

Gut geschlafen und erholt aufgestanden reduziere ich mein morgentliches Rumpf- und Stabiprogramm auf die Hälfte, verzichte wie schon seit zwei Tagen ganz auf das Planking und lasse es auch mit den Liegestützen bei 23 Stück gut sein.
Power-Frühstück, Steffi wecken, Nippel abkleben und um 7:30 Uhr los.
Wir kommen ohne Stau oder sonstige Verzögerungen gut durch und sind um kurz vor 10 Uhr auch schon am Sander See.
Und: der offizielle Parkplatz vorm Eingang ist um diese Zeit schon komplett belegt, aber die angrenzende Wiese ist als Parkfläche freigegeben.
Ein paar Pavillons sind aufgebaut, in einem größeren Exemplar gibt es Kaffee und selbstgebackenen Kuchen und auf einem LKW hat die Live-Band „Time Spirit“ schon ihre Instrumente aufgebaut.
Das Buffet für die Läufer ist gedeckt und reichhaltig und vielfältig: Wasser, Cola, Fante, Iso, Brühe, Kaffee, Zitronentee, Malzbier, Bionade, alkfreies Bier mit und ohne Weizen…
Diverse Weingummis und Lakritzen, Salzstangen, Flips, Erdnüsse…
Bananen, Äpfel, Melonen, Käsehäppchen, Mini-Frikadellen…
Ob ich was vergessen habe?

Bei der Startnummernausgabe ist genau ein Läufer vor mir

Es ist eine fröhlich entspannte Stimmung am See und meine Nervosität, die mich quasi bis zum Parkplatz begleitet hat, ist nun der Vorfreude gewichen.
Wir suchen uns eine Bank fast direkt am See aus, erklären den Platz zu unserem „Lager“ und lassen die Taschen dort.
Um 4tel vor 11 eine kurze Ansprache des Sander Bürgermeisters, der Schirmherr der Veranstaltung, und dann gehen wir die paar Meter zum Start.
Es herrscht immer noch diese entspannte ausgelassene Stimmung hier am Start, ganz anders als ich das von den Hamburg Marathons oder gar kürzeren Läufen in Erinnerung habe. Dort meine ich immer die Luft kribbeln zu spüren

Lustige T-Shirts tragen einige Läufer, man sieht sowohl „Überhol ruhig, ich bin eh nur wegen der Verpflegung hier“ bis „Niemand hat die Absicht, 100 Meilen zu laufen“ über „MoinMoin Hamburg“ bis „100 Marathon-Club“ sind alle möglichen >>Botschaften<< dabei.
Ein letzter Kuss von meiner Süßen, Sonnenbrille auf und dann geht es gleich los.
10 – 9 – 8 - …3 – 2 – 1 – Startschuss.
Startschuss zum bisher größten Abenteuer meiner „Lauf-Karriere“ und wenn mir jemand im Oktober_2011 erzählt hätte, dass ich gut 4einhalb Jahre später meinen ersten Ultra laufen würde… ich hätte ihn schlichtweg für beknackt erklärt

Ich starte etwa in der Mitte des Starterfelds, das mit 79 Einzelläufern und 11 Staffelläufern per se überschaubar ist und versuche auf den ersten Metern, nicht zu stolpern, niemanden in die Hacken zu laufen und hoffe andererseits selber, dass mir niemand im anfänglichen Gedränge versehentlich einen Tritt verpassen wird.
Alles geht gut und nach einer ersten Runde hat sich das Feld sortiert und jeder hat genug Platz zum Laufen.
Ich habe mir als ersten Anhaltspunkt eine Läuferin ausgesucht, die mein angestrebtes Tempo läuft und im Gegensatz zu etlichen anderen einen eher konzentrierten und fokussierten Eindruck macht.
Wir passieren die Zeitmessung bei 10:40min, was einem Ø von 5:40 entspricht, und damit ist die erste Runde auch schon geschafft

Vom Tempo her gleich mal eine Punktlandung

Die (zweite) Runde geht am Verpflegungsbereich und an der Staffel-Wechselzone vorbei und steigt gleich neben dem Eingang zum See leicht an, bevor es an Bäumen entlang und meist beschattet wieder sanft bergab geht.
Nun folgt eine kleine Senke, dann wieder leicht bergan, nochmal etwas bergab, bevor die Strecke in einer Rechtskurve erst leicht und dann etwas stärker bergan führt.
Nach diesem kleinen Anstieg ist es eben und sonnig – und windstill und waaaam

Zur Rechten sieht man den Ems-Jade-Kanal bevor es wieder eine etwas stärkere Steigung hat, die man am besten auf der linken Seite des Weges nimmt, weil hier der Untergrund fester ist.
Nun geht es erst sanft und dann etwas stärker bergab und am Ende der Gefällestrecke ist ein Loch im Boden… mit vielleicht 30cm Durchmesser und geschätzt 10cm Tiefe kein wirklicher Krater, aber reinstolpern würde mit Sicherheit wehtun. Auf der linken Seite steht hier eine hölzerne Skulptur, die einen Fischer zeigt – gegenüber ein Rettungswagen, der heute hoffentlich nicht gebraucht wird.
Links herum und jetzt ist es eine kurze Strecke relativ eben, bevor die Strecke noch zwei Steigungen und Gefälle hat.
Nach ~450m Linkskurve in ein Stückchen Wald, schattig und ein leichtes Lüftchen von vorn, sehr angenehm.
Rechtskurve, zur linken der See mit dem kleinen Badestrand, ebene Strecke, kein Schatten und Wind von links.
Nach einem weiten Bogen eine Linkskurve, immer noch ebene Strecke, aber Wind von vorn.
Leichter Rechtsknick bevor man den Start-Ziel-Bereich wieder sehen kann, auf den es in einer letzten Steigung zugeht.
Alter Schwede, das ist aber eine ganz schöne Achterbahn… und ich dachte, Läufe in Ostfriesland fänden zwischen 0 und -1 unter NN statt

Runde No2 bei 20:56, was einer Rundenzeit von 10:16 und einem Ø von 5:16 entspricht.
Steffi steht am linken Rand und feuert mich an, ich lächele und zeige den erhobenen Daumen und es läuft jetzt

Runde No3 bei 31:03 in 10:07, was einem Ø von 5:13 entspricht.
Runde No4 bei 41:08 in 10:05, was genau so schnell ist wie die letzte Runde.
Meine Pacerin immer knapp vor mir laufen wir Runde No5 bei 50:56 in 9:48, was einem 5:07er Ø entspricht.
Erster Boxenstop und erste Überraschung am Getränkestand: es stehen keine Einweg-, sondern nummerierte Mehrwegbecher in einem Holzbrett mit großen Löchern. Dadurch stehen die Becher sicher, man kann sie sich theoretisch schon für den kommenden Stop wunschgemäß füllen lassen und last not least wird dadurch eine Menge Plastikmüll vermieden – 100 Punkte für die Orga

Meine Pacerin läuft durch und ich nutze die Zeit für einen ersten Blick auf den Zeitenmonitor während ich einen Becher Wasser trinke und ein Stück Banane mampfe.
AK Platz 3 lese ich… wow, DAS läuft aber heute

Küsschen von meiner Süßen und nach nicht mal einer Minute geht es weiter.
Die nächsten drei Runden kann ich ein ähnliches Tempo laufen und komme zu einem vorgezogenen Boxenstop an den Verpflegungsstand um vorsorglich etwas zu essen und zu trinken und einen weiteren Blick auf den Zeitenmonitor zu werfen.
AK2 und gesamt 8ter lese ich dort – Aaalter, wie geil läuft DAS denn bitte?
Ich bin völlig hin und weg und kann Steffi eben noch mit einem geilgeilgeil verabschieden, da geht es nach diesmal 2min Pause auch schon weiter.
In Runde No10 bekomme ich einen Klönschnack mit einem Ultrafriesen, kurz danach mit einem weiteren Ultrafriesen und einem anderen Läufer.
Das Tempo ist zu diesem Zeitpunkt weiterhin bei 5:30er Zeiten und als meine Laufuhr nach 1Stunde50 die 20Km anzeigt bin ich „10min vor Plan“ und recht zuversichtlich, dass heute richtig was gehen kann.
Ich bin völlig übermütig und spiele beim Laufen sogar ganz kurz mal dezent Luftgitarre zu Treasure Island von Running Wild, das grad in meinem Kopf läuft

Boxenstop nach Runde No13 und diesmal etwas länger Pause, außerdem ein Stück Melone und etwas Cola – nicht wie beim HH-Marathon (wahrscheinlich) irgendwelche Aldi-Cola, zuminnigens aber lauwarm und fast ohne Kohlensäure, sondern die gute und in kalt.
Immer noch AK3, aber gesamt auf Rang 12 zurück gefallen. Egal, das wird sich schon durch Boxenstops der anderen Läufer wieder gerade rücken.
Runde No14 geht dann in 5:40er Tempo als mein Bauch anfängt, komische Sachen mit mir zu machen… Seitenstiche habe ich vielleicht zwei Mal pro Jahr, also dann doch bitte nicht heute, hier und jetzt…
Runde No15 und 16 kann ich 6er Tempo laufen und bekomme zusätzlich noch Bauchschmerzen

Nächster Boxenstop nach gut 30Km und ich denke mal, dass ich auf einmal gar nicht mehr gut aussehe… und erkläre Steffi auch, dass es sich grad unerwartet anstrengend anfühlt.
AK4 und gesamt 17… und ab hier weiß ich für mich, dass ich nach 20Km nicht „10min vor Plan“ war, sondern wahrscheinlich doch etwas zu schnell in den ersten beiden Stunden und verabschiede mich schon mal vom „Plan“, am Ende eine 6 vorm Ergebnis stehen zu haben.
Gut 5min am Verpflegungspunkt zugebracht und Runde No17 mit der ersten Gehpause.