Hollenmarsch 2006 Bericht und Bilder von Martinwalkt
Verfasst: 16.05.2006, 22:55
So...lange hat es gedauert mit Bericht und Fotos. Aber nun ist es so weit.
die Bilder sind hier:
https://fotoalbum.web.de/gast/wandererhh/Hollenmarsch06
Mein Bericht:
Hollenmarsch 2006
Endlich war es wieder soweit! Vor einem Jahr war ich zum ersten Mal dabei, beim zweiten Bödefelder Hollenmarsch. Der Dritte sollte mein zweiter Marsch über 101 km werden. Schon einige Tag vorher traf ich in der Heimat meiner Kindheit und Jugendzeit, im idyllischen Latrop, ein. Dank mütterlicher Pflege gelang das Ausruhen und Essen vor solch einer langen Strecke ganz hervorragend. Schon seit Monaten stand der Marsch im Raum. Der Marathon in HH drei Wochen vorher und der sechs-Stunden Lauf in Rotenburg (beide gewalkt) waren dazu praktisch das Vorspiel.
Was ziehe ich bloß an, was nehme ich mit?
Das war die zentrale Frage im Vorfeld. Schlechter als das Wetter in 2005 konnte es einfach nicht werden, aber was, wenn es bei dem Sommereinbruch der letzten Woche bliebe? Sicherheitshalber hatte ich alles Mögliche an Ausrüstung bei meiner Bahnfahrt ins Sauerland mitgenommen. Noch war es sonnig, aber zum Wochenende drohten heftige Wärmegewitter. Dazu dann noch all die strategischen Überlegungen, was man wo abgibt, bis wohin mitnimmt usw…
Auf nach Bödefeld
hieß es dann endlich am Freitag Nachmittag. Meinen Walkingkollegen „Sumowalker“, Georg aus Gladbek, traf ich schon bei der Einfahrt zum Parkplatz. Dann ging es Schlag auf Schlag. Peter, mit dem ich im letzen Jahr den Marsch durchgezogen hatte, und so manches bekannte Gesicht vom Hollenmarsch oder vom P-Weg (67 km mit ordentlich Bergen drin…) liefen mir über den Weg. Hier und da ein nettes Wort und schon wurden wir eingewiesen, das Hochzeitspaar, das die Hochzeitsnacht auf dem Marsch verbringen wollte, schnitt noch die Torte an. Der Tourismusdirektor redete gern und etwas viel, doch irgendwann kurz nach 18.00 Uhr ging es wirklich los.
Der Start
Über 100 Teilnehmer hatten sich für den 101-km-Marsch eingefunden. Auffällig dabei dieses Mal eine starke belgische Truppe, die an T-Shirts wie „100 km just for fun“ und durch Neonreflektoren an Sicherheitswesten ins Auge fiel. Einige schlugen gleich am Anfang ein recht flottes Tempo an. Das sollte sich nach wenigen hundert Metern aber rächen, als die ersten in die falsche Richtung liefen. Der allererste Streckenposten war nicht ganz im Film. Es sollte in dieser Hinsicht der einzige Mangel an Ausschilderung sein. Wer sich bei der tollen Streckenmarkierung noch verlaufen würde hatte auch nichts auf einer solchen Wanderung zu suchen.
Peter, Sumo und ich bildeten zunächst ein stabiles Dreiergespann. Zügig ging es auf und ab. Alles im grünen Bereich, nur Sumo hatte erste Zweifel, ob er nicht doch lieber „schlendern“ sollte. Langsam verfinsterte sich das Abendlicht und Donnergrollen zog auf… nein nicht schon wieder Hollenmarsch im Regen. Petrus hatte ein Einsehen und zeigte nur kurz wie es normalerweise im Sauerland ist, dann hielt sich das Wetter.
Bei der ersten Rast an der nassen Wiese waren wir immer noch nahe beim einem Trupp der schnelleren Belgier. Die wurden immer fröhlicher, der Älteste hielt aber die Truppe zusammen und sorgte dafür, dass die Pausen nicht zu lange wurden…
Weiter ging es, hoch zum kahlen Asten. Der Anstieg beeindruckte Sumo keineswegs, trotzdem mehrten sich die Anzeichen, dass er nicht unbedingt in dem Tempo das Ganze durchziehen wollte. Mein Argument, dass er dann am Ende aber länger leiden müsse, zog aber auch nicht richtig. Wir sammelten noch einen jungen Burschen vom Bund auf. Er kam aus Frankfurt/Oder, hatte schon mal ´nen 30 km Gepäckmarsch gemacht und wunderte sich jetzt, dass es auch ohne Gepäck in den Bergen etwas anstrengend wurde… Nach Kühude zerfiel unsere nette Dreiertruppe. Sumo wollte jetzt langsamer machen, und Peter bekam plötzlich Probleme in der Leiste und musste leider aufgeben.
Das sah nach einer einsamen Nachtwanderung aus. Ich fühlte mich so nah an meinem Heimatdorf (3 km ins Tal, und ich wäre im Bett gewesen) wieder munterer. Zügig ging es nach Jagdhaus, wo ich die Verpflegungsposten mit dem Spruch: Na? Seid ihr noch fit? zum Lachen brachte. Nur noch einige Kilometer bis zum Rhein Weser Turm, dem Versorgungs- und Wendepunkt. Jetzt merkte ich dann doch, dass es eine Langstreckenwanderung war. Die Anstiege lagen hinter mir und über 50 km hatte ich ja schon in den Beinen. Vom Vorjahr wusste ich aber von den netten, hübschen Masseurinnen, die mir bald die Beine verwöhnen würden. Der Trupp Belgier war immer in meiner Nähe, und ich wollte mir nicht die Massageliege wegschnappen lassen. Eine Sorge die unnötig war, denn die tendenziell minimalistisch ausgerüsteten Profiwanderer von Wandelmee.be brauchen nicht wirklich eine Massage bei schlappen 100 km. So war ich dann zwar vor Ihnen am Turm, aber meine Pause fiel mit über einer halben Stunde länger aus als die der belgischen Profis. Auf dem Weg zum Turm waren mir nur die schnellsten drei Wanderer entgegen gekommen.
Im Turm kam ca. 15 Minuten nach mir Kurt aus München an. Den kannte ich schon aus dem Forum, wo er mal sorgenvoll gefragt hatte, wie man denn schneller walken könne… Jetzt war er hier bei den Ersten. Ich legte Ihm auch die Massage ans Herz und er ließ sich nicht lange bitten. Meine Nudeln hatte ich auch schon fast alle gegessen, und war zum Aufbruch bereit, als auch Sumo hereinschneite. Er hatte vor, es mit 57 km dann gut sein zu lassen, aber ich bin mir sicher, im nächsten Jahr holt der sich diese Medallie mit dem roten Stein…
Allein und frisch erholt ging es in die Nacht. Bis Jagdhaus war ich ganz fit, doch, wie im letzten Jahr, wurde es ab Kühude anstrengend. Zwar war es wunderschön, dem Tag entgegenzulaufen, aber irgendwie merkte ich, dass mir sogar die Unterlippe schlaff wurde. Zeit, ein Selbstfoto zu machen. Das Bild auf dem Monitor ließ mich dann etwas erschrecken… nur weiter, und einen Schaumgummikohlenhydratfrosch in die Backen gestopft.
Vor mir ein kleiner Belgier, recht zügig unterwegs. In meinem Übermut meinte ich: Den kannst du ja vielleicht noch einholen. Nur mit Mühe gelang mir das. Ich wusste, dass ca. 10 Leute vor mir waren, und fing an zu singen: „Zehn kleiner Wanderer…“ in Kühude waren wir dann neun, zwei aber direkt vor mir an der Raststelle.
XXXXSatz?- Also: Kein Abstand entstehen lassen, sofort weiter mit denen. Wir haben uns nett unterhalten und ich bekam einige Weisheiten mit auf den Weg… Die erzähle ich aber erst später….
Der kleine Belgier war übrigens von hinten aufgeschlossen, als ich mit den beiden anderen zusammen war, und zog dann gnadenlos ab. Ich dachte ich könnte auch noch etwas schneller… aber viel schneller ging nicht mehr, und die Beiden blieben bis zum Ziel immer in Sichtweite hinter mir.
In der nassen Wiese wieder ein herzlicher Empfang. Noch einmal Sockenwechsel und die Stöcke mitgenommen. Ich wusste vom letzten Jahr, dass die Abstiege sehr sehr schmerzhaft sein können. War allerdings dieses Jahr ohne den Matsch und den Schlamm doch leichter zu gehen. Die Stöcke brachten trotzdem eine gewisse Entlastung, allerdings nervte das Klappern und Vibrieren der Stöckchen doch etwas.
Wie mechanisch wurde jetzt km um km abgespult. Am Skilift Altastenberg kam mir der erste Läufer entgegen. Mit „Laufen“ an diesem steilsten Stück der Strecke war in diesem Fall auch Laufen gemeint. Es war Uwe Mende aus Münster, der am Ende mit 8 h 39 gewann. Vorher war er „nur“ Marathons gelaufen. Eine tolle Leistung. Insbesondere die Läufer vorn waren noch recht fit und sehr freundlich. Manche applaudierten sogar mir, der ich eigentlich ja die Läufer anfeuerte. Gegen Ende des Feldes dann bekannte Gesichter aus Hamburg: Rosemarie mit Hund, die ich wohl mit Siegrid Eicher verwechselte, und der Urvater der 100 MC Clubs wurde auch gesehen. Allerdings wurde im hinteren Teil des Feldes doch mehr gewandert als gelaufen, die Strecke forderte schon ihren Tribut. Meiner Laune hat der Anblick der Läuferschar gut getan: Von den beiden Belgiern hinter mir wollte ich mich jetzt nicht mehr überholen lassen. Bei der nassen Wiese rückten sie noch einmal auf, und ich sah zu das ich nach Bödefeld kam.
Ich stoppte meine Uhr bei 17 h 01. Es war kurz nach 11 Uhr und meine Zeit vom letzen Jahr hatte ich um mehr als 1.30 h unterboten. Ungefähr als siebter war ich im Ziel angekommen. Sumo war, wie beim Märchen vom Hasen und Igel, schon da und erwartete mich. Es folgten die beiden Belgier. In der Halle verloren sich die paar Leute, da es um diese Zeit auch noch kein Publikum gab. Trotzdem gab es eine richtige Ehrung mit Urkunden und Medallien. Auf der Bühne gut 10 Sportler, in der Halle weniger als zehn Zuschauer. Meine Eltern kamen dazu, als wir uns draußen ein Süppchen gönnten. Wir vertrödelten noch etwas Zeit und beobachteten die nächsten Wanderer. Etwa eine halbe Stunde nach mir kam Kurt aus München recht frisch ins Ziel. Nach Kaffe und Kuchen zog es mich dann nach Hause, in die Wanne und ins Bett. Sumo fuhr zurück ins Ruhgebiet und Kurt vertrollte sich in seine Pension. Ein schöner Marsch ging dem Ende entgegen.
Was waren nun die Weisheiten der belgischen Profis:
Weisheit 1:
Das schöne am Wandersport ist, dass es nie ein Wettkampf ist. Wenn es einer sein soll, dann höchstens gegen dich selbst und deine Zeit. Andere haben da überhaupt nichts mit zu tun
Weisheit 2
Je Profi, desto einfacher und minimalistischer die Ausrüstung. Die Schnellsten haben fast nichts mit: Ein dünnes Jäckchen, eine (Taschen)lampe, einen Schirm. Die mit den dicken Rucksäcken, den teuren Gorejacken, den fetten Wanderschuhen und den Treckingstöcken sind meist die etwas langsameren.
Weisheit 3
Der erste 100 km Marsch ist immer anstrengend, egal ob er Höhenmeter hat oder nicht
Weisheit 4
Bei einem 100 km Marsch kann immer etwas passieren. Das weiß man vorher nicht.
Weisheit 5 (von Flemming dem Dänen)
Wenn es kalt und nass ist gehe ich halt schnell, wenn es nett und schön ist gehe ich langsam. Mit den belgischen Freunden schaue mir die Natur an, trinke mal ein Bier und habe Spaß. Ich muss nicht beweisen wie schnell ich das kann…
Insbesondere die Weisheit 1 und 5 werde ich mir bei den nächsten langen Märschen in Holland, bei den vier Tagen, zu Herzen nehmen. Wenn es Spaß macht dann rennen, wenn es nett und gemütlich sein soll, dann geht halt auch das.
Zu dumm, dass wir unseren Wanderurlaub schon vor diesem 101 km-Marsch mit seinen eindrucksvollen Einsichten gemacht haben… (Die Sättzerin)
Weitere Berichte
von Kurt dem Trampler sind hier
vom Sumowalker hier unter Beitrag65
Die Berichte und Bilder der Belgier sind hier
Berichte über den Lauf gibt es hier oder hier
Gruß Martin
die Bilder sind hier:
https://fotoalbum.web.de/gast/wandererhh/Hollenmarsch06
Mein Bericht:
Hollenmarsch 2006
Endlich war es wieder soweit! Vor einem Jahr war ich zum ersten Mal dabei, beim zweiten Bödefelder Hollenmarsch. Der Dritte sollte mein zweiter Marsch über 101 km werden. Schon einige Tag vorher traf ich in der Heimat meiner Kindheit und Jugendzeit, im idyllischen Latrop, ein. Dank mütterlicher Pflege gelang das Ausruhen und Essen vor solch einer langen Strecke ganz hervorragend. Schon seit Monaten stand der Marsch im Raum. Der Marathon in HH drei Wochen vorher und der sechs-Stunden Lauf in Rotenburg (beide gewalkt) waren dazu praktisch das Vorspiel.
Was ziehe ich bloß an, was nehme ich mit?
Das war die zentrale Frage im Vorfeld. Schlechter als das Wetter in 2005 konnte es einfach nicht werden, aber was, wenn es bei dem Sommereinbruch der letzten Woche bliebe? Sicherheitshalber hatte ich alles Mögliche an Ausrüstung bei meiner Bahnfahrt ins Sauerland mitgenommen. Noch war es sonnig, aber zum Wochenende drohten heftige Wärmegewitter. Dazu dann noch all die strategischen Überlegungen, was man wo abgibt, bis wohin mitnimmt usw…
Auf nach Bödefeld
hieß es dann endlich am Freitag Nachmittag. Meinen Walkingkollegen „Sumowalker“, Georg aus Gladbek, traf ich schon bei der Einfahrt zum Parkplatz. Dann ging es Schlag auf Schlag. Peter, mit dem ich im letzen Jahr den Marsch durchgezogen hatte, und so manches bekannte Gesicht vom Hollenmarsch oder vom P-Weg (67 km mit ordentlich Bergen drin…) liefen mir über den Weg. Hier und da ein nettes Wort und schon wurden wir eingewiesen, das Hochzeitspaar, das die Hochzeitsnacht auf dem Marsch verbringen wollte, schnitt noch die Torte an. Der Tourismusdirektor redete gern und etwas viel, doch irgendwann kurz nach 18.00 Uhr ging es wirklich los.
Der Start
Über 100 Teilnehmer hatten sich für den 101-km-Marsch eingefunden. Auffällig dabei dieses Mal eine starke belgische Truppe, die an T-Shirts wie „100 km just for fun“ und durch Neonreflektoren an Sicherheitswesten ins Auge fiel. Einige schlugen gleich am Anfang ein recht flottes Tempo an. Das sollte sich nach wenigen hundert Metern aber rächen, als die ersten in die falsche Richtung liefen. Der allererste Streckenposten war nicht ganz im Film. Es sollte in dieser Hinsicht der einzige Mangel an Ausschilderung sein. Wer sich bei der tollen Streckenmarkierung noch verlaufen würde hatte auch nichts auf einer solchen Wanderung zu suchen.
Peter, Sumo und ich bildeten zunächst ein stabiles Dreiergespann. Zügig ging es auf und ab. Alles im grünen Bereich, nur Sumo hatte erste Zweifel, ob er nicht doch lieber „schlendern“ sollte. Langsam verfinsterte sich das Abendlicht und Donnergrollen zog auf… nein nicht schon wieder Hollenmarsch im Regen. Petrus hatte ein Einsehen und zeigte nur kurz wie es normalerweise im Sauerland ist, dann hielt sich das Wetter.
Bei der ersten Rast an der nassen Wiese waren wir immer noch nahe beim einem Trupp der schnelleren Belgier. Die wurden immer fröhlicher, der Älteste hielt aber die Truppe zusammen und sorgte dafür, dass die Pausen nicht zu lange wurden…
Weiter ging es, hoch zum kahlen Asten. Der Anstieg beeindruckte Sumo keineswegs, trotzdem mehrten sich die Anzeichen, dass er nicht unbedingt in dem Tempo das Ganze durchziehen wollte. Mein Argument, dass er dann am Ende aber länger leiden müsse, zog aber auch nicht richtig. Wir sammelten noch einen jungen Burschen vom Bund auf. Er kam aus Frankfurt/Oder, hatte schon mal ´nen 30 km Gepäckmarsch gemacht und wunderte sich jetzt, dass es auch ohne Gepäck in den Bergen etwas anstrengend wurde… Nach Kühude zerfiel unsere nette Dreiertruppe. Sumo wollte jetzt langsamer machen, und Peter bekam plötzlich Probleme in der Leiste und musste leider aufgeben.
Das sah nach einer einsamen Nachtwanderung aus. Ich fühlte mich so nah an meinem Heimatdorf (3 km ins Tal, und ich wäre im Bett gewesen) wieder munterer. Zügig ging es nach Jagdhaus, wo ich die Verpflegungsposten mit dem Spruch: Na? Seid ihr noch fit? zum Lachen brachte. Nur noch einige Kilometer bis zum Rhein Weser Turm, dem Versorgungs- und Wendepunkt. Jetzt merkte ich dann doch, dass es eine Langstreckenwanderung war. Die Anstiege lagen hinter mir und über 50 km hatte ich ja schon in den Beinen. Vom Vorjahr wusste ich aber von den netten, hübschen Masseurinnen, die mir bald die Beine verwöhnen würden. Der Trupp Belgier war immer in meiner Nähe, und ich wollte mir nicht die Massageliege wegschnappen lassen. Eine Sorge die unnötig war, denn die tendenziell minimalistisch ausgerüsteten Profiwanderer von Wandelmee.be brauchen nicht wirklich eine Massage bei schlappen 100 km. So war ich dann zwar vor Ihnen am Turm, aber meine Pause fiel mit über einer halben Stunde länger aus als die der belgischen Profis. Auf dem Weg zum Turm waren mir nur die schnellsten drei Wanderer entgegen gekommen.
Im Turm kam ca. 15 Minuten nach mir Kurt aus München an. Den kannte ich schon aus dem Forum, wo er mal sorgenvoll gefragt hatte, wie man denn schneller walken könne… Jetzt war er hier bei den Ersten. Ich legte Ihm auch die Massage ans Herz und er ließ sich nicht lange bitten. Meine Nudeln hatte ich auch schon fast alle gegessen, und war zum Aufbruch bereit, als auch Sumo hereinschneite. Er hatte vor, es mit 57 km dann gut sein zu lassen, aber ich bin mir sicher, im nächsten Jahr holt der sich diese Medallie mit dem roten Stein…
Allein und frisch erholt ging es in die Nacht. Bis Jagdhaus war ich ganz fit, doch, wie im letzten Jahr, wurde es ab Kühude anstrengend. Zwar war es wunderschön, dem Tag entgegenzulaufen, aber irgendwie merkte ich, dass mir sogar die Unterlippe schlaff wurde. Zeit, ein Selbstfoto zu machen. Das Bild auf dem Monitor ließ mich dann etwas erschrecken… nur weiter, und einen Schaumgummikohlenhydratfrosch in die Backen gestopft.
Vor mir ein kleiner Belgier, recht zügig unterwegs. In meinem Übermut meinte ich: Den kannst du ja vielleicht noch einholen. Nur mit Mühe gelang mir das. Ich wusste, dass ca. 10 Leute vor mir waren, und fing an zu singen: „Zehn kleiner Wanderer…“ in Kühude waren wir dann neun, zwei aber direkt vor mir an der Raststelle.
XXXXSatz?- Also: Kein Abstand entstehen lassen, sofort weiter mit denen. Wir haben uns nett unterhalten und ich bekam einige Weisheiten mit auf den Weg… Die erzähle ich aber erst später….
Der kleine Belgier war übrigens von hinten aufgeschlossen, als ich mit den beiden anderen zusammen war, und zog dann gnadenlos ab. Ich dachte ich könnte auch noch etwas schneller… aber viel schneller ging nicht mehr, und die Beiden blieben bis zum Ziel immer in Sichtweite hinter mir.
In der nassen Wiese wieder ein herzlicher Empfang. Noch einmal Sockenwechsel und die Stöcke mitgenommen. Ich wusste vom letzten Jahr, dass die Abstiege sehr sehr schmerzhaft sein können. War allerdings dieses Jahr ohne den Matsch und den Schlamm doch leichter zu gehen. Die Stöcke brachten trotzdem eine gewisse Entlastung, allerdings nervte das Klappern und Vibrieren der Stöckchen doch etwas.
Wie mechanisch wurde jetzt km um km abgespult. Am Skilift Altastenberg kam mir der erste Läufer entgegen. Mit „Laufen“ an diesem steilsten Stück der Strecke war in diesem Fall auch Laufen gemeint. Es war Uwe Mende aus Münster, der am Ende mit 8 h 39 gewann. Vorher war er „nur“ Marathons gelaufen. Eine tolle Leistung. Insbesondere die Läufer vorn waren noch recht fit und sehr freundlich. Manche applaudierten sogar mir, der ich eigentlich ja die Läufer anfeuerte. Gegen Ende des Feldes dann bekannte Gesichter aus Hamburg: Rosemarie mit Hund, die ich wohl mit Siegrid Eicher verwechselte, und der Urvater der 100 MC Clubs wurde auch gesehen. Allerdings wurde im hinteren Teil des Feldes doch mehr gewandert als gelaufen, die Strecke forderte schon ihren Tribut. Meiner Laune hat der Anblick der Läuferschar gut getan: Von den beiden Belgiern hinter mir wollte ich mich jetzt nicht mehr überholen lassen. Bei der nassen Wiese rückten sie noch einmal auf, und ich sah zu das ich nach Bödefeld kam.
Ich stoppte meine Uhr bei 17 h 01. Es war kurz nach 11 Uhr und meine Zeit vom letzen Jahr hatte ich um mehr als 1.30 h unterboten. Ungefähr als siebter war ich im Ziel angekommen. Sumo war, wie beim Märchen vom Hasen und Igel, schon da und erwartete mich. Es folgten die beiden Belgier. In der Halle verloren sich die paar Leute, da es um diese Zeit auch noch kein Publikum gab. Trotzdem gab es eine richtige Ehrung mit Urkunden und Medallien. Auf der Bühne gut 10 Sportler, in der Halle weniger als zehn Zuschauer. Meine Eltern kamen dazu, als wir uns draußen ein Süppchen gönnten. Wir vertrödelten noch etwas Zeit und beobachteten die nächsten Wanderer. Etwa eine halbe Stunde nach mir kam Kurt aus München recht frisch ins Ziel. Nach Kaffe und Kuchen zog es mich dann nach Hause, in die Wanne und ins Bett. Sumo fuhr zurück ins Ruhgebiet und Kurt vertrollte sich in seine Pension. Ein schöner Marsch ging dem Ende entgegen.
Was waren nun die Weisheiten der belgischen Profis:
Weisheit 1:
Das schöne am Wandersport ist, dass es nie ein Wettkampf ist. Wenn es einer sein soll, dann höchstens gegen dich selbst und deine Zeit. Andere haben da überhaupt nichts mit zu tun
Weisheit 2
Je Profi, desto einfacher und minimalistischer die Ausrüstung. Die Schnellsten haben fast nichts mit: Ein dünnes Jäckchen, eine (Taschen)lampe, einen Schirm. Die mit den dicken Rucksäcken, den teuren Gorejacken, den fetten Wanderschuhen und den Treckingstöcken sind meist die etwas langsameren.
Weisheit 3
Der erste 100 km Marsch ist immer anstrengend, egal ob er Höhenmeter hat oder nicht
Weisheit 4
Bei einem 100 km Marsch kann immer etwas passieren. Das weiß man vorher nicht.
Weisheit 5 (von Flemming dem Dänen)
Wenn es kalt und nass ist gehe ich halt schnell, wenn es nett und schön ist gehe ich langsam. Mit den belgischen Freunden schaue mir die Natur an, trinke mal ein Bier und habe Spaß. Ich muss nicht beweisen wie schnell ich das kann…
Insbesondere die Weisheit 1 und 5 werde ich mir bei den nächsten langen Märschen in Holland, bei den vier Tagen, zu Herzen nehmen. Wenn es Spaß macht dann rennen, wenn es nett und gemütlich sein soll, dann geht halt auch das.
Zu dumm, dass wir unseren Wanderurlaub schon vor diesem 101 km-Marsch mit seinen eindrucksvollen Einsichten gemacht haben… (Die Sättzerin)
Weitere Berichte
von Kurt dem Trampler sind hier
vom Sumowalker hier unter Beitrag65
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Gruß Martin