klnonni hat geschrieben: 17.02.2025, 08:16Der jährliche Wintersport auf Kunstschnee ist sicherlich nicht ökologisch vorbildlich, aber die Welt wird "am täglichen Küchentisch eines jeden Menschen gerettet", nicht durch Verzicht auf einzelne medienwirksame Aktionen.
Im letzten Satz deines Posts bin ich voll bei dir. Auch die übrigen Absätze enthalten viel Wahres und die Reklamation deiner Freiheit in der Bewertung von Sachverhalten steht ohnehin nicht zur Disposition. Ebenso wenig wie bei jedem anderen Menschen.
Allerdings steht für mich auch fest, dass ein Großteil der Probleme, denen wir uns gegenüber sehen - und nicht nur der ökologischen - daher rührt, dass es bei vielen Menschen genau daran fehlt: sich mit den Fragen der Zeit auseinander zu setzen, sich dazu zu verhalten, eine Einschätzung vorzunehmen und sie mit einer vorläufigen Bewertung abzuschließen.
Ich habe gut zwei Drittel meines Lebens gebraucht, bis mir klarwurde - nein: nicht, dass ich selbst Teil des Problems bin -, bis mein Unbehagen so stark wurde, dass ich tatsächlich begann mein Verhalten zu ändern. Dieser Prozess ist nur in Teilen verwirklicht und wird bis zum meinem Erlöschen wohl auch nicht abzuschließen sein. Einerseits, weil eingeschliffene Gewohnheiten zu ändern langwieriges Einwirken auf sich selbst erfordert. Andererseits, weil ich immer wieder auf Neues stoße, darauf aufmerksam gemacht werde, von dem ich feststellen muss, ob und inwieweit es für mich relevant ist. Dass dieser verzögerte Verhaltensänderungsprozess überhaupt in Gang kam, dass ich mich im Verhalten mir selbst immer mehr entfremdete und schließlich handelte, ist keineswegs Ergebnis meiner überragenden geistigen Fähigkeiten. Es geschah, weil mehr und mehr nicht nur von Klimaschäden die Rede war - so wie in den 1970er- und 1980er-Jahren und, dass "Politiker", "Regierungen" ETWAS ändern müssten. Es setzte eine Diskussion ein, die das Verhalten des Einzelnen mehr und mehr in Richtung Zentrum rückte; die mein Verhalten mehr ins Zentrum rückte, weil ich auch so ein "Einzelner" bin. Als politischer und verantwortungsvoll handelnder Mensch, der auch Kinder in diese Welt setzte, die mich ihrerseits mit Kindeskindern erfreuten, die diese Welt über das Ende des Jahrhunderts hinaus noch auskömmlich bewohnen können sollen, änderte ich mein (Konsum-) Verhalten.
Ohne die erwähnte Diskussion, auch das entschiedene Eintreten vieler Menschen für Verbesserungen, hätte ich vermutlich nicht oder nur in bescheidenem Ausmaß reagiert. Zur Diskussion gehört, dass alle Aspekte des menschlichen Lebens hinterfragt werden. Selbstverständlich auch jene, die im Freizeitbereich angesiedelt sind. Meine Leidenschaft war und ist das lange bis sehr lange Laufen. Und selbstverständlich üben lange Läufe weit abseits meines Lebenskreises, insbesondere im Ausland und auf anderen Kontinenten einen gewaltigen Reiz auf mich aus. Es gab Zeiten, da dachte ich mir nichts dabei für zwei Marathonläufe (Samstag und Sonntag), mal eben tausend bis zweitausend Autokilometer zu investieren. Im Gegenteil: Der Erfolg samt dabei empfundenem Vergnügen veranlasste mich dergleichen als Normalität und nicht als Unbotmäßigkeit zu interpretieren. Nicht haltbar und zu jenem Bereich gehörig, den ich ändern muss - so urteile ich seit geraumer Zeit über mein einstiges Verhalten. Nun gilt für mich: Weite Reisen zu Läufen erlaube ich mir nur noch im Rahmen längerdauernder Aufenthalte (in der Regel ein Urlaub) oder eines anstehenden (Verwandten-) Besuches oder im Zusammenhang mit einem weiteren wichtigen Grund. Rein diesen Aspekt betrachtend hatte Corona für mich etwas Gutes. Ich entdeckte den 100 Marathon Club als einen Verein, in dessen Umfeld von den Starterzahlen her betrachtet, kleine und kleinste Marathon- und Ultraläufe ausgerichtet werden. Viele davon in relativer Nähe meines Wohnortes. Ich brauchte also als Vielstarter nicht zu verzichten, musste nur meinen Fokus neu ausrichten.
Anzuzeigen, wenn einer Sache ein gewisser Wahnwitz innewohnt, auch, wenn man selbst davon nicht betroffen ist, wird die Diskussion weiter köcheln lassen und Aufmerksamkeit erzeugen. Oder neu anregen, wenn sie erlahmt, was wohl hinsichtlich des Umweltthemas Stand heute und in diesem Land, eine Woche vor einer vermutlich für lange Zeit richtungsweisenden Wahlentscheidung, als gegeben angesehen werden darf. Ohne Diskussion keine Aufmerksamkeit, ohne Aufmerksamkeit kein Bewusstsein, ohne Bewusstsein keine Änderung.
Gruß Udo