Nizza-Man 2007 - mein erster Triathlon
Verfasst: 22.07.2007, 17:24
Schwimmbrille runter – aufs Handtuch stellen – Füße abtrocknen – Trikot drüber – in die Schuhe schlüpfen… (die brauchen noch den Schnellverschluß!) – Helm und Brille auf – Rad schnappen – losfahren…
Gerade habe ich das Rad vorbereitet und liege auf dem Sofa, gehe gedanklich meinen ersten Triathlon durch. Vor allem der Wechsel vom Schwimmen aufs Rad will gut durchdacht sein. Vor zwei Wochen war das noch einfacher. Da war ich „nur“ Läufer in einer Triathlonstaffel. Hinterher dachte ich mir „Das schaffst Du auch allein!“ Zumindest kann ich mich im Wasser über demselbigen halten, einigermaßen Rad fahren und das Laufen sollte das geringste Problem sein. In Niederscheld war ich zweitschnellster Läufer. Als Einzelstarter wird das wohl schwieriger, aber der letzte Abschnitt sollte eigentlich meine Spezialdisziplin sein. Bei 3,7km werde ich die vielen Minuten die ich vorher bei 400m Schwimmen und 18,6km Rad verloren habe aber sicher nicht aufholen können. Realistischer erscheint es mir maximal 10min nach dem Sieger in das Ziel einzulaufen. Nur mit dem Durchkommen will ich mich dann doch nicht zufrieden geben.
24 Stunden später sitzen Kathy und ich im Auto und irren durch die Pampa des Lahn-Dill-Kreises in Richtung Westerwald. … ja Westerwald und nicht Côte d’Azur! Der Name dieses Volks-Triathlons stammt vom Veranstalter, dem örtlichen Ski-Club „Nizza“. Der Ursprung dieses Namens erschließt sich mir nicht wirklich, wahrscheinlich ist er schon so alt, dass auch der Ski-Club nur vage Vermutungen über dessen Herkunft anstellen kann. Schließlich kommen wir in Nenderoth an. Zweitausrichter ist die Feuerwehr, wir müssen also zu deren „Vereinsheim“. Das finden wir zwar nicht auf Anhieb, aber Fummeltrinen in „niedlichen Stramplern“ mit auf Hochglanz polierten Mountainbikes sowie parkende Vans und Kombis am Straßenrand bescheinigen uns den richtigen Spürsinn.
Obwohl es noch 2 Stunden bis zum Start sind tummeln sich hier schon zahlreiche Athleten. Einige befestigen Ihre Startnummer am Trikot und diskutieren, ob man diese vorne oder hinten tragen muss. Hier und da wird noch mal liebevoll letzte Hand am Rad angelegt, damit auf der Strecke auch nichts schief geht – ein Zeichen schlichter Wettkampfnervosität? So langsam stellt sich diese bei mir auch ein. Wettkämpfe sind für mich an sich nichts Neues, habe ich im Laufen schließlich schon massenhaft hinter mir, aber hier wartet eine völlig neue Herausforderung mit sicherlich neuen Überraschungen. Aber das Triathlonvirus hat mich nun mal befallen, jetzt muss ich ihm auch entschlossen begegnen!
Die Atmosphäre ist sehr angenehm und familiär. Nach der Anmeldung befrage ich einige derjenigen die so aussehen als seien sie hier nicht zum ersten Mal am Start. So erfahre ich auch, dass wir alle gemeinsam zum Badesee mit dem Rad fahren werden, und die Tüten mit den Nummern drauf sind keine reinen Andenken, sondern dienen den abgelegten Sachen nach dem Schwimmen und werden vom Veranstalter zum Ziel befördert – gut durchdacht. Dieser Part fehlte in meiner Planung völlig. Nebenbei werde ich nicht müde darauf hinzuweisen dass dies mein Debut ist – vorsorgliche nervositätsbedingte Rechtfertigung für ein mögliches schlechtes Abschneiden? Eigentlich bin ich noch recht zuversichtlich, fühle mich fit.
Kurze Zeit später ist dann die Wettkampfbesprechung. Zwischendurch fällt das Mikro aus, aber der Sprecher hat das auch gar nicht nötig. Er erzählt uns wie schön die Strecke ist und dass er sie gestern abgefahren hat. Vorher hatte ich von einer Gruppe gehört sie hätten sich gestern beim Abfahren der Strecke verfahren... Heute soll aber alles bestens beschildert sein. In der Wechselzone ist das Radfahren nicht erlaubt. Das kenne ich doch schon aus dem Fernsehen, also nichts Neues. Nach dem Wechsel auf das Rad müssen wir aber noch 100m weiter schieben, wegen der Badegäste am See. Ok das ist neu, muss ich mir merken. Die einzige Frage die sich mir dann noch stellt ist, wie die für den Wettkampf geltende StVO im Wald umzusetzen ist…
Nach den einleitenden Worten setzt sich dann der bunte Lindwurm der Triathleten in Gang zum See. Ich stelle mir vor wie das aus der Luft aussieht: Eine Kolonne von 150 Radfahrern mit Tüten in der Hand fährt einen Berg runter zum See. Dieses Schauspiel verfolgt verdutzt ein älteres Ehepaar am Wegrand – was wohl in deren Köpfen vorgeht?
Von alten Hasen erfahre ich, dass wir den Berg gegenüber auch einmal hoch und wieder runterfahren müssen – lieber nicht drüber nachdenken! Zu allem Überfluss setzt nun auch noch Regen ein.
Am See angekommen suche ich mir ein schönes Plätzchen für den Wechsel mitten in der Zone aus und baue meine Schuhe und den Klamottenstapel fürs Radfahren auf. Darüber kommt die Tüte als Regenschutz. Beim Testen der Wassertemperatur werden wir positiv überrascht. Mit 24 Grad ist es fast wärmer als die Luft. Also bleibe ich gleich drinnen, außerhalb ist es inzwischen eiskalt und ich beneide ein wenig die gut verpackten Trias im Neo. Plötzlich höre ich die Menge hinter uns den Countdown zählen. Der gilt wohl uns, also schnell die Brille aufsetzen und schon geht’s auch los.
Zunächst komme ich gut weg vom Start. Rechts von mir scheinen die Cracks zu sein. Die sind schnell und schwimmen wie eine Perlenkette aufgereiht zum ersten Wendepunkt. Ein Steg unter dem wir durch müssen. Ohje, ich bin ja auf der Innenseite, hoffentlich geht das gut. Nach 100m merke ich plötzlich, wie meine Arme schwer werden. Typisch Anfängerfehler, bin wohl deutlich zu schnell losgeschwommen. Am Steg kommt was kommen muss. Ich bin bereits völlig fertig und befinde mich im übelsten Gedrängel in der Innenkurve. Ich versuche ruhig und gleichmäßig zu schwimmen um so wieder einigermaßen in Gang zu kommen, aber gerade im Gedrängel mit kraftlosen Armen ist das unmöglich. Leichte Anflüge von Panik kommen hoch – wie soll ich hier nur durchkommen? Zu diesem Zeitpunkt bin ich mir sicher, dass das mein letzter Triathlon sein würde. Ich kämpfe mich nach außen und mache einige ganz ruhige Züge auf dem Rücken liegend. So langsam wird es etwas besser und ich schwimme wieder normal aber ruhig weiter. Jetzt ist das Durchkommen dann doch das erste Ziel, das hatte ich mir anders vorgestellt. Schwimmen fällt mir sonst gar nicht schwer, aber so einen Einbruch kannte ich auch noch nicht. Irgendwann nach der zweiten Wendemarke nähert sich der Strand und ich bin heilfroh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben! Sofort fühle ich mich besser. Leider war ich aber doch schon wesentlich weiter hinten als ich mir das ursprünglich vorgestellt hatte: Die Hälfte der Teilnehmer war schon an mir vorbei.
Der Wechsel klappt aber gut: Schwimmbrille runter – aufs Handtuch stellen – Füße abtrocknen – Trikot drüber – in die Schuhe schlüpfen… (der Schnellverschluß ist Gold wert!) – Helm und Brille auf – Rad schnappen – loslaufen bis zum Strandende und rauf aufs Rad.
Schon auf den ersten Radkilometern wird deutlich, dass uns eine wahre Schlammschlacht erwartet. Die Waldwege sind durch den Regen teilweise richtig matschig und oft schwer zu befahren. Allerdings kann ich schnell einige Konkurrenten einsammeln, das baut auf. Um mich rum fahren ein etwas "kräftiger gebauter" Mitstreiter und einer mit Trekkingrad inklusive Gepäckträger. Mein Ehrgeiz verbietet mir mich von diesen beiden abhängen zu lassen. Zusammen überholen wir einen Teilnehmer nach dem anderen. Nach 10-15 Minuten merke ich, wie es bei mir läuft. Ich bin im Tritt drin, ich fühle mich gut. An den Anstiegen erhöhe ich das Tempo und kämpfe mich prompt alleine weiter nach vorne. Nervig ist nur der auffliegende Matsch, der sich hartnäckig immer wieder auf meine Brille setzt und die Sicht behindert. Nach erfolglosen Versuchen den Dreck abzuwischen nutze ich auf ebenen Strecken meinen Tee zum Abspülen. Das klappt ganz gut, hält nur leider nicht sehr lange. Das Abwischen von der Brille führt leider unweigerlich zu Kratzern auf den Gläsern. Und das auf Kathys neuer Brille die ich mir ausgeliehen habe, naja die Wechselgläser sind immerhin nicht so teuer. Leider habe ich keine gute Idee wo ich die Brille unterbringen könnte – zwischen den Zähnen und in der Hand können nur kurzzeitige Alternativen zum normalen Tragen auf der Nase sein.
Die Strecke ist entgegen meiner Befürchtung tatsächlich super gekennzeichnet und ein Verfahren unmöglich. Allerdings scheint es einige Materialprobleme zu geben. Zwei Mal passiere ich verzweifelte Biker die ihr Rad flicken müssen. Plötzlich sind wir schon wieder in Nenderoth. Eine letzte fiese Steigung, die die Muskulatur vor dem Laufen noch mal richtig schön übersäuern lässt, und schon erreiche ich die Wechselzone!
Diese durchquere ich zwar mit einem Tunnelblick, trotzdem finde ich meinen Platz auf Anhieb und bemerke die Anfeuerungsrufe von der Seite – das motiviert!
Die Laufstrecke beginnt gleich so wie die Radstrecke aufgehört hat: mit einer kurzen aber knackigen Steigung. Danach ist der Kurs relativ gut zu laufen – wenn der "Eiermann" nur nicht wäre! „Von Außen“, so wird mir später versichert „sah das aber total locker aus!“ Innerlich bin ich total fertig. Aber ich merke auch wie es ständig besser wird. Bis zum Wendepunkt habe ich schon 4 Triathleten überholt. Das nächste Loch ist sehr groß, aber es läuft jetzt auch wieder runder, außerdem geht es nur noch bergab. Also mache ich mich auf die Hatz. Tatsächlich erreiche ich den nächsten und auch noch den übernächsten Läufer. Kurz vor dem Ziel kommt mir der „Gepäckträgerbiker“ entgegen, mein Mountainbike hat sich also doch wie erwartet als vorteilhaft erwiesen. Da kommt schon das Ziel – welch ein Empfang! So viel Gejubel und Geklatsche… ich hab doch gar nicht gewonnen, freue mich aber sehr über diese tolle Stimmung!
Im Ziel muss ich mich erst einmal setzen. Ich bin total fertig, aber auch glücklich diese Herausforderung nach dem üblen Start gemeistert zu haben. Kathy empfängt mich begeistert, sie sagt ich bin ein Held und ich sehe auch aus wie ein Held. Umarmungen gibt’s daher nicht. Als ich an mir herunterschaue kann ich es gut verstehen, man könnte meinen ich habe mich auf der Radstrecke in einer Matschkurve langgelegt. Gemeinsam empfangen wir noch einige Bekannte im Ziel und tauschen erste Eindrücke vom Wettkampf aus. Danach ist erst mal duschen angesagt: ein Zelt mit zwei Duschen. Umgezogen wird sich draußen, geduscht wird zu zehnt, immer reihum. Dann dürfen die nächsten eintreten. Neben mir steht ein geschundener Körper, der in einer Asphaltkurve den Boden begrüßt hat – kein schöner Anblick. Aber er nimmt's gelassen, nur die "Schmerzschreie", die später aus der Dusche schallen, verkünden seine Leiden. In den Abfahrten hat es, wie ich später erfahre, so einige wagemutige Mountainbiker erwischt.
Später, schon wieder einigermaßen erholt, treffen wir noch Marienkäfer und ihren Mann. Im Hintergrund fallen mir etliche saubere Räder auf – wie ist das möglich? Ich frage einen Mann, bei dem ich mir relativ sicher bin, dass er teilgenommen hat, sein Rad also vor einer halben Stunde eine andere Farbe gehabt haben muss. Die Antwort hätte ich mir ja denken können, da doch die Feuerwehr Zweitausrichter ist! Unten in der Wechselzone liegt der Feuerwehrschlauch zum Abspritzen. Artig stelle ich mich mit einem Freund in die Schlange – ich komme mir vor wie in der Autowaschstraße.
Mit gesäubertem Rad, müden Beinen und einem super Gefühl etwas Tolles geschafft zu haben machen wir uns auf den Nachhause-Weg. Dort bringt mir später ein Vereinskollege noch meine Urkunde vorbei: Einzelwertung Männer: Platz 17 von 101 Startern. Gar nicht mal so schlecht… jetzt bin ich mal auf die Disziplinwertungen gespannt. Beim Radfahren muss ich ziemlich viel aufgeholt haben.
So, nun sind auch die Ergebnisse online. Die Einzelzeiten (gestoppt nach der Wechselzone):
400m Schwimmen: 12:12 min (~50. Schwimmzeit)
18,6km Mountainbike mit 460HM: 48:56 min (~15. Radzeit)
3,7km Laufen: 14:15min (drittschnellste Laufzeit)
insgesamt: 1h 15 min 23sec und Platz 17 (1. Platz M25)
Mein Fazit: Triathlon ist eine tolle Sportart und macht nicht nur als Zuschauer sondern auch als Teilnehmer viel Spaß! Ohne die immensen Probleme beim Schwimmen und die Schwierigkeiten mit der Radbrille wäre vielleicht Platz 10 oder 11 möglich gewesen. Und auch das Radfahren und Laufen haben erstaunlich gut geklappt, obwohl ich momentan nur sehr sporadisch trainiere. Mein Ziel maximal 10 Minuten nach dem Sieger (1:02:10) ins Ziel zu kommen habe ich zwar verfehlt, allerdings traf das Ziel auf den Zweitplatzierten (1:05:26) dann zu!
Nun habe ich schon mal den 1.9. im Visier. Dann findet der Volks-Triathlonin Breitscheid statt. Dort werde ich versuchen besser durchs Wasser zu kommen - mal sehen, was noch möglich ist...
Stolze Grüße von Roadie!
Gerade habe ich das Rad vorbereitet und liege auf dem Sofa, gehe gedanklich meinen ersten Triathlon durch. Vor allem der Wechsel vom Schwimmen aufs Rad will gut durchdacht sein. Vor zwei Wochen war das noch einfacher. Da war ich „nur“ Läufer in einer Triathlonstaffel. Hinterher dachte ich mir „Das schaffst Du auch allein!“ Zumindest kann ich mich im Wasser über demselbigen halten, einigermaßen Rad fahren und das Laufen sollte das geringste Problem sein. In Niederscheld war ich zweitschnellster Läufer. Als Einzelstarter wird das wohl schwieriger, aber der letzte Abschnitt sollte eigentlich meine Spezialdisziplin sein. Bei 3,7km werde ich die vielen Minuten die ich vorher bei 400m Schwimmen und 18,6km Rad verloren habe aber sicher nicht aufholen können. Realistischer erscheint es mir maximal 10min nach dem Sieger in das Ziel einzulaufen. Nur mit dem Durchkommen will ich mich dann doch nicht zufrieden geben.
24 Stunden später sitzen Kathy und ich im Auto und irren durch die Pampa des Lahn-Dill-Kreises in Richtung Westerwald. … ja Westerwald und nicht Côte d’Azur! Der Name dieses Volks-Triathlons stammt vom Veranstalter, dem örtlichen Ski-Club „Nizza“. Der Ursprung dieses Namens erschließt sich mir nicht wirklich, wahrscheinlich ist er schon so alt, dass auch der Ski-Club nur vage Vermutungen über dessen Herkunft anstellen kann. Schließlich kommen wir in Nenderoth an. Zweitausrichter ist die Feuerwehr, wir müssen also zu deren „Vereinsheim“. Das finden wir zwar nicht auf Anhieb, aber Fummeltrinen in „niedlichen Stramplern“ mit auf Hochglanz polierten Mountainbikes sowie parkende Vans und Kombis am Straßenrand bescheinigen uns den richtigen Spürsinn.
Obwohl es noch 2 Stunden bis zum Start sind tummeln sich hier schon zahlreiche Athleten. Einige befestigen Ihre Startnummer am Trikot und diskutieren, ob man diese vorne oder hinten tragen muss. Hier und da wird noch mal liebevoll letzte Hand am Rad angelegt, damit auf der Strecke auch nichts schief geht – ein Zeichen schlichter Wettkampfnervosität? So langsam stellt sich diese bei mir auch ein. Wettkämpfe sind für mich an sich nichts Neues, habe ich im Laufen schließlich schon massenhaft hinter mir, aber hier wartet eine völlig neue Herausforderung mit sicherlich neuen Überraschungen. Aber das Triathlonvirus hat mich nun mal befallen, jetzt muss ich ihm auch entschlossen begegnen!
Die Atmosphäre ist sehr angenehm und familiär. Nach der Anmeldung befrage ich einige derjenigen die so aussehen als seien sie hier nicht zum ersten Mal am Start. So erfahre ich auch, dass wir alle gemeinsam zum Badesee mit dem Rad fahren werden, und die Tüten mit den Nummern drauf sind keine reinen Andenken, sondern dienen den abgelegten Sachen nach dem Schwimmen und werden vom Veranstalter zum Ziel befördert – gut durchdacht. Dieser Part fehlte in meiner Planung völlig. Nebenbei werde ich nicht müde darauf hinzuweisen dass dies mein Debut ist – vorsorgliche nervositätsbedingte Rechtfertigung für ein mögliches schlechtes Abschneiden? Eigentlich bin ich noch recht zuversichtlich, fühle mich fit.
Kurze Zeit später ist dann die Wettkampfbesprechung. Zwischendurch fällt das Mikro aus, aber der Sprecher hat das auch gar nicht nötig. Er erzählt uns wie schön die Strecke ist und dass er sie gestern abgefahren hat. Vorher hatte ich von einer Gruppe gehört sie hätten sich gestern beim Abfahren der Strecke verfahren... Heute soll aber alles bestens beschildert sein. In der Wechselzone ist das Radfahren nicht erlaubt. Das kenne ich doch schon aus dem Fernsehen, also nichts Neues. Nach dem Wechsel auf das Rad müssen wir aber noch 100m weiter schieben, wegen der Badegäste am See. Ok das ist neu, muss ich mir merken. Die einzige Frage die sich mir dann noch stellt ist, wie die für den Wettkampf geltende StVO im Wald umzusetzen ist…
Nach den einleitenden Worten setzt sich dann der bunte Lindwurm der Triathleten in Gang zum See. Ich stelle mir vor wie das aus der Luft aussieht: Eine Kolonne von 150 Radfahrern mit Tüten in der Hand fährt einen Berg runter zum See. Dieses Schauspiel verfolgt verdutzt ein älteres Ehepaar am Wegrand – was wohl in deren Köpfen vorgeht?
Von alten Hasen erfahre ich, dass wir den Berg gegenüber auch einmal hoch und wieder runterfahren müssen – lieber nicht drüber nachdenken! Zu allem Überfluss setzt nun auch noch Regen ein.
Am See angekommen suche ich mir ein schönes Plätzchen für den Wechsel mitten in der Zone aus und baue meine Schuhe und den Klamottenstapel fürs Radfahren auf. Darüber kommt die Tüte als Regenschutz. Beim Testen der Wassertemperatur werden wir positiv überrascht. Mit 24 Grad ist es fast wärmer als die Luft. Also bleibe ich gleich drinnen, außerhalb ist es inzwischen eiskalt und ich beneide ein wenig die gut verpackten Trias im Neo. Plötzlich höre ich die Menge hinter uns den Countdown zählen. Der gilt wohl uns, also schnell die Brille aufsetzen und schon geht’s auch los.
Zunächst komme ich gut weg vom Start. Rechts von mir scheinen die Cracks zu sein. Die sind schnell und schwimmen wie eine Perlenkette aufgereiht zum ersten Wendepunkt. Ein Steg unter dem wir durch müssen. Ohje, ich bin ja auf der Innenseite, hoffentlich geht das gut. Nach 100m merke ich plötzlich, wie meine Arme schwer werden. Typisch Anfängerfehler, bin wohl deutlich zu schnell losgeschwommen. Am Steg kommt was kommen muss. Ich bin bereits völlig fertig und befinde mich im übelsten Gedrängel in der Innenkurve. Ich versuche ruhig und gleichmäßig zu schwimmen um so wieder einigermaßen in Gang zu kommen, aber gerade im Gedrängel mit kraftlosen Armen ist das unmöglich. Leichte Anflüge von Panik kommen hoch – wie soll ich hier nur durchkommen? Zu diesem Zeitpunkt bin ich mir sicher, dass das mein letzter Triathlon sein würde. Ich kämpfe mich nach außen und mache einige ganz ruhige Züge auf dem Rücken liegend. So langsam wird es etwas besser und ich schwimme wieder normal aber ruhig weiter. Jetzt ist das Durchkommen dann doch das erste Ziel, das hatte ich mir anders vorgestellt. Schwimmen fällt mir sonst gar nicht schwer, aber so einen Einbruch kannte ich auch noch nicht. Irgendwann nach der zweiten Wendemarke nähert sich der Strand und ich bin heilfroh wieder festen Boden unter den Füßen zu haben! Sofort fühle ich mich besser. Leider war ich aber doch schon wesentlich weiter hinten als ich mir das ursprünglich vorgestellt hatte: Die Hälfte der Teilnehmer war schon an mir vorbei.
Der Wechsel klappt aber gut: Schwimmbrille runter – aufs Handtuch stellen – Füße abtrocknen – Trikot drüber – in die Schuhe schlüpfen… (der Schnellverschluß ist Gold wert!) – Helm und Brille auf – Rad schnappen – loslaufen bis zum Strandende und rauf aufs Rad.
Schon auf den ersten Radkilometern wird deutlich, dass uns eine wahre Schlammschlacht erwartet. Die Waldwege sind durch den Regen teilweise richtig matschig und oft schwer zu befahren. Allerdings kann ich schnell einige Konkurrenten einsammeln, das baut auf. Um mich rum fahren ein etwas "kräftiger gebauter" Mitstreiter und einer mit Trekkingrad inklusive Gepäckträger. Mein Ehrgeiz verbietet mir mich von diesen beiden abhängen zu lassen. Zusammen überholen wir einen Teilnehmer nach dem anderen. Nach 10-15 Minuten merke ich, wie es bei mir läuft. Ich bin im Tritt drin, ich fühle mich gut. An den Anstiegen erhöhe ich das Tempo und kämpfe mich prompt alleine weiter nach vorne. Nervig ist nur der auffliegende Matsch, der sich hartnäckig immer wieder auf meine Brille setzt und die Sicht behindert. Nach erfolglosen Versuchen den Dreck abzuwischen nutze ich auf ebenen Strecken meinen Tee zum Abspülen. Das klappt ganz gut, hält nur leider nicht sehr lange. Das Abwischen von der Brille führt leider unweigerlich zu Kratzern auf den Gläsern. Und das auf Kathys neuer Brille die ich mir ausgeliehen habe, naja die Wechselgläser sind immerhin nicht so teuer. Leider habe ich keine gute Idee wo ich die Brille unterbringen könnte – zwischen den Zähnen und in der Hand können nur kurzzeitige Alternativen zum normalen Tragen auf der Nase sein.
Die Strecke ist entgegen meiner Befürchtung tatsächlich super gekennzeichnet und ein Verfahren unmöglich. Allerdings scheint es einige Materialprobleme zu geben. Zwei Mal passiere ich verzweifelte Biker die ihr Rad flicken müssen. Plötzlich sind wir schon wieder in Nenderoth. Eine letzte fiese Steigung, die die Muskulatur vor dem Laufen noch mal richtig schön übersäuern lässt, und schon erreiche ich die Wechselzone!
Diese durchquere ich zwar mit einem Tunnelblick, trotzdem finde ich meinen Platz auf Anhieb und bemerke die Anfeuerungsrufe von der Seite – das motiviert!
Die Laufstrecke beginnt gleich so wie die Radstrecke aufgehört hat: mit einer kurzen aber knackigen Steigung. Danach ist der Kurs relativ gut zu laufen – wenn der "Eiermann" nur nicht wäre! „Von Außen“, so wird mir später versichert „sah das aber total locker aus!“ Innerlich bin ich total fertig. Aber ich merke auch wie es ständig besser wird. Bis zum Wendepunkt habe ich schon 4 Triathleten überholt. Das nächste Loch ist sehr groß, aber es läuft jetzt auch wieder runder, außerdem geht es nur noch bergab. Also mache ich mich auf die Hatz. Tatsächlich erreiche ich den nächsten und auch noch den übernächsten Läufer. Kurz vor dem Ziel kommt mir der „Gepäckträgerbiker“ entgegen, mein Mountainbike hat sich also doch wie erwartet als vorteilhaft erwiesen. Da kommt schon das Ziel – welch ein Empfang! So viel Gejubel und Geklatsche… ich hab doch gar nicht gewonnen, freue mich aber sehr über diese tolle Stimmung!
Im Ziel muss ich mich erst einmal setzen. Ich bin total fertig, aber auch glücklich diese Herausforderung nach dem üblen Start gemeistert zu haben. Kathy empfängt mich begeistert, sie sagt ich bin ein Held und ich sehe auch aus wie ein Held. Umarmungen gibt’s daher nicht. Als ich an mir herunterschaue kann ich es gut verstehen, man könnte meinen ich habe mich auf der Radstrecke in einer Matschkurve langgelegt. Gemeinsam empfangen wir noch einige Bekannte im Ziel und tauschen erste Eindrücke vom Wettkampf aus. Danach ist erst mal duschen angesagt: ein Zelt mit zwei Duschen. Umgezogen wird sich draußen, geduscht wird zu zehnt, immer reihum. Dann dürfen die nächsten eintreten. Neben mir steht ein geschundener Körper, der in einer Asphaltkurve den Boden begrüßt hat – kein schöner Anblick. Aber er nimmt's gelassen, nur die "Schmerzschreie", die später aus der Dusche schallen, verkünden seine Leiden. In den Abfahrten hat es, wie ich später erfahre, so einige wagemutige Mountainbiker erwischt.
Später, schon wieder einigermaßen erholt, treffen wir noch Marienkäfer und ihren Mann. Im Hintergrund fallen mir etliche saubere Räder auf – wie ist das möglich? Ich frage einen Mann, bei dem ich mir relativ sicher bin, dass er teilgenommen hat, sein Rad also vor einer halben Stunde eine andere Farbe gehabt haben muss. Die Antwort hätte ich mir ja denken können, da doch die Feuerwehr Zweitausrichter ist! Unten in der Wechselzone liegt der Feuerwehrschlauch zum Abspritzen. Artig stelle ich mich mit einem Freund in die Schlange – ich komme mir vor wie in der Autowaschstraße.
Mit gesäubertem Rad, müden Beinen und einem super Gefühl etwas Tolles geschafft zu haben machen wir uns auf den Nachhause-Weg. Dort bringt mir später ein Vereinskollege noch meine Urkunde vorbei: Einzelwertung Männer: Platz 17 von 101 Startern. Gar nicht mal so schlecht… jetzt bin ich mal auf die Disziplinwertungen gespannt. Beim Radfahren muss ich ziemlich viel aufgeholt haben.
So, nun sind auch die Ergebnisse online. Die Einzelzeiten (gestoppt nach der Wechselzone):
400m Schwimmen: 12:12 min (~50. Schwimmzeit)
18,6km Mountainbike mit 460HM: 48:56 min (~15. Radzeit)
3,7km Laufen: 14:15min (drittschnellste Laufzeit)
insgesamt: 1h 15 min 23sec und Platz 17 (1. Platz M25)
Mein Fazit: Triathlon ist eine tolle Sportart und macht nicht nur als Zuschauer sondern auch als Teilnehmer viel Spaß! Ohne die immensen Probleme beim Schwimmen und die Schwierigkeiten mit der Radbrille wäre vielleicht Platz 10 oder 11 möglich gewesen. Und auch das Radfahren und Laufen haben erstaunlich gut geklappt, obwohl ich momentan nur sehr sporadisch trainiere. Mein Ziel maximal 10 Minuten nach dem Sieger (1:02:10) ins Ziel zu kommen habe ich zwar verfehlt, allerdings traf das Ziel auf den Zweitplatzierten (1:05:26) dann zu!
Nun habe ich schon mal den 1.9. im Visier. Dann findet der Volks-Triathlonin Breitscheid statt. Dort werde ich versuchen besser durchs Wasser zu kommen - mal sehen, was noch möglich ist...
Stolze Grüße von Roadie!