New York 2006; mein schönster Lauf
Verfasst: 07.11.2006, 20:48
Hier ist also mein versprochener Laufbericht. Es ist mein erster und er wird vermutlich sehr lange, aber wenn, dann richtig.
Vor knapp 2 Jahren sah ich im Fernsehen die Serie „von-0-auf-42“ und wie „normale“ Menschen es schaffen, Marathonis zu werden. Irgendwie spornte es mich an, auch mit den Laufen zu beginnen und so kaufte ich mir meine ersten Laufschuhe. Ziel: Mainz 2005
Leider oder Gott sei Dank wurde mein 1-Jahres-Plan durch eine schwere Verletzung über den Haufen geworfen, so dass ich mein Training locker angehen konnte. Und da es Mainz nicht werden konnte, war schnell klar, dass ich in New York starten möchte. Denn wer weiß schon, ob ich nach dem ersten Marathon noch weiter laufen möchte.
Da schnell klar war, das ich es über die Quali-Zeit nicht schaffe, versuchte ich, am 1. Januar, dem offiziellen Buchungsstart, einen Startplatz über ein Reisebüro zu kriegen. DENKSTE, alles ausgebucht, und das schon seit Monaten. Also habe ich mich auf die Wartelisten setzen lassen, aber nicht wirklich dran geglaubt. Und dann auf einmal im Februar der Anruf vom Reisebüro Ali Schneider, ob ich vielleicht mitlaufen möchte.
Freu!!!!!
Also, die ganze Jahresplanung umgehauen und Trainingspläne ausgedruckt. Erstmal den HM schaffen, was in Berlin auch einigermaßen passte. Leider habe ich bei diesem Lauf zu wenig getrunken und so wußte ich, dass ich einen sehr hohen Flüssigkeitsbedarf habe.
Mitte August stieg ich dann in den 4:45 Plan von Steffny ein und steigerte auch die langen Läufe, die mir aber alle schwer fielen. 2 mal musste ich leider auch lange Einheiten ausfallen lassen. Der geplante 10er und der HM ergaben beide PB für mich. Den HM habe ich in Wernigerode den Brocken (zum Teil) hoch gelaufen, um mich auf die Brücken von NY vorzubereiten.
Und dann eine Woche vor NY der Schock. Krank, Brechen, Kopfschmerzen, schlapp und alles, was dazu gehört. Am Montag gleich zum Arzt, der natürlich das Böse Wort „Startverbot“ in den Mund nahm. Also noch mal großes Blutbild, Labor, EKG und alles, was der Privatpatient so abgerechnet kriegt. Zum Glück war alles positiv für mich (bestimmt auch durch das Daumen-Drücken im Forum) und ich durfte Starten, wenn ich mich Fit fühle. Die Zielzeit habe ich dann gleich erst mal auf 5:00 hochgeschraubt.
Also, Mittwoch Nacht nach Hamburg und ab in den Flieger Richtung USA. Die Sicherheitsvorkehrungen waren tatsächlich wie erwartet, mit Schuhe ausziehen, keine Getränke und so. Der Flug verlief sehr ruhig und so konnten wir bei der Landung glücklicherweise den ersten Blick auf die Skyline von NY werfen. Schon im Anflug ist diese Stadt beeindruckend und im Hintergrund der Riese“ Verrezano-Brigde“, der Start am Sonntag.
Die schönste Überraschung war das Wetter: Sonne und 20° Celsius. Super T-Shirt Wetter. Da wir die beiden einzigen Personen aus Hamburg für unser Hotel waren, hatte uns Ali Schneider einen Gutschein für eine Fahrt zum Hotel geschickt. Also, der erste Test unserer Englischkenntnisse. Ich bin mir nicht sicher, ob die Frau am Schalter wirklich Englisch sprach, aber irgendwann waren wir uns einig, was wir wollten und haben tatsächlich den richtigen Van in die City gekriegt.
Um die nächsten Sätze in Relation zu setzen. Ich habe jeweils 4 Jahre in München und Hamburg gelebt, bin sehr oft in Berlin und anderen Großstädten, aber...
...ab jetzt müßte ich alles in GROßBUCHSTABEN schreiben. Diese Stadt ist der Hammer und mit Worten eigentlich nicht zu beschreiben. Unser Hotel hatte 20 Stockwerke und war nur bei genauen hinsehen überhaupt zu erkennen. Alles ist riesig. Die Straßen haben 6 Spuren, totales Chaos, überall Gehupe, Trillerpfeifen, Dampf, Taxis und Menschen ohne Ende. Alles ist mindestens drei Nummern größer als hier. An wirklich jeder Ecke steht mindestens ein Hot-Dog-Stand, meistens sogar 2-3 mit allen möglichen Speisen.
Die Stadt produziert wirklich durchgehend Gerüche und Geräusche. Überall riecht es nach irgend etwas (wenn auch nicht immer lecker). Und der Sound dieser Stadt schlägt alle Rekorde, alles was man aus dem Fernsehen kennt. Alles hupt (warum auch immer), jeder Portier pfeift nach einem Taxi und wirklich alle 10 Sekunden hört man eine Sirene heulen. Überall sieht man NYPD oder FDNY und jedes zweite Auto hat anscheinend eine Sirene eingebaut.
Nachdem wir unsere Koffer auf das Zimmer gebracht, mußten wir natürlich gleich in die Stadt. Trotz aller Warnungen haben wir jeden Tag Sightseeing in der Stadt gemacht. Die schweren Beine am Sonntag waren mir egal, denn es war ja klar, dass ich PB laufe und schnell kann ich auch woanders sein. Diese Stadt muss man einfach zu Fuß erobern. Saks, Macys, Tiffanys und co. muss man einfach erlebt habe (obwohl sie wie das KaDeWe in Berlin sind).
Als erstes ein Hot-Dog an der Ecke. Mit allem natürlich. Leider ist die Esskultur in Amerika echt unter aller Sau. Man weiß ja, dass die Amerikaner komisch essen, aber es ist noch schlimmer. Ich bin kein Mäkeltyp, aber die Woche war echt der Hammer. Ich bin heute auf dem Weg vom Flughafen nach Hause direkt zum Bäcker und zum Schlachter gefahren und habe erstmal lecker ein Vollkorn-Mettbrötchen mit Zwiebeln gegessen. In NY wird alles auf Plastik-Einweg-Geschirr serviert und das Brot kann man auf Daumengröße komprimieren. Selbst unser 4 Sterne Hotel servierte das „Frühstück“ auf Wegwerfgeschirr. Außerdem wird alles eiskalt serviert. Und zwar Supereiskalt mit Eis und extra Eiswürfeln. Beim Italiener kamen sogar die Biergläser aus dem Eisfach (was ich nur vom Jubi-Aquavit kenne). Und dass bei Außentemperaturen von 4° Celsius (leider war es ab Donnerstag nur noch kalt)
NY ist echt riesig. Wir waren auf dem Empire-State-Building bei Nacht (unbeschreiblich), Center Park, 5th Avenue, Broadway, Times Square und so weiter. Ich könnte seitenlang schreiben, aber es soll ja ein Lauf- und kein Reisebericht werden.
Also zurück zum Thema. Die Laufmesse in NY ist genauso wie die Messe in Berlin oder Mainz (mehr kenne ich noch nicht).
Am Samstag war dann der Freundschaftslauf der Vereinten Nationen. Allen zukünftigen Läufern kann ich nur sagen, dass ihr für eure Begleiter keine Extra Karten kaufen müßt. Die 20Dollar kann man sich schenken. Es wird nicht kontrolliert und die meisten laufen in Landestracht und nicht mit dem offiziellen T-Shirt. Man muss aber unbedingt mitmachen, weil man zum ersten Mal einen Eindruck kriegt, was einem am nächsten Tag erwartet. Es ist toll, wenn die Läufer mit ihren Nationen begrüßt werden und dann Tausende antworten. Und bei 20.000 Teilnehmern sind die Strassen schon recht voll. Es wird recht locker gelaufen, ich schätze so 6-8minuten pro km. Ziel ist im Central-Park, wo man sich schon mal das ziel anschauen kann. Das erste Mal Gänsehaut!!!
Und man weiß auch gleich, wo abends die Pasta-Party stattfindet. Die Party ist schon was besonderes. Natürlich wieder Plastik, aber das ist woanders vermutlich auch so. Verschiedene Nudeln vom Buffett mit Salat vorneweg und Brötchen. Getränke sind Wasser, Gatorade und Bier. Und das alles wirklich in UNMENGEN und man kann so oft und so viel nehmen, wie man möchte. Sehr gering waren die Wartezeiten, sowohl beim Eingang als auch bei den Nudeln selbst. Alles unter 10minuten.
Man sagt ja immer, das man vor dem Marathon schlecht schläft. Wenn man aber wie wir viel unterwegs ist, fällt man auch am Samstag abend wie Tot ins Bett. Natürlich vorher noch die Startnummer an das „von-0-auf-42“ Shirt, den Laufgürtel bestückt und den Kleiderbeutel mit allerlei Kleinigkeiten gefüllt. Da mir klar war, dass es am Start noch ein Bagel (undefinierbares rundes Stück Weißbrot) gibt, habe ich mir im Supermarkt Brot, Salami und Käse besorgt und mir Brote geschmiert. Noch die letzten Schluck Gatorade (ich kann’s nicht mehr sehen), ein Bier zum Einschlafen und ab in die Kiste.
Am Morgen waren dann alle in der Lobby versammelt und es herrschte eine besondere Stimmung. Vorfreude, Aufregung, Anspannung, Gänsehaut und vieles mehr in einem Raum. Dann kamen auch schon unsere Busse. Ali Schneider hatte extra 2 Busse gechartert und wir mußten nicht um 5 Uhr schon durch NY laufen, um zu den offiziellen Startpunkten der Busse zu kommen. Dort soll es auch immer sehr voll sein. So konnten wir eine Stunde länger schlafen und stiegen um 6 Uhr in unseren Bus. Es folgte die übliche Frage der Reiseleitung, ob denn auch jede seinen Chip und seine Startnummer mit hat. Und tatsächlich, einer sprang auf, sagte nur kurz „O Gott“ und rannte in Richtung Hoteleingang. So war die Stimmung im Bus auch gleich gelockert und nachdem er seine Nummer aus dem Zimmer geholt hatte, fuhren wir los.
Bereits auf der Anfahrt zum Startbereich fährt man einmal über die Verrezano-Bridge und kann die Höhe und die Aussicht genießen. Nachdem unser Bus hielt und wir ausstiegen, wurden wir von hunderten „Volonteers“ angefeuert. Wir wurden als Champions beglückwünscht, alles Gute wurde gewünscht und es gab ein Gekreische für jeden Läufer, als wären wir Robbie Williams. Und das alles, bevor man auch nur im Startbereich ist.
Also, erstmal kurz orientieren. Das Areal ist riesig, aber in 3 Breiche unterteilt und dadurch sehr übersichtlich. Jeder Bereich faßt ungefähr 15.000 Starter, die extrem gut versorgt werden. Wieder wenig Wartezeiten, sehr viele Dixis, viel Kaffee, Donats, Joghurt, Bagels und Powerbar. Live-Musik, Fernsehleinwand mit Vorberichten, Massagen und 72 Transport-LKW für die Kleiderbeutel.
Da wir bereits um 6:30 Uhr dort waren, konnte man sich noch mal locker aufs Ohr hauen. Gott sei dank hatten wir uns Zeitungen und Kartons besorgt, auf die wir uns legen konnten und hatten auch alte Klamotten mit, die wir am Start dann wegwerfen konnten.
Die Zeit verging recht schnell und so wurden wir dann zur Startaufstellung aufgerufen. Mit meiner Startnummer war ich eher im hinteren Drittel der blauen Gruppe und so war ich noch in Richtung Start unterwegs, als auf einmal.... BUMM BUMM. Kanonenschüsse und ein riesiger Jubel. Weit weit weg konnte man auf der Brücke schon die ersten Läufer sehen und für uns dauerte es noch knapp 10minuten, bis ich über die Startlinie durfte. Da ich weiter hinten stand, brauchte ich auch den mitgenommenen Müllsack nicht. Also Müllsack weg, Jogginghose und Fleece-Shirt aus und irgendwohin damit. Die letzten 1000m bis zum Start gingen wir auf einem Teppich aus Hosen und Pullis, Decken und Jacken.
Am Start wurde natürlich „New York New York“ von Frankie gesungen und so kamen schon die ersten Kullertränen über die Wangen. Unglaublich, wenn man über diese Matten läuft und die Brücke sieht und weiß, was einem jetzt erwartet.
Also Mike, es sind nur 26.2 Meilen (hört sich weniger an) und du mußt nur ankommen. Laufe schön langsam und genieße deinen Tag, dein Rennen und deinen ersten Marathon. Laufe langsam, nimm alles auf und begehe nicht den Fehler, zu schnell anzufangen.
Da ich mir gesundheitlich nicht sicher war, die Klimaanlagen und aufgedrehten Heizungen sorgen für trockene Nasen in NY, wollte ich es echt langsam angehen. 11minuten die Meile und dann bei knapp unter 5 Stunden ankommen. Die Kälte, leider immer noch so um die 5° sollte sich noch bemerkbar machen.
Also ab auf die Brücke, die ersten 3km. ........ tapp tapp tapp tapp, ....stille um uns herum, nur Läufer, die Brücke und ich. Schön langsam bergauf, du hast Zeit. Erstmal ein Foto. Und weiter, immer höher. Rechts die Skyline, dahinten mußt du hin, dort ist der Park. Tapp tapp tapp tapp... die Brücke runter und links um die Ecke.
Und die Hölle beginnt. Hunderte, nein tausende Menschen rechts und links, immer mehr, je weiter ich komme. Schilder mit Namen, Anfeuerungsrufe aus allen Richtungen. Die wildesten Bands, Heavy Metall, Blues, Rap, Hip-Hop, Klassik und freestyle
Immer wieder höre ich meinen Namen. Alle Leute feuern mich an, aber woher kennen die mich. Ich habe doch noch nicht mal meine Namen auf dem T-Shirt vorne stehen. Nur hinten steht Mike und 4:59 Komisch, aber die Auflösung kommt, als ich mich umdrehe. Links hinter mir ein Mike mit Namen auf den Shirt und weiter hinten noch einer. Na, Mensch, hier bleibe ich doch gerne.
Dann kommt die erste Herausforderung. 5 Meilen, also 8km nur geradeaus. Vor mir nur Menschen, soweit ich schauen kann. Oh Gott, ich bin letzter??? Ne doch nicht, hinter mir sieht es genauso aus. Wo kommen die nur alle her und wo wollen die alle hin?
Da ich ja von Berlin gelernt habe (Blasenentzündung wegen Flüssigkeitsverlust), trinke ich an jeder Station 2 Becher. Trotzdem werde ich nach dem Lauf sehr dehydriert sein. In NY gibt es jede 1,6km eine Station mit Wasser bzw. Gatorade. Also jeweils einen Becher in mich rein und als Reserve noch den Gürtel. Aber leider sind die Getränke EXTREM kalt. Sie standen schon die Nacht über und haben so ca.5-6°, für mich definitiv zu kalt, wie ich später merken werde.
Die Zeit läuft prima, genau der Schnitt, den ich haben wollte. HM in 2:26. Und ich habe Zeit, mir die Laute und die Stadt anzusehen. Genial. Kleine Kinder, 4-5 Jahre alt, stehen am Straßenrand und halten Lutscher und Bonbons für die Läufer bereit. Die Erwachsenen haben Bananen, Orangen und Getränke privat gekauft und bieten alles auf Ständen an. Selbst Bier gibt es unterwegs.
Und mittendrin ein kleines Schild mit Deutschlandfahne und meinem Namen drauf. Das Schild, auf das ich mich am meisten Freue, denn es wird von meiner Freundin gehalten, die wieder einmal die Schlacht mit der Zeit und den U-Bahnen aufgenommen hat. Alleine als Frau in Brooklyn, Harlem und der Bronx. Wer ist denn hier eigentlich der größere Finisher??? Kurz ein Foto von ihr, ein Küßchen und die Info, dass es mir toll geht und ich alles genieße. Dann noch die Absprache, wo wir uns wieder sehen und ich reihe mich wieder ein.
So geht es weiter über Strassen und Brücken, die man zum Teil aus dem Fernsehen kennt in Richtung Manhatten. Ab über die Quensboro-Bridge (Meile 16) nach Manhatten. 1st Avenue, wieder 5km geradeaus, aber jetzt wird’s wieder hügelig. Und gleich kommt der Mann mit dem Hammer. Powerbar verteilt kurz vorher Gel, damit es besser geht. Auf jedem Hügel kann man nach vorne und hinten die Menschenmassen sehen. Am Straßenrand stehen die Leute schon in 4 und 5er Reihen und feuern uns an. Wir laufen auf einer 6-Spurigen Strasse dem Horizont entgegen und warten auf den Hammermann. Km 30 und ich liege immer noch im Plan, kann bei den Bands mitsingen und winken, Kinder abklatschen und mich bei den zuschauern bedanken.
Komm doch, komm doch, komm doch...
Doch er kommt nicht. Das bißchen bei KM 31 kann er doch nicht gewesen sein. Nur die kalten Getränke machen mir Probleme im Magen, aber mein Schatz will mir warmes Wasser besorgen für KM 35. Vorher noch schnell in die Bronx und dann ab nach Harlem. Ich komme um die Ecke und vor mir eine echte „Gangster-Rapper-Truppe“ wie sie im Buche steht. Der Typ am Mikro begrüßt uns mit dem Worten „Welcome to Harlem, I´m a Gangster“ und hat echt ´ne Knarre in der Hand. 2 Salutschüsse und Beifall von seinen Gang-Mitgliedern. Unglaublich, alle sind so freundlich und unterstützen mit allem, weas sie haben. Geile Musik, würde gerne stehenbleiben und noch etwas zuhören. Aber nee, solange es noch geht, laufe ich weiter.
Also zurück nach Manhatten. Es wird immer voller Links und rechts und leider müssen auch immer mehr Menschen gehen oder humpeln. Man, die tun mir echt leid. Ich wünsche ihnen viel Glück und Kraft. Also lieber etwas langsamer und noch mehr schauen und mit den Leuten Feiern.
Km 35: Wo war der Hammermann?? Muß bei jemand anderes beschäftigt gewesen sein.
Km 36: Ich brauche keinen Hammermann, mir reicht kaltes Wasser. Leider hat mein Schatz auch kein warmes Wasser gekriegt. Gibt es in NY vermutlich nur in der Dusche, aber nicht im Laden zu kaufen. Ich kriege heftige Magenschmerzen und kann erst mal nur gehen. Jetzt muss ich mich entscheiden: Austrocknen oder langsam mit Pausen. Ich entscheide mich für die Pausen und gehe nach jeder Trinkstation lieber 500meter.
Leider überholt mich jetzt auch die Paceläuferin für 5:00, aber egal. Ich habe Zeit. Als nächstes kommt der Einlauf in den Central-Park. Die Leute stehen jetzt in 10er Reihen auf der Strasse, es ist fast wie Alp d´Huez beim Radfahren. Erstmal stehenbleiben, eine Träne wegdrücken und alles in mich aufnehmen. Wer weiß, ob ich jemals noch mal hierher komme. Mist, ausgerechnet jetzt ist meine Kamera alle. Egal. Dann halt nur noch für mich.
Die letzen 2km, die letzte Meile, der letzte km... Dann Meile 26, kurz vorm Ziel in Central Park und mein Schatz steht immer noch in der ersten Reihe. Ein Kuss, eine Umarmung, schnell ne neue Kamera und absprechen, wo wir uns treffen und dann...
.. ach, ich kann es euch nicht beschreiben. Es ist einfach unbeschreiblich. Ich bin da, ich habs geschafft, FINISHER in NY. Die Tränen laufen, alles ist vorbei. Ich bleibe hinter der Ziellinie stehen, genieße alles und lasse mich völlig gehen. Alles aufnehmen, nix vergessen. Medaille, Folie, Kleider-LKW ...
Um mich herum nur glückliche Menschen, wenn es auch einigen nicht so gut geht. Aber alle haben diesen Ausdruck im Gesicht, den ich nicht beschreiben kann. Überall Glückwünsche.
Ab zum Sammelpunkt von Ali Schneider, kurz Bescheid sagen, dass man angekommen ist und dann erst mal ins Hotel. Überall in der Stadt laufen Menschen mit Medaillen um den Hals herum und werden als Finisher und Champions gefeiert. Sogar der Portier im Hotel ist stolz, dass ich 18 Meilen geschafft habe. Er würde es nie schaffen (26.2 vermutlich auch nicht).
Man, geht es mir gut, abends erst mal zum Italiener, ein lecker Steak essen. Auf dem Weg dahin merke ich dann aber doch die Beine und der Kreislauf will jetzt auch endlich Feierabend habe. Na gut, dann halt ins Bett, noch schnell die News of NY und ein kleiner Bericht. Ich habe also einen Brasilianer vor mir hergejagt. Er muss echt Angst vor mir gehabt haben, hat sich ziemlich beeilt, auch ja vor mir ins Ziel zu kommen. Na gut, man muss auch mal die anderen gewinnen lassen.
Ach ja, ein Finisher-Shirt habe ich mir gestern auch gegönnt. Irgendwie fand ich es ja blöd, mit so was herum zu rennen. Aber das war, bevor ich gefinisht habe.
Ein letzter Blick auf NY bei Nacht, ab in den Flieger und nach Hause.
Echt Sorry, dass es so lang wurde, aber das sind nur 10% meiner Eindrücke. Fotos kommen noch.
Jetzt gehe ich ins Bett und schmuse mit meiner Medaille.
Gruß Mike
Vor knapp 2 Jahren sah ich im Fernsehen die Serie „von-0-auf-42“ und wie „normale“ Menschen es schaffen, Marathonis zu werden. Irgendwie spornte es mich an, auch mit den Laufen zu beginnen und so kaufte ich mir meine ersten Laufschuhe. Ziel: Mainz 2005
Leider oder Gott sei Dank wurde mein 1-Jahres-Plan durch eine schwere Verletzung über den Haufen geworfen, so dass ich mein Training locker angehen konnte. Und da es Mainz nicht werden konnte, war schnell klar, dass ich in New York starten möchte. Denn wer weiß schon, ob ich nach dem ersten Marathon noch weiter laufen möchte.
Da schnell klar war, das ich es über die Quali-Zeit nicht schaffe, versuchte ich, am 1. Januar, dem offiziellen Buchungsstart, einen Startplatz über ein Reisebüro zu kriegen. DENKSTE, alles ausgebucht, und das schon seit Monaten. Also habe ich mich auf die Wartelisten setzen lassen, aber nicht wirklich dran geglaubt. Und dann auf einmal im Februar der Anruf vom Reisebüro Ali Schneider, ob ich vielleicht mitlaufen möchte.
Freu!!!!!
Also, die ganze Jahresplanung umgehauen und Trainingspläne ausgedruckt. Erstmal den HM schaffen, was in Berlin auch einigermaßen passte. Leider habe ich bei diesem Lauf zu wenig getrunken und so wußte ich, dass ich einen sehr hohen Flüssigkeitsbedarf habe.
Mitte August stieg ich dann in den 4:45 Plan von Steffny ein und steigerte auch die langen Läufe, die mir aber alle schwer fielen. 2 mal musste ich leider auch lange Einheiten ausfallen lassen. Der geplante 10er und der HM ergaben beide PB für mich. Den HM habe ich in Wernigerode den Brocken (zum Teil) hoch gelaufen, um mich auf die Brücken von NY vorzubereiten.
Und dann eine Woche vor NY der Schock. Krank, Brechen, Kopfschmerzen, schlapp und alles, was dazu gehört. Am Montag gleich zum Arzt, der natürlich das Böse Wort „Startverbot“ in den Mund nahm. Also noch mal großes Blutbild, Labor, EKG und alles, was der Privatpatient so abgerechnet kriegt. Zum Glück war alles positiv für mich (bestimmt auch durch das Daumen-Drücken im Forum) und ich durfte Starten, wenn ich mich Fit fühle. Die Zielzeit habe ich dann gleich erst mal auf 5:00 hochgeschraubt.
Also, Mittwoch Nacht nach Hamburg und ab in den Flieger Richtung USA. Die Sicherheitsvorkehrungen waren tatsächlich wie erwartet, mit Schuhe ausziehen, keine Getränke und so. Der Flug verlief sehr ruhig und so konnten wir bei der Landung glücklicherweise den ersten Blick auf die Skyline von NY werfen. Schon im Anflug ist diese Stadt beeindruckend und im Hintergrund der Riese“ Verrezano-Brigde“, der Start am Sonntag.
Die schönste Überraschung war das Wetter: Sonne und 20° Celsius. Super T-Shirt Wetter. Da wir die beiden einzigen Personen aus Hamburg für unser Hotel waren, hatte uns Ali Schneider einen Gutschein für eine Fahrt zum Hotel geschickt. Also, der erste Test unserer Englischkenntnisse. Ich bin mir nicht sicher, ob die Frau am Schalter wirklich Englisch sprach, aber irgendwann waren wir uns einig, was wir wollten und haben tatsächlich den richtigen Van in die City gekriegt.
Um die nächsten Sätze in Relation zu setzen. Ich habe jeweils 4 Jahre in München und Hamburg gelebt, bin sehr oft in Berlin und anderen Großstädten, aber...
...ab jetzt müßte ich alles in GROßBUCHSTABEN schreiben. Diese Stadt ist der Hammer und mit Worten eigentlich nicht zu beschreiben. Unser Hotel hatte 20 Stockwerke und war nur bei genauen hinsehen überhaupt zu erkennen. Alles ist riesig. Die Straßen haben 6 Spuren, totales Chaos, überall Gehupe, Trillerpfeifen, Dampf, Taxis und Menschen ohne Ende. Alles ist mindestens drei Nummern größer als hier. An wirklich jeder Ecke steht mindestens ein Hot-Dog-Stand, meistens sogar 2-3 mit allen möglichen Speisen.
Die Stadt produziert wirklich durchgehend Gerüche und Geräusche. Überall riecht es nach irgend etwas (wenn auch nicht immer lecker). Und der Sound dieser Stadt schlägt alle Rekorde, alles was man aus dem Fernsehen kennt. Alles hupt (warum auch immer), jeder Portier pfeift nach einem Taxi und wirklich alle 10 Sekunden hört man eine Sirene heulen. Überall sieht man NYPD oder FDNY und jedes zweite Auto hat anscheinend eine Sirene eingebaut.
Nachdem wir unsere Koffer auf das Zimmer gebracht, mußten wir natürlich gleich in die Stadt. Trotz aller Warnungen haben wir jeden Tag Sightseeing in der Stadt gemacht. Die schweren Beine am Sonntag waren mir egal, denn es war ja klar, dass ich PB laufe und schnell kann ich auch woanders sein. Diese Stadt muss man einfach zu Fuß erobern. Saks, Macys, Tiffanys und co. muss man einfach erlebt habe (obwohl sie wie das KaDeWe in Berlin sind).
Als erstes ein Hot-Dog an der Ecke. Mit allem natürlich. Leider ist die Esskultur in Amerika echt unter aller Sau. Man weiß ja, dass die Amerikaner komisch essen, aber es ist noch schlimmer. Ich bin kein Mäkeltyp, aber die Woche war echt der Hammer. Ich bin heute auf dem Weg vom Flughafen nach Hause direkt zum Bäcker und zum Schlachter gefahren und habe erstmal lecker ein Vollkorn-Mettbrötchen mit Zwiebeln gegessen. In NY wird alles auf Plastik-Einweg-Geschirr serviert und das Brot kann man auf Daumengröße komprimieren. Selbst unser 4 Sterne Hotel servierte das „Frühstück“ auf Wegwerfgeschirr. Außerdem wird alles eiskalt serviert. Und zwar Supereiskalt mit Eis und extra Eiswürfeln. Beim Italiener kamen sogar die Biergläser aus dem Eisfach (was ich nur vom Jubi-Aquavit kenne). Und dass bei Außentemperaturen von 4° Celsius (leider war es ab Donnerstag nur noch kalt)
NY ist echt riesig. Wir waren auf dem Empire-State-Building bei Nacht (unbeschreiblich), Center Park, 5th Avenue, Broadway, Times Square und so weiter. Ich könnte seitenlang schreiben, aber es soll ja ein Lauf- und kein Reisebericht werden.
Also zurück zum Thema. Die Laufmesse in NY ist genauso wie die Messe in Berlin oder Mainz (mehr kenne ich noch nicht).
Am Samstag war dann der Freundschaftslauf der Vereinten Nationen. Allen zukünftigen Läufern kann ich nur sagen, dass ihr für eure Begleiter keine Extra Karten kaufen müßt. Die 20Dollar kann man sich schenken. Es wird nicht kontrolliert und die meisten laufen in Landestracht und nicht mit dem offiziellen T-Shirt. Man muss aber unbedingt mitmachen, weil man zum ersten Mal einen Eindruck kriegt, was einem am nächsten Tag erwartet. Es ist toll, wenn die Läufer mit ihren Nationen begrüßt werden und dann Tausende antworten. Und bei 20.000 Teilnehmern sind die Strassen schon recht voll. Es wird recht locker gelaufen, ich schätze so 6-8minuten pro km. Ziel ist im Central-Park, wo man sich schon mal das ziel anschauen kann. Das erste Mal Gänsehaut!!!
Und man weiß auch gleich, wo abends die Pasta-Party stattfindet. Die Party ist schon was besonderes. Natürlich wieder Plastik, aber das ist woanders vermutlich auch so. Verschiedene Nudeln vom Buffett mit Salat vorneweg und Brötchen. Getränke sind Wasser, Gatorade und Bier. Und das alles wirklich in UNMENGEN und man kann so oft und so viel nehmen, wie man möchte. Sehr gering waren die Wartezeiten, sowohl beim Eingang als auch bei den Nudeln selbst. Alles unter 10minuten.
Man sagt ja immer, das man vor dem Marathon schlecht schläft. Wenn man aber wie wir viel unterwegs ist, fällt man auch am Samstag abend wie Tot ins Bett. Natürlich vorher noch die Startnummer an das „von-0-auf-42“ Shirt, den Laufgürtel bestückt und den Kleiderbeutel mit allerlei Kleinigkeiten gefüllt. Da mir klar war, dass es am Start noch ein Bagel (undefinierbares rundes Stück Weißbrot) gibt, habe ich mir im Supermarkt Brot, Salami und Käse besorgt und mir Brote geschmiert. Noch die letzten Schluck Gatorade (ich kann’s nicht mehr sehen), ein Bier zum Einschlafen und ab in die Kiste.
Am Morgen waren dann alle in der Lobby versammelt und es herrschte eine besondere Stimmung. Vorfreude, Aufregung, Anspannung, Gänsehaut und vieles mehr in einem Raum. Dann kamen auch schon unsere Busse. Ali Schneider hatte extra 2 Busse gechartert und wir mußten nicht um 5 Uhr schon durch NY laufen, um zu den offiziellen Startpunkten der Busse zu kommen. Dort soll es auch immer sehr voll sein. So konnten wir eine Stunde länger schlafen und stiegen um 6 Uhr in unseren Bus. Es folgte die übliche Frage der Reiseleitung, ob denn auch jede seinen Chip und seine Startnummer mit hat. Und tatsächlich, einer sprang auf, sagte nur kurz „O Gott“ und rannte in Richtung Hoteleingang. So war die Stimmung im Bus auch gleich gelockert und nachdem er seine Nummer aus dem Zimmer geholt hatte, fuhren wir los.
Bereits auf der Anfahrt zum Startbereich fährt man einmal über die Verrezano-Bridge und kann die Höhe und die Aussicht genießen. Nachdem unser Bus hielt und wir ausstiegen, wurden wir von hunderten „Volonteers“ angefeuert. Wir wurden als Champions beglückwünscht, alles Gute wurde gewünscht und es gab ein Gekreische für jeden Läufer, als wären wir Robbie Williams. Und das alles, bevor man auch nur im Startbereich ist.
Also, erstmal kurz orientieren. Das Areal ist riesig, aber in 3 Breiche unterteilt und dadurch sehr übersichtlich. Jeder Bereich faßt ungefähr 15.000 Starter, die extrem gut versorgt werden. Wieder wenig Wartezeiten, sehr viele Dixis, viel Kaffee, Donats, Joghurt, Bagels und Powerbar. Live-Musik, Fernsehleinwand mit Vorberichten, Massagen und 72 Transport-LKW für die Kleiderbeutel.
Da wir bereits um 6:30 Uhr dort waren, konnte man sich noch mal locker aufs Ohr hauen. Gott sei dank hatten wir uns Zeitungen und Kartons besorgt, auf die wir uns legen konnten und hatten auch alte Klamotten mit, die wir am Start dann wegwerfen konnten.
Die Zeit verging recht schnell und so wurden wir dann zur Startaufstellung aufgerufen. Mit meiner Startnummer war ich eher im hinteren Drittel der blauen Gruppe und so war ich noch in Richtung Start unterwegs, als auf einmal.... BUMM BUMM. Kanonenschüsse und ein riesiger Jubel. Weit weit weg konnte man auf der Brücke schon die ersten Läufer sehen und für uns dauerte es noch knapp 10minuten, bis ich über die Startlinie durfte. Da ich weiter hinten stand, brauchte ich auch den mitgenommenen Müllsack nicht. Also Müllsack weg, Jogginghose und Fleece-Shirt aus und irgendwohin damit. Die letzten 1000m bis zum Start gingen wir auf einem Teppich aus Hosen und Pullis, Decken und Jacken.
Am Start wurde natürlich „New York New York“ von Frankie gesungen und so kamen schon die ersten Kullertränen über die Wangen. Unglaublich, wenn man über diese Matten läuft und die Brücke sieht und weiß, was einem jetzt erwartet.
Also Mike, es sind nur 26.2 Meilen (hört sich weniger an) und du mußt nur ankommen. Laufe schön langsam und genieße deinen Tag, dein Rennen und deinen ersten Marathon. Laufe langsam, nimm alles auf und begehe nicht den Fehler, zu schnell anzufangen.
Da ich mir gesundheitlich nicht sicher war, die Klimaanlagen und aufgedrehten Heizungen sorgen für trockene Nasen in NY, wollte ich es echt langsam angehen. 11minuten die Meile und dann bei knapp unter 5 Stunden ankommen. Die Kälte, leider immer noch so um die 5° sollte sich noch bemerkbar machen.
Also ab auf die Brücke, die ersten 3km. ........ tapp tapp tapp tapp, ....stille um uns herum, nur Läufer, die Brücke und ich. Schön langsam bergauf, du hast Zeit. Erstmal ein Foto. Und weiter, immer höher. Rechts die Skyline, dahinten mußt du hin, dort ist der Park. Tapp tapp tapp tapp... die Brücke runter und links um die Ecke.
Und die Hölle beginnt. Hunderte, nein tausende Menschen rechts und links, immer mehr, je weiter ich komme. Schilder mit Namen, Anfeuerungsrufe aus allen Richtungen. Die wildesten Bands, Heavy Metall, Blues, Rap, Hip-Hop, Klassik und freestyle
Immer wieder höre ich meinen Namen. Alle Leute feuern mich an, aber woher kennen die mich. Ich habe doch noch nicht mal meine Namen auf dem T-Shirt vorne stehen. Nur hinten steht Mike und 4:59 Komisch, aber die Auflösung kommt, als ich mich umdrehe. Links hinter mir ein Mike mit Namen auf den Shirt und weiter hinten noch einer. Na, Mensch, hier bleibe ich doch gerne.
Dann kommt die erste Herausforderung. 5 Meilen, also 8km nur geradeaus. Vor mir nur Menschen, soweit ich schauen kann. Oh Gott, ich bin letzter??? Ne doch nicht, hinter mir sieht es genauso aus. Wo kommen die nur alle her und wo wollen die alle hin?
Da ich ja von Berlin gelernt habe (Blasenentzündung wegen Flüssigkeitsverlust), trinke ich an jeder Station 2 Becher. Trotzdem werde ich nach dem Lauf sehr dehydriert sein. In NY gibt es jede 1,6km eine Station mit Wasser bzw. Gatorade. Also jeweils einen Becher in mich rein und als Reserve noch den Gürtel. Aber leider sind die Getränke EXTREM kalt. Sie standen schon die Nacht über und haben so ca.5-6°, für mich definitiv zu kalt, wie ich später merken werde.
Die Zeit läuft prima, genau der Schnitt, den ich haben wollte. HM in 2:26. Und ich habe Zeit, mir die Laute und die Stadt anzusehen. Genial. Kleine Kinder, 4-5 Jahre alt, stehen am Straßenrand und halten Lutscher und Bonbons für die Läufer bereit. Die Erwachsenen haben Bananen, Orangen und Getränke privat gekauft und bieten alles auf Ständen an. Selbst Bier gibt es unterwegs.
Und mittendrin ein kleines Schild mit Deutschlandfahne und meinem Namen drauf. Das Schild, auf das ich mich am meisten Freue, denn es wird von meiner Freundin gehalten, die wieder einmal die Schlacht mit der Zeit und den U-Bahnen aufgenommen hat. Alleine als Frau in Brooklyn, Harlem und der Bronx. Wer ist denn hier eigentlich der größere Finisher??? Kurz ein Foto von ihr, ein Küßchen und die Info, dass es mir toll geht und ich alles genieße. Dann noch die Absprache, wo wir uns wieder sehen und ich reihe mich wieder ein.
So geht es weiter über Strassen und Brücken, die man zum Teil aus dem Fernsehen kennt in Richtung Manhatten. Ab über die Quensboro-Bridge (Meile 16) nach Manhatten. 1st Avenue, wieder 5km geradeaus, aber jetzt wird’s wieder hügelig. Und gleich kommt der Mann mit dem Hammer. Powerbar verteilt kurz vorher Gel, damit es besser geht. Auf jedem Hügel kann man nach vorne und hinten die Menschenmassen sehen. Am Straßenrand stehen die Leute schon in 4 und 5er Reihen und feuern uns an. Wir laufen auf einer 6-Spurigen Strasse dem Horizont entgegen und warten auf den Hammermann. Km 30 und ich liege immer noch im Plan, kann bei den Bands mitsingen und winken, Kinder abklatschen und mich bei den zuschauern bedanken.
Komm doch, komm doch, komm doch...
Doch er kommt nicht. Das bißchen bei KM 31 kann er doch nicht gewesen sein. Nur die kalten Getränke machen mir Probleme im Magen, aber mein Schatz will mir warmes Wasser besorgen für KM 35. Vorher noch schnell in die Bronx und dann ab nach Harlem. Ich komme um die Ecke und vor mir eine echte „Gangster-Rapper-Truppe“ wie sie im Buche steht. Der Typ am Mikro begrüßt uns mit dem Worten „Welcome to Harlem, I´m a Gangster“ und hat echt ´ne Knarre in der Hand. 2 Salutschüsse und Beifall von seinen Gang-Mitgliedern. Unglaublich, alle sind so freundlich und unterstützen mit allem, weas sie haben. Geile Musik, würde gerne stehenbleiben und noch etwas zuhören. Aber nee, solange es noch geht, laufe ich weiter.
Also zurück nach Manhatten. Es wird immer voller Links und rechts und leider müssen auch immer mehr Menschen gehen oder humpeln. Man, die tun mir echt leid. Ich wünsche ihnen viel Glück und Kraft. Also lieber etwas langsamer und noch mehr schauen und mit den Leuten Feiern.
Km 35: Wo war der Hammermann?? Muß bei jemand anderes beschäftigt gewesen sein.
Km 36: Ich brauche keinen Hammermann, mir reicht kaltes Wasser. Leider hat mein Schatz auch kein warmes Wasser gekriegt. Gibt es in NY vermutlich nur in der Dusche, aber nicht im Laden zu kaufen. Ich kriege heftige Magenschmerzen und kann erst mal nur gehen. Jetzt muss ich mich entscheiden: Austrocknen oder langsam mit Pausen. Ich entscheide mich für die Pausen und gehe nach jeder Trinkstation lieber 500meter.
Leider überholt mich jetzt auch die Paceläuferin für 5:00, aber egal. Ich habe Zeit. Als nächstes kommt der Einlauf in den Central-Park. Die Leute stehen jetzt in 10er Reihen auf der Strasse, es ist fast wie Alp d´Huez beim Radfahren. Erstmal stehenbleiben, eine Träne wegdrücken und alles in mich aufnehmen. Wer weiß, ob ich jemals noch mal hierher komme. Mist, ausgerechnet jetzt ist meine Kamera alle. Egal. Dann halt nur noch für mich.
Die letzen 2km, die letzte Meile, der letzte km... Dann Meile 26, kurz vorm Ziel in Central Park und mein Schatz steht immer noch in der ersten Reihe. Ein Kuss, eine Umarmung, schnell ne neue Kamera und absprechen, wo wir uns treffen und dann...
.. ach, ich kann es euch nicht beschreiben. Es ist einfach unbeschreiblich. Ich bin da, ich habs geschafft, FINISHER in NY. Die Tränen laufen, alles ist vorbei. Ich bleibe hinter der Ziellinie stehen, genieße alles und lasse mich völlig gehen. Alles aufnehmen, nix vergessen. Medaille, Folie, Kleider-LKW ...
Um mich herum nur glückliche Menschen, wenn es auch einigen nicht so gut geht. Aber alle haben diesen Ausdruck im Gesicht, den ich nicht beschreiben kann. Überall Glückwünsche.
Ab zum Sammelpunkt von Ali Schneider, kurz Bescheid sagen, dass man angekommen ist und dann erst mal ins Hotel. Überall in der Stadt laufen Menschen mit Medaillen um den Hals herum und werden als Finisher und Champions gefeiert. Sogar der Portier im Hotel ist stolz, dass ich 18 Meilen geschafft habe. Er würde es nie schaffen (26.2 vermutlich auch nicht).
Man, geht es mir gut, abends erst mal zum Italiener, ein lecker Steak essen. Auf dem Weg dahin merke ich dann aber doch die Beine und der Kreislauf will jetzt auch endlich Feierabend habe. Na gut, dann halt ins Bett, noch schnell die News of NY und ein kleiner Bericht. Ich habe also einen Brasilianer vor mir hergejagt. Er muss echt Angst vor mir gehabt haben, hat sich ziemlich beeilt, auch ja vor mir ins Ziel zu kommen. Na gut, man muss auch mal die anderen gewinnen lassen.
Ach ja, ein Finisher-Shirt habe ich mir gestern auch gegönnt. Irgendwie fand ich es ja blöd, mit so was herum zu rennen. Aber das war, bevor ich gefinisht habe.
Ein letzter Blick auf NY bei Nacht, ab in den Flieger und nach Hause.
Echt Sorry, dass es so lang wurde, aber das sind nur 10% meiner Eindrücke. Fotos kommen noch.
Jetzt gehe ich ins Bett und schmuse mit meiner Medaille.
Gruß Mike