Marathon am Rande des Infakts
Verfasst: 29.12.2006, 20:19
Nachfolgender Artikel ist aus der Österreichischen Tageszeitung "Der Standard" vom 29.12.06.
Für die Medizin-Freaks hier im Forum. Ich für mich werde trotzdem meinen ersten Marathon wagen.
Marathon-Amateure untersucht - wie sich schlecht trainierte Läufer schädigen, und was sie dagegen tun können
Boston - Zu Jahresende laufen sie wieder, in Wien den Silvesterlauf, anderswo auch größere Distanzen, und als Vorsatz fürs neue Jahr wird gerne die Leistungssteigerung ins Auge gefasst, mit dem Marathonlauf als Krönung.
Doch Vorsicht, ein weiterer Vorsatz sollte dem Herz gelten. Glaubt man einer amerikanischen Studie im Fachblatt "Circulation", dann hat der lange Lauf von Marathon nach Athen 490 v. Chr. nicht wegen allgemeiner Erschöpfung zum Tod des Boten Phillipides geführt, sondern eher wegen eines Herzschlags.
Die US-Forscher um Arthur Siegel von der Harvard Medical School untersuchten insgesamt 60 gesunde Marathon-Amateure, die am Boston-Marathon teilnahmen. Alle Läufer waren gesund und zeigten vor dem Start normale Befunde hinsichtlich kardialer Enzyme und im Echokardiogramm (EEG). Nach dem Zieleinlauf hingegen war bei 60 Prozent der Teilnehmer die Konzentration des Enzyms Troponin angestiegen. Troponin gilt als Marker, der nur bei absterbenden Herzmuskelzellen im Blut zu finden ist.
Dass die Sportler trotz der kardialen Schädigung keine Brustschmerzen und Atemnot verspürten, führen die Forscher auf die Ausschüttung der körpereigenen schmerzlindernden Endorphine zurück. Auch die Werte des Marker-Peptids NT-proBNP, das verstärkt bei Überbelastung des Herzmuskels gebildet wird, hatten sich nach dem Wettkampf verdoppelt.
Risikofaktor 50+
Ebenso zeigte das EEG Funktionsstörungen. Je weniger trainiert der Sportler war, umso höher waren die kardialen Schädigungen, besonders bei untrainierten Läufern.
Die Medizinische Klinik und die Poliklinik an der Berliner Charité stellten fest, dass sich bei jungen Läufern die Abweichungen in den hohen Werten bei den Markern innerhalb weniger Tage wieder normalisieren. Noch unklar ist jedoch, ob bei älteren Läufern die Belastung während eines Marathonlaufes am Herzen nicht längerfristige oder gar irreparable Schäden anrichtet.
Eine neue Studie an der Charité soll nun klären, wie gefährlich Marathon für Menschen über 50 Jahre tatsächlich ist, denn für diese Altersgruppe wird propagiert, dass Ausdauersport hilft, Arteriosklerose und damit Herzinfarkte zu vermeiden.
Auch Wissenschaftler am Westdeutschen Herzzentrum Essen sind sich da nicht mehr so sicher, dass Marathon laufen immer ungefährlich ist. Im fortgeschrittenen Lebensalter liegt möglicherweise schon eine leichte Arteriosklerose der Herzkranzgefäße vor, doch keiner weiß, wie sich die Extrembelastung darauf auswirkt. Auch Risikofaktoren wie beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Lebenswandel oder genetische Risiken sind dabei zu berücksichtigen, so die Forscher.
Der Neujahrsfitnessvorsatz sollte also den Gang zum Orthopäden - betreffend die Belastbarkeit der Gelenke - und zum Internisten einschließen. (Andreas Grote, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.12.2006
Für die Medizin-Freaks hier im Forum. Ich für mich werde trotzdem meinen ersten Marathon wagen.
Marathon-Amateure untersucht - wie sich schlecht trainierte Läufer schädigen, und was sie dagegen tun können
Boston - Zu Jahresende laufen sie wieder, in Wien den Silvesterlauf, anderswo auch größere Distanzen, und als Vorsatz fürs neue Jahr wird gerne die Leistungssteigerung ins Auge gefasst, mit dem Marathonlauf als Krönung.
Doch Vorsicht, ein weiterer Vorsatz sollte dem Herz gelten. Glaubt man einer amerikanischen Studie im Fachblatt "Circulation", dann hat der lange Lauf von Marathon nach Athen 490 v. Chr. nicht wegen allgemeiner Erschöpfung zum Tod des Boten Phillipides geführt, sondern eher wegen eines Herzschlags.
Die US-Forscher um Arthur Siegel von der Harvard Medical School untersuchten insgesamt 60 gesunde Marathon-Amateure, die am Boston-Marathon teilnahmen. Alle Läufer waren gesund und zeigten vor dem Start normale Befunde hinsichtlich kardialer Enzyme und im Echokardiogramm (EEG). Nach dem Zieleinlauf hingegen war bei 60 Prozent der Teilnehmer die Konzentration des Enzyms Troponin angestiegen. Troponin gilt als Marker, der nur bei absterbenden Herzmuskelzellen im Blut zu finden ist.
Dass die Sportler trotz der kardialen Schädigung keine Brustschmerzen und Atemnot verspürten, führen die Forscher auf die Ausschüttung der körpereigenen schmerzlindernden Endorphine zurück. Auch die Werte des Marker-Peptids NT-proBNP, das verstärkt bei Überbelastung des Herzmuskels gebildet wird, hatten sich nach dem Wettkampf verdoppelt.
Risikofaktor 50+
Ebenso zeigte das EEG Funktionsstörungen. Je weniger trainiert der Sportler war, umso höher waren die kardialen Schädigungen, besonders bei untrainierten Läufern.
Die Medizinische Klinik und die Poliklinik an der Berliner Charité stellten fest, dass sich bei jungen Läufern die Abweichungen in den hohen Werten bei den Markern innerhalb weniger Tage wieder normalisieren. Noch unklar ist jedoch, ob bei älteren Läufern die Belastung während eines Marathonlaufes am Herzen nicht längerfristige oder gar irreparable Schäden anrichtet.
Eine neue Studie an der Charité soll nun klären, wie gefährlich Marathon für Menschen über 50 Jahre tatsächlich ist, denn für diese Altersgruppe wird propagiert, dass Ausdauersport hilft, Arteriosklerose und damit Herzinfarkte zu vermeiden.
Auch Wissenschaftler am Westdeutschen Herzzentrum Essen sind sich da nicht mehr so sicher, dass Marathon laufen immer ungefährlich ist. Im fortgeschrittenen Lebensalter liegt möglicherweise schon eine leichte Arteriosklerose der Herzkranzgefäße vor, doch keiner weiß, wie sich die Extrembelastung darauf auswirkt. Auch Risikofaktoren wie beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Lebenswandel oder genetische Risiken sind dabei zu berücksichtigen, so die Forscher.
Der Neujahrsfitnessvorsatz sollte also den Gang zum Orthopäden - betreffend die Belastbarkeit der Gelenke - und zum Internisten einschließen. (Andreas Grote, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.12.2006