Stützredli hat geschrieben:Dank regelmässigen Läufen danach zwischen 30-35km und meinem tiefen Trainingsalter bin ich optimistisch, 3:15 schon jetzt hinzulegen, wenn nicht gar einen Tick schneller. Danach wäre mein aktuelles Marathontempo bei 4:37. Für die Jungfrau habe ich mich jedenfalls an einem 3:15er-Plan orientiert und diese Einheiten ohne grössere Probleme geschafft.
Um ehrlich zu sein, ich halte nicht allzuviel von Überlegungen, was eigentlich sein könnte oder müsste. Ich bin eher bei den Fußballern, wenn die sagen: Entscheidend ist aufm Platz! Es ist nicht an oder gar gegen dich persönlich gerichtet, aber ich beobachte eine zunehmende Tendenz, irgendwelche Rechner herzunehmen, um sich virtuelle Zeiten ausrechnen zu lassen und diese dann als fast schon erreicht zu betrachten.
Dabei gibt's aber 2 Probleme.
Das erste: Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt! Diese Weisheit des griechischen Dichters Hesiod wird leicht vergessen. Will heißen: Solche Berechnungen sind Projektionen, die aber erstmal erarbeitet werden müssen.
Das zweite: Es gibt keine Garantie. Es gibt genügend Läufer, die das, was sie theoretisch erreichen müssten, nie erreichen und manchmal weit darunter bleiben. Damit will ich nicht sagen, dass das bei dir so ist. Es ist nur eben keine Selbstverständlichkeit.
Nun zu deiner Vorbereitung und dem Lauf:
Ein Trainingsplan für 3:15 h mit gerade mal 40 - 60 Wochen-km kommt mir schon recht knapp vor. Aber selbst wenn du alle Einheiten im Training durchziehen kannst, bedeutet das nicht automatisch, dass du diese Zeit im Wettkampf läufst.
Deinen Vorsatz, die Steigung am Ende nochmal zu laufen, halte ich für sinnvoll. Zum Einen erhöhst du den km-Umfang und die Anzahl der Bergauf-km. Es bringt aber auch eine Menge für den Kopf, wenn man weiß, man hat die Herausforderung am Ende mehrfach bewältigt. Ich glaube allerdings nicht, dass rein physisch gesehen die Reihenfolge als solches die ausschlaggebende Rolle spielt.
Mir scheint nach wie vor, dass du deinen Trainingsstand überschätzt hast:
1. Das, was du tatsächlich gelaufen bist, sind die 3:29 h, nicht mehr. Um wie viel schneller du evtl. hättest sein können, ist Spekulation.
2. Der km-Umfang in der Vorbereitung ist recht gering, wie du ja selbst bemerkt hast. Meiner Einschätzung nach erlaubt er nicht, auf eine 3:15 zu setzen (für Flachmarathon).
3. Die Entwicklung im Marathon erstreckt sich über Jahre (3 - 5, oft auch mehr), erst dann ist der Zenit erreicht. Daher ist es berechtigt, von Steigerungen auszugehen, aber die müssen langfristig erarbeitet werden. Wo du derzeit stehst, zeigen zweifelsfrei nur deine erzielten Zeiten, nicht anderes.
4. Bei einem Marathon mit einem deutlich schwereren Streckenprofil nach der ersten Hälfte ist es geraten, auch die ersten 26 km langsamer anzugehen als das mögliche Tempo für einen Flachmarathon, sprich selbst falls du 3:15 h draufhaben solltest, ist dieses Tempo für die ersten 26 km beim Jungfraumarathon zu hoch.
Zum Vergleich: Als ich den Jungfraumarathon gelaufen bin, war ich 4 1/2 Monate vorher in Hamburg im Tempo 4:03 min/km gelaufen (real, nicht hoch- oder schön gerechnet). Bei der Jungfrau hatte ich bis km 26 ein Durchschnittstempo von 4:30 min/km. Selbst wenn man berücksichtigt, dass ich aus dem Flachen komme (und für den JM gezielt Berglaufen trainiert hab) und jemand mit hügeliger oder bergiger Hausstrecke sein mögliches Tempo weniger reduzieren muss, bleibt immer noch ein größerer Tempoabstand zum reinen Flachmarathon.
Im Langstreckenlauf gilt: Geduld und Zeit. Je länger die Strecke, um so mehr. Du hast alles noch vor dir und wirst dein Leistungspotenzial nicht in den nächsten Wochen oder Monaten erreichen. Das ist positiv, denn du hast die Verbesserungen ja noch vor dir - wenn du dran bleibst und dich langfristig entwickelst.
Bernd