Nun habe ich den RW-Artikel immer wieder gelesen und weiß immer noch nicht, was der Autor eigentlich sagen will. Es geht ja schon mit dieser skurrilen Vorliebe der englischen Sprache für schwammige und wenig aussagekräftige Fachtermini los. Auch dieser Thread zeigt ja deutlich, daß "stride angle" alles andere als ein selbsterklärender Begriff ist. Als ich die Überschrift des Threads las, dachte ich bei dem Wort "Schrittwinkel" zunächst an dasselbe wie Rolli. Andere laufökonomisch relevante Determinanten, die ich so nennen würde, sind mir nicht bekannt.
Vorherige Forschung (und gesunder Menschenverstand!) hatten darauf hingewiesen, dass Läufer mit übermäßigen Auf- und Ab-Bewegungen in der Regel weniger effizient sind als Läufer, die ruckartige Bewegungen nach oben oder unten vermeiden. Dies legt eigentlich nahe, dass ein kleinerer Schrittwinkel für eine bessere Laufökonomie sorgt.
Das ist schon mal Unsinn. Übermäßige Auf- und Abbewegungen des Körpers sind eine Sache. Mängel bei Kniehub und Anfersen sind etwas völlig anderes. Wenn also der Fuß in einem relativ flachen Winkel abhebt, sagt das noch gar nichts über die vertikale Auslenkung des Rumpfes aus.
Daß gute Läufer mit 10k-Zeiten um die 32 Minuten normalerweise einen sauberen, ökonomischen Stil laufen und daß bei ihnen Kniehub und Anfersen vorbildlich ausgeprägt sind, versteht sich wohl von selbst. Ebenso daß diese Leute wahrscheinlich auf sehr kurze Bodenkontaktzeiten kommen. Je kürzer die Bodenkontaktzeit, desto kürzer die Vorwärtsbewegung des Körpers während des Bodenkontaktes, desto stumpfer der Winkel, der am abhebenden Fuß zwischen Boden und Hüfte aufgespannt wird, ergo desto steiler der Schrittwinkel. Und zwar ohne unnötige vertikale Oszillation des Körpers.
Aus meiner Sicht ist das eine Binsenweisheit, und ich wäre jetzt nicht auf die Idee gekommen, über eine Studie nachzugrübeln, die genau das nahelegt, geschweige denn einen Artikel darüber zu schreiben.
Stattdessen zeigte sich, dass die Läufer mit dem höheren Schrittwinkel am effizientesten laufen (denn niedrige Zahlen stehen ökonomisch gesehen für weniger Kraftstoffverbrauch).
Diesen Satz verstehe, wer will. Was für niedrige Zahlen sind da gemeint?
Die Autoren des Artikels vermuten, dass durch „gezielte Übungen“, die zu einem größeren Schrittwinkel führen, eine effizientere Lauf-Biomechanik gefördert werden kann.
Aha, sollen wir dann jetzt alle Lauf-ABC machen? Unerhört! Das hat's ja noch nie gegeben!
Das scheint mir etwas voreilig, da wir noch nicht wirklich verstehen, was hier passiert.
Ach so, doch noch warten mit dem Lauf-ABC...
Wären mehr Freizeitläufer in die Untersuchung einbezogen worden, hätten wir dann nicht eine größere Palette an Schrittwinkeln gesehen?
Kann sein, muß aber nicht. Irgendwo hat Haile mal gesagt, daß er während eines 10k-Rennens um die 4700 Schritte macht. Das entspricht einer Schrittlänge von ca. 2,13 m. Ein 60-Minuten-Läufer mit einer Schrittfrequenz von ca. 170/min kommt dagegen auf bescheidene 98 cm. Zudem wird ja den schlechteren Läufern nachgesagt, daß zu ihren laufökonomischen Mängeln auch eine größere vertikale Körperoszillation gehört. Das alles zusammen (kürzere Schrittlänge bei höherer Oszillation) ist kaum anders zu haben als durch einen größeren Schrittwinkel.
Alternativ könnte man prognostizieren, daß bei den langsamen Läufern die erheblich kürzere Schrittlänge mit entsprechend weniger Kniehub korreliert, so daß die Bewegungskurven des schnellen und des langsamen Läufers im mathematischen Sinne ähnlich ausfallen. Dann wären die Schrittwinkel für alle gleich. Aber einen geringeren Schrittwinkel kann ich mir bei dem langsameren Läufer nur schwer vorstellen.
Aber für mich ist das eigentlich Interessante, dass sich die intuitiv „offensichtliche" Vorhersage - dass ein flacherer, wenig federnder Schritt effizienter sein müsste - nicht als wahr erwiesen hat.
Erwiesen hat sich hier gar nichts. Es sei denn, man neige zu voreiligen Schlüssen.