Ist ein 10er in über einer Stunde noch ein 10er?
Verfasst: 11.10.2005, 08:41
Vor allem wenn er eigentlich 10,3km lang ist.
Die Frage kann man sich schon während des Laufens stellen, zumindest solange man sich auf den ersten KM befindet und es theoretisch noch nicht zu spät ist etwas am Ergebnis zu ändern.
Muss man aber nicht. Und zumindest ich beschränke mich auf maximal 3 Wörter pro Satz wenn ich so angestrengt dahinflitze.
Angesichts der Tatsache dass es jetzt gerade scharf links abgeht und der eben noch nett asphaltierte Weg zu einer schier undurchschreitbaren Matschwüste wird ist volle Konzentration sowieso angebracht.
‚Das waren wohl die angesagten 20% Asphalt!’ quetsche ich mühsam zwischen 5-6 heftigen Atemstößen hervor. Die ältliche Dame an meiner Seite quietscht kurz auf, ich bin irritiert das sie das zum einen für einen Witz hielt und das sie zum anderen den momentan einzig festen Untergrund für sich beansprucht und ziehe lieber an ihr vorbei.
Tessa reiht sich gewitzt hinter mir ein um heranpreschende Mitläufer nicht durch unser durch-den-Matsch-Gepflüge unnötig zu behindern. Zum Dank werden wir in leicht ranzigen Schweißwolken zurückgelassen.
Ein Blick auf die Uhr zeigt mir dass wir schon seit über 10 Minuten so angestrengt durch die Gegend hecheln. Und da weit und breit kein Kilometerschild zu sehen war sind wir entweder in sehr schlechter Form heute oder es stehen uns noch mindestens 50 Minuten ohne jegliche Kontrollmöglichkeit unserer berauschenden Geschwindigkeit bevor.
Bahh! Schrecklich!
Wollten wir nicht sowieso ganz locker laufen heute? Und mal gucken wie es so wird? Ich hab schon wieder den Moment verpasst in dem es anstrengend wurde.
Dabei fing es so nett an!
Die Sonne scheint, Martin verhält sich trotz ihm widerstrebender Streckenführung auf der Hinfahrt erstaunlich ruhig auf der Rückbank, der Parkplatz ist fast direkt vor der Tür, es gibt genügend Klos, ich habe Nummer 700, ist doch alles herrlich!
Nachdem wir ewig das riesige Sortiment der Sportmesse beglotzt und begrabbelt haben schlägt Tessa vor das wir nun mal Ernst machen sollten und es Zeit wird das wir unsere unverhüllten Leiber den kalten Winden aussetzen müssten.
Ich gucke Helga an. ‚Willst du dich auch warm...äh...gehen?’ Sie guckt irritiert zurück. ‚Was? Nee! Ich hol mir lieber noch einen Kaffee!’
Na gut, dann bückeln wir eben zu zweit über die grasbewachsene Außenbahn des Sportplatzes.
Ich hatte mir ja schon vorher gedacht dass es schlauer ist der Konkurrenz nicht so früh schon zu zeigen das wir zwar ernstzunehmend aussehen, es aber nicht sind. Die haben nämlich jetzt schon ein hämisches Gesicht aufgesetzt werden wir an ihnen vorbeizuckeln.
Am Ende der Bahn kommt uns eine Walkerin entgegen. ‚Guck ma, die walkt sich doch warm!’ zische ich Tessa zu. Da entdecken wir gleichzeitig ein elektrisches Gerät in ihrer Hand. Was das wohl sein mag? GPS? Für die 5,3 km? Ein Transistorradio?
‚Sah aus wie ein Diktiergerät!’ finde ich kopfkratzend. ‚Das brauch sie wohl zwischendurch für ihre Erlebnissberichte: Bin jetzt bei km2. Ich seh gut aus, da geht noch was!’
Tessa kneift die Augen zusammen, überlegt kurz, gackert dann los und kräht: ‚Das war bestimmt Achim Achilles! Der ist in Wirklichkeit ne Frau!’ Äußerst amüsiert von der Vorstellung des Achim Achilles als Powerwalkerin machen wir uns auf ins Startgetümmel.
Mittlerweile sehe ich am Horizont ein mickriges 2 km Schild auftauchen. Kurzer Blick auf die Uhr verrät: Ich habe allen Grund so rumzuschnaufen, wir sind irgendwo unter 6min/km unterwegs. Wie weit genau kann ich nun wirklich nicht noch ausrechnen. Aber weit!
Das ändert sich auch nach 3 km nicht, jeder Versuch das Tempo zu drosseln wird innerhalb von Sekunden zunichte gemacht. Irgendwie sind schon wieder alle schneller, das muss man ja mithalten!
Auf einmal sacke ich erst mit dem rechten, dann mit dem linken Fuß weg. Auch vor mir schwanken nun alle bei jedem Schritt gewaltig zu den Seiten. Statt Matsch gibt es jetzt allerfeinsten Sand als Untergrund. Knietief. Ungefähr.
Das ist wie am Strand nur ohne Wasser. Und bergauf geht es jetzt auch noch.
Mööönsch. Ist das anstrengend!
Tessa ist mittlerweile genauso am japsen wie ich, sieht aber immer noch total motiviert aus.
Als wir die leichte Anhöhe erreicht haben und der Boden zunächst wieder trittsicher und dann sogar asphaltiert ist findet sie sogar genügend Luft irgendetwas aufbauendes von ‚Jetzt muss es ja auch wieder bergab gehen, Wasserstelle bei km5, wir liegen gut in der Zeit!’ zu erzählen. Ich nicke stumm, grunze unzuversichtlich. Ist immer noch anstrengend! Egal was für Boden!
Und heiß! Sonne!
Da biegt der Weg auch schon in ein schattiges Waldstück ab. Just in dem Moment in dem ich mein Freude mit Tessa ob dieser Klimaverbesserung teilen will stolpere ich über eine monströse Baumwurzel. Nur um direkt auf der nächsten zu landen. Huch! Angriff der Killer-Baumwurzeln!
Aus dem Crosslauf wird schlagartig ein Hindernislauf. Ächz.
Kaum hat man sich daran gewöhnt wie hypnotisiert auf den Boden zu starren um ja keinen falschen Tritt zu wagen steigt dieser steil an. Ein riskanter Blick nach oben zeigt: Der Rehberg liegt vor uns! Waaaahhh! Und er sieht viel schlimmer aus als ich dachte. Mit zusammengebissenen Zähnen stampfe ich seinem Gipfel entgegen.
Oh Gott, ist das steil! Und hoch! Ich kann nicht mehr! Ich explodiere gleich!
Oben angekommen hat man tatsächlich eine Aussicht. Das kenne ich so gar nicht aus dem Norden! Aus akutem Luftmangel wedele ich mit den Armen in Richtung Aussicht um Tessa anzuzeigen das ich zumindest noch etwas von meiner Umgebung wahrnehme. Und schon geht es bergab. Aua. Aua. Aua. Die Baumwurzeln feiern noch ein Comeback, dazu ein Geschlängel um die Bäume rum das jeder Schikane auf einem Formel-1-Kurs Konkurrenz macht.
Nach gefühlten 1,5 Stunden erscheint ein Feuerwehrfahrzeug sowie menschliche Laute am Horizont. ‚Wasserssssstanddd!’ lalle ich in Tessas Richtung.
Der Becher Wasser verdampft in meinem Mund bevor auch nur ein Tropfen den Magen erreicht. Egal. Weiter jetzt! Es kann ja nur besser werden.
Denk ich noch und sehe den nächsten Berg auf uns zu kommen.
Mittlerweile kann mich auch das nicht mehr schocken, ich schnecke profimäßig mit Heinzelmännchenschritten die Steigung nach oben.
Die Highlights der folgenden Strecke sind definitiv 2 Metallbügel die unterkrochen oder umrundet werden wollen und 2-3 Steinkuhlen in denen es gilt nicht auszurutschen. Heissa! So ein Crosslauf der ist lustig, so ein Crosslauf, der ist... doof!
Ich habe überhaupt keinen Spaß, meine Lunge ist total beleidigt und will nicht mehr mitlaufen. Das der Feldweg in gleißende Mittagssonne getaucht ist und geschätzte 8 Kilometer lang geradeaus bis zum Horizont führt hilft auch nicht.
Tessa liegt vor mir locker in der Spur und juckelt extrem regelmäßig dahin. Zwischendurch versucht sie mich durch aufmunternde Kommentare am Aufgeben zu hindern. Trotzdem wird die Lücke zwischen uns immer größer während ich von Grasnarbe zu Grasnarbe hüpfe um den Spurrillen des Traktors der diesen ausschließlich für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Weg sonst befährt auszuweichen.
Mittlerweile wähne ich mich bei km9,irgendwas und versuche meinen unwilligen Geist zum Schweigen zu bringen oder anhand von Visualisierung eines Apfelschorlenwasserfalls im Ziel zur Mitarbeit zu zwingen.
Wir biegen um eine weitere Kurve und ich sehe das Schild: 9km. Ich kann ein entsetztes Aufheulen nicht unterdrücken, es könnte auch so ähnlich wie ‚Ach du Scheiße! So ne Kacke! Viel zu weit!’ geklungen haben. Dafür würde ich mich dann gerne bei Tessa entschuldigen.
Diese dreht sich jetzt nämlich noch mal um und schreit ich solle einfach nur hinter ihr herlaufen! Einfach nur!
Ich will gerade wieder aufheulen als ein weiterer der 20km Läufer an uns vorbei hetzt. Im Affenzahn.
‚Siehst du, du könntest auch hinter ihm herlaufen, was dir lieber ist!’ überlässt Tessa mir die Wahl. Na gut. Grummel. Ging bis jetzt ja auch.
Also schalte ich mein Hirn aus und laufe weiter. Kurz bevor ich spontan zusammenbreche steht ein Streckenposten an der Ecke. Ich will ihm zulächeln, schließlich ist man ja noch höflich. Kaum grimassiere ich in seine Richtung ruft er: ‚Nur noch 500 Meter!’ Was? Ist der denn bekloppt! Ich kann doch keine 500 Meter mehr laufen!
Und wo ist eigentlich Tessa?
Da hinten, eine verschwommene Gestalt hüpft meilenweit entfernt vor mir auf und ab. Ich will noch ein ‚Lauf nur! Ich komme dann nach!’ rufen, krächze aber nur ein ‚Ärrrghsss!’ heraus.
Hinter mir schnauft es gewaltig, ich spüre schon den feuchten Atem in meinem Nacken, donnernde Schritte kündigen den nächsten Überholer an. Da sehe ich ganz, ganz weit entfernt das Start-Tor. Von da aus sind es nur noch 300 Meter. Das kommt mir bekannt vor. Und komischerweise machbar. Also werde ich schneller und meine Beine verwandeln sich in eine wabernde Masse. Aber sie laufen noch. Und das Schnaufen hinter mir entfernt sich wieder.
Ich biege ab auf den Sportplatz, sehe das Ziel vor mir. Und röchel die letzten 100 Meter über den Rasen, so ein Mist, Martin mit Kamera, Grimasse!
Einen Zentimeter hinter der Ziellinie geben meine Beine auf. Tessa stützt mich, völlig zu Unrecht wird dies von dem Zeitnahme-Mensch als versuchter Überholversuch von mir gewertet. Im Zielkanal. Pfui.
Mein Magen will noch Bescheid sagen das auch er das nicht so lustig fand die letzte Stunde, da drückt Martin mir schon einen Becher Tee in die Hand. Foto!
So ein 10 er ist viel zu anstrengend. Grässlich. Und hinterher geht es einem viel zu schnell wieder gut. Aber bei so netter Begleitung und so gutem Kuchen hinterher erscheint es hinterher schon alles gar nicht mehr so schlimm.
Und auch eine Tombola, moderiert von einem ‚Vollidiot in der Analphase’ bei der wir nichts gewonnen haben konnte das Erlebnis genauso wenig trüben wie ein Rückfahrt die doppelt so lange dauerte wie die Hinfahrt.
Schön war’s. So ein 10,3km Lauf in über einer Stunde.
Die Frage kann man sich schon während des Laufens stellen, zumindest solange man sich auf den ersten KM befindet und es theoretisch noch nicht zu spät ist etwas am Ergebnis zu ändern.
Muss man aber nicht. Und zumindest ich beschränke mich auf maximal 3 Wörter pro Satz wenn ich so angestrengt dahinflitze.
Angesichts der Tatsache dass es jetzt gerade scharf links abgeht und der eben noch nett asphaltierte Weg zu einer schier undurchschreitbaren Matschwüste wird ist volle Konzentration sowieso angebracht.
‚Das waren wohl die angesagten 20% Asphalt!’ quetsche ich mühsam zwischen 5-6 heftigen Atemstößen hervor. Die ältliche Dame an meiner Seite quietscht kurz auf, ich bin irritiert das sie das zum einen für einen Witz hielt und das sie zum anderen den momentan einzig festen Untergrund für sich beansprucht und ziehe lieber an ihr vorbei.
Tessa reiht sich gewitzt hinter mir ein um heranpreschende Mitläufer nicht durch unser durch-den-Matsch-Gepflüge unnötig zu behindern. Zum Dank werden wir in leicht ranzigen Schweißwolken zurückgelassen.
Ein Blick auf die Uhr zeigt mir dass wir schon seit über 10 Minuten so angestrengt durch die Gegend hecheln. Und da weit und breit kein Kilometerschild zu sehen war sind wir entweder in sehr schlechter Form heute oder es stehen uns noch mindestens 50 Minuten ohne jegliche Kontrollmöglichkeit unserer berauschenden Geschwindigkeit bevor.
Bahh! Schrecklich!
Wollten wir nicht sowieso ganz locker laufen heute? Und mal gucken wie es so wird? Ich hab schon wieder den Moment verpasst in dem es anstrengend wurde.
Dabei fing es so nett an!
Die Sonne scheint, Martin verhält sich trotz ihm widerstrebender Streckenführung auf der Hinfahrt erstaunlich ruhig auf der Rückbank, der Parkplatz ist fast direkt vor der Tür, es gibt genügend Klos, ich habe Nummer 700, ist doch alles herrlich!
Nachdem wir ewig das riesige Sortiment der Sportmesse beglotzt und begrabbelt haben schlägt Tessa vor das wir nun mal Ernst machen sollten und es Zeit wird das wir unsere unverhüllten Leiber den kalten Winden aussetzen müssten.
Ich gucke Helga an. ‚Willst du dich auch warm...äh...gehen?’ Sie guckt irritiert zurück. ‚Was? Nee! Ich hol mir lieber noch einen Kaffee!’
Na gut, dann bückeln wir eben zu zweit über die grasbewachsene Außenbahn des Sportplatzes.
Ich hatte mir ja schon vorher gedacht dass es schlauer ist der Konkurrenz nicht so früh schon zu zeigen das wir zwar ernstzunehmend aussehen, es aber nicht sind. Die haben nämlich jetzt schon ein hämisches Gesicht aufgesetzt werden wir an ihnen vorbeizuckeln.
Am Ende der Bahn kommt uns eine Walkerin entgegen. ‚Guck ma, die walkt sich doch warm!’ zische ich Tessa zu. Da entdecken wir gleichzeitig ein elektrisches Gerät in ihrer Hand. Was das wohl sein mag? GPS? Für die 5,3 km? Ein Transistorradio?
‚Sah aus wie ein Diktiergerät!’ finde ich kopfkratzend. ‚Das brauch sie wohl zwischendurch für ihre Erlebnissberichte: Bin jetzt bei km2. Ich seh gut aus, da geht noch was!’
Tessa kneift die Augen zusammen, überlegt kurz, gackert dann los und kräht: ‚Das war bestimmt Achim Achilles! Der ist in Wirklichkeit ne Frau!’ Äußerst amüsiert von der Vorstellung des Achim Achilles als Powerwalkerin machen wir uns auf ins Startgetümmel.
Mittlerweile sehe ich am Horizont ein mickriges 2 km Schild auftauchen. Kurzer Blick auf die Uhr verrät: Ich habe allen Grund so rumzuschnaufen, wir sind irgendwo unter 6min/km unterwegs. Wie weit genau kann ich nun wirklich nicht noch ausrechnen. Aber weit!
Das ändert sich auch nach 3 km nicht, jeder Versuch das Tempo zu drosseln wird innerhalb von Sekunden zunichte gemacht. Irgendwie sind schon wieder alle schneller, das muss man ja mithalten!
Auf einmal sacke ich erst mit dem rechten, dann mit dem linken Fuß weg. Auch vor mir schwanken nun alle bei jedem Schritt gewaltig zu den Seiten. Statt Matsch gibt es jetzt allerfeinsten Sand als Untergrund. Knietief. Ungefähr.
Das ist wie am Strand nur ohne Wasser. Und bergauf geht es jetzt auch noch.
Mööönsch. Ist das anstrengend!
Tessa ist mittlerweile genauso am japsen wie ich, sieht aber immer noch total motiviert aus.
Als wir die leichte Anhöhe erreicht haben und der Boden zunächst wieder trittsicher und dann sogar asphaltiert ist findet sie sogar genügend Luft irgendetwas aufbauendes von ‚Jetzt muss es ja auch wieder bergab gehen, Wasserstelle bei km5, wir liegen gut in der Zeit!’ zu erzählen. Ich nicke stumm, grunze unzuversichtlich. Ist immer noch anstrengend! Egal was für Boden!
Und heiß! Sonne!
Da biegt der Weg auch schon in ein schattiges Waldstück ab. Just in dem Moment in dem ich mein Freude mit Tessa ob dieser Klimaverbesserung teilen will stolpere ich über eine monströse Baumwurzel. Nur um direkt auf der nächsten zu landen. Huch! Angriff der Killer-Baumwurzeln!
Aus dem Crosslauf wird schlagartig ein Hindernislauf. Ächz.
Kaum hat man sich daran gewöhnt wie hypnotisiert auf den Boden zu starren um ja keinen falschen Tritt zu wagen steigt dieser steil an. Ein riskanter Blick nach oben zeigt: Der Rehberg liegt vor uns! Waaaahhh! Und er sieht viel schlimmer aus als ich dachte. Mit zusammengebissenen Zähnen stampfe ich seinem Gipfel entgegen.
Oh Gott, ist das steil! Und hoch! Ich kann nicht mehr! Ich explodiere gleich!
Oben angekommen hat man tatsächlich eine Aussicht. Das kenne ich so gar nicht aus dem Norden! Aus akutem Luftmangel wedele ich mit den Armen in Richtung Aussicht um Tessa anzuzeigen das ich zumindest noch etwas von meiner Umgebung wahrnehme. Und schon geht es bergab. Aua. Aua. Aua. Die Baumwurzeln feiern noch ein Comeback, dazu ein Geschlängel um die Bäume rum das jeder Schikane auf einem Formel-1-Kurs Konkurrenz macht.
Nach gefühlten 1,5 Stunden erscheint ein Feuerwehrfahrzeug sowie menschliche Laute am Horizont. ‚Wasserssssstanddd!’ lalle ich in Tessas Richtung.
Der Becher Wasser verdampft in meinem Mund bevor auch nur ein Tropfen den Magen erreicht. Egal. Weiter jetzt! Es kann ja nur besser werden.
Denk ich noch und sehe den nächsten Berg auf uns zu kommen.
Mittlerweile kann mich auch das nicht mehr schocken, ich schnecke profimäßig mit Heinzelmännchenschritten die Steigung nach oben.
Die Highlights der folgenden Strecke sind definitiv 2 Metallbügel die unterkrochen oder umrundet werden wollen und 2-3 Steinkuhlen in denen es gilt nicht auszurutschen. Heissa! So ein Crosslauf der ist lustig, so ein Crosslauf, der ist... doof!
Ich habe überhaupt keinen Spaß, meine Lunge ist total beleidigt und will nicht mehr mitlaufen. Das der Feldweg in gleißende Mittagssonne getaucht ist und geschätzte 8 Kilometer lang geradeaus bis zum Horizont führt hilft auch nicht.
Tessa liegt vor mir locker in der Spur und juckelt extrem regelmäßig dahin. Zwischendurch versucht sie mich durch aufmunternde Kommentare am Aufgeben zu hindern. Trotzdem wird die Lücke zwischen uns immer größer während ich von Grasnarbe zu Grasnarbe hüpfe um den Spurrillen des Traktors der diesen ausschließlich für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Weg sonst befährt auszuweichen.
Mittlerweile wähne ich mich bei km9,irgendwas und versuche meinen unwilligen Geist zum Schweigen zu bringen oder anhand von Visualisierung eines Apfelschorlenwasserfalls im Ziel zur Mitarbeit zu zwingen.
Wir biegen um eine weitere Kurve und ich sehe das Schild: 9km. Ich kann ein entsetztes Aufheulen nicht unterdrücken, es könnte auch so ähnlich wie ‚Ach du Scheiße! So ne Kacke! Viel zu weit!’ geklungen haben. Dafür würde ich mich dann gerne bei Tessa entschuldigen.
Diese dreht sich jetzt nämlich noch mal um und schreit ich solle einfach nur hinter ihr herlaufen! Einfach nur!
Ich will gerade wieder aufheulen als ein weiterer der 20km Läufer an uns vorbei hetzt. Im Affenzahn.
‚Siehst du, du könntest auch hinter ihm herlaufen, was dir lieber ist!’ überlässt Tessa mir die Wahl. Na gut. Grummel. Ging bis jetzt ja auch.
Also schalte ich mein Hirn aus und laufe weiter. Kurz bevor ich spontan zusammenbreche steht ein Streckenposten an der Ecke. Ich will ihm zulächeln, schließlich ist man ja noch höflich. Kaum grimassiere ich in seine Richtung ruft er: ‚Nur noch 500 Meter!’ Was? Ist der denn bekloppt! Ich kann doch keine 500 Meter mehr laufen!
Und wo ist eigentlich Tessa?
Da hinten, eine verschwommene Gestalt hüpft meilenweit entfernt vor mir auf und ab. Ich will noch ein ‚Lauf nur! Ich komme dann nach!’ rufen, krächze aber nur ein ‚Ärrrghsss!’ heraus.
Hinter mir schnauft es gewaltig, ich spüre schon den feuchten Atem in meinem Nacken, donnernde Schritte kündigen den nächsten Überholer an. Da sehe ich ganz, ganz weit entfernt das Start-Tor. Von da aus sind es nur noch 300 Meter. Das kommt mir bekannt vor. Und komischerweise machbar. Also werde ich schneller und meine Beine verwandeln sich in eine wabernde Masse. Aber sie laufen noch. Und das Schnaufen hinter mir entfernt sich wieder.
Ich biege ab auf den Sportplatz, sehe das Ziel vor mir. Und röchel die letzten 100 Meter über den Rasen, so ein Mist, Martin mit Kamera, Grimasse!
Einen Zentimeter hinter der Ziellinie geben meine Beine auf. Tessa stützt mich, völlig zu Unrecht wird dies von dem Zeitnahme-Mensch als versuchter Überholversuch von mir gewertet. Im Zielkanal. Pfui.
Mein Magen will noch Bescheid sagen das auch er das nicht so lustig fand die letzte Stunde, da drückt Martin mir schon einen Becher Tee in die Hand. Foto!
So ein 10 er ist viel zu anstrengend. Grässlich. Und hinterher geht es einem viel zu schnell wieder gut. Aber bei so netter Begleitung und so gutem Kuchen hinterher erscheint es hinterher schon alles gar nicht mehr so schlimm.
Und auch eine Tombola, moderiert von einem ‚Vollidiot in der Analphase’ bei der wir nichts gewonnen haben konnte das Erlebnis genauso wenig trüben wie ein Rückfahrt die doppelt so lange dauerte wie die Hinfahrt.
Schön war’s. So ein 10,3km Lauf in über einer Stunde.