Freiburg - einfach Wahnsinn
Verfasst: 11.04.2005, 20:05
Eigentlich hatte ich es gar nicht vor, einen Bericht über meinen Marathon in Freiburg zu schreiben. Aber der Lauf war für mich einfach überwältigend und so konnte ich mich nicht mehr zurückhalten.
Obwohl sich meine Anreise von Augsburg nach Freiburg durch einen 4-stündigen Stau erheblich verzögert hatte, kam ich noch einigermaßen rechtzeitig zum Fori-Treffen und bin froh, wieder einige nette Leute kennengelernt zu haben. Eine achtstündige Autofahrt und ein Bier ließen mich dann ruhig schlafen.
Nachdem ich bei meiner Marathon-Premiere in Müchen über 4:30 geblieben war, war mein Ziel diesmal einfach nur, unter 4:30 zu laufen. Ich reihte mich auch zunächst brav beim Schrittmacher für 4:30 ein. Sein Luftballon platzte aber schon vor dem Start und ich sah darin ein Zeichen und begab mich noch etwas weiter nach vorne in Sichtweite zum 4:15-Schrittmacher. Wir erreichten die Startlinie erst 20 Minuten nach dem Startschuss und dann ging es eine breite vierspurige Allee entlang. Ich hatte meinen Forerunner auf 4:30 eingestellt und er zeigte mir immer meinen Vorsprung auf die Zeit von 4:30 in Metern an. Ich lief einfach meinen Rhythmus und begann, einige Läufer zu überholen. Wir passierten die ersten Musikbands und zahlreiche Zuschauer feuerten uns an. Es war von Anfang an nicht langweilig und machte richtig Spaß. Kein Zwicken oder Wehwechen, wie so oft in der Vorbereitung, störte mich heute. Es war wirklich ein Genuss zu laufen. Die Zuschauer wurden immer zahlreicher und standen teilweise dicht gedrängt. Vor allem in der Innenstadt war es einfach überwältigend. Ich musste immer wieder lächeln. Die Begeisterung der Zuschauer hatte mich voll erfasst. Immer wieder mussten wir Kinder, die ihre Hände ausstreckten, abklatschen. Schöner kann der Kontakt zu den Zuschauern nicht sein.
Jetzt wurden aber auch die Wege schmaler und das Überholen wurde sehr schwierig. Es zeigte sich, dass sich zahlreiche langsame Läufer weit vorn aufgestellt hatten und durch die Zeitverzögerung am Start ihren Vorsprung bis in die engen Straßen der Innenstadt geretten hatten. Leider liefen sie auf manchmal noch zu viert oder zu fünft nebeneinander, so dass man zum Überholen teilweise auf die Gehsteige ausweichen musste.
Gegenüber einer 4:30-er Zeit hatte ich zur Hälfte bereits einen Vorsprung von ca. 1 km herausgelaufen und das beruhigte mich. Darum war es mir auch egal, dass ich 1 km vor dem Zielgelände von den drei Erstplazierten überholt wurde, aber die waren ja auch 20 Minuten vor mir gestartet. Die Schmach der Überrundung konnte ich also locker wegstecken. Die meisten der Läufer bogen jetzt ab Richtung Halbmarathonziel. Ein merkwürdiges Gefühl, mit nur noch wenigen Mitläufern, die gleiche Runde nochmals in Angriff zu nehmen. Noch auf dem Zielgelände rief jemand meinen Namen oder zumindest bildete ich es mir ein. Egal, es tat gut nicht ganz allein sein.
Es war jetzt verdammt einsam auf der vierspurigen Ausfallstraße und ich sehnte mich wieder nach den Streckenabschnitten mit mehr Zuschauern. Und die standen immer noch da und feuerten uns an. Ich konnte immer noch locker meinen Rhythmus laufen und bis km 30 verging die Zeit wie im Flug. Ich passierte ein Kilometerschild nach dem anderen und konnte es gar nicht glauben, wie schnell die letzten 10 Kilometer anbrachen. Mein Vorsprung auf die 4:30-er Zeit betrug nun schon mehr als einen Kilometer.
Während ich beim Marathon in München gerade mal zwei Kohlenhydratgels schlucken konnte, hatte ich sie diesmal bereits verdünnt und im Trinkgürtel dabei und ab km 15 regelmäßig geschluckt. Und sie halfen offensichtlich und sogar noch mehr. Ein Grummeln im Magen kündete davon, dass mir bald ein gewaltiger Rückstoß zu Hilfe kommen sollte. Zudem spürte ich, wie sich bei km 33 im linken Oberschenkel ein leichter Krampf ankündigte. Ich nahm etwas Tempo raus und konnte das Problem in den Griff bekommen. Aber langsam spürte ich, wie meine Beine schwerer wurden. Ich dachte an die vielen Trainingskilometer bei Schnee, Eis und Kälte. Die sollten doch nicht umsonst sein. Also nochmal aufraffen und mich von den Zuschauern vorwärtstreiben lassen. Ich war dankbar für die Anfeuerung. Und mein Vorsprung, der zwischenzeitlich etwas geschmolzen war, wuchs nun wieder etwas an. Vom 4:30-Schrittmacher wollte ich mich nicht mehr einholen lassen.
Ich traute mich nicht mehr, ein weiteres Gel zu schlucken. Aber das Ziel war jetzt auch schon nah, nur noch wenig mehr als 3 Kilometer. Aber dazwischen lagen noch zwei Steigungen, nicht steil, aber zu diesem Zeitpunkt äußerst fies. Aber selbst die Steigungen konnten mich jetzt nicht mehr aufhalten. In Gedanken war ich schon beim Zieleinlauf. Auf beiden Seiten säumten die Zuschauer die Strecke. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Ich entschied mich für Ersteres. Aber beides lag so nah zusammen als ich die Ziellinie passierte. Für ein paar Tränen hätte ich mich nicht geschämt.
Mein Ziel hatte ich erreicht. Die Nettozeit betrug 4:23,26. Ich war überglücklich und konnte es deshalb auch verschmerzen, dass die Medaillen ausgegangen waren. Ich werde wohl das nächste mal etwas schneller laufen müssen.
Nach einem Tee, zwei Red Bulls und einer Banane konnte ich mich schon wieder zum Duschen und Umziehen begeben. Entgegen allen Ankündigungen hatte auch ich noch warmes Wasser beim Duschen.
Ich beobachtete noch einige Läufer, die nach über 5 Stunden das Ziel erreichten und von den Zuschauern immer noch begeistert gefeiert wurden. Aber jetzt machten sich die Gels wieder bemerkbar und ich begab mich zu meinem Auto, verstaute meine Tasche und dann ab in ein einsames Toilettenhäuschen, an dem sich vor einigen Stunden die Läufer noch in langen Schlangen gedrängt hatten. Jetzt hatte ich es allein für mich. Ich war froh, dass es nicht auf der Strecke passiert ist. Da saß ich nun, lauschte den Lautsprechern, die die letzten Läufer ankündigten, genoß das Alleinsein und war einfach nur glücklich.
Ich möchte noch ein Lob an die Organisatoren aussprechen. Trotz des unerwarteten Andrangs lief alles prima. Mein größter Dank gilt den tollen Zuschauern. Sie haben ihren Beitrag geleistet, dass es für mich ein riesiges Erlebnis war und eine gute Zeit erzielt habe.
Glücklich und zufrieden
Ingo
Obwohl sich meine Anreise von Augsburg nach Freiburg durch einen 4-stündigen Stau erheblich verzögert hatte, kam ich noch einigermaßen rechtzeitig zum Fori-Treffen und bin froh, wieder einige nette Leute kennengelernt zu haben. Eine achtstündige Autofahrt und ein Bier ließen mich dann ruhig schlafen.
Nachdem ich bei meiner Marathon-Premiere in Müchen über 4:30 geblieben war, war mein Ziel diesmal einfach nur, unter 4:30 zu laufen. Ich reihte mich auch zunächst brav beim Schrittmacher für 4:30 ein. Sein Luftballon platzte aber schon vor dem Start und ich sah darin ein Zeichen und begab mich noch etwas weiter nach vorne in Sichtweite zum 4:15-Schrittmacher. Wir erreichten die Startlinie erst 20 Minuten nach dem Startschuss und dann ging es eine breite vierspurige Allee entlang. Ich hatte meinen Forerunner auf 4:30 eingestellt und er zeigte mir immer meinen Vorsprung auf die Zeit von 4:30 in Metern an. Ich lief einfach meinen Rhythmus und begann, einige Läufer zu überholen. Wir passierten die ersten Musikbands und zahlreiche Zuschauer feuerten uns an. Es war von Anfang an nicht langweilig und machte richtig Spaß. Kein Zwicken oder Wehwechen, wie so oft in der Vorbereitung, störte mich heute. Es war wirklich ein Genuss zu laufen. Die Zuschauer wurden immer zahlreicher und standen teilweise dicht gedrängt. Vor allem in der Innenstadt war es einfach überwältigend. Ich musste immer wieder lächeln. Die Begeisterung der Zuschauer hatte mich voll erfasst. Immer wieder mussten wir Kinder, die ihre Hände ausstreckten, abklatschen. Schöner kann der Kontakt zu den Zuschauern nicht sein.
Jetzt wurden aber auch die Wege schmaler und das Überholen wurde sehr schwierig. Es zeigte sich, dass sich zahlreiche langsame Läufer weit vorn aufgestellt hatten und durch die Zeitverzögerung am Start ihren Vorsprung bis in die engen Straßen der Innenstadt geretten hatten. Leider liefen sie auf manchmal noch zu viert oder zu fünft nebeneinander, so dass man zum Überholen teilweise auf die Gehsteige ausweichen musste.
Gegenüber einer 4:30-er Zeit hatte ich zur Hälfte bereits einen Vorsprung von ca. 1 km herausgelaufen und das beruhigte mich. Darum war es mir auch egal, dass ich 1 km vor dem Zielgelände von den drei Erstplazierten überholt wurde, aber die waren ja auch 20 Minuten vor mir gestartet. Die Schmach der Überrundung konnte ich also locker wegstecken. Die meisten der Läufer bogen jetzt ab Richtung Halbmarathonziel. Ein merkwürdiges Gefühl, mit nur noch wenigen Mitläufern, die gleiche Runde nochmals in Angriff zu nehmen. Noch auf dem Zielgelände rief jemand meinen Namen oder zumindest bildete ich es mir ein. Egal, es tat gut nicht ganz allein sein.
Es war jetzt verdammt einsam auf der vierspurigen Ausfallstraße und ich sehnte mich wieder nach den Streckenabschnitten mit mehr Zuschauern. Und die standen immer noch da und feuerten uns an. Ich konnte immer noch locker meinen Rhythmus laufen und bis km 30 verging die Zeit wie im Flug. Ich passierte ein Kilometerschild nach dem anderen und konnte es gar nicht glauben, wie schnell die letzten 10 Kilometer anbrachen. Mein Vorsprung auf die 4:30-er Zeit betrug nun schon mehr als einen Kilometer.
Während ich beim Marathon in München gerade mal zwei Kohlenhydratgels schlucken konnte, hatte ich sie diesmal bereits verdünnt und im Trinkgürtel dabei und ab km 15 regelmäßig geschluckt. Und sie halfen offensichtlich und sogar noch mehr. Ein Grummeln im Magen kündete davon, dass mir bald ein gewaltiger Rückstoß zu Hilfe kommen sollte. Zudem spürte ich, wie sich bei km 33 im linken Oberschenkel ein leichter Krampf ankündigte. Ich nahm etwas Tempo raus und konnte das Problem in den Griff bekommen. Aber langsam spürte ich, wie meine Beine schwerer wurden. Ich dachte an die vielen Trainingskilometer bei Schnee, Eis und Kälte. Die sollten doch nicht umsonst sein. Also nochmal aufraffen und mich von den Zuschauern vorwärtstreiben lassen. Ich war dankbar für die Anfeuerung. Und mein Vorsprung, der zwischenzeitlich etwas geschmolzen war, wuchs nun wieder etwas an. Vom 4:30-Schrittmacher wollte ich mich nicht mehr einholen lassen.
Ich traute mich nicht mehr, ein weiteres Gel zu schlucken. Aber das Ziel war jetzt auch schon nah, nur noch wenig mehr als 3 Kilometer. Aber dazwischen lagen noch zwei Steigungen, nicht steil, aber zu diesem Zeitpunkt äußerst fies. Aber selbst die Steigungen konnten mich jetzt nicht mehr aufhalten. In Gedanken war ich schon beim Zieleinlauf. Auf beiden Seiten säumten die Zuschauer die Strecke. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Ich entschied mich für Ersteres. Aber beides lag so nah zusammen als ich die Ziellinie passierte. Für ein paar Tränen hätte ich mich nicht geschämt.
Mein Ziel hatte ich erreicht. Die Nettozeit betrug 4:23,26. Ich war überglücklich und konnte es deshalb auch verschmerzen, dass die Medaillen ausgegangen waren. Ich werde wohl das nächste mal etwas schneller laufen müssen.
Nach einem Tee, zwei Red Bulls und einer Banane konnte ich mich schon wieder zum Duschen und Umziehen begeben. Entgegen allen Ankündigungen hatte auch ich noch warmes Wasser beim Duschen.
Ich beobachtete noch einige Läufer, die nach über 5 Stunden das Ziel erreichten und von den Zuschauern immer noch begeistert gefeiert wurden. Aber jetzt machten sich die Gels wieder bemerkbar und ich begab mich zu meinem Auto, verstaute meine Tasche und dann ab in ein einsames Toilettenhäuschen, an dem sich vor einigen Stunden die Läufer noch in langen Schlangen gedrängt hatten. Jetzt hatte ich es allein für mich. Ich war froh, dass es nicht auf der Strecke passiert ist. Da saß ich nun, lauschte den Lautsprechern, die die letzten Läufer ankündigten, genoß das Alleinsein und war einfach nur glücklich.
Ich möchte noch ein Lob an die Organisatoren aussprechen. Trotz des unerwarteten Andrangs lief alles prima. Mein größter Dank gilt den tollen Zuschauern. Sie haben ihren Beitrag geleistet, dass es für mich ein riesiges Erlebnis war und eine gute Zeit erzielt habe.
Glücklich und zufrieden
Ingo