Köln-Marathon 2006: Experimente in der Hexenküche
Verfasst: 10.10.2006, 01:03
Köln-Marathon 2006: Experimente in der Hexenküche
Diesmal sollte alles anders werden. Wurde es auch…
Mein dritter Köln-Marathon und ich bin entspannt wie noch nie. Bestzeit für dieses Jahr schon in Hamburg geholt. Zehn Läufe über 30km gemacht, davon neun über 35km. HM-Bestzeit vor drei Wochen deutet auf eine Optimalzeit von unter 3:15 Stunden hin.
Warum nicht etwas experimentieren, mal was Neues ausprobieren?
Als erstes fahre ich eine Woche vorher in den Urlaub und schlafe mich dort richtig aus.
Im Urlaub an der Nordsee besteht mein Carbo-Loading vorwiegend aus Fischbrötchen.
Aus einer Laune heraus packe ich meine Videokamera ein. Fühl mich eher als Tourist denn als jemand, der in einer Stunde an den Start gehen soll.
Bei Abgabe des Kleiderbeutels entschließe ich mich, ohne Pulsmesser zu laufen.
Beim Start wollte ich meine 0,5 Liter Wasser ausgetrunken haben, behalte aber die Hälfte davon zurück und laufe mit der Flasche im Trinkgürtel los.
Mit einer Pace von 4:40 min/km soll’s losgehen und dann langsam schneller werden.
Km 1-5: Lockeres Anrollen
4:45 – 4:41 – 4:35 – 4:42 – 4:35 = 23:18 Min
Ist mir noch nie aufgefallen, dass es direkt auf den ersten Kilometern so viel bergab geht. Die Stimmung ist bärig, so viele Leute gleich zu Beginn. Prima, da kann man gut laufen lassen, Tempo ist genau richtig.
Km 6-10: Eigenverpflegung
4:33 – 5:03 – 4:31 – 4:46 – 4:48 = 23:41 Min
Den Getränkestand hinter Km 6 lasse ich aus und gönne mir stattdessen eine Pinkelpause. Auch bei Km 9 nehme ich nur einen Schluck aus meiner Flasche und greife mir bei der Verpflegung nur einen nassen kühlen Schwamm.
Zeit ist noch in Ordnung, Endzeit läge bei 3:18 Std.
Km 11-15: Die schnellen
4:34 – 4:40 – 4:50 – 4:32 – 4:36 = 23:12 Min
Jetzt bin ich gut drin, freue mich, dass die ersten zehn Km so problemlos und ohne Anstrengung vorbei gingen. Verpflegung bei Km 12, der letzte Schluck aus meiner Flasche und noch einen Schluck Wasser zum Nachspülen.
Zielzeitprognose jetzt bei 3:17 Std.
Km 16-20: Das Unheil kündigt sich an
4:39 – 4:40 – 4:36 – 4:43 – 5:09 = 23:47 Min
Langsam wird mir warm und bei der Verpflegung Km 17 greife ich mir zwei Becher Wasser, die ich hastig trinke. Hui, erfrischend kühl, das geht durch bis in den Magen! Und das Bananenstück schwimmt darin recht munter. Der Magen mag das aber gar nicht gerne und teilt mir das nach zwei Kilometern mit. Erst sind es nur leichte Seitenstiche, die ich mit ruhiger Atmung ein wenig wegdrücken kann. Dann aber krampft sich mein Magen zusammen und ich muss einfach Tempo rausnehmen. Vielleicht geht es dann ja vorbei.
Zielzeit jetzt: 3:18 Std, immer noch kein Grund zur Panik.
Km 21-25: Auf und ab
4:47 –– 5:00 – 5:08 – 4:41 – 5:01 = 25:06 Min
Verpflegung bei Km 22: Lieber keine weitere Banane, sondern nur trinken. Herrje, schon wieder so kalt. Zack, ist der Magen wieder zu und die Seitenstiche kommen auch wieder. Leichtes Unwohlsein macht sich breit und ich verabschiede mich von 3:20 Std. Vielleicht reicht es ja noch für eine neue Bestzeit. Gäbe mir 8 Minuten zusätzliche Zeit. Damit pushe ich mich den Kilometer 24, was die Magenkrämpfe aber leider begünstigt.
Zielzeitprognose, ab Km 25 aber unrealistisch: 3:21 Std.
Km 26-30: Powergel hilft
4:43 – 4:45 – 4:46 – 5:17 – 5:04 = 24:35 Min.
Bei Verpflegung Km 26 ein Powergel und gaaanz vorsichtig mit Wasser nachspülen. Danach läuft es knapp zwanzig Minuten wieder gut, die Beine sind noch erstaunlich frisch. Aber nach Km 29 konnte ich an den Verpflegungsstationen machen, was ich wollte: Ständig rebellierte mein Magen und saß wie ein Klumpen fest. Es hat keinen Sinn, ich muss Tempo rausnehmen.
Km 31-35: Aufhören macht keinen Sinn
6:00 – 5:37 – 5:00 – 5:12 – 5:17 = 27:06 Min.
Das für mich psychisch schwerste Stück durch Nippes war geschafft und eigentlich hätte ich für die restlichen 12 km weit über eine Stunde Zeit gehabt. Aber neben dem Magen fingen die Bauchmuskeln langsam an zu schmerzen, an lockeres Laufen war kaum noch zu denken. Also hab ich mich entschieden, das Rennen gedanklich zu beenden und nur noch so vernünftig wie möglich ins Ziel zu kommen. Teilweise bin ich gejoggt, an den Verpflegungsstellen hab ich mir längere Gehpausen erlaubt und erst in der Nähe des Rudolfplatzes hab ich langsam wieder Fahrt aufgenommen. Wieder half ein Powergel. Ich hab mich an ein Pärchen gehängt, bei dem er den Hasen für sie machte, und so bin ich bis zum Neumarkt gekommen. Mitten im dichtesten Zuschauergetümmel war ich dann aber kurz davor, den Leuten vor die Füße zu kotzen.
Theoretische Endzeit immer noch Bestzeit: 3:25 Std.
Km 36-42,2: Das endgültige Ende
6:19 – 5:39 – (6:13) – (5:37) – (5:00) = 28:48 Min.
5:10 – 5:00 – 0:56 = 11:06 Min.
Gehpausen. Wiederanlaufen fällt erstaunlich leicht. die Beine könnten noch. Aber nach einigen hundert Metern werde ich wieder ausgebremst. Zwischen Km 35 und 40 nur noch Stop and Go und dadurch die Bestzeit verloren. Ab Dom dann in leicht gebückter Haltung wieder kontinuierlich gelaufen, nur noch über die Brücke und Schluss.
Ach so, Endzeit war dann 3:30:39 Std.
Experiment geglückt, aber ohne Erfolg
Hmm, hab ich was falsch gemacht?
Renntaktik war meiner Meinung nach sehr gut: Auf eine realistische Zeit anlaufen (3:18-3:20 Std.), HM war bei 1:39:14 auch passend.
Pulser weglassen war auch o.k., würd ich aber das nächste Mal wieder anlegen. Einfach zur Beruhigung.
Ruhe vor dem Marathon: Eigentlich gut, aber vielleicht hat dadurch das Kribbeln gefehlt.
Zwei Dinge haben die Bestzeit verhindert: Die kalten Getränke bzw. mein darauf empfindlich reagierender Magen und der mangelnde Biss, die Schmerzen zu ertragen oder notfalls auch mal zu kotzen. Da fiel mir die Entscheidung leicht, zu sagen: Komm, schon Dich für den Röntgenlauf.
Als operative Verbesserung wird ich natürlich in Zukunft mehr eigene Getränke mitnehmen bzw. das gereichte Wasser gegebenenfalls erstmal anwärmen (länger im Mund behalten oder in der eigenen Flasche eine Zeit lang beim Laufen anwärmen)
Ärgern tu ich mich natürlich schon, aber inzwischen weiß ich, dass die Bestzeit dann halt beim nächsten Marathon (in Hamburg) fällt. Und unter diesen Umständen noch eine 3:30 Std. zu laufen ist ja auch nicht ganz schlecht …
oLi
Diesmal sollte alles anders werden. Wurde es auch…
Mein dritter Köln-Marathon und ich bin entspannt wie noch nie. Bestzeit für dieses Jahr schon in Hamburg geholt. Zehn Läufe über 30km gemacht, davon neun über 35km. HM-Bestzeit vor drei Wochen deutet auf eine Optimalzeit von unter 3:15 Stunden hin.
Warum nicht etwas experimentieren, mal was Neues ausprobieren?
Als erstes fahre ich eine Woche vorher in den Urlaub und schlafe mich dort richtig aus.
Im Urlaub an der Nordsee besteht mein Carbo-Loading vorwiegend aus Fischbrötchen.
Aus einer Laune heraus packe ich meine Videokamera ein. Fühl mich eher als Tourist denn als jemand, der in einer Stunde an den Start gehen soll.
Bei Abgabe des Kleiderbeutels entschließe ich mich, ohne Pulsmesser zu laufen.
Beim Start wollte ich meine 0,5 Liter Wasser ausgetrunken haben, behalte aber die Hälfte davon zurück und laufe mit der Flasche im Trinkgürtel los.
Mit einer Pace von 4:40 min/km soll’s losgehen und dann langsam schneller werden.
Km 1-5: Lockeres Anrollen
4:45 – 4:41 – 4:35 – 4:42 – 4:35 = 23:18 Min
Ist mir noch nie aufgefallen, dass es direkt auf den ersten Kilometern so viel bergab geht. Die Stimmung ist bärig, so viele Leute gleich zu Beginn. Prima, da kann man gut laufen lassen, Tempo ist genau richtig.
Km 6-10: Eigenverpflegung
4:33 – 5:03 – 4:31 – 4:46 – 4:48 = 23:41 Min
Den Getränkestand hinter Km 6 lasse ich aus und gönne mir stattdessen eine Pinkelpause. Auch bei Km 9 nehme ich nur einen Schluck aus meiner Flasche und greife mir bei der Verpflegung nur einen nassen kühlen Schwamm.
Zeit ist noch in Ordnung, Endzeit läge bei 3:18 Std.
Km 11-15: Die schnellen
4:34 – 4:40 – 4:50 – 4:32 – 4:36 = 23:12 Min
Jetzt bin ich gut drin, freue mich, dass die ersten zehn Km so problemlos und ohne Anstrengung vorbei gingen. Verpflegung bei Km 12, der letzte Schluck aus meiner Flasche und noch einen Schluck Wasser zum Nachspülen.
Zielzeitprognose jetzt bei 3:17 Std.
Km 16-20: Das Unheil kündigt sich an
4:39 – 4:40 – 4:36 – 4:43 – 5:09 = 23:47 Min
Langsam wird mir warm und bei der Verpflegung Km 17 greife ich mir zwei Becher Wasser, die ich hastig trinke. Hui, erfrischend kühl, das geht durch bis in den Magen! Und das Bananenstück schwimmt darin recht munter. Der Magen mag das aber gar nicht gerne und teilt mir das nach zwei Kilometern mit. Erst sind es nur leichte Seitenstiche, die ich mit ruhiger Atmung ein wenig wegdrücken kann. Dann aber krampft sich mein Magen zusammen und ich muss einfach Tempo rausnehmen. Vielleicht geht es dann ja vorbei.
Zielzeit jetzt: 3:18 Std, immer noch kein Grund zur Panik.
Km 21-25: Auf und ab
4:47 –– 5:00 – 5:08 – 4:41 – 5:01 = 25:06 Min
Verpflegung bei Km 22: Lieber keine weitere Banane, sondern nur trinken. Herrje, schon wieder so kalt. Zack, ist der Magen wieder zu und die Seitenstiche kommen auch wieder. Leichtes Unwohlsein macht sich breit und ich verabschiede mich von 3:20 Std. Vielleicht reicht es ja noch für eine neue Bestzeit. Gäbe mir 8 Minuten zusätzliche Zeit. Damit pushe ich mich den Kilometer 24, was die Magenkrämpfe aber leider begünstigt.
Zielzeitprognose, ab Km 25 aber unrealistisch: 3:21 Std.
Km 26-30: Powergel hilft
4:43 – 4:45 – 4:46 – 5:17 – 5:04 = 24:35 Min.
Bei Verpflegung Km 26 ein Powergel und gaaanz vorsichtig mit Wasser nachspülen. Danach läuft es knapp zwanzig Minuten wieder gut, die Beine sind noch erstaunlich frisch. Aber nach Km 29 konnte ich an den Verpflegungsstationen machen, was ich wollte: Ständig rebellierte mein Magen und saß wie ein Klumpen fest. Es hat keinen Sinn, ich muss Tempo rausnehmen.
Km 31-35: Aufhören macht keinen Sinn
6:00 – 5:37 – 5:00 – 5:12 – 5:17 = 27:06 Min.
Das für mich psychisch schwerste Stück durch Nippes war geschafft und eigentlich hätte ich für die restlichen 12 km weit über eine Stunde Zeit gehabt. Aber neben dem Magen fingen die Bauchmuskeln langsam an zu schmerzen, an lockeres Laufen war kaum noch zu denken. Also hab ich mich entschieden, das Rennen gedanklich zu beenden und nur noch so vernünftig wie möglich ins Ziel zu kommen. Teilweise bin ich gejoggt, an den Verpflegungsstellen hab ich mir längere Gehpausen erlaubt und erst in der Nähe des Rudolfplatzes hab ich langsam wieder Fahrt aufgenommen. Wieder half ein Powergel. Ich hab mich an ein Pärchen gehängt, bei dem er den Hasen für sie machte, und so bin ich bis zum Neumarkt gekommen. Mitten im dichtesten Zuschauergetümmel war ich dann aber kurz davor, den Leuten vor die Füße zu kotzen.
Theoretische Endzeit immer noch Bestzeit: 3:25 Std.
Km 36-42,2: Das endgültige Ende
6:19 – 5:39 – (6:13) – (5:37) – (5:00) = 28:48 Min.
5:10 – 5:00 – 0:56 = 11:06 Min.
Gehpausen. Wiederanlaufen fällt erstaunlich leicht. die Beine könnten noch. Aber nach einigen hundert Metern werde ich wieder ausgebremst. Zwischen Km 35 und 40 nur noch Stop and Go und dadurch die Bestzeit verloren. Ab Dom dann in leicht gebückter Haltung wieder kontinuierlich gelaufen, nur noch über die Brücke und Schluss.
Ach so, Endzeit war dann 3:30:39 Std.
Experiment geglückt, aber ohne Erfolg
Hmm, hab ich was falsch gemacht?
Renntaktik war meiner Meinung nach sehr gut: Auf eine realistische Zeit anlaufen (3:18-3:20 Std.), HM war bei 1:39:14 auch passend.
Pulser weglassen war auch o.k., würd ich aber das nächste Mal wieder anlegen. Einfach zur Beruhigung.
Ruhe vor dem Marathon: Eigentlich gut, aber vielleicht hat dadurch das Kribbeln gefehlt.
Zwei Dinge haben die Bestzeit verhindert: Die kalten Getränke bzw. mein darauf empfindlich reagierender Magen und der mangelnde Biss, die Schmerzen zu ertragen oder notfalls auch mal zu kotzen. Da fiel mir die Entscheidung leicht, zu sagen: Komm, schon Dich für den Röntgenlauf.
Als operative Verbesserung wird ich natürlich in Zukunft mehr eigene Getränke mitnehmen bzw. das gereichte Wasser gegebenenfalls erstmal anwärmen (länger im Mund behalten oder in der eigenen Flasche eine Zeit lang beim Laufen anwärmen)
Ärgern tu ich mich natürlich schon, aber inzwischen weiß ich, dass die Bestzeit dann halt beim nächsten Marathon (in Hamburg) fällt. Und unter diesen Umständen noch eine 3:30 Std. zu laufen ist ja auch nicht ganz schlecht …
oLi