rap hat geschrieben:Ich laufe seit Mitte September regelmäßig mit einem Saucony Guide 5 (gemäßigter Dauerlauf 45-60min). Anfangs war ich recht zufrieden mit dem Schuh, seit drei Wochen habe ich jedoch das Problem, dass sich nach 20-30 Minuten lockerem Lauf das Knie bemerkbar macht und ich den Lauf abbrechen muss. Der Orthopäde diagnostizierte ein "Runner's Knee" und einen Senk-Knickfuß. Er verordnete mir Einlagen. Heute habe ich eine Fußanalyse beim Schuhtechniker machen lassen und mir Einlagen anpassen lassen. Bei der Laufbandanalyse kam heraus, dass sich meine Fußachse mit dem Guide 5 um 16 Grad neigt. Mir wurde folglich ein Schuh mit besserer Stützung empfohlen.
Ich bin mit Saucony eigentlich immer zufrieden gewesen; wäre der Omni 11 oder Hurricane 14 eine gute Alternative? Ich möchte wieder beschwerdefrei joggen.
Wie oft pro Woche läufst du deine 45 bis 60 Minuten und wie schnell, sprich wie weit kommst du dabei? Bist du von Null auf dieses Pensum gesprungen, wie sieht deine sportliche Vergangenheit aus?
Meistens ist nicht der Schuh schuld, bzw. kann kaum abhelfen, wenn Probleme bestehen, sondern die Überbelastung. Kaum einer weiß, dass das Bindegewebe (dazu zählen Sehnen, Bänder und Knorpel) sehr lange braucht, um sich neuen Belastungen anzupassen - bis zu einem Jahr. Dagegen durchlaufen kontraktile Strukturen und das Herz-Kreislauf-System schon in den ersten 8 Wochen massive Anpassungsprozesse. Das Ergebnis ist, dass man als Anfänger sehr schnell sehr viel mehr leisten kann, als man sollte, sprich als das Bindegewebe verträgt. Das wäre bei einer einmaligen Belastung kaum ein Problem, bei ambitioniertem Training mehrmals die Woche nimmt es aber auf Dauer Schaden. Das Bindegewebe meldet sich leider erst, wenn es zu spät ist, schon eine Beschädigung vorliegt, daher wird man nicht rechtzeitig auf eine Überlastung aufmerksam.
Der einzige Weg, dem abzuhelfen, besteht darin erst einmal die Schäden ausheilen zu lassen. Das heißt: Totaler Sportstopp, betroffene Region mehrmals täglich je 10min lang mit Eis behandeln (das reduziert Entzündungen und fördert im Nachlauf die Durchblutung, was wiederum dem Abtransport von Abbauprodukten im Gewebe und der Nährstoffversorgung zur Heilung dient) und uU geringe, aber regelmäßige Einnahmen entzündungshemmender Medikamente (zB 3x täglich 300mg Ibuprofen, auch Wobenzym, dann aber hochdosiert, kann man versuchen). Nach den ersten 1-2 Wochen sollte man mit leichter Bewegung die Heilung ankurbeln (Bindegewebe hat keine eigene Durchblutung, sondern wird nur durch Diffusion bei Bewegung ernährt!), das heißt Spazierengehen, Schwimmen oder Radfahren - alles unterhalb der trainingswirksamen Schwelle, kein Schweiß darf fließen, dafür lange am Stück (30min+). Hinterher empfiehlt sich sofort eine der genannten Eisbehandlungen, gerne auch ein Gang durch ein Kneippbecken, oder andere Tauchbäder, soweit verfügbar.
Nach VOLLSTÄNDIGEM Abklingen der Schmerzen kann das Lauftraining wieder aufgenommen werden. Dabei steigt man seinem sportlichen Leistungsstand gemäß ganz unten ein: Als Anfänger nicht mehr als 3-5km pro Einheit, nicht schneller als 6:30 - 7min/km (gerne langsamer), uU mit Gehpausen dazwischen. Das mehrmals die Woche mit je min. einem Ruhetag dazwischen. Es gilt immer die Regel: Erst Häufigkeit steigern, dann Dauer und dann erst Intensität. Parallel sollte an den Ruhetagen leichtes, FUNKTIONELLES (keine Discopumperei) Krafttraining und ausgiebiges Stretching betrieben werden (regelmäßige Yogastunden würden beides perfekt bedienen). Ggf. können nach den Laufeinheiten wieder Tauchbäder oder Eisbehandlungen praktiziert werden.
Dergestalt über einen langen Zeitraum aufgebaut (mindestens 3-4 Monate lang deutlich unterhalb der eigentlichen Leistungsmöglichkeit), kann dann das richtige Training beginnen. Richtig, das heißt unter Beachtung der Ruhezeiten, der Steigerungsregeln (nie mehr als 10% pro Woche steigern, Reihenfolge: Häufigkeit, Dauer, Intensität) und der Tatsache, dass selbst Profis ca. 70% ihres Trainings sehr langsam und unterhalb ihrer Leistungsfähigkeit laufen. Der Anfänger macht meist den Fehler, einfach so schnell und lange zu laufen, wie er eben gerade kann. Tatsächlich sollte man sich höchstens einmal die Woche wirklich verausgaben, den Rest der Zeit verfolgt man bestimmte Trainingsziele unterhalb seines Leistungsvermögens (entweder schnell, dafür nur kurz bzw. Intervalle, oder lange, dafür dann sehr langsam).
Danach sollte dann ein moderat gestützter Schuh ausreichen, sofern die orthopädische Disposition nicht katastrophal ist, und auch ein gelegentlicher, noch aufmerksamer und langsamer gesteigerter Lauf mit Barfußschuhe/ganz Barfuß. Überpronationsbeschwerden heißen nichts anderes, als dass man sich mehr Zeit lassen muss, bis der Körper stark genug ist, die eigene orthopädische Disposition zu tragen. Da vorallem das Bindegewebe betroffen ist, muss man sich viel Zeit lassen, um es sich anpassen zu lassen. Auf der anderen Seite hilft natürlich die erstarkende Muskulatur, es zu schützen und zu stützen, und zugleich der ökonomischer werdende Laufstil, die Belastung zu reduzieren. Also nur Mut, mit Geduld wird das schon.