Etwas verspätet: Düsseldorf Marathon
Verfasst: 19.05.2006, 14:34
Vorgeschichte
Für Düsseldorf (meinen 5. Marathon, der erste 2001) hatte ich mich früh entschieden und kurz nach Anmeldebeginn schon registriert. Diesmal sollte die 3:30 endlich geknackt werden. Das Wintertraining verlief vielversprechend und so ging ich mit Elan in die letzten Vorbereitungswochen ab Ende März. Leider wurde unser Sohnemann 4 Wochen vor dem Start krank (Erkältung) und 2 Tage später lag ich mit 38,5 Grad auf dem Sofa. Die Erholung lief gut und ich war wieder frohen Mutes, bis in der darauffolgenden Woche ein Tempolauf zum Fiasko (frühzeitiger Abbruch) geriet. Nun ja dachte ich, kann passieren. Mach eben mal 3 Tage langsam. Das hat dann auch funktioniert und beruhigte mich wieder. Mittwochs vor dem Start (eigentlich sollten die Beine jetzt schon vor Kraft bersten) der nächste Nackenschlag: Enge Brust beim Atmen und müde Beine. Zuhause sagte ich zu meiner Frau: So laufe ich nicht in Düsseldorf. Na ja, es waren ja noch 3 Erholungstage bis dahin. Meine Zuversicht sank jedoch erheblich gegenüber dem Vorbereitungsbeginn.
Samstag
Von uns sind es ca. 180km bis Düsseldorf (ca. 40km Landstraße). Da ich in fremden Betten eh schlecht schlafe und vor einem Wettkampf auch zuhause nicht besonders gut, habe ich auf ein Hotel verzichtet. Die Wettervorhersage prophezeite Wärme (23 - 25 Grad) und Wind (Stärke 4 mit Böen von 60km/h) für Samstag und Sonntag. Na Bravo, genau das was ich gebraucht habe. Mit Beunruhigung verfolgte ich, dass diese Vorhersage am Samstag auch genau eintraf. Vielleicht wird der Sonntag doch noch besser (die Hoffnung stirbt zuletzt). Ich gehe früh zu Bett (so gegen 9:30).
Sonntag
Der Tag der Wahrheit. Um 02:30 werde ich wach, weil meine Frau sich im Bett herumwälzt. Sie kann wegen dem Marathon nicht schlafen, obwohl ich alleine nach Düsseldorf fahre. Eine Stunde im Bett dösen reichen mir dann und es wird um 03:30 aufgestanden. Etwas essen und trinken, die Tasche packen, Straßenkarte lesen und ab geht es um 4:40. Mann, sind das viele Baustellen auf der Autobahn. Egal, ich bin früh unterwegs und werde wohl einen Parkplatz in Startnähe bekommen. Im Auto sage ich mir mehrfach vor: Du wirst heute Bestzeit laufen und du wirst unter 3:30 kommen auch wenn das Wetter besch... ist.
Gegen 06:45 komme ich in Düsseldorf an und die Homberger Straße ist gesperrt. Das kann doch nicht sein. Im Internet stand etwas von 08:00. Ich biege rechts ab. Halte nach 500m an und schaue auf der Karte nach wo ich bin. Bestimmt habe ich mich vertan. Gedreht und zurück zur Ecke Kennedy-Damm-Homberger Straße. Jetzt steht ein silberner Audi-Kombi vor der Absperrung. Ärger kocht hoch (jaja das Wettkampfadrenalin) und ich fahre über den Bürgersteig auf die komplett leere Homberger Straße. Gleich darauf überholt mich ein silberner Audi-Kombi (glaube ich jedenfalls).
Parkplatz direkt vor der Rheinterrasse im Schatten. Das ging ja mal gut.
Der Start
Alles nötige ist erledigt (auch die Toilettenbesuche). Ich stehe im Startblock und suche den 3:30-Läufer. Irgendwo etwas vor mir sehe ich einen Luftballon. Das wir er wohl sein. Der Start selbst geht reibungslos von der Bühne. 30s brauche ich bis zur Matte. Die Luft fühlt sich nach 17Grad an und der Wind ist moderat. Ich laufe moderat los und halte mich etwas zurück, um den ersten km nicht zu überziehen. 5:01 sind es dann. Mit Trinkpausen brauche ich mindestens eine 4:55. Also leicht anziehen, aber alles ohne Druck.
Bis km 10
Bei der ersten Trinkstelle (4,5 km) rutsche ich auf dem nassen Pflaster aus und lande direkt vor einer jungen Frau auf dem Boden. Die ist ganz erschrocken und redet auf mich ein. Ich verstehe nichts, springe auf, nehme mir ein Wasser und laufe weiter (Ich bin immer wieder fasziniert, was ein Wettkampf mit mir anstellt. Nur noch Tunnelblick und eingeschränktes Denkvermögen). Nach einer Minute ist der Vorfall vergessen, es gibt nur ein Ziel: unter 3:30. Die Strecke ist flach und durch die noch etwas schräg stehende Sonne genügend Schatten vorhanden. Es läuft sich gut. Muss es auch, denn die zweite Hälfte wird mehr Sonne und die Oberkasseler Brücke haben (momentan mein Schreckgespenst).
Bis km 21,1
Zwei Bahnüberquerungen gaben mir schonmal einen Vorgeschmack auf die Rheinbrücke. Zudem frischt der Wind immer mehr auf. Es wird wärmer. Nachher erfahre ich, dass von den drei deutschen Männern, die die Göteborg-Qualifikation schaffen wollen (2:14) zwei bei km 17 aufgehört haben. Ich kann es Ihnen nicht verdenken. Denn schon hier ist klar, dass es schwer wird. Der dritte hat es mit 2:17 leider um 3 min verpasst. Die Hälfte ist jetzt mit 1:43 geschafft. Da die zweite Hälfte wetterbedingt schwierger wird (und mein Schweinehund noch etwas von Oberkasseler Brücke erzählt) ist dieses Polster noch nicht wirklich beruhigend.
Bis km 28
Mittlerweile muss ich 2 Becher Wasser trinken. Die Aufenthalte an den Trinkstellen verlängern sich. Das Zeitpolster bleibt bei 3min stehen. Zudem ist mir siedendheiß eingefallen, dass ein 5min-Schnitt ja gar nicht ausreicht. Es fehlen ja noch 195m. Also eine Minute vom Polster abziehen (jaja das eingeschränkte Denkvermögen). Das muss ich erstmal verdauen. In diesem Stadteil ist auch das Hotel Sorat, welches ich für eine ev. Übernachtung buchen wollte. Ab km 24 geht es nicht mehr ohne Druck. Jetzt versuchen das Tempo zu halten. Die Beine sind zwar nicht mehr ganz frisch, aber es geht noch. Irgendwo in diesem Bereich kommt eine Windböe und wirft wie Dominosteine die metallene Zuschauerabsperrung um. Also doch keine Einbildung. Bei km 27 denke ich. Wie oft bist du schon 15 km Tempo gelaufen, dass musst du doch noch schaffen.
Bis km 38
Die Oberkasseler Brücke. Sonne pur und Rückenwind (ich denke mit Schrecken an das Zurück). Links kommen schon die Ersten Zielläufer. Das lenkt etwas ab. Ich glaube so gegen km 31 verpasse ich eine Wasserbrause. Da ich momentan ganz links laufe und die Brause sich rechts befindet, ist ein querlaufen nicht mehr möglich. Sch... kommt es aus mir heraus und ein Läufer neben mir bestätigt desgleichen. Es nützt nichts, sich über die verpasste Abkühlung aufzuregen. Weiter gehts. Hinter km 33 geht es etwas bergauf und Gegenwind. Der Wind geht mir auf den Schnürsenkel. Vor mir ist jetzt ein Riese (vielleicht 20cm größer, ich bin nur 1.73). Klemme mich dahinter um wenigstens ein bißchen mal Ruhe zu haben. Leider spüre ich vom Laufschritt her, dass dieser Läufer höchstens 5:10 läuft (an der km-Markierung waren es 5:15). Also wieder vorbei. Bei km 37 habe ich noch ein Zeitpolster von 100s. Meine Beine sind zwar sehr müde, aber trotzdem spürt mein Unterbewußtsein, dass nur noch ein Unglück mich pro km um mehr als 20s langsamer machen kann.
Bis zum Ziel
Wie befürchtet bekomme ich (und natürlich auch Andere) auf dem Rückweg der Rheinbrücke die volle Breitseite des Ostwindes ab. Jetzt wird alles gegeben um gegen die Höhenmeter und den Wind anzukämpfen. Auf der Brücke überhole ich einige gehende Läufer. Es sind auch Frauen dabei. Schade denke ich, die schaffen es nicht mehr unter 3:30. Für Frauen ist das eine enorme Leistung. Nachher sehe ich, dass es insgesamt nur 22 (von 600) waren. Ich schaue nicht mehr auf die Uhr, sondern versuche nur das Tempo zu halten. An einer Stelle stolpere ich leicht. Nur nicht hinfallen. Ich spüre nur noch Wind und Sonne. Endlich geht es um die Kurve zum Ziel. Rückenwind. Es wird alles mobilisiert. Kurz vor der Matte zeigt die Zieluhr was um 3:29:38 an. Erleichterung macht sich breit. Geschafft. Nettozeit 3:29:10.
Für Düsseldorf (meinen 5. Marathon, der erste 2001) hatte ich mich früh entschieden und kurz nach Anmeldebeginn schon registriert. Diesmal sollte die 3:30 endlich geknackt werden. Das Wintertraining verlief vielversprechend und so ging ich mit Elan in die letzten Vorbereitungswochen ab Ende März. Leider wurde unser Sohnemann 4 Wochen vor dem Start krank (Erkältung) und 2 Tage später lag ich mit 38,5 Grad auf dem Sofa. Die Erholung lief gut und ich war wieder frohen Mutes, bis in der darauffolgenden Woche ein Tempolauf zum Fiasko (frühzeitiger Abbruch) geriet. Nun ja dachte ich, kann passieren. Mach eben mal 3 Tage langsam. Das hat dann auch funktioniert und beruhigte mich wieder. Mittwochs vor dem Start (eigentlich sollten die Beine jetzt schon vor Kraft bersten) der nächste Nackenschlag: Enge Brust beim Atmen und müde Beine. Zuhause sagte ich zu meiner Frau: So laufe ich nicht in Düsseldorf. Na ja, es waren ja noch 3 Erholungstage bis dahin. Meine Zuversicht sank jedoch erheblich gegenüber dem Vorbereitungsbeginn.
Samstag
Von uns sind es ca. 180km bis Düsseldorf (ca. 40km Landstraße). Da ich in fremden Betten eh schlecht schlafe und vor einem Wettkampf auch zuhause nicht besonders gut, habe ich auf ein Hotel verzichtet. Die Wettervorhersage prophezeite Wärme (23 - 25 Grad) und Wind (Stärke 4 mit Böen von 60km/h) für Samstag und Sonntag. Na Bravo, genau das was ich gebraucht habe. Mit Beunruhigung verfolgte ich, dass diese Vorhersage am Samstag auch genau eintraf. Vielleicht wird der Sonntag doch noch besser (die Hoffnung stirbt zuletzt). Ich gehe früh zu Bett (so gegen 9:30).
Sonntag
Der Tag der Wahrheit. Um 02:30 werde ich wach, weil meine Frau sich im Bett herumwälzt. Sie kann wegen dem Marathon nicht schlafen, obwohl ich alleine nach Düsseldorf fahre. Eine Stunde im Bett dösen reichen mir dann und es wird um 03:30 aufgestanden. Etwas essen und trinken, die Tasche packen, Straßenkarte lesen und ab geht es um 4:40. Mann, sind das viele Baustellen auf der Autobahn. Egal, ich bin früh unterwegs und werde wohl einen Parkplatz in Startnähe bekommen. Im Auto sage ich mir mehrfach vor: Du wirst heute Bestzeit laufen und du wirst unter 3:30 kommen auch wenn das Wetter besch... ist.
Gegen 06:45 komme ich in Düsseldorf an und die Homberger Straße ist gesperrt. Das kann doch nicht sein. Im Internet stand etwas von 08:00. Ich biege rechts ab. Halte nach 500m an und schaue auf der Karte nach wo ich bin. Bestimmt habe ich mich vertan. Gedreht und zurück zur Ecke Kennedy-Damm-Homberger Straße. Jetzt steht ein silberner Audi-Kombi vor der Absperrung. Ärger kocht hoch (jaja das Wettkampfadrenalin) und ich fahre über den Bürgersteig auf die komplett leere Homberger Straße. Gleich darauf überholt mich ein silberner Audi-Kombi (glaube ich jedenfalls).
Parkplatz direkt vor der Rheinterrasse im Schatten. Das ging ja mal gut.
Der Start
Alles nötige ist erledigt (auch die Toilettenbesuche). Ich stehe im Startblock und suche den 3:30-Läufer. Irgendwo etwas vor mir sehe ich einen Luftballon. Das wir er wohl sein. Der Start selbst geht reibungslos von der Bühne. 30s brauche ich bis zur Matte. Die Luft fühlt sich nach 17Grad an und der Wind ist moderat. Ich laufe moderat los und halte mich etwas zurück, um den ersten km nicht zu überziehen. 5:01 sind es dann. Mit Trinkpausen brauche ich mindestens eine 4:55. Also leicht anziehen, aber alles ohne Druck.
Bis km 10
Bei der ersten Trinkstelle (4,5 km) rutsche ich auf dem nassen Pflaster aus und lande direkt vor einer jungen Frau auf dem Boden. Die ist ganz erschrocken und redet auf mich ein. Ich verstehe nichts, springe auf, nehme mir ein Wasser und laufe weiter (Ich bin immer wieder fasziniert, was ein Wettkampf mit mir anstellt. Nur noch Tunnelblick und eingeschränktes Denkvermögen). Nach einer Minute ist der Vorfall vergessen, es gibt nur ein Ziel: unter 3:30. Die Strecke ist flach und durch die noch etwas schräg stehende Sonne genügend Schatten vorhanden. Es läuft sich gut. Muss es auch, denn die zweite Hälfte wird mehr Sonne und die Oberkasseler Brücke haben (momentan mein Schreckgespenst).
Bis km 21,1
Zwei Bahnüberquerungen gaben mir schonmal einen Vorgeschmack auf die Rheinbrücke. Zudem frischt der Wind immer mehr auf. Es wird wärmer. Nachher erfahre ich, dass von den drei deutschen Männern, die die Göteborg-Qualifikation schaffen wollen (2:14) zwei bei km 17 aufgehört haben. Ich kann es Ihnen nicht verdenken. Denn schon hier ist klar, dass es schwer wird. Der dritte hat es mit 2:17 leider um 3 min verpasst. Die Hälfte ist jetzt mit 1:43 geschafft. Da die zweite Hälfte wetterbedingt schwierger wird (und mein Schweinehund noch etwas von Oberkasseler Brücke erzählt) ist dieses Polster noch nicht wirklich beruhigend.
Bis km 28
Mittlerweile muss ich 2 Becher Wasser trinken. Die Aufenthalte an den Trinkstellen verlängern sich. Das Zeitpolster bleibt bei 3min stehen. Zudem ist mir siedendheiß eingefallen, dass ein 5min-Schnitt ja gar nicht ausreicht. Es fehlen ja noch 195m. Also eine Minute vom Polster abziehen (jaja das eingeschränkte Denkvermögen). Das muss ich erstmal verdauen. In diesem Stadteil ist auch das Hotel Sorat, welches ich für eine ev. Übernachtung buchen wollte. Ab km 24 geht es nicht mehr ohne Druck. Jetzt versuchen das Tempo zu halten. Die Beine sind zwar nicht mehr ganz frisch, aber es geht noch. Irgendwo in diesem Bereich kommt eine Windböe und wirft wie Dominosteine die metallene Zuschauerabsperrung um. Also doch keine Einbildung. Bei km 27 denke ich. Wie oft bist du schon 15 km Tempo gelaufen, dass musst du doch noch schaffen.
Bis km 38
Die Oberkasseler Brücke. Sonne pur und Rückenwind (ich denke mit Schrecken an das Zurück). Links kommen schon die Ersten Zielläufer. Das lenkt etwas ab. Ich glaube so gegen km 31 verpasse ich eine Wasserbrause. Da ich momentan ganz links laufe und die Brause sich rechts befindet, ist ein querlaufen nicht mehr möglich. Sch... kommt es aus mir heraus und ein Läufer neben mir bestätigt desgleichen. Es nützt nichts, sich über die verpasste Abkühlung aufzuregen. Weiter gehts. Hinter km 33 geht es etwas bergauf und Gegenwind. Der Wind geht mir auf den Schnürsenkel. Vor mir ist jetzt ein Riese (vielleicht 20cm größer, ich bin nur 1.73). Klemme mich dahinter um wenigstens ein bißchen mal Ruhe zu haben. Leider spüre ich vom Laufschritt her, dass dieser Läufer höchstens 5:10 läuft (an der km-Markierung waren es 5:15). Also wieder vorbei. Bei km 37 habe ich noch ein Zeitpolster von 100s. Meine Beine sind zwar sehr müde, aber trotzdem spürt mein Unterbewußtsein, dass nur noch ein Unglück mich pro km um mehr als 20s langsamer machen kann.
Bis zum Ziel
Wie befürchtet bekomme ich (und natürlich auch Andere) auf dem Rückweg der Rheinbrücke die volle Breitseite des Ostwindes ab. Jetzt wird alles gegeben um gegen die Höhenmeter und den Wind anzukämpfen. Auf der Brücke überhole ich einige gehende Läufer. Es sind auch Frauen dabei. Schade denke ich, die schaffen es nicht mehr unter 3:30. Für Frauen ist das eine enorme Leistung. Nachher sehe ich, dass es insgesamt nur 22 (von 600) waren. Ich schaue nicht mehr auf die Uhr, sondern versuche nur das Tempo zu halten. An einer Stelle stolpere ich leicht. Nur nicht hinfallen. Ich spüre nur noch Wind und Sonne. Endlich geht es um die Kurve zum Ziel. Rückenwind. Es wird alles mobilisiert. Kurz vor der Matte zeigt die Zieluhr was um 3:29:38 an. Erleichterung macht sich breit. Geschafft. Nettozeit 3:29:10.