outdoorrunner hat geschrieben:Hallo,
im Netz wird viel über Renato Canovas Trainingsphilosophien (
Renato Canova Trainingsphilosophie - Leichtathletik Coaching-Academy) gepostet. Zuletzt beruft sich Arne Gabius nach seinem Marathondebut in Frankfurt auf ihn. Leider findet ich nur Trainingspläne von Elitemarathonläufern.
Wie kann denn ein Training nach Canova, von der Fundamental Periode bis zur Specifictraining Periode, für ein Normalmarathonläufer aussehen, der eine MRT-Zielzeit von 2:55h -3:00h hat und dessen Zeitbudget 4 TE die Woche zulassen?
4 TE ist schon wenig für diese Art von Training. Das geht nur, wenn man mental sehr stark ist. Mehr TE bringen da eigentlich sicher was, da sollte man schauen ob da wenigstens 2* 30-40 min mehr drin sind.
Aber ansonsten kann man da schon viel von umsetzen. Die Kunst ist, vom Marathon her rückwärts zu planen und dennoch den Plan immer dem Fortschritt anzupassen und notfalls auch radikal zu ändern.
Am Ende geht es um das Volumen an spezifischem Training. Dein Zieltempo ist sagen wir mal 4'12/km, und dann liegt das spezifische Tempo zwischen 105 und 95 % davon. Laut meiner Umrechnungstabelle sind wir dann zwischen 4'00 und 4'25. Canova rechnet vielleicht minimal anders, aber das ist nicht so wichtig.
Jetzt kann man sich für 4 bis 6 Wochen vor dem M. eine Einheit z. B. aus Gabius Programm vornehmen wie die
30min Einlaufen
5x5km MRT 3min TP
Aber man weiß jetzt noch nicht ob man das dann laufen
kann und sollte.
Und: Bei Gabius sind das in etwa 5* 15'25. Beim 2:57 Läufer sind das ca 5* 20:50. Möglicherweise doch zuviel an Belastung. Vielleicht wären 4*5k eher passend. Oder 5*4k. Dazu sollte die Pause im Verhältnis zur Dauer stehen, also da auch lieber 1-2min mehr. Da muss man sich vortasten. Am Ende ist mann dann vielleicht bei 5*4k mit 4' Pause.
Oder man macht stattdessen was ganz anderes. Ich persönlich z. B. laufe lieber in dem Bereich um die 95% MRT. Da muss man dann eher lange Läufe am Stück machen, damit das richtig wirkt. Die "Langintervalle" mache ich dagegen nicht so gerne, weil die Pausen mich rausbringen und es mich mehr Überwindung kostet, wieder zu beschleunigen als einfach dran zu bleiben. Deswegen wäre mein Trainingsziel nicht 5*5km MRT sondern eher sowas wie 40k @ 90-95% MRT oder 35km Crescendo mit den letzten 5km etwas schneller als MRT.
Es kann also eigentlich nicht darum gehen, jetzt einen Plan für 12 Wochen oder mehr zu machen, das lehnt Canova ja ausdrücklich ab. Sondern man sollte die Prinzipien verstehen und eine Skizze im Kopf haben, dann maximal 2 Wochen im Voraus planen.
Und die heftigen Spezifischen Einheiten müssen vorbereitet werden. Mit Grundlagentraining und speziellem Training.
Im grundlagentraining empfehle ich, nie den Bezug zum schnellen Training zu verlieren. Bei 4 Einheiten solltest du auch im Grundlagentraining 2 mal schnell laufen, z. B. einmal "mittelang und zügig bis schnell" und einmal Fahrtspiel mit Variationen.
Man muss da auch den Unterschied sehen: Arne Gabius wird sich über 3000m nicht mehr so viel steigern. Das ist schon ausreichend Potenzial für Marathonläufe klar unter dem DR, was er über 3000 gezeigt hat. Viele Sub3 Läufer können aber ihre Unterdistanzen noch weitaus mehr steigern. Da muss man dann auch überlegen, wie sehr man sich an Conovas Elite training orientieren kann.
Wieder kann es nur heissen: Die Prinzipien verstehen und verinnerlichen. Ob du jetzt eine knallharte Einheit im 3000m Tempo oder im MRT machst, du brauchst davor und danach ausreichend Erholung. Die krassen Einheiten in den Canova Plänen sind nur möglich weil die Erholungszeit enstprechend lang ist und die Einheiten gut vorbereitet wurden.
Du musst dich selbt gut kennen und sehr ehrlich zu dir selbst sein, was das Trainingsfeedback angeht. Darfst dich nicht vom Ehrgeiz zum Übertreiben verleiten lassen und dich auch nicht zu sehr unterfordern. Das ist das Hauptproblem beim "Sichselbsttrainieren" und das ist beim Canova inspirierten Training besonders wichtig, weil es eben an die Grenzen gehen soll und man sich nicht auf einen Sicherheitsplan a la Steffny verlässt.
Gruß
C