Silberkorn hat geschrieben:Was ist dann der genaue Hintergrund daß Haile und Co. eigentlich immer einen leicht negativen Split laufen? Haett mich mal ehrlich interessiert.
Echt, tun sie das? Haile hatte beim letzten WR-Versuch in Dubai keinen negativen Split, und in Peking waren es möglicherweise auch nicht so viele mit negativem Split. Und genau darauf, dass es bei diesen Bedingungen nicht möglich ist, ihn hintenraus noch zu gefährden, wenn er schnell genug beginnt, hat Samuel Wanjiru erfolgreich gesetzt.
Zu den Fällen, wo die Pros negativen Split laufen:
Bei seinem WR in Berlin hatte Haile ideale Bedingungen. Da hat man am Ende gemerkt, dass er nicht mal am absoluten Limit laufen musste, um den WR heimzubringen. Er war vielleicht etwas vorsichtig, weil er nicht damit gerechnet hat, dass es so "leicht" wird. Daraufhin hat er in Dubai etwas überzogen, weil er bei suboptimalen Bedingungen die Zeit laufen wollte, die in Berlin drin gewesen wäre.
Dann geht es bei den City-Marathons, wenn gerade mal kein WR-Versuch ansteht, oft in erster Linie um den Sieg und erst in zweiter Linie um die Zeit. Oft sind Bedingungen oder Strecke eher schlecht für PBs geignet (Z. B. Bosten u. NY wegen Strecke, Düsseldorf 08 wegen Wetter). Also wird taktisch gelaufen, was in vielen Fällen einen negativen Split nach sich zieht.
Bei Meisterschaftsrennen auf der Bahn ist das ja ganz extrem, da wird oft km-lang gebummelt und dann am Ende gnadenlos beschleunigt,
Der wichtigste Punkt: Du kannst das, was die Profis machen, nicht mit dem vergleichen, was du machst - jedenfalls nicht in Punkto Renneinteilung.

Die haben eine ganz andere mentale Härte und auch Schmerzresistenz. Die sind schon tausendmal im Training oder WK mit Schmerzen gelaufen, bei denen nahezu jeder Hobbyläufer ne Gehpause einlegen würde. Die sind es viel stärker gewöhnt, ans Limit zu gehen.
Die meisten Hobbyläufer erreichen einen negativen Split nur, wenn sie sich sehr viel aufsparen, also unter ihren Mögklichkeiten bleiben.
Wenn jemand 3:30 laufen will und in 1:46 angeht, wird er in den meisten Fällen nicht die psychische und physische Härte haben, die schnellere 2. Hälfte aus seinen Beinen zu prügeln, wenn er wirklich nur gerade 3:30 drauf hat. Die Pros haben dazu eher die Fähigkeiten.
Im Hobbybereich wird der negative Split gnadenlos überbewertet. Das kommt wahrscheinlich daher, weil er meist erreicht wird, in dem man insgesamt etwas unter seinen Möglichkeiten bleibt. Dadurch ist der Marathon natürlich insgesamt etwas lockerer und fühlt sich nicht ganz so hart an - logisch ist ein mit 98-99% Einsatz gelaufener Marathon nicht so hart, wie wenn man 100% seiner Möglichkeiten ausschöpft.
Also geht einer her, trainiert erstmals richtig gut und geht konservativ an, weil er nicht weiß, dass er ne 3:20 h drauf hat. Dann läuft er 3:28 (1:30 und 1:28) und erzählt allen, wie toll das war. Weil es soviel besser war als das letzte Mal, da ist er auf 3:40 angegangen, obwohl er nur ne 3:50 drauf hatte und mit 4:02 heimgeschlichen wie ein geprügelter Hund. Naja, ein positiv Split von 22min ist wirklich nicht erstrebenswerte....

Und u.a. so enstehen Geschichten vom begehrenswerten negativen Split ...
Gruß
C.