Mainz 2006 - es war einfach nur geil!
Verfasst: 15.05.2006, 20:44
Hallo miteinander!
Dann möchte ich auch mal meinen Bericht zum Mainz Marathon loslassen (mal wieder extra lang - kürzer kann ich irgendwie nicht):
Zu den verschiedenen Foritreffen am Vorabend, vor und nach dem Lauf kann ich mich meinen "Vorschreibern" nur anschließen: Man ist sich beim ersten Kennenlernen schon eigenartig vertraut, lacht, witzelt, erzählt Geschichten und fühlt sich rundherum wohl. Soviel zum Thema virtuelle Welt. Das war mir noch von früheren größeren Treffen wie 2004 in Frankfurt und Bertlich sowie 2005 in Cluvenhagen bei Bremen in Erinnerung.
Und genau das war letztendlich auch der ausschlaggebende Grund, warum ich in Mainz laufen wollte (natürlich sollte die Strecke auch irgendwie bestzeitentauglich sein). Und ich wurde nicht enttäuscht - die ganze Zeit in Mainz war einfach nur wunderschön.
Es begann gleich damit, daß wir (meine bessere Hälfte und ich) einfach-Marcus mit dem Wochenendticket am Samstag vormittag in Würzburg aufgabelten und eine wirklich nette und kurzweilige Fahrt hatten (nicht, daß wir die nicht auch alleine gehabt hätten, aber ich sag' immer, je mehr Verrückte, desto lustiger). Trotz Verspätung und Anschlußzug-Verpassen kamen wir dann mittags in Mainz an, suchten unsere Bleibe auf und trafen uns mit Greenie, Mr. Stiffy (das ist die Flummie-Version von "Steif") und Fidi. Wirklich schade, daß man die Leute so selten sieht. Nach dem Startunterlagenabholen tranken wir kurz noch was zusammen, dann machten sich die drei mit Marcus wieder auf den Rückweg nach Grünhornhausen. Katja und ich sahen uns darauf die Stadt noch ein wenig an - hübsche Altstadt übrigens - dann war es auch schon kurz vor acht und wir zogen los zu dem von Flummie beschriebenen Italiener. Drin saßen schon Erik, Miatara und dessen Frau Anke; Flummie, JoParo, Rennhasi, Digga und Pfälzerwaldläufer kamen dann auch recht bald. Miatara sah irgendwie 10 Jahre jünger aus als auf dem Foto, welches er mal hier im Forum hatte - ich hätte den Kerl nicht erkannt, wenn er sich nicht als Miatara vorgestellt hätte. Bei den anderen hatte ich aber keine ähnlich gearteten Erkennungsprobleme. Der Abend war durch und durch nett und lustig. Flummie sprüht nur so von witzigen Geschichten, da hatte sogar ich mal wenig entgegenzuhalten (passiert mir wirklich selten
). Meine Marathonvorabendernährungsvorsätze allerdings waren nach einem vernünftigen Penne-all'Pizzaro-plus-Apfelschorle-Einstieg spätestens dann Geschichte, als Flummie mir die Hälfte ihrer Riesenpizza anbot, die sie nicht mehr schaffte - irgendwann griff ich dann auch noch zum Weißbier (aber nur eins).
Gegen halb zwölf lag ich dann im Bett, fünfeinhalb Stunden später klingelte - sehr zum Leidwesen meiner Freundin - der Wecker. Auf meine Erklärungsversuche, daß ich immer über vier Stunden vor dem Marathon aufstehen muß, damit meine Verdauung rechtzeitig in Fahrt kommt, meine sie nur, wenn ich nicht so spät und so viel gegessen hätte, müßte ich sie jetzt auch nicht schon aufwecken. Hm. Wo sie recht hat, hat sie recht
. Hilft aber jetzt auch nix. Ich habe dann mehr oder weniger (eher weniger) geschickt versucht, meine drei Knäckebrote mit Honig leise zu essen und bin dann noch eine Stunde draußen spazieren gegangen, um mir schon mal den Start-/Zielbereich anzusehen (das hat irgendwie was, wenn die so langsam aufbauen und da noch kaum einer ist). Da kam auch schon der erste Schub von innen und ich konnte gleich ein noch kaum benutztes Dixi-Klo besuchen. Klappt ja wunderbar heute mit dem Magen-Darm-Trakt. Bis zum Start ging's dann noch etwa zweimal auf den Topf, dann war alles draußen.
Kurz nach halb neun waren wir dann am Brunnen, wo ich dann noch ein paar Foris kennenlernen konnte, die am Abend vorher nicht dabei waren - vor allem natürlich meinen designierten Laufpartner Jo, der mir auch von Anfang an mehr als sympathisch war. Miatara unternahm noch einen halb(sc)herzigen Versuch, uns für seinen HM als 1:40-Zugläufer zu gewinnen, aber wir wußten eigentlich beide, daß die 3:20 heute nicht drin waren. Jo und ich einigten uns darauf, so loszulaufen, daß wir bei gleichmäßigem Tempo gut unter die 3:30 kommen würden. Wir hatten beide eigentlich auf eine schnellere Zeit hintrainiert, aber auch beide das Training in den letzten vier Wochen ziemlich schleifen lassen (ich für meinen Teil habe 12 Tage komplett ausgesetzt). Dann wurden noch ein paar Fotos von der Gruppe geschossen, und schon ging's los zum Start.
Auf der Suche nach dem geeigneten Startplatz meinte Jo, "Stefan, das kann doch nicht sein, daß die alle hier vorne unter 3 Stunden laufen, schau Dir die doch mal an, wie die aussehen, die haben sich falsch hingestellt". Ich bin da immer vorsichtig und etwas bescheidener, und konnte Jo überreden, doch noch etwas weiter nach hinten zu gehen. Zwei Meter weiter war es ihm aber schon zu viel und er sagte "Wir bleiben jetzt hier stehen und aus. Wir sind hier schon richtig." Er sollte Recht behalten - denn obwohl wir links in dem bereits abgesteckten etwas schmaleren Marathonzielkanal standen, wo das Starterfeld im Gegensatz zum breiten HM-Zielkanal ziemlich dünn war und wir wesentlich schneller als die breite Masse neben uns über die Startlinie kamen, liefen wir bis km 3 noch zweimal in eine richtige Läuferwand. Trotzdem konnten wir die ersten beiden km in 5:01 und 5:02 und den dritten schon in 4:56 min hinter uns bringen. Das ging dann auch ganz gut so weiter - 4:51, 4:52, 4:47, 4:48 - dann wäre Ishimori fast auf eine tote Ratte gelatscht - 4:55, 4:53, 4:54, und schon hatten wir die ersten 10 km in 48:59 min. Sah also ganz gut aus, daß wir auf die 42,2 km deutlich unter 3:30 bleiben könnten. Hätte jedenfalls gut ausgesehen, wenn ich nicht schon seit km 7 dieses ungute Gefühl gehabt hätte, daß da nicht doch noch ein Rest von Flummies Pizza gepaart mit etwas Weißbier dem Enddarm entgegensteuert
. Aus dem unguten Gefühl wurde zeitweise ein äußerst unangenehmer Druck, der aber immer dann völlig wegging, wenn wir gerade an einem Dixi-Klo vorbeiliefen. Km 11 machten wir noch in 4:57 min (da war dann auch irgendwo Fidi an der Strecke), dann ging es mir eigentlich schon ziemlich dreckig und ich wußte, daß das bald in die Hose gehen würde. Bei der nächsten Getränkestation verabschiedete ich mich dann wehmütig von Jo
- wäre schön gewesen, wenn wir den kompletten Marathon zusammen hätten machen können - und schnappte mir eins der vier Dixis (meine Befürchtung, daß alle besetzt sein könnten von Läufern und vielleicht auch Nichtläufern, erfüllte sich Gott sei Dank nicht). Und dann:
!!!!!PB!!!!!

Nur 1 Minute 33 Sekunden für ein großes Geschäft!!! Da habe ich meine alte PB um fast 2 Minuten unterboten
! Trotzdem wollten sich Glücksgefühle nicht wirklich einstellen... Insgesamt brauchte ich so für km 12 6:23 min. Bald nach dem Toilettengang standen auch schon Katja und Anke an der Seite und jubelten mir zu - es tut immer gut, wenn man persönliche Groupies hat! Daß mich das mit der Toilettenpause irgendwie geärgert hat, kann man an den nächsten zwei Zwischenzeiten gut erkennen: km 13 machte ich in 4:32, km 14 in 4:29 min. Danach ging's auf der langen Geraden wieder normal weiter in 4:49 und 4:51. Etwa eine Minute, bevor ich den Wendepunkt erreichte, kam mir auf der anderen Seite ein gutgelaunter frischer Jo entgegen - ok, den holst Du nicht mehr ein, Ishi
. Nach dem Wendepunkt sah ich dann Miatara entgegenkommen (nicht zu übersehen dank der space-igen Sonnenbrille), der mir auch fröhlich zuwinkte - sollte der mir nicht eigentlich einen Kilometer voraus sein
- egal. Ich hielt auch noch ein wenig Ausschau nach Erik und Digga, die 3:45 laufen wollten und mir deshalb auch irgendwann entgegenkommen mußten - aber die habe ich wohl irgendwie übersehen. Km 17 ging in 4:54, km 18 sogar in 4:38 (wegen der Oberleitungen an den Gleisen versagte die S625X total und ich bin einfach so gelaufen, wie ich lustig war), km 19 und 20 in 4:47 und 4:51. Nach insgesamt 1:43:40 hatte ich dann die erste Hälfte geschafft - ein 4:55er Schnitt, eigentlich genauso, wie ich es in etwa geplant hatte (hey, bei mir läuft mal was nach Plan!).
Dann war ich auch schon über die Rheinbrücke - letztendlich gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte. Auf der anderen Seite ging es dann aber etwas ungesund abwärts - ungesund deshalb, weil ich da in einer knappen halben Stunde ja wieder rauf mußte. Die Beschreibung "Tal des Todes" von Pfälzerwaldläufer für die 5 km jenseits des Rheins finde ich irgendwie passend - keine Ahnung warum, aber es paßt irgendwie: Man weiß nicht, was einen da unten in Hessen erwartet. Allen Befürchtungen zum trotz war aber eine tolle Stimmung da drüben, es gab ewig viel zu Trinken und zum naßwerden und die Kilometer 23 bis 27 flogen nur so in 4:52, 4:54, 4:51, 4:55 und 4:46 an mir vorbei. Kurz vor der Brücke kam dann mir ein ziemlich beschwingter Pfälzerwaldläufer entgegen (hoffentlich sah ich in seinen Augen genauso locker aus). Auf der Brücke sah ich Katja auch endlich mal wieder - das gab mir dann nochmal Kraft für das letzte Drittel.
Wieder in Mainz Proper wurde es dannaber trotzdem - langsam aber stetig - immer härter. Ich erinnerte mich noch an den Marathon letztes Jahr in Würzburg, wo es bis km 26 wie geschmiert lief, ich dann aber wegen Oberschenkelkrämpfen lange Strecken der 2. Runde gehen mußte
. Uah. Das sollte heute wirklich nicht passieren. Zu allem übel war es inzwischen richtig heiß, und die Leute, die uns auf der ersten Runde noch angefeuert hatten, waren fast komplett weg. Ich konnte das Tempo noch zwar noch einigermaßen halten, aber ich tat mich nun schon sehr hart. 5:03 für km 28, jeweils 4:50 für 29 und 30, 5:11 für km 31. Wenigstens kam nach fast 5 km endlich wieder eine Getränkestation (ich war von den kurzen Abständen auf der ersten Runde etwas verwöhnt - haben die da Verpflegungsstellen abgebaut
). Aber die Strecke und die Stimmung blieb öde. Trotzdem war ich dann aber etwas überrascht, als ich die nächste Zwischenzeit beim 32er-Schild mit 5:49 nahm. Bin ich denn so langsam geworden? Die Polar hat doch immer was um die 5:00 angezeigt? Anscheinend stand das Schild nicht ganz richtig, denn km 33 stoppte ich bei 4:20. Da war die Welt wieder in Ordnung, puh. Jedenfalls so in Ordnung, wie sie halt nach 33 km sein kann bei gefühlten 30 Grad. Egal, Zähne zusammenbeißen und weiterrennen. Und inzwischen mußte ich richtig beißen. Ich hatte keine Ahnung, ob und wie lange ich das so noch durchhalten würde. Dann kamen brückenunterführungsbedingt noch ein paar kleine Steigungen dazu, die mir im momentanen Zustand eher wie kleine Kilimandscharos vorkamen: Bin ich da heute wirklich schon mal hochgelaufen? 4:52, 4:58, 5:06, 4:55, 4;54, 5:01, 5:04 - aber nun war es endgültig nur noch quälende Knochenarbeit, das Tempo unter 5 min/km zu halten - ich war total am Ende und es taten nun auch schon alle Muskeln in meinem Körper weh. Allein die Vorstellung, wie beschissen es wäre, wenn ich auf den letzten blöden paar Kilometern noch einbreche, hielt mich auf den Beinen. Ich hatte die 3:30 angesagt, also schaffe ich das auch!!! Kurz vor km 39 gab dann auch noch der Fußsensor der S625X seinen Geist auf und ich mußte auf die letzten 3 km "blind" laufen (gar nicht so einfach für jemanden, der sich sonst immer auf das Scheißding verläßt).
So kurz vorm Ziel waren dann aber wieder mehr Zuschauer da und ordentlich Stimmung in der Luft - was zwar gut tat, mir aber auch nicht so richtig neuen Wind gab. Trotzdem überholte ich weiterhin mühsam einen Läufer nach dem anderen. Etwa bei km 40 dachte ich mir - hey, den da vorne kenne ich doch?! Ich pirschte mich also hinterlistig (jedenfalls so hinterlistig, wie man sich in meinem wackligen Zustand überhaupt noch fühlen kann) an ihn ran, überholte ihn so elegant wie irgend möglich und grinste ihm von vorne in sein verschwitztes Gesicht. "Servus Jo, da bin ich wieder!"
Ich hätte ja nicht gedacht, daß ich ihn auf der Strecke nochmal wiedersehe. Und das gab mir dann auf die letzten 2 km nochmal so richtig Schwung. So gerne ich auch mit ihm zusammen über die Ziellinie gerannt wäre - ich wollte nun einfach alles rausholen.
Und ich find zu rennen an. Es war die Hölle. Die absolute Hölle. Nicht die Vorhölle, sondern the real thing. Die 4:49 min bis zum 41er Schild schienen eine Ewigkeit zu dauern. Und die 4:40 bis km 42 noch länger. Ich wischte mir mit dem Schwamm noch ein letztes Mal das Salz von der Stirn und setzte - alle Gedanken an die obligatorischen Ishimori-Ziellinien-Wadenkrämpfe zur Seite schiebend - zum Schlußsprint an. Aus den Augenwinkeln sah ich links in der Menge noch Rennhasi. Katja konnte ich leider nirgends entdecken. Ich kam mir so schnell vor - aber die Zielgerade wollte und wollte nicht aufhören.
Und dann flog ich über die Ziellinie - nach 3 Stunden 27 Minuten und 31 Sekunden.
Im Ziel wußte ich zehn Sekunden erstmal nicht, ob ich erst kotzen oder gleich ohnmächtig umkippen sollte. Danach ging es mir aber komischerweise sofort wieder gut. Ich beugte würdevoll mein Haupt, um die wohlverdiente Medaille entgegenzunehmen und freute mich wie ein frischgebratenes Schnitzel (das tue ich übrigens seit gestern bis jetzt ununterbrochen). Eine knappe Minute nach mir schoß dann auch schon Jo über die Ziellinie. Arm in Arm (meine Güte, war ich etwa genauso naß wie er?) machten wir uns dann auf in Richtung Zielverpflegung. Nach zwei Bechern Frubiase (böh, ich habe von dem Zeug die Nase voll, aber sowatt von!!!) am Eingangsbereich merkten wir Gott sei Dank, daß es weiter hinten doch noch bessere Sachen wie Red Bull oder alkfreies Radler gibt. Erschöpft setzten wir uns dann mit einem Radler auf eine Bierbank
. Es war geschafft.
Zehn Minuten später unternahm ich dann einige etwas unglückliche Dehnversuche - die Waden gingen noch, aber als ich meinen rechten Fuß zum Oberschenkeldehnen in die Hand nahm, schoß mir ein Krampf durch die rechte Achselhöhle (!) und ich ließ die Dehnerei bis auf weiteres bleiben.
Wir machten uns dann auf Richtung Brunnen, wo die anderen Foris sich nach dem Lauf treffen wollten. Die anderen waren auch alle gut drauf - es sind einige PBs gefallen, und auch abgesehen davon schien es allen Spaß gemacht zu haben. Mit Katja hatte ich leider keinen Treffpunkt ausgemacht, weshalb sie mich nochmal suchen ging und wir uns am Brunnen erstmal knapp verpaßten. Kurze Zeit später konnte ich sie dann aber doch endlich in die Arme schließen. Das Goldstück hat von meinem Zieleinlauf mit ihrer Digicam sogar noch einen kleinen Film gemacht!
Nach einem Fußbad im angenehm kalten Brunnen und einer gemütlichen Dusche im Zimmer sind wir dann noch mit Feanor, Greenie, einfach-Marcus, Jo und Sabine34 Pizza essen gegangen. Sabine hat Marcus, Katja und mich dann netterweise noch mit nach Würzburg genommen - sonst wären wir wahrscheinlich noch ein bis zwei Stunden länger bis Bamberg unterwegs gewesen.
Und - allen Drohungen von Greenie zum trotz, mit mit Saugnäpfen an Händen und Füßen von innen an ihre Autofensterscheibe zu klatschen - freue ich mich schon auf das nächste Treffen mit Euch! Es war einfach geil!!!
Interessanterweise tut mir heute überhaupt nichts weh - ich überlege sogar gerade, ob ich noch eine Runde laufen soll...
Übrigens war das mein erster Marathon mit Kontaktlinsen. Es hat noch nie so viel Spaß gemacht, sich den Schweiß aus den Augen zu wischen. Ich laufe nie wieder mit Brille...
Und endlich kann ich diese unselige Marathon-Bestzeit vom letzten Jahr in Würzburg, wo ich total eingebrochen bin, zu den Akten legen!
Ich hoffe, der Bericht ist lesbar
. Irgendwie fließen mir die Dinger nicht mehr so aus der Tastatur wie am Anfang.
Schönen Abend noch!!!
Dann möchte ich auch mal meinen Bericht zum Mainz Marathon loslassen (mal wieder extra lang - kürzer kann ich irgendwie nicht):
Zu den verschiedenen Foritreffen am Vorabend, vor und nach dem Lauf kann ich mich meinen "Vorschreibern" nur anschließen: Man ist sich beim ersten Kennenlernen schon eigenartig vertraut, lacht, witzelt, erzählt Geschichten und fühlt sich rundherum wohl. Soviel zum Thema virtuelle Welt. Das war mir noch von früheren größeren Treffen wie 2004 in Frankfurt und Bertlich sowie 2005 in Cluvenhagen bei Bremen in Erinnerung.
Und genau das war letztendlich auch der ausschlaggebende Grund, warum ich in Mainz laufen wollte (natürlich sollte die Strecke auch irgendwie bestzeitentauglich sein). Und ich wurde nicht enttäuscht - die ganze Zeit in Mainz war einfach nur wunderschön.
Es begann gleich damit, daß wir (meine bessere Hälfte und ich) einfach-Marcus mit dem Wochenendticket am Samstag vormittag in Würzburg aufgabelten und eine wirklich nette und kurzweilige Fahrt hatten (nicht, daß wir die nicht auch alleine gehabt hätten, aber ich sag' immer, je mehr Verrückte, desto lustiger). Trotz Verspätung und Anschlußzug-Verpassen kamen wir dann mittags in Mainz an, suchten unsere Bleibe auf und trafen uns mit Greenie, Mr. Stiffy (das ist die Flummie-Version von "Steif") und Fidi. Wirklich schade, daß man die Leute so selten sieht. Nach dem Startunterlagenabholen tranken wir kurz noch was zusammen, dann machten sich die drei mit Marcus wieder auf den Rückweg nach Grünhornhausen. Katja und ich sahen uns darauf die Stadt noch ein wenig an - hübsche Altstadt übrigens - dann war es auch schon kurz vor acht und wir zogen los zu dem von Flummie beschriebenen Italiener. Drin saßen schon Erik, Miatara und dessen Frau Anke; Flummie, JoParo, Rennhasi, Digga und Pfälzerwaldläufer kamen dann auch recht bald. Miatara sah irgendwie 10 Jahre jünger aus als auf dem Foto, welches er mal hier im Forum hatte - ich hätte den Kerl nicht erkannt, wenn er sich nicht als Miatara vorgestellt hätte. Bei den anderen hatte ich aber keine ähnlich gearteten Erkennungsprobleme. Der Abend war durch und durch nett und lustig. Flummie sprüht nur so von witzigen Geschichten, da hatte sogar ich mal wenig entgegenzuhalten (passiert mir wirklich selten

Gegen halb zwölf lag ich dann im Bett, fünfeinhalb Stunden später klingelte - sehr zum Leidwesen meiner Freundin - der Wecker. Auf meine Erklärungsversuche, daß ich immer über vier Stunden vor dem Marathon aufstehen muß, damit meine Verdauung rechtzeitig in Fahrt kommt, meine sie nur, wenn ich nicht so spät und so viel gegessen hätte, müßte ich sie jetzt auch nicht schon aufwecken. Hm. Wo sie recht hat, hat sie recht

Kurz nach halb neun waren wir dann am Brunnen, wo ich dann noch ein paar Foris kennenlernen konnte, die am Abend vorher nicht dabei waren - vor allem natürlich meinen designierten Laufpartner Jo, der mir auch von Anfang an mehr als sympathisch war. Miatara unternahm noch einen halb(sc)herzigen Versuch, uns für seinen HM als 1:40-Zugläufer zu gewinnen, aber wir wußten eigentlich beide, daß die 3:20 heute nicht drin waren. Jo und ich einigten uns darauf, so loszulaufen, daß wir bei gleichmäßigem Tempo gut unter die 3:30 kommen würden. Wir hatten beide eigentlich auf eine schnellere Zeit hintrainiert, aber auch beide das Training in den letzten vier Wochen ziemlich schleifen lassen (ich für meinen Teil habe 12 Tage komplett ausgesetzt). Dann wurden noch ein paar Fotos von der Gruppe geschossen, und schon ging's los zum Start.
Auf der Suche nach dem geeigneten Startplatz meinte Jo, "Stefan, das kann doch nicht sein, daß die alle hier vorne unter 3 Stunden laufen, schau Dir die doch mal an, wie die aussehen, die haben sich falsch hingestellt". Ich bin da immer vorsichtig und etwas bescheidener, und konnte Jo überreden, doch noch etwas weiter nach hinten zu gehen. Zwei Meter weiter war es ihm aber schon zu viel und er sagte "Wir bleiben jetzt hier stehen und aus. Wir sind hier schon richtig." Er sollte Recht behalten - denn obwohl wir links in dem bereits abgesteckten etwas schmaleren Marathonzielkanal standen, wo das Starterfeld im Gegensatz zum breiten HM-Zielkanal ziemlich dünn war und wir wesentlich schneller als die breite Masse neben uns über die Startlinie kamen, liefen wir bis km 3 noch zweimal in eine richtige Läuferwand. Trotzdem konnten wir die ersten beiden km in 5:01 und 5:02 und den dritten schon in 4:56 min hinter uns bringen. Das ging dann auch ganz gut so weiter - 4:51, 4:52, 4:47, 4:48 - dann wäre Ishimori fast auf eine tote Ratte gelatscht - 4:55, 4:53, 4:54, und schon hatten wir die ersten 10 km in 48:59 min. Sah also ganz gut aus, daß wir auf die 42,2 km deutlich unter 3:30 bleiben könnten. Hätte jedenfalls gut ausgesehen, wenn ich nicht schon seit km 7 dieses ungute Gefühl gehabt hätte, daß da nicht doch noch ein Rest von Flummies Pizza gepaart mit etwas Weißbier dem Enddarm entgegensteuert






Nur 1 Minute 33 Sekunden für ein großes Geschäft!!! Da habe ich meine alte PB um fast 2 Minuten unterboten



Dann war ich auch schon über die Rheinbrücke - letztendlich gar nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte. Auf der anderen Seite ging es dann aber etwas ungesund abwärts - ungesund deshalb, weil ich da in einer knappen halben Stunde ja wieder rauf mußte. Die Beschreibung "Tal des Todes" von Pfälzerwaldläufer für die 5 km jenseits des Rheins finde ich irgendwie passend - keine Ahnung warum, aber es paßt irgendwie: Man weiß nicht, was einen da unten in Hessen erwartet. Allen Befürchtungen zum trotz war aber eine tolle Stimmung da drüben, es gab ewig viel zu Trinken und zum naßwerden und die Kilometer 23 bis 27 flogen nur so in 4:52, 4:54, 4:51, 4:55 und 4:46 an mir vorbei. Kurz vor der Brücke kam dann mir ein ziemlich beschwingter Pfälzerwaldläufer entgegen (hoffentlich sah ich in seinen Augen genauso locker aus). Auf der Brücke sah ich Katja auch endlich mal wieder - das gab mir dann nochmal Kraft für das letzte Drittel.
Wieder in Mainz Proper wurde es dannaber trotzdem - langsam aber stetig - immer härter. Ich erinnerte mich noch an den Marathon letztes Jahr in Würzburg, wo es bis km 26 wie geschmiert lief, ich dann aber wegen Oberschenkelkrämpfen lange Strecken der 2. Runde gehen mußte


So kurz vorm Ziel waren dann aber wieder mehr Zuschauer da und ordentlich Stimmung in der Luft - was zwar gut tat, mir aber auch nicht so richtig neuen Wind gab. Trotzdem überholte ich weiterhin mühsam einen Läufer nach dem anderen. Etwa bei km 40 dachte ich mir - hey, den da vorne kenne ich doch?! Ich pirschte mich also hinterlistig (jedenfalls so hinterlistig, wie man sich in meinem wackligen Zustand überhaupt noch fühlen kann) an ihn ran, überholte ihn so elegant wie irgend möglich und grinste ihm von vorne in sein verschwitztes Gesicht. "Servus Jo, da bin ich wieder!"

Und ich find zu rennen an. Es war die Hölle. Die absolute Hölle. Nicht die Vorhölle, sondern the real thing. Die 4:49 min bis zum 41er Schild schienen eine Ewigkeit zu dauern. Und die 4:40 bis km 42 noch länger. Ich wischte mir mit dem Schwamm noch ein letztes Mal das Salz von der Stirn und setzte - alle Gedanken an die obligatorischen Ishimori-Ziellinien-Wadenkrämpfe zur Seite schiebend - zum Schlußsprint an. Aus den Augenwinkeln sah ich links in der Menge noch Rennhasi. Katja konnte ich leider nirgends entdecken. Ich kam mir so schnell vor - aber die Zielgerade wollte und wollte nicht aufhören.
Und dann flog ich über die Ziellinie - nach 3 Stunden 27 Minuten und 31 Sekunden.
Im Ziel wußte ich zehn Sekunden erstmal nicht, ob ich erst kotzen oder gleich ohnmächtig umkippen sollte. Danach ging es mir aber komischerweise sofort wieder gut. Ich beugte würdevoll mein Haupt, um die wohlverdiente Medaille entgegenzunehmen und freute mich wie ein frischgebratenes Schnitzel (das tue ich übrigens seit gestern bis jetzt ununterbrochen). Eine knappe Minute nach mir schoß dann auch schon Jo über die Ziellinie. Arm in Arm (meine Güte, war ich etwa genauso naß wie er?) machten wir uns dann auf in Richtung Zielverpflegung. Nach zwei Bechern Frubiase (böh, ich habe von dem Zeug die Nase voll, aber sowatt von!!!) am Eingangsbereich merkten wir Gott sei Dank, daß es weiter hinten doch noch bessere Sachen wie Red Bull oder alkfreies Radler gibt. Erschöpft setzten wir uns dann mit einem Radler auf eine Bierbank

Zehn Minuten später unternahm ich dann einige etwas unglückliche Dehnversuche - die Waden gingen noch, aber als ich meinen rechten Fuß zum Oberschenkeldehnen in die Hand nahm, schoß mir ein Krampf durch die rechte Achselhöhle (!) und ich ließ die Dehnerei bis auf weiteres bleiben.
Wir machten uns dann auf Richtung Brunnen, wo die anderen Foris sich nach dem Lauf treffen wollten. Die anderen waren auch alle gut drauf - es sind einige PBs gefallen, und auch abgesehen davon schien es allen Spaß gemacht zu haben. Mit Katja hatte ich leider keinen Treffpunkt ausgemacht, weshalb sie mich nochmal suchen ging und wir uns am Brunnen erstmal knapp verpaßten. Kurze Zeit später konnte ich sie dann aber doch endlich in die Arme schließen. Das Goldstück hat von meinem Zieleinlauf mit ihrer Digicam sogar noch einen kleinen Film gemacht!

Nach einem Fußbad im angenehm kalten Brunnen und einer gemütlichen Dusche im Zimmer sind wir dann noch mit Feanor, Greenie, einfach-Marcus, Jo und Sabine34 Pizza essen gegangen. Sabine hat Marcus, Katja und mich dann netterweise noch mit nach Würzburg genommen - sonst wären wir wahrscheinlich noch ein bis zwei Stunden länger bis Bamberg unterwegs gewesen.
Und - allen Drohungen von Greenie zum trotz, mit mit Saugnäpfen an Händen und Füßen von innen an ihre Autofensterscheibe zu klatschen - freue ich mich schon auf das nächste Treffen mit Euch! Es war einfach geil!!!
Interessanterweise tut mir heute überhaupt nichts weh - ich überlege sogar gerade, ob ich noch eine Runde laufen soll...
Übrigens war das mein erster Marathon mit Kontaktlinsen. Es hat noch nie so viel Spaß gemacht, sich den Schweiß aus den Augen zu wischen. Ich laufe nie wieder mit Brille...
Und endlich kann ich diese unselige Marathon-Bestzeit vom letzten Jahr in Würzburg, wo ich total eingebrochen bin, zu den Akten legen!
Ich hoffe, der Bericht ist lesbar

Schönen Abend noch!!!