Frau Lachmöwes Flug über den Rennsteig
Verfasst: 22.05.2005, 19:03
Tja, wie soll ich anfangen? Dass ich aufgeregt war? Warum eigentlich? Das war ich doch noch nie. Der lange Kanten war auch nichts Neues für mich, letztes Jahr war ich doch schon einmal dabei. Mein 15. Marathon oder mehr, da bekommt man Routine. Trotzdem, ich war fürchterlich aufgeregt. Der Rennsteig ist besonders, hat eine lange Tradition. In gewisser Weise bin ich einfach stolz und glücklich, eine von ihnen zu sein.
Am Start war es ruhiger als letztes Jahr. Ein Hubschrauber kreiste über uns und der Bürgermeister von „ich weiß nicht woher“ war für uns extra früh aufgestanden und bla bla. Interessierte aber keinen, jeder wartete nur darauf, dass es endlich losgehen konnte. Nachdem die Rathausuhr 6:00 geschlagen hatte, gab es einen kurzen countdown und endlich setzte sich die Menschenmasse in Bewegung.
Ich war mittendrin und trottete einmal rechtsrum und einmal linksrum durch Eisenach und bog in einen kleinen Weg ein, der sich in Serpentinen den Berg hinaufwand. Viele der Mitstreiter entschlossen sich schon hier, eine kleine Gehpause einzulegen. Weniger, weil sie nicht laufen konnten, eher weil sie so viele Bekannte begrüßen mussten. Ich kannte gar keinen und konnte keinen begrüßen, deshalb bin ich diese Steigung hochgelaufen. Der Weg war hier noch eng, und man musste sich erst einmal an das allgemeine Lauftempo anpassen. Das war praktisch, denn dann lief man nicht zu schnell los.
Nach etwa 45 min kam dann die Einmündung zum eigentlichen Rennsteig. Für mich fing das „Rennen“ hier erst an. Es ging bergan und bergab. Das Profil zeigt einem hier allerdings nicht unbedingt die Wahrheit. Bei den bergan-Passagen ging es durchaus auch einmal bergab – wie schön, aber dummerweise konnte man sich auf die eingezeichneten Gefälle auch nicht wirklich verlassen. Das konnte man dann aber auch nicht ändern.
Der Rennsteig - das klingt wie ein breiter Wanderweg, gut gepflegter Schotter. Mitnichten, der Rennsteig ist ein wurzeliger Weg mit vielen größeren Steinen und Unebenheiten. Man musste sich auf jeden Schritt konzentrieren. Besonders bei den Gefällen, wenn man es mal „laufen lassen“ wollte, war es nicht ungefährlich. An einigen Stellen hätte man eine schöne Aussicht haben können. Der Himmel war allerdings wolkenverhangen, so dass sich die Aussicht auf die nähere Umgebung beschränkte. Zum Laufen war das prima, man konnte sich auf den Weg konzentrieren und es war auch nicht zu warm.
So hangelte ich mich auf den wurzeligen Wegen, mal langsam bergauf mal schneller bergab von Verpflegungspunkt zu Getränkestelle und wieder zum nächsten Verpflegungspunkt. Tätärä, wir begrüßen die soundsovielte Läuferin am Dreiherrenstein! Tätärä. Hopla, das ist ja nett, persönliche Begrüßung. Artig bedankte ich mich, nach 20 km hat man ja auch noch Puste und man kann lässig ein Grinsen ins Gesicht zaubern. So ging es mental gestärkt weiter bis auf den Inselsberg. Dies ist ein Meilenstein, man hat nun schon die Hälfte der Höhenmeter und ein Drittel der Kilometer abgearbeitet. Hier fühlt man sich noch gut. Für viele kommt der Knackpunkt kurz vor km 45. Ein giftiger Anstieg, der von einem wunderschönen Weg entlang einer Wiese eingeleitet wird. Ich merke, dass ich auch nicht mehr so frisch bin, eine Krise bekomme ich aber nicht.
Der nächste Meilenstein sind die Verpflegungsstellen rund um Oberhof. Hier hat man 2/3 der km hinter sich, ab hier kann man sich einreden, dass es ja nur noch so lang wie die Trainingsstrecke an der Elbe oder die kürzere im Wald ist. Ich merkte die 50 km in meinen Beinen. Das Wetter wurde schlecht. Der Wind pfiff mir um die Ohren und Regen peitschte mir ins Gesicht. Die Lauflust sank, ich musste mich ablenken. Ein Glück hatte ich Musik dabei. Ich startete mit Chopin-Walzern, ging über zu Paolo Conte. Die Ablenkung tat not, schließlich ging es jetzt auf den höchsten Punkt der Strecke, den Großen Beerberg. Der Anstieg verteilte sich wieder auf mal steiler bergan und weniger steil bergab, es war aber gar nicht so schlimm. Aus lauter Freude habe ich an der Schmücke, dem letzten richtigen Verpflegungspunkt, sogar Carlos Santanas „black magic woman“ aus Versehen mitgeträllert. Hier ging es mir wieder gut. Der Regen hatte aufgehört, es ging dem Ende entgegen und das Profil sagte „bergab“. Na ja, eigentlich hätte ich ja wissen müssen, dass das Profil beim Rennsteig einfach lügt. Es ging auch schon mal bergab, jawohl, aber meistens doch flach. Nun auf wirklich breiten Autobahnen, die glücklicherweise auch mit 65 km in den Beinen ganz gut zu belaufen waren. Aber weil die Höhenmeter noch nicht voll waren, wurde noch ein giftiger Anstieg eingebaut. Der wäre ja eigentlich nicht so schlimm gewesen. Aber wenn man seit 6:00 morgens läuft, kann ein solcher Anstieg einen fast in den Wahnsinn treiben. Dann kam langsam die Erinnerung wieder. Etwas bergab, die Straße überqueren, einmal rechtsrum und einmal linksrum in Schmiedefelds Schrebergärten, ein paar kleine Hügelchen, vielleicht 10 Höhenmeter. Aber auch solche Steigungen kann man nun hassen.
Endlich die Zielgerade. Jetzt kommt es auf die paar Sekunden nicht mehr an. Eigentlich wollte ich den Zieleinlauf genießen, ein Zeileinlauffoto mit einem entspannten Lächeln hinkriegen. Schließlich wollen die Leute Bilder sehen und dann kann man sagen: „ach Rennsteig, ist doch lässig“. Ich weiss nicht, ob das mit dem Lächeln geklappt hat. Ich war eigentlich nur froh, im Ziel zu sein. Es war ein harter Lauf.
Im Ziel fühlte ich mich leer. Die Genugtuung und Freude kam erst, als ich mir nach dem Duschen den Zieleinlauf meiner Mitstreiter angeschaut habe. Ja, ich war eine von ihnen.
Conni
P.S. und der Vollständigkeit halber nun auch noch das Ergebnis: 7:19:47. Was mich aber noch mehr freut ist, dass sich der Muskelkater in Grenzen hält und mein Körper auch sonst nicht beleidigt ist aufgrund der Strapazen.
Am Start war es ruhiger als letztes Jahr. Ein Hubschrauber kreiste über uns und der Bürgermeister von „ich weiß nicht woher“ war für uns extra früh aufgestanden und bla bla. Interessierte aber keinen, jeder wartete nur darauf, dass es endlich losgehen konnte. Nachdem die Rathausuhr 6:00 geschlagen hatte, gab es einen kurzen countdown und endlich setzte sich die Menschenmasse in Bewegung.
Ich war mittendrin und trottete einmal rechtsrum und einmal linksrum durch Eisenach und bog in einen kleinen Weg ein, der sich in Serpentinen den Berg hinaufwand. Viele der Mitstreiter entschlossen sich schon hier, eine kleine Gehpause einzulegen. Weniger, weil sie nicht laufen konnten, eher weil sie so viele Bekannte begrüßen mussten. Ich kannte gar keinen und konnte keinen begrüßen, deshalb bin ich diese Steigung hochgelaufen. Der Weg war hier noch eng, und man musste sich erst einmal an das allgemeine Lauftempo anpassen. Das war praktisch, denn dann lief man nicht zu schnell los.
Nach etwa 45 min kam dann die Einmündung zum eigentlichen Rennsteig. Für mich fing das „Rennen“ hier erst an. Es ging bergan und bergab. Das Profil zeigt einem hier allerdings nicht unbedingt die Wahrheit. Bei den bergan-Passagen ging es durchaus auch einmal bergab – wie schön, aber dummerweise konnte man sich auf die eingezeichneten Gefälle auch nicht wirklich verlassen. Das konnte man dann aber auch nicht ändern.
Der Rennsteig - das klingt wie ein breiter Wanderweg, gut gepflegter Schotter. Mitnichten, der Rennsteig ist ein wurzeliger Weg mit vielen größeren Steinen und Unebenheiten. Man musste sich auf jeden Schritt konzentrieren. Besonders bei den Gefällen, wenn man es mal „laufen lassen“ wollte, war es nicht ungefährlich. An einigen Stellen hätte man eine schöne Aussicht haben können. Der Himmel war allerdings wolkenverhangen, so dass sich die Aussicht auf die nähere Umgebung beschränkte. Zum Laufen war das prima, man konnte sich auf den Weg konzentrieren und es war auch nicht zu warm.
So hangelte ich mich auf den wurzeligen Wegen, mal langsam bergauf mal schneller bergab von Verpflegungspunkt zu Getränkestelle und wieder zum nächsten Verpflegungspunkt. Tätärä, wir begrüßen die soundsovielte Läuferin am Dreiherrenstein! Tätärä. Hopla, das ist ja nett, persönliche Begrüßung. Artig bedankte ich mich, nach 20 km hat man ja auch noch Puste und man kann lässig ein Grinsen ins Gesicht zaubern. So ging es mental gestärkt weiter bis auf den Inselsberg. Dies ist ein Meilenstein, man hat nun schon die Hälfte der Höhenmeter und ein Drittel der Kilometer abgearbeitet. Hier fühlt man sich noch gut. Für viele kommt der Knackpunkt kurz vor km 45. Ein giftiger Anstieg, der von einem wunderschönen Weg entlang einer Wiese eingeleitet wird. Ich merke, dass ich auch nicht mehr so frisch bin, eine Krise bekomme ich aber nicht.
Der nächste Meilenstein sind die Verpflegungsstellen rund um Oberhof. Hier hat man 2/3 der km hinter sich, ab hier kann man sich einreden, dass es ja nur noch so lang wie die Trainingsstrecke an der Elbe oder die kürzere im Wald ist. Ich merkte die 50 km in meinen Beinen. Das Wetter wurde schlecht. Der Wind pfiff mir um die Ohren und Regen peitschte mir ins Gesicht. Die Lauflust sank, ich musste mich ablenken. Ein Glück hatte ich Musik dabei. Ich startete mit Chopin-Walzern, ging über zu Paolo Conte. Die Ablenkung tat not, schließlich ging es jetzt auf den höchsten Punkt der Strecke, den Großen Beerberg. Der Anstieg verteilte sich wieder auf mal steiler bergan und weniger steil bergab, es war aber gar nicht so schlimm. Aus lauter Freude habe ich an der Schmücke, dem letzten richtigen Verpflegungspunkt, sogar Carlos Santanas „black magic woman“ aus Versehen mitgeträllert. Hier ging es mir wieder gut. Der Regen hatte aufgehört, es ging dem Ende entgegen und das Profil sagte „bergab“. Na ja, eigentlich hätte ich ja wissen müssen, dass das Profil beim Rennsteig einfach lügt. Es ging auch schon mal bergab, jawohl, aber meistens doch flach. Nun auf wirklich breiten Autobahnen, die glücklicherweise auch mit 65 km in den Beinen ganz gut zu belaufen waren. Aber weil die Höhenmeter noch nicht voll waren, wurde noch ein giftiger Anstieg eingebaut. Der wäre ja eigentlich nicht so schlimm gewesen. Aber wenn man seit 6:00 morgens läuft, kann ein solcher Anstieg einen fast in den Wahnsinn treiben. Dann kam langsam die Erinnerung wieder. Etwas bergab, die Straße überqueren, einmal rechtsrum und einmal linksrum in Schmiedefelds Schrebergärten, ein paar kleine Hügelchen, vielleicht 10 Höhenmeter. Aber auch solche Steigungen kann man nun hassen.
Endlich die Zielgerade. Jetzt kommt es auf die paar Sekunden nicht mehr an. Eigentlich wollte ich den Zieleinlauf genießen, ein Zeileinlauffoto mit einem entspannten Lächeln hinkriegen. Schließlich wollen die Leute Bilder sehen und dann kann man sagen: „ach Rennsteig, ist doch lässig“. Ich weiss nicht, ob das mit dem Lächeln geklappt hat. Ich war eigentlich nur froh, im Ziel zu sein. Es war ein harter Lauf.
Im Ziel fühlte ich mich leer. Die Genugtuung und Freude kam erst, als ich mir nach dem Duschen den Zieleinlauf meiner Mitstreiter angeschaut habe. Ja, ich war eine von ihnen.
Conni
P.S. und der Vollständigkeit halber nun auch noch das Ergebnis: 7:19:47. Was mich aber noch mehr freut ist, dass sich der Muskelkater in Grenzen hält und mein Körper auch sonst nicht beleidigt ist aufgrund der Strapazen.