So völlig unbeschwert über'n Rennsteig
Verfasst: 18.05.2008, 19:42
Eigentlich hatte ich ja geschworen, ich laufe niemals nie wieder Marathon, so weh tat mir alles damals nach dem Schlaubetaldebüt. Aber dann war der Rennsteig-HM letztes Jahr so voll und überhaupt, die Strecke viel zu kurz und so ganz ohne Medaille - nein - ich meldete mich zum kürzesten Ultra Deutschlands, dem 43,5km Rennsteigmarathon.
Mein Training war gespickt mit 3 Vorbereitungswettkämpfen, inklusive einer PB über 10km und einer knapp verfehlten sub2 auf dem HM. Somit war ich guter Dinge den Lauf gut über die Bühne zu bringen, so in etwa 5:10h. Ein gebrochener kleiner Zeh 2 Wochen vor dem großen Termin bedeutete zwar einen kleinen Trainingsrückschlag, aber zuvor hatte ich bereits viele Kilometer, Tempoläufe und Berge in den Beinen.
Je näher der Termin rückte, desto besessener wurde ich. Meine Rennsteigobsession zeigte sich unter anderem im:
1.) täglichen Studieren des Wetterberichts,
2.) Überflugvideos schauen,
3.) CD mit Rennsteigliedern brennen, hoch und runter hören, um Textsicherheit beim Rennsteiglauflied, Schneewalzer und Rennsteiglied zu erlangen,
4.) ein Rennsteiglaufsymbol zwecks Autodekoration ausdrucken und
5.) eine Schablone basteln, um mir am Lauftag das Symbol kunstvoll auf die Wade zu malen.
Die Hinfahrt nach Schmiedefeld gestaltete sich sehr mühsam mit Staus und Baustellen sowie einigen Malen des Verfahrens, aber ich schaffte es noch zum Foritreff im Gastinger zu erscheinen, bevor die Supermarathonis aufbrachen. Ich wollte Kathrin doch schließlich noch Glück wünschen. Es wurde ein netter Abend und ich carboloadete mit Klößen, Rotkraut und Roulade. Zwar vielleicht nicht typisch vorm Marathon, aber umso leckerer.
Der nächste Morgen gestaltete sich hektisch, ich würgte nur ein Brötchen in mich und fuhr vom Quartier in Stützerbach nach Schmiedefeld. Das Parken am Bahnhof war überraschend unkompliziert und auch der Transfer nach Neuhaus klappte 1A. Dass es bei der Ankunft um 7.45Uhr anfing zu regnen beunruhigte mich jedoch mächtig. Die Ausgabe der Startnummern war einwandfrei organisiert und schnell. Man muss also nicht am Vortag hinfahren, es sei denn man will auf die Party dort. Ich begrüßte die nach und nach eintrudelnden Forumsmitglieder mit "Was ziehst du an? Was meinste mit oder ohne Ärmeln?" und jammerte ein bisserl herum angesichts des minütlich stärker werdenden Regens.
Schließlich versteckte ich mich unter dem LKW auf welchem oben die Blaskapelle spielte und der Sprecher alle möglichen Reden hielt. Die 3 Minuten vorm Startschuss mit Schneewalzer schunkeln reichten allerdings aus um pitschepatsche nass zu werden.
Die ersten 5km (ca. 33Min) rollten wunderbar auf der Strasse dahin. Ich hielt mich dicht an eine lustige Truppe von Berlinern welche lautstark durch die Gegend riefen und allerlei Witze machten. Kurz danach mündete die Strecke in den Wald ein und es hörte auf zu regnen. Wunderbar, so soll es weiter gehen. Ich gabelte einen freundlichen Marathoni auf, welcher hier sein Marathondebüt gab und wir vertrieben uns die Zeit bis zum Dreistromsstein (km 10,6 bei 1:06h) mit allerlei Gesprächen. Dort kostete ich erstmals den Schleim und erlebte eine laufkulinarische Offenbarung. Das Zeug ging runter wie nix, belastete nicht und stopfte exakt das Loch, welches sich in meinem Bauch gebildet hatte.
Frisch gestärkt rollten wir dann vom Berg wieder runter und fragten uns, ob es wohl so unanstrengend bleiben würde. Aber schon der Eselsberg hielt einige heftigere Anstiege bereit, welche ich im Gehschritt in Angriff nahm. Die Turmbaude Masserberg ereichte ich in 2:06 (km 18,8). Die Verpflegungspunkte am Rennsteig sind weit mehr als die üblichen Tische wo man sich im Vorbeirennen einen Becher Wasser schnappt. Hier gab es viele anfeuernde Zuschauer, Blaskappellen und kleine Holzhäuschen mit netten Menschen darin, die jedem ein paar bestärkende Worte mit auf den Weg geben. Ich hatte einen Heidenspaß und nahm mir richtig Zeit. Ich wollte die ganze Stimmung genießen und nicht auf Teufel komm raus über die Strecke hetzen.
Auf dem nun folgenden Streckenabschnitt wäre das sowieso nicht gegangen, denn wir liefen durch den Hohlweg. Eine halsbrecherische Rinne mit Stufen aus Wurzeln, dicken Steinen, herausragenden Ästen und losem Tannenzapfen, die man nur ganz vorsichtig bewältigen konnte. Oben am Rande stand ein Sani und schaute interessiert in die Rinne, ob auch alle heil runter kamen. Hier war Überholen verboten.
Das Wetter wurde so richtig herrlich, die Sonne kam raus und die Strecke bot uns einzigartige Blicke in die Landschaft hinein. Grüne Wiesen voller Blumen, Buschwindröschen in Sumpfgebieten, herzige kleine Dörfer und dichte Wälder. Ich plauderte eine Weile mit einem Mitläufer, welcher extra aus Bangkok Thailand angereist war und auch er überschlug sich fast vor Begeisterung. Über die Landstrasse liefen wir dann Richtung Neustadt (29,2km bei 3:30), wo uns die nächste Verpflegungsstelle erwartete. Hier nahm ich dann neben Schleim vorsichtshalber etwas Salz. Einige der Läufer neben mir hatten nämlich bereits tüchtig mit Krampfen zu tun. Mir ging es gut, ich spürte die Muskeln schon, aber meine Laune war spitze und der Hammermann versteckte sich deswegen wohl im Wald.
Der Anstieg auf den Großen Burgberg wurde uns von einer Jugend-Trommlergruppe angekündigt und entpuppte sich als sehr heftige Steigung. Ich ging sehr viel und verlor entsprechend auch Zeit. Es ging jetzt immer wieder bergauf und bergab. Dreiherrenstein (km 33,9) erreichte ich bei 4:05. Ich nahm ein halbes Gel um noch mal Energie für die letzten Kilometer zu haben. Übermütig stürzte ich mich den Berg wieder runter und erreichte Frauenwald, die einzige Verpflegungsstelle an der es Bier gibt. Da ich aus Erfahrung weiß, dass mich Bier beim Laufen sofort aufs nächste Dixie verbannt, verzichtete ich. Dafür mümmelte ich bei km 40 erstmalig einen dieser Gelfrösche. Er war viel zu groß um Mund aber nachdem ich die Hälfte verschluckte, konnte der Rest seine Wirkung tun. Es ging noch immer bergauf und bergab, aber als besondere Motivation konnten wir inzwischen die Sprecher des Stadions hören. Schmiedefeld war also nicht mehr weit auch wenn es sich noch hinterm Wald verbarg. Ich musste bis über beide Ohren grinsen, weil es sich einfach so klasse anfühlte. Einige Zuschauer kommentierten mein fröhliches Gesicht auch. Ich wiederum versuchte einige meiner leidenden Mitläufer zu motivieren und so schloss sich denn auch ein älterer Herr mir an.
Dann ging es nur noch runter in den Ort und den Berg hoch. Vorher hatte ich gedacht, ich würde den Anstieg verfluchen, aber nein, jemand hatte ihn inzwischen planiert und ich flog unter anfeuernden Zuschauern nur so hinauf. Auf der Stadionrunde klatschte ich noch schnell Elcorredor ab und lief heulend vor Glück bei 5:15 Stunden ins ersehnte Ziel.
Mir ging es hinterher recht schnell wieder gut, so dass ich abends wunderbar feiern konnte. Wir waren eine lustige Truppe, tanzten auf den Bänken, stießen auf unsere Erfolge an und grölten ein ums andere Mal das Rennsteiglied. Aktive Regeneration nennt man das, jawohl. Ich bin normalerweise ja kein Fan von Bierzelten und Stimmungsmusik, aber hier auf dem Rennsteig gehört das einfach dazu. Und ich glaube wirklich, dass es den Muskelkater verringert. Denn heute früh konnte ich sogar schon wieder mit Ishimori ein kleines regeneratives Läufchen wagen. Ich merke schon, dass ich gestern was getan habe. Jedoch ist es kein Vergleich mit meinem ersten Marathon wo ich kaum Treppen steigen konnte und mich beim Spazieren gehen alle 30 Minuten hinsetzen musste. Vermutlich bin ich auch einiges unter meinem Limit gelaufen. Sicher ist meine Zeit nicht besonders, aber ich werde ja wiederkommen. Vielleicht laufe ich, nun dass ich die Strecke kenne, das nächste Mal mit einem Zeitziel. Vielleicht aber auch nicht. So völlig unbeschwert macht Rennsteiglaufen jedenfalls wirklich Spaß.
In dem Sinne - man sieht sich2009 auf dem Weg auf den Höh'n.
Cathleen
Mein Training war gespickt mit 3 Vorbereitungswettkämpfen, inklusive einer PB über 10km und einer knapp verfehlten sub2 auf dem HM. Somit war ich guter Dinge den Lauf gut über die Bühne zu bringen, so in etwa 5:10h. Ein gebrochener kleiner Zeh 2 Wochen vor dem großen Termin bedeutete zwar einen kleinen Trainingsrückschlag, aber zuvor hatte ich bereits viele Kilometer, Tempoläufe und Berge in den Beinen.
Je näher der Termin rückte, desto besessener wurde ich. Meine Rennsteigobsession zeigte sich unter anderem im:
1.) täglichen Studieren des Wetterberichts,
2.) Überflugvideos schauen,
3.) CD mit Rennsteigliedern brennen, hoch und runter hören, um Textsicherheit beim Rennsteiglauflied, Schneewalzer und Rennsteiglied zu erlangen,
4.) ein Rennsteiglaufsymbol zwecks Autodekoration ausdrucken und
5.) eine Schablone basteln, um mir am Lauftag das Symbol kunstvoll auf die Wade zu malen.
Die Hinfahrt nach Schmiedefeld gestaltete sich sehr mühsam mit Staus und Baustellen sowie einigen Malen des Verfahrens, aber ich schaffte es noch zum Foritreff im Gastinger zu erscheinen, bevor die Supermarathonis aufbrachen. Ich wollte Kathrin doch schließlich noch Glück wünschen. Es wurde ein netter Abend und ich carboloadete mit Klößen, Rotkraut und Roulade. Zwar vielleicht nicht typisch vorm Marathon, aber umso leckerer.
Der nächste Morgen gestaltete sich hektisch, ich würgte nur ein Brötchen in mich und fuhr vom Quartier in Stützerbach nach Schmiedefeld. Das Parken am Bahnhof war überraschend unkompliziert und auch der Transfer nach Neuhaus klappte 1A. Dass es bei der Ankunft um 7.45Uhr anfing zu regnen beunruhigte mich jedoch mächtig. Die Ausgabe der Startnummern war einwandfrei organisiert und schnell. Man muss also nicht am Vortag hinfahren, es sei denn man will auf die Party dort. Ich begrüßte die nach und nach eintrudelnden Forumsmitglieder mit "Was ziehst du an? Was meinste mit oder ohne Ärmeln?" und jammerte ein bisserl herum angesichts des minütlich stärker werdenden Regens.
Schließlich versteckte ich mich unter dem LKW auf welchem oben die Blaskapelle spielte und der Sprecher alle möglichen Reden hielt. Die 3 Minuten vorm Startschuss mit Schneewalzer schunkeln reichten allerdings aus um pitschepatsche nass zu werden.
Die ersten 5km (ca. 33Min) rollten wunderbar auf der Strasse dahin. Ich hielt mich dicht an eine lustige Truppe von Berlinern welche lautstark durch die Gegend riefen und allerlei Witze machten. Kurz danach mündete die Strecke in den Wald ein und es hörte auf zu regnen. Wunderbar, so soll es weiter gehen. Ich gabelte einen freundlichen Marathoni auf, welcher hier sein Marathondebüt gab und wir vertrieben uns die Zeit bis zum Dreistromsstein (km 10,6 bei 1:06h) mit allerlei Gesprächen. Dort kostete ich erstmals den Schleim und erlebte eine laufkulinarische Offenbarung. Das Zeug ging runter wie nix, belastete nicht und stopfte exakt das Loch, welches sich in meinem Bauch gebildet hatte.
Frisch gestärkt rollten wir dann vom Berg wieder runter und fragten uns, ob es wohl so unanstrengend bleiben würde. Aber schon der Eselsberg hielt einige heftigere Anstiege bereit, welche ich im Gehschritt in Angriff nahm. Die Turmbaude Masserberg ereichte ich in 2:06 (km 18,8). Die Verpflegungspunkte am Rennsteig sind weit mehr als die üblichen Tische wo man sich im Vorbeirennen einen Becher Wasser schnappt. Hier gab es viele anfeuernde Zuschauer, Blaskappellen und kleine Holzhäuschen mit netten Menschen darin, die jedem ein paar bestärkende Worte mit auf den Weg geben. Ich hatte einen Heidenspaß und nahm mir richtig Zeit. Ich wollte die ganze Stimmung genießen und nicht auf Teufel komm raus über die Strecke hetzen.
Auf dem nun folgenden Streckenabschnitt wäre das sowieso nicht gegangen, denn wir liefen durch den Hohlweg. Eine halsbrecherische Rinne mit Stufen aus Wurzeln, dicken Steinen, herausragenden Ästen und losem Tannenzapfen, die man nur ganz vorsichtig bewältigen konnte. Oben am Rande stand ein Sani und schaute interessiert in die Rinne, ob auch alle heil runter kamen. Hier war Überholen verboten.
Das Wetter wurde so richtig herrlich, die Sonne kam raus und die Strecke bot uns einzigartige Blicke in die Landschaft hinein. Grüne Wiesen voller Blumen, Buschwindröschen in Sumpfgebieten, herzige kleine Dörfer und dichte Wälder. Ich plauderte eine Weile mit einem Mitläufer, welcher extra aus Bangkok Thailand angereist war und auch er überschlug sich fast vor Begeisterung. Über die Landstrasse liefen wir dann Richtung Neustadt (29,2km bei 3:30), wo uns die nächste Verpflegungsstelle erwartete. Hier nahm ich dann neben Schleim vorsichtshalber etwas Salz. Einige der Läufer neben mir hatten nämlich bereits tüchtig mit Krampfen zu tun. Mir ging es gut, ich spürte die Muskeln schon, aber meine Laune war spitze und der Hammermann versteckte sich deswegen wohl im Wald.
Der Anstieg auf den Großen Burgberg wurde uns von einer Jugend-Trommlergruppe angekündigt und entpuppte sich als sehr heftige Steigung. Ich ging sehr viel und verlor entsprechend auch Zeit. Es ging jetzt immer wieder bergauf und bergab. Dreiherrenstein (km 33,9) erreichte ich bei 4:05. Ich nahm ein halbes Gel um noch mal Energie für die letzten Kilometer zu haben. Übermütig stürzte ich mich den Berg wieder runter und erreichte Frauenwald, die einzige Verpflegungsstelle an der es Bier gibt. Da ich aus Erfahrung weiß, dass mich Bier beim Laufen sofort aufs nächste Dixie verbannt, verzichtete ich. Dafür mümmelte ich bei km 40 erstmalig einen dieser Gelfrösche. Er war viel zu groß um Mund aber nachdem ich die Hälfte verschluckte, konnte der Rest seine Wirkung tun. Es ging noch immer bergauf und bergab, aber als besondere Motivation konnten wir inzwischen die Sprecher des Stadions hören. Schmiedefeld war also nicht mehr weit auch wenn es sich noch hinterm Wald verbarg. Ich musste bis über beide Ohren grinsen, weil es sich einfach so klasse anfühlte. Einige Zuschauer kommentierten mein fröhliches Gesicht auch. Ich wiederum versuchte einige meiner leidenden Mitläufer zu motivieren und so schloss sich denn auch ein älterer Herr mir an.
Dann ging es nur noch runter in den Ort und den Berg hoch. Vorher hatte ich gedacht, ich würde den Anstieg verfluchen, aber nein, jemand hatte ihn inzwischen planiert und ich flog unter anfeuernden Zuschauern nur so hinauf. Auf der Stadionrunde klatschte ich noch schnell Elcorredor ab und lief heulend vor Glück bei 5:15 Stunden ins ersehnte Ziel.
Mir ging es hinterher recht schnell wieder gut, so dass ich abends wunderbar feiern konnte. Wir waren eine lustige Truppe, tanzten auf den Bänken, stießen auf unsere Erfolge an und grölten ein ums andere Mal das Rennsteiglied. Aktive Regeneration nennt man das, jawohl. Ich bin normalerweise ja kein Fan von Bierzelten und Stimmungsmusik, aber hier auf dem Rennsteig gehört das einfach dazu. Und ich glaube wirklich, dass es den Muskelkater verringert. Denn heute früh konnte ich sogar schon wieder mit Ishimori ein kleines regeneratives Läufchen wagen. Ich merke schon, dass ich gestern was getan habe. Jedoch ist es kein Vergleich mit meinem ersten Marathon wo ich kaum Treppen steigen konnte und mich beim Spazieren gehen alle 30 Minuten hinsetzen musste. Vermutlich bin ich auch einiges unter meinem Limit gelaufen. Sicher ist meine Zeit nicht besonders, aber ich werde ja wiederkommen. Vielleicht laufe ich, nun dass ich die Strecke kenne, das nächste Mal mit einem Zeitziel. Vielleicht aber auch nicht. So völlig unbeschwert macht Rennsteiglaufen jedenfalls wirklich Spaß.
In dem Sinne - man sieht sich2009 auf dem Weg auf den Höh'n.
Cathleen