Ich kam, sah und siegte - zumindest über mich und aus Versehen!
Verfasst: 13.05.2007, 08:11
Kurze Historie zu meinen "Wettkämpfen":
"Eigentlich" gibt es gar keine - zu oft bin ich verletzt als dass ich mich mit mir messen will. Am 26.05.2005 laufe ich in Hamburg den Hella-Halbmarathon in 2:18:48. In Vorbereitung darauf suggeriert mir ein Fori, dass es sinnvoll wäre, wenn ich mal einen 10er laufen würde. Ich lauf den Wettkampf für mich selbst (also nix Offizielles) und gewinne ihn am 18.05.2006 mit 58:42. Ich war stolz wie Oskar, dass ich einen 10er unter einer Stunde laufen konnte.
Das nächste Mal, als ich eine Startnummer am Shirt kleben hatte, lief ich 5km in ca. 28 Minuten - sehr untrainiert aus der Verletzungspause raus als Teilnehmer einer Staffel, das war im August 2006.
Ich bin eine Genussläuferin und keine Wettkampfläuferin und ich gehöre zur Schneckenfraktion - so meine Auffassung - und dort fühlte ich mich auch sehr, sehr wohl. Ich bin ein ehrgeiziger Mensch aber Laufgeschwindigkeiten gehörten einfach den anderen, nicht mir - schon in der Schule war Leichtathletik für mich der Sportbereich, der mir gar nicht lag.
Durch einen Zufall stieß ich darauf, dass direkt bei mir vor der Haustüre eine Laufstrecke mit einem Laufevent eingeweiht wurde. Man konnte sich für 5 bzw. 10km entscheiden - ganze 5 Euro Startgebühr. Da bin ich dabei, dachte ich mir - nur für mich, einfach noch mal mit ner Startnummer laufen. Ich will meinen Knochen nicht zu viel zumuten - 1:05 auf 10km wäre absolut ok!
Ich wartete bis eine Woche vor dem Lauf und meldete mich dann erst an. Trainiert wurde in keinster Weise dafür - wozu auch, ich will ja keine Bestzeiten aufstellen. Beim Anmelden sprang mir ins Auge dass dort stand: "Es haben sich bereits 25 Läufer angemeldet." Ab diesem Zeitpunkt wurde ich unsicher. Mir war zwar klar, dass es kein großer Laufevent wird, aber so wenige? Wo soll ich mich denn da verstecken?
Samstag, 12. Mai 2007
Ich gehe die Startunterlagen abholen - im Umschlag befindet sich die Startnummer 30 und ein Messchip. Ich schimpfe zu Hause, dass ich zumindest gedacht hätte, eine Streckenbeschreibung vorzufinden - mein Bester fragt mich, was ich denn für 5,00 Euro erwarten möchte - stimmt!
Ich werde nervös. Ich bin Nr. 30 - das heißt, ich rechne max. mit 40-50 Läufern. Warum ich nervös werde? Ich will einfach nicht als Letzte ins Ziel kommen. Alles andere ist mir egal aber die Vorstellung, dass ich völlig alleine meine Runde um die Seen drehe und alle auf mich warten, bis ich endlich einlaufe, gefällt mir nicht. Ich korrigiere meine Zielzeit auf knapp unter 60 Minuten.
Es stürmt und regnet aus Kübeln - mein Bester macht ein unglückliches Gesicht und wir einigen uns, dass es reicht, wenn nur ich mich in das Shit-Wetter begebe - ich will ja nur die Runde laufen und komm dann direkt wieder heim - unspektakulär das Ganze! Ich schieße mit dem Selbstauslöser ein Foto - vorher/nachher denke ich - dass ich nachher kein Foto mehr machen kann.... ach lest selbst.
Die 1,5 km bis zum See nutze ich, um mich einzulaufen. Ich komme in den Startbereich, mustere die anderen Läufer und fachmännisch stelle ich fest, dass es sich hier nur um Profis handelt - Shirts von Marathonläufen, Jacken von Sporgeschäften etc. suggerieren mir das. Ach, ich habs gewusst - warum melde ich mich nur für einen offiziellen Lauf an - bescheuert sowas. Außerdem ist mir immer noch nicht klar, wo ich herlaufen soll. Wenn ich jetzt am Ende bin, find ich vielleicht die Strecke nicht. Außerdem faselt der Sprecher was von "knapp 10 Kilometer" - ja watt soll datt denn jetzt? Soll ich mir nachher die Zeit malen?
Recht flott geht es an den Start und die meisten der Läufer/innen ziehen erwartungsgemäß von dannen. Bei KM 1 lauf ich - im hinteren Feld - eine Zeit unter 6 Minuten/km - wow denke ich, wenn Du das einfach so durchhälst, erreichst Du Dein Ziel und vielleicht ja auch die 58 Minuten - da isser wieder der Ehrgeiz, packt mich einfach, ohne, dass ich was dafür kann.
Bei KM 1,5 geht die erste Läuferin schon - uhps, das war ja kurz. Kurz darauf werde ich von einem Herren in einer Regenjacke überholt - er kommt rechts vorbei, setzt sich vor mich und wird direkt langsamer. Eh Du Jacke, spinnst Du, denke ich. Ich laufe gerne einen sehr regelmässigen Rhythmus und er Kerl bringt mich gerade durcheinander. Ich weiche auf die recht Spur aus und ziehe langsam wieder an ihm vorbei. Das Spielchen passiert noch ein paar mal und die Jacke wird für die nächsten Kilometer mein Begleiter. Mittlerweile scheint die Sonne - huch, wo kommt die denn her?
Ich schaue auf die Uhr und merke, dass ich wohl das km-Schild verpasst haben muss (es gab keins). Das nächste Schild, dass ich entdecke, sind 7km- nicht, dass ich die schon gelaufen wäre - die Runde wird wohl 2 Mal absolviert und für 5 Euro kann man nicht jeden Kilometer markieren. Es läuft gut, das lässt sich so durchhalten.
Bei km 8 bzw. km 4 überholt mich die Jacke mal wieder, wir müssen eine kleine Anhöhe rauf und dort fängt gerade der Sturm und der Regen wieder an. Jacke läuft langsamer, um sich dieselbige zu schließen. Weichei, denk ich nur, laufe kurzärmig bekleidet an ihm vorbei und verabschiede mich von ihm - die Lusche war nur 5km unterwegs - so braucht halt jeder sein Feindbild.
Als ich bei 4,7 Kilometer den Start-/Zielbereich überlaufe merke ich, dass die meisten jetzt aussteigen - dass es 4,7 sind entnehme ich dem Sprecher, der irgendwas von 9,4 Kilometer als Gesamtrunde faselt. Das wenige Publikum klatscht für mich, find ich richtig nett. Ich laufe weiter und komme ans 5KM-Schild mit einer Zeit von (ich glaube) irgendwas mit 28 Minuten.
Und jetzt passiert etwas mit mir, was ich nicht mehr so recht nachvollziehen kann. Zum einen verrechne ich mich und denke, dass ich Gas geben muss, wenn ich die 58 noch erreichen möchte, dann kann ich meine Geschwindigkeit mangels nicht vorhandener Schilder an der Laufstrecke nicht mehr kontrollieren, zum anderen fange ich an, Läufer zu überholen, was mir recht viel Spaß macht.
Was ist das? Ich sehe irgend etwas pinkes in der Ferne wackeln. Es kann doch nicht ernsthaft solche Laufhosen käuflich zu erwerben geben. Dass muss ich mir dringend näher anschauen. Ich hole auf und sehe, dass Er rosa Socken, ein rose Shirt, eine schwarze Laufhose UND eine pinke Badehose über die Hose gezogen hat - schick was? So etwas sieht man nur im Kölner Umland.
Ich ziehe an ihm vorbei, sehe in der Entfernung eine Frau laufen und überlege, dass es an der Zeit wäre, die auch noch einzuholen. Gemacht, getan. Ich laufe jetzt in dem einzigen Bereich, in dem man ungefähr 1km hinter sich schauen kann - dort ist wenig los. Viele haben eben nach 5km aufgehört und ich wähne mich immer noch im hinteren Feld.
So langsam wird die Luft sehr eng. Ich fange richtiggehend an zu keuchen - bloß jetzt nicht das Tempo verringern, sonst wird das nix mit 58 auf 10km. Bei KM 7 versuche ich zu rechnen - geht nicht mehr, ich bin zu erschöpft. Ein Pärchen läuft vor mir, ich häng mich hinten an und als es ein klein wenig den Berg runtergeht, schnappe ich sie mir. Ich keuche laut und es ist mir peinlich, aber anders geht es nicht mehr. Das Pärchen ist die ganze Zeit hinter mir und ich will nur eines nicht, dass ich wieder überholt werde.
KM 8, ich weiß nicht, ob ich es noch bis ins Ziel schaffe - irgendwas stimmt mit meiner Zeit nicht, das ist doch ganz anders, als ich gerechnet habe. Versteh ich nicht. KM 8,5 kommt wieder eine kleine Steigung, ich sterbe vor mich hin - ich pfeif aus dem letzten Loch und ich glaube, ich schaff es nicht mehr ins Ziel, ich fange an zu schimpfen. KM 9 - ich überhole noch einen Läufer und denke nur noch ans Durchhalten, irgendwie - die Zeit ist unter 50 Minuten - Moment, 9 x 6 ergibt 54 Minuten, in dem Moment versteh ich, dass irgendwas "falsch" läuft.
Ich laufe mit 50:17 total erschöpft ins Ziel - 9,4 KM. Direkt kommt mir eine Helferin entgegen, die mir den Chip abnehmen will. Als sie in mein Gesicht sieht sagt sie "Ok, ruhen Sie sich erst mal aus und dann geben Sie mir den Chip". Mit zittrigen Händeren fingere ich das Teil aus meinen Schnürsenkeln. Mein noch nicht wieder ganz arbeitender Verstand versucht zu erfassen, was hier gerade passiert ist. Wenn ich 9,4 km in 50:17 laufe, dann ist die 10km-Zeit doch irgendwo bei 53/54 oder? Hat hier jemand einen Taschenrechner, das kann nicht sein, ich hab irgendwo einen Denkfehler.
Ich überlege, an welcher Stelle ich eine Abkürzung gelaufen bin. Ich vermute, dass der Veranstalter die Strecke völlig falsch vermessen hat. Es kann nicht sein, dass ich so schnell war - was hab ich da in der 2. Runde gemacht? Oder meine Pulsuhr hat einen Defekt - könnte ja auch sein. 15 Minuten nach mir kommen die letzten Läufer ins Ziel.
Irgendwann werden die Ergebnislisten ausgelegt - 50:17, da steht es schwarz auf weiß UND 3. Frau von 7 Frauen, die die Runde 2 x gedreht haben. Völlig entrüstet sage ich zu dem Helfer "Das ist doch jetzt nicht wirklich die Wertung, oder?" Er bestätigt es mir und denkt wahrscheinlich, ich sei mit dem Ergebnis unzufrieden, dabei bin ich einfach noch entsetzt, was ich da gemacht habe.
Tsss - jetzt muss ich tatsächlich auf die Siegerehrung warten. Ich darf aufs Treppchen und erhalte noch eine Bauchtausche von Asics als Geschenk - und das für 5 Euro. Es gibt Obst, jede Menge Getränke, Kuchen, Hühnchenkeulen und vieles mehr - aber ich nehme nicht viel, immer noch bin ich total verwirrt.
Ich laufe zurück nach Hause und messe erst mal mit Google Earth die Strecke nach, sie stimmt. Wie kann es sein, dass ich für meine Verhältnisse so schnell gelaufen bin? Ok, wirklich auf dem letzten Riemen - aber schnell? Ich hab keine Idee, mein Kopf und mehr Ehrgeiz sind wohl die Schuldigen. Seit 2 Jahren mache ich mit Rücksicht auf meinen Körper keine Templäufe mehr. Erst seit Anfang diesen Jahres laufe ich wieder in etwa sowas wie regelmäßig.
Erst später am Abend, als ich mit einer Freundin mit einem Glas Sekt anstoße, beginne ich mich etwas zu freuen. Ich werde so schnell keinen 10er mehr laufen, das ist mir wirklich zu anstrengend und ich will mich auch nicht dem Druck ergeben, diese Zeit unterbieten zu können. Mein Traum ist irgendwann einen Halbmarathon laufen zu können und da meine Schwachstellen im Bereich Knie und Schienbeine die Strecke von 12,4 (mit ein- und auslaufen) überstanden haben, hege ich sogar Hoffnung.
Ehrlich gesagt, hätte ich auch keine 600m mehr so weiterlaufen können - wirklich nicht - also kann ich die Zeit auch nicht wirklich auf 10 hochrechnen.
So richtig weiß ich immer noch nichts mit dem Ergebnis anzufangen - aber ein bisschen stolz bin ich mittlerweile.
"Eigentlich" gibt es gar keine - zu oft bin ich verletzt als dass ich mich mit mir messen will. Am 26.05.2005 laufe ich in Hamburg den Hella-Halbmarathon in 2:18:48. In Vorbereitung darauf suggeriert mir ein Fori, dass es sinnvoll wäre, wenn ich mal einen 10er laufen würde. Ich lauf den Wettkampf für mich selbst (also nix Offizielles) und gewinne ihn am 18.05.2006 mit 58:42. Ich war stolz wie Oskar, dass ich einen 10er unter einer Stunde laufen konnte.
Das nächste Mal, als ich eine Startnummer am Shirt kleben hatte, lief ich 5km in ca. 28 Minuten - sehr untrainiert aus der Verletzungspause raus als Teilnehmer einer Staffel, das war im August 2006.
Ich bin eine Genussläuferin und keine Wettkampfläuferin und ich gehöre zur Schneckenfraktion - so meine Auffassung - und dort fühlte ich mich auch sehr, sehr wohl. Ich bin ein ehrgeiziger Mensch aber Laufgeschwindigkeiten gehörten einfach den anderen, nicht mir - schon in der Schule war Leichtathletik für mich der Sportbereich, der mir gar nicht lag.
Durch einen Zufall stieß ich darauf, dass direkt bei mir vor der Haustüre eine Laufstrecke mit einem Laufevent eingeweiht wurde. Man konnte sich für 5 bzw. 10km entscheiden - ganze 5 Euro Startgebühr. Da bin ich dabei, dachte ich mir - nur für mich, einfach noch mal mit ner Startnummer laufen. Ich will meinen Knochen nicht zu viel zumuten - 1:05 auf 10km wäre absolut ok!
Ich wartete bis eine Woche vor dem Lauf und meldete mich dann erst an. Trainiert wurde in keinster Weise dafür - wozu auch, ich will ja keine Bestzeiten aufstellen. Beim Anmelden sprang mir ins Auge dass dort stand: "Es haben sich bereits 25 Läufer angemeldet." Ab diesem Zeitpunkt wurde ich unsicher. Mir war zwar klar, dass es kein großer Laufevent wird, aber so wenige? Wo soll ich mich denn da verstecken?
Samstag, 12. Mai 2007
Ich gehe die Startunterlagen abholen - im Umschlag befindet sich die Startnummer 30 und ein Messchip. Ich schimpfe zu Hause, dass ich zumindest gedacht hätte, eine Streckenbeschreibung vorzufinden - mein Bester fragt mich, was ich denn für 5,00 Euro erwarten möchte - stimmt!
Ich werde nervös. Ich bin Nr. 30 - das heißt, ich rechne max. mit 40-50 Läufern. Warum ich nervös werde? Ich will einfach nicht als Letzte ins Ziel kommen. Alles andere ist mir egal aber die Vorstellung, dass ich völlig alleine meine Runde um die Seen drehe und alle auf mich warten, bis ich endlich einlaufe, gefällt mir nicht. Ich korrigiere meine Zielzeit auf knapp unter 60 Minuten.
Es stürmt und regnet aus Kübeln - mein Bester macht ein unglückliches Gesicht und wir einigen uns, dass es reicht, wenn nur ich mich in das Shit-Wetter begebe - ich will ja nur die Runde laufen und komm dann direkt wieder heim - unspektakulär das Ganze! Ich schieße mit dem Selbstauslöser ein Foto - vorher/nachher denke ich - dass ich nachher kein Foto mehr machen kann.... ach lest selbst.
Die 1,5 km bis zum See nutze ich, um mich einzulaufen. Ich komme in den Startbereich, mustere die anderen Läufer und fachmännisch stelle ich fest, dass es sich hier nur um Profis handelt - Shirts von Marathonläufen, Jacken von Sporgeschäften etc. suggerieren mir das. Ach, ich habs gewusst - warum melde ich mich nur für einen offiziellen Lauf an - bescheuert sowas. Außerdem ist mir immer noch nicht klar, wo ich herlaufen soll. Wenn ich jetzt am Ende bin, find ich vielleicht die Strecke nicht. Außerdem faselt der Sprecher was von "knapp 10 Kilometer" - ja watt soll datt denn jetzt? Soll ich mir nachher die Zeit malen?
Recht flott geht es an den Start und die meisten der Läufer/innen ziehen erwartungsgemäß von dannen. Bei KM 1 lauf ich - im hinteren Feld - eine Zeit unter 6 Minuten/km - wow denke ich, wenn Du das einfach so durchhälst, erreichst Du Dein Ziel und vielleicht ja auch die 58 Minuten - da isser wieder der Ehrgeiz, packt mich einfach, ohne, dass ich was dafür kann.
Bei KM 1,5 geht die erste Läuferin schon - uhps, das war ja kurz. Kurz darauf werde ich von einem Herren in einer Regenjacke überholt - er kommt rechts vorbei, setzt sich vor mich und wird direkt langsamer. Eh Du Jacke, spinnst Du, denke ich. Ich laufe gerne einen sehr regelmässigen Rhythmus und er Kerl bringt mich gerade durcheinander. Ich weiche auf die recht Spur aus und ziehe langsam wieder an ihm vorbei. Das Spielchen passiert noch ein paar mal und die Jacke wird für die nächsten Kilometer mein Begleiter. Mittlerweile scheint die Sonne - huch, wo kommt die denn her?
Ich schaue auf die Uhr und merke, dass ich wohl das km-Schild verpasst haben muss (es gab keins). Das nächste Schild, dass ich entdecke, sind 7km- nicht, dass ich die schon gelaufen wäre - die Runde wird wohl 2 Mal absolviert und für 5 Euro kann man nicht jeden Kilometer markieren. Es läuft gut, das lässt sich so durchhalten.
Bei km 8 bzw. km 4 überholt mich die Jacke mal wieder, wir müssen eine kleine Anhöhe rauf und dort fängt gerade der Sturm und der Regen wieder an. Jacke läuft langsamer, um sich dieselbige zu schließen. Weichei, denk ich nur, laufe kurzärmig bekleidet an ihm vorbei und verabschiede mich von ihm - die Lusche war nur 5km unterwegs - so braucht halt jeder sein Feindbild.
Als ich bei 4,7 Kilometer den Start-/Zielbereich überlaufe merke ich, dass die meisten jetzt aussteigen - dass es 4,7 sind entnehme ich dem Sprecher, der irgendwas von 9,4 Kilometer als Gesamtrunde faselt. Das wenige Publikum klatscht für mich, find ich richtig nett. Ich laufe weiter und komme ans 5KM-Schild mit einer Zeit von (ich glaube) irgendwas mit 28 Minuten.
Und jetzt passiert etwas mit mir, was ich nicht mehr so recht nachvollziehen kann. Zum einen verrechne ich mich und denke, dass ich Gas geben muss, wenn ich die 58 noch erreichen möchte, dann kann ich meine Geschwindigkeit mangels nicht vorhandener Schilder an der Laufstrecke nicht mehr kontrollieren, zum anderen fange ich an, Läufer zu überholen, was mir recht viel Spaß macht.
Was ist das? Ich sehe irgend etwas pinkes in der Ferne wackeln. Es kann doch nicht ernsthaft solche Laufhosen käuflich zu erwerben geben. Dass muss ich mir dringend näher anschauen. Ich hole auf und sehe, dass Er rosa Socken, ein rose Shirt, eine schwarze Laufhose UND eine pinke Badehose über die Hose gezogen hat - schick was? So etwas sieht man nur im Kölner Umland.
Ich ziehe an ihm vorbei, sehe in der Entfernung eine Frau laufen und überlege, dass es an der Zeit wäre, die auch noch einzuholen. Gemacht, getan. Ich laufe jetzt in dem einzigen Bereich, in dem man ungefähr 1km hinter sich schauen kann - dort ist wenig los. Viele haben eben nach 5km aufgehört und ich wähne mich immer noch im hinteren Feld.
So langsam wird die Luft sehr eng. Ich fange richtiggehend an zu keuchen - bloß jetzt nicht das Tempo verringern, sonst wird das nix mit 58 auf 10km. Bei KM 7 versuche ich zu rechnen - geht nicht mehr, ich bin zu erschöpft. Ein Pärchen läuft vor mir, ich häng mich hinten an und als es ein klein wenig den Berg runtergeht, schnappe ich sie mir. Ich keuche laut und es ist mir peinlich, aber anders geht es nicht mehr. Das Pärchen ist die ganze Zeit hinter mir und ich will nur eines nicht, dass ich wieder überholt werde.
KM 8, ich weiß nicht, ob ich es noch bis ins Ziel schaffe - irgendwas stimmt mit meiner Zeit nicht, das ist doch ganz anders, als ich gerechnet habe. Versteh ich nicht. KM 8,5 kommt wieder eine kleine Steigung, ich sterbe vor mich hin - ich pfeif aus dem letzten Loch und ich glaube, ich schaff es nicht mehr ins Ziel, ich fange an zu schimpfen. KM 9 - ich überhole noch einen Läufer und denke nur noch ans Durchhalten, irgendwie - die Zeit ist unter 50 Minuten - Moment, 9 x 6 ergibt 54 Minuten, in dem Moment versteh ich, dass irgendwas "falsch" läuft.
Ich laufe mit 50:17 total erschöpft ins Ziel - 9,4 KM. Direkt kommt mir eine Helferin entgegen, die mir den Chip abnehmen will. Als sie in mein Gesicht sieht sagt sie "Ok, ruhen Sie sich erst mal aus und dann geben Sie mir den Chip". Mit zittrigen Händeren fingere ich das Teil aus meinen Schnürsenkeln. Mein noch nicht wieder ganz arbeitender Verstand versucht zu erfassen, was hier gerade passiert ist. Wenn ich 9,4 km in 50:17 laufe, dann ist die 10km-Zeit doch irgendwo bei 53/54 oder? Hat hier jemand einen Taschenrechner, das kann nicht sein, ich hab irgendwo einen Denkfehler.
Ich überlege, an welcher Stelle ich eine Abkürzung gelaufen bin. Ich vermute, dass der Veranstalter die Strecke völlig falsch vermessen hat. Es kann nicht sein, dass ich so schnell war - was hab ich da in der 2. Runde gemacht? Oder meine Pulsuhr hat einen Defekt - könnte ja auch sein. 15 Minuten nach mir kommen die letzten Läufer ins Ziel.
Irgendwann werden die Ergebnislisten ausgelegt - 50:17, da steht es schwarz auf weiß UND 3. Frau von 7 Frauen, die die Runde 2 x gedreht haben. Völlig entrüstet sage ich zu dem Helfer "Das ist doch jetzt nicht wirklich die Wertung, oder?" Er bestätigt es mir und denkt wahrscheinlich, ich sei mit dem Ergebnis unzufrieden, dabei bin ich einfach noch entsetzt, was ich da gemacht habe.
Tsss - jetzt muss ich tatsächlich auf die Siegerehrung warten. Ich darf aufs Treppchen und erhalte noch eine Bauchtausche von Asics als Geschenk - und das für 5 Euro. Es gibt Obst, jede Menge Getränke, Kuchen, Hühnchenkeulen und vieles mehr - aber ich nehme nicht viel, immer noch bin ich total verwirrt.
Ich laufe zurück nach Hause und messe erst mal mit Google Earth die Strecke nach, sie stimmt. Wie kann es sein, dass ich für meine Verhältnisse so schnell gelaufen bin? Ok, wirklich auf dem letzten Riemen - aber schnell? Ich hab keine Idee, mein Kopf und mehr Ehrgeiz sind wohl die Schuldigen. Seit 2 Jahren mache ich mit Rücksicht auf meinen Körper keine Templäufe mehr. Erst seit Anfang diesen Jahres laufe ich wieder in etwa sowas wie regelmäßig.
Erst später am Abend, als ich mit einer Freundin mit einem Glas Sekt anstoße, beginne ich mich etwas zu freuen. Ich werde so schnell keinen 10er mehr laufen, das ist mir wirklich zu anstrengend und ich will mich auch nicht dem Druck ergeben, diese Zeit unterbieten zu können. Mein Traum ist irgendwann einen Halbmarathon laufen zu können und da meine Schwachstellen im Bereich Knie und Schienbeine die Strecke von 12,4 (mit ein- und auslaufen) überstanden haben, hege ich sogar Hoffnung.
Ehrlich gesagt, hätte ich auch keine 600m mehr so weiterlaufen können - wirklich nicht - also kann ich die Zeit auch nicht wirklich auf 10 hochrechnen.
So richtig weiß ich immer noch nichts mit dem Ergebnis anzufangen - aber ein bisschen stolz bin ich mittlerweile.