P-Weg Ultra - Deutsche Meisterschaft im Cross- und Landschaftslauf
Verfasst: 24.09.2008, 11:08
Im Herzen des Märkischen Sauerlandes zwischen Ebbe- und Homertgebirge liegt die waldreichste Stadt des Märkischen Kreises Plettenberg (mit rund 30.000 Einwohnern). Nicht nur die bewaldeten Höhen und die vier Täler der Lenne, Else, Oester und Grüne prägen das Bild der Stadt sondern auch ein Wanderwegenetz von ca. 470 km Länge.
Diese idyllische Umgebung ist Szenerie für die Deutsche Meisterschaften der DUV im Cross- und Landschaftslauf 2008 am 13. September.
Da ich ja ohnehin vor dem Röntgenlauf mal etwas Längeres trainieren wollte bin ich dabei.
Gemäß Ausschreibung handelt es sich um einen 67km langen Rundkurs. Die Strecke ist anspruchsvoll, denn der sogenannte P-Weg führt vier Mal in die Täler hinab und mehr oder weniger am Gegenhang wieder hinauf. Es sind überwiegend Wald- und Schotterwege auf denen man läuft. Einige Kilometer flacher Asphalt werden durch steile Anstiege und genauso unangenehme Gefällestrecken mit Trialcharakter wieder ausgeglichen. Ca. 1.750 HM stellen schon eine gewisse Herausforderung dar.
Für die historisch Interessierten sei erwähnt, dass es bereits eine Urkunde in der Chronik des Dorfes Landemert aus dem 16. Jahrhundert gibt, in welcher sich der darin beschriebene Grenzverlauf weitgehend mit dem Weg deckt, den wir heute laufen werden.
Sich anzumelden ist problemlos und preisgünstig, die Abholung der Startunterlagen am Vortag auch. Die Mitteilung des Organisationsteams, dass wegen Unpassierbarkeit eines Streckenteils auf dem Alternativweg etwa 850 Meter mehr zu laufen sein werden, quittieren die meisten mit Schulterzucken. Ob 67 oder 68km macht auch keinen großen Unterschied.
Die Anreise am Tag des Wettkampfes gestaltet sich schon ein wenig abenteuerlicher, weil es am Vorabend angefangen hat zu regnen, der Regen in der Nacht kräftig weitergegangen ist und die knapp 60 km Anfahrt um 5:00 Uhr morgens bei Regen, Nebel und einer Sichtweite von stellenweise unter 50 Metern bei vorsichtiger Fahrweise schon mal knapp über eine Stunde dauert.
Meine Nerven spielen mir auch einen kleinen Streich und so springe ich schon vor Erreichen des ersten Dixies im Startbereich unterwegs auf einem Waldweg mal ins Gebüsch.
Der Start für die Ultramarathonläufer erfolgt um 7:30 Uhr. Es ist dämmrig und regnet. Laut Starterliste sind 108 Läufer gemeldet. Als ich zu einem Mitläufer bemerke, dass das der „kleinste“ Lauf ist, an dem ich je teilgenommen habe sagt er: „Hättest mal im letzten Jahr hier sein sollen, da waren weniger als 50 am Start. Muss wohl daran liegen, dass es in diesem Jahr Deutsche Meisterschaften sind, da haben wohl viele Marathonis vorübergehend ins Ultra-Lager gewechselt“. Aha.
Die Elite der Deutschen Cross-Szene ist am Start und ich stelle mich folgerichtig ganz hinten in die Startaufstellung.
Pünktlich geht es los, kurz durch die Stadt und nach ca. 500 Meter gleich mal richtig steil hoch. Diejenigen, die ich im nebeligen Zwielicht vor mir sehen kann, verfallen ebenso wie ich, umgehend in einen zügigen Wanderschritt. Am Ende des Feldes bildet sich eine lustige Gruppe von 8 Personen, dabei ein paar ganz entspannte Bayern aus Würzburg. Kalt ist, trotz der ca. nur 10°C, nach den 150 HM auf dem ersten Kilometer niemandem mehr. Auf der ersten Anhöhe angekommen, begrüßt einen eine überdimensionale Milka-Kuh. Einer der fröhlichen Bayern versucht mit Anlauf hoch zu springen und die Kuheuter zu erreichen, schafft es aber knapp nicht. Auf einen zweiten Versuch verzichtet er.
Jetzt geht es erst mal einige Kilometer cross-artig bergab Richtung Pasel und die ersten 5 Kilometer vergehen bei allgemeinem Erfahrungsaustausch und gegenseitigen Sticheleien in ca. 38 Minuten.
Die erste Verpflegungsstation bietet einen Vorgeschmack auf alle noch kommenden: Unglaublich reichhaltig ausgestattet mit Bananenstücken, geschälten Apfelspalten, Müsliriegeln, allerlei Backwerk, später dann Schmalzbrote mit viel Salz, Wurstbrote, Brötchen mit Marmelade, Nüsse, Rosinen, Traubenzucker, Wasser, Tee, Iso, Cola – mehr als man zu sich nehmen kann. Das alles wird von toll motivierten, gut gelaunten Freiwilligen, die einen auch kräftig anfeuern und so manchen flotten Spruch auf den Lippen haben, angeboten. Beste Stimmung rundum.
Die „Plettenberger Mauer“, knapp 300 Höhenmeter mit teilweise über 20% Steigung hinauf zur „Hohenwibbecke“ lässt die Stimmung leicht in den Keller sinken, zumal es immer noch kräftig regnet. Ich befinde mich inzwischen mit einer der sehr netten Würzburger Läuferinnen am Ende des Feldes und wir erreichen km 10 in ca. 1:15. Dann geht es auf welligen Höhenrücken bis km 16 zum sogenannten „Birnbaum“ und weitere 6 km ziemlich fies und vor allem nass auf schotterigen Wegen mehr oder weniger bergab zur Ortschaft Teindeln. Ca. 22km geschafft.
Weiter geht’s über das Flüsschen Lenne, die nächsten ca. 300HM nach Selscheid. Hier fällt einem auf, dass man zwar, wie soll ich’s diplomatisch sagen, etwas „auf dem Lande“ ist, trotzdem gibt es in dem Dorf erstaunlich viele repräsentative Villen. Staunend vorbeilaufend frage ich mich, was die Besitzer wohl wo arbeiten?
Die nächste Ortschaft Gräfinglöh markiert die Aufspaltung der Strecke bei km 32. Hier ist die einzige Zeitkontrolle. Wer nicht um 13:00 Uhr durch ist, wird nicht mehr auf die Ultrastrecke gelassen, sondern muss mit dem Marathon vorlieb nehmen. Astrid und ich haben ca. 45 Minuten Vorsprung auf den „cut-off“ und ich fühle mich gut. Normalerweise hätte ich erwartet jetzt „in ein Loch“ zu fallen, weil ich ja noch ca. 35km vor mir habe. Doch heute schreckt mich diese Vorstellung nicht, obwohl mir durch den stundenlangen Regen zwischendurch auch ganz schön kalt ist. Auf den Hügelkuppen, wo die teilweise dramatischen Nachwirkungen von Kyrill immer noch so deutlich sichtbar sind als wäre der Orkan erst gestern übers Land gefegt, sorgt der böige Wind für kräftiges Frösteln. Überall hört man Motorsägen; wohl immer noch Aufräumarbeiten nach zwei Jahren.
Natürlich bin ich kurz/kurz unterwegs; sicher die richtige Wahl, aber stellenweise wünsche ich mir meine dünne, langärmelige Gore-Jacke herbei.
Die Marathonis laufen jetzt zurück nach Plettenberg, wir Ultras (eine reizvolle Vorstellung, dass ich da jetzt dazugehören werde) haben noch ein wenig mehr vor und wenden uns Richtung Hüinghausen, und zwar auf einem unglaublichen Trail voller Steine, Wurzeln, Laub durchmischt mit lehmartigem, rutschigen Schlamm über den kleine schmutzigbraune Bächlein gluckern. Danach geht’s, welche Überraschung, durch ein glitschig-morastiges Waldstück ca. 200 HM bergauf und sofort wieder holprig runter nach Himmelmert. Marathondistanz abgehakt.
Dann kommt die Oestertalsperre, die einen wunderschönen kleinen See aufstaut. Zu regnen hat es inzwischen auch aufgehört. Alles bestens also. Nur leider geht’s jetzt über ca. 3 km wieder mal 300HM bergauf zum „Ebbekamm“. 45,5 km hinter uns. Ich merke die Anstrengung, die Höhenmeter, die Tempowechsel jetzt ganz deutlich. Es wird schwerer, zum Glück keinerlei Anzeichen von Krämpfen oder signifikanten Schmerzen irgendwo.
Logischerweise geht es jetzt erst mal wieder den Hügel runter und, schon keine so große Überraschung mehr, über Geröll, Wurzeln und durch Matsch. Zwischen Ástrid und mir hat sich eine Routine entwickelt: Auf den Steigungen zieht sie mit ruhigen, kräftigen Schritten davon, wo es holprig runter geht, hole ich besonders bei unsicherem Geläuf mit sicherem Tritt wieder auf.
Fichten- und Laubwälder wechseln einander ab, die Wolkendecke reißt auf, die Sonne blinzelt durch – ein wirklich schöner Abschnitt der Strecke. Windhausen, Landemert und Tanneneck heißen die Ortschaften, die wir durchqueren. Das 60km Schild kommt und geht. Astrid zieht jetzt davon, ich kann nicht mehr mithalten. Sie wird am Ende 13 Minuten vor mir ankommen.
Jetzt geht es Richtung Ziel zwar fast nur noch sanft bergab, aber ich kann mich weder darüber freuen noch die breiten Forstwege und beginnenden Strassen Plettenbergs nutzen um schneller zu laufen. Einen ziemlich platten Konkurrenten überhole ich trotzdem noch und ca. einen Kilometer vor dem Ziel merke ich plötzlich, dass sich eine Zeit von unter 10 Stunden ausgehen könnte, wenn ich mich beeile. Also mobilisiere ich alle Reserven und beschleunige. So kommt es, dass ich den letzen Kilometer in für mich respektablen 6:05 Minuten hinter mich bringe und das Ziel ziemlich erschöpft, aber glücklich nach 9:59:21 Stunden erreiche.
Mein erster „richtiger“ Ultra ist geschafft.
Es ist gut was los im Zielbereich, ein Reporter hält mir ein Mikro unter die Nase, ich bedanke mich für die viele nette Unterstützung auf der Strecke, er sieht an meinem Shirt wo ich herkomme und sagt mir das Resultat des gerade zu Ende gegangenen Spiels Dortmund - Schalke.
Jetzt erklimme ich die letzte Steigung des Tages, die Rampe hoch zum Podium vor der Bühne (½ HM) wo ich meine Finishermedaille und –shirt bekomme.
Danach: kurz hinsetzen, etwas ausruhen, das Erlebte sacken lassen, das alk-freie Erdinger genießen – was bin ich froh, es geschafft zu haben!
Fazit: Wenn man einen anspruchsvollen Lauf in einer schönen Landschaft auf schwierigem Terrain mit Spitzenversorgung sucht, dann kann man mit der Wahl des P-Weg Laufes nichts falsch machen.
Walter
Diese idyllische Umgebung ist Szenerie für die Deutsche Meisterschaften der DUV im Cross- und Landschaftslauf 2008 am 13. September.
Da ich ja ohnehin vor dem Röntgenlauf mal etwas Längeres trainieren wollte bin ich dabei.
Gemäß Ausschreibung handelt es sich um einen 67km langen Rundkurs. Die Strecke ist anspruchsvoll, denn der sogenannte P-Weg führt vier Mal in die Täler hinab und mehr oder weniger am Gegenhang wieder hinauf. Es sind überwiegend Wald- und Schotterwege auf denen man läuft. Einige Kilometer flacher Asphalt werden durch steile Anstiege und genauso unangenehme Gefällestrecken mit Trialcharakter wieder ausgeglichen. Ca. 1.750 HM stellen schon eine gewisse Herausforderung dar.
Für die historisch Interessierten sei erwähnt, dass es bereits eine Urkunde in der Chronik des Dorfes Landemert aus dem 16. Jahrhundert gibt, in welcher sich der darin beschriebene Grenzverlauf weitgehend mit dem Weg deckt, den wir heute laufen werden.
Sich anzumelden ist problemlos und preisgünstig, die Abholung der Startunterlagen am Vortag auch. Die Mitteilung des Organisationsteams, dass wegen Unpassierbarkeit eines Streckenteils auf dem Alternativweg etwa 850 Meter mehr zu laufen sein werden, quittieren die meisten mit Schulterzucken. Ob 67 oder 68km macht auch keinen großen Unterschied.
Die Anreise am Tag des Wettkampfes gestaltet sich schon ein wenig abenteuerlicher, weil es am Vorabend angefangen hat zu regnen, der Regen in der Nacht kräftig weitergegangen ist und die knapp 60 km Anfahrt um 5:00 Uhr morgens bei Regen, Nebel und einer Sichtweite von stellenweise unter 50 Metern bei vorsichtiger Fahrweise schon mal knapp über eine Stunde dauert.
Meine Nerven spielen mir auch einen kleinen Streich und so springe ich schon vor Erreichen des ersten Dixies im Startbereich unterwegs auf einem Waldweg mal ins Gebüsch.
Der Start für die Ultramarathonläufer erfolgt um 7:30 Uhr. Es ist dämmrig und regnet. Laut Starterliste sind 108 Läufer gemeldet. Als ich zu einem Mitläufer bemerke, dass das der „kleinste“ Lauf ist, an dem ich je teilgenommen habe sagt er: „Hättest mal im letzten Jahr hier sein sollen, da waren weniger als 50 am Start. Muss wohl daran liegen, dass es in diesem Jahr Deutsche Meisterschaften sind, da haben wohl viele Marathonis vorübergehend ins Ultra-Lager gewechselt“. Aha.
Die Elite der Deutschen Cross-Szene ist am Start und ich stelle mich folgerichtig ganz hinten in die Startaufstellung.
Pünktlich geht es los, kurz durch die Stadt und nach ca. 500 Meter gleich mal richtig steil hoch. Diejenigen, die ich im nebeligen Zwielicht vor mir sehen kann, verfallen ebenso wie ich, umgehend in einen zügigen Wanderschritt. Am Ende des Feldes bildet sich eine lustige Gruppe von 8 Personen, dabei ein paar ganz entspannte Bayern aus Würzburg. Kalt ist, trotz der ca. nur 10°C, nach den 150 HM auf dem ersten Kilometer niemandem mehr. Auf der ersten Anhöhe angekommen, begrüßt einen eine überdimensionale Milka-Kuh. Einer der fröhlichen Bayern versucht mit Anlauf hoch zu springen und die Kuheuter zu erreichen, schafft es aber knapp nicht. Auf einen zweiten Versuch verzichtet er.
Jetzt geht es erst mal einige Kilometer cross-artig bergab Richtung Pasel und die ersten 5 Kilometer vergehen bei allgemeinem Erfahrungsaustausch und gegenseitigen Sticheleien in ca. 38 Minuten.
Die erste Verpflegungsstation bietet einen Vorgeschmack auf alle noch kommenden: Unglaublich reichhaltig ausgestattet mit Bananenstücken, geschälten Apfelspalten, Müsliriegeln, allerlei Backwerk, später dann Schmalzbrote mit viel Salz, Wurstbrote, Brötchen mit Marmelade, Nüsse, Rosinen, Traubenzucker, Wasser, Tee, Iso, Cola – mehr als man zu sich nehmen kann. Das alles wird von toll motivierten, gut gelaunten Freiwilligen, die einen auch kräftig anfeuern und so manchen flotten Spruch auf den Lippen haben, angeboten. Beste Stimmung rundum.
Die „Plettenberger Mauer“, knapp 300 Höhenmeter mit teilweise über 20% Steigung hinauf zur „Hohenwibbecke“ lässt die Stimmung leicht in den Keller sinken, zumal es immer noch kräftig regnet. Ich befinde mich inzwischen mit einer der sehr netten Würzburger Läuferinnen am Ende des Feldes und wir erreichen km 10 in ca. 1:15. Dann geht es auf welligen Höhenrücken bis km 16 zum sogenannten „Birnbaum“ und weitere 6 km ziemlich fies und vor allem nass auf schotterigen Wegen mehr oder weniger bergab zur Ortschaft Teindeln. Ca. 22km geschafft.
Weiter geht’s über das Flüsschen Lenne, die nächsten ca. 300HM nach Selscheid. Hier fällt einem auf, dass man zwar, wie soll ich’s diplomatisch sagen, etwas „auf dem Lande“ ist, trotzdem gibt es in dem Dorf erstaunlich viele repräsentative Villen. Staunend vorbeilaufend frage ich mich, was die Besitzer wohl wo arbeiten?
Die nächste Ortschaft Gräfinglöh markiert die Aufspaltung der Strecke bei km 32. Hier ist die einzige Zeitkontrolle. Wer nicht um 13:00 Uhr durch ist, wird nicht mehr auf die Ultrastrecke gelassen, sondern muss mit dem Marathon vorlieb nehmen. Astrid und ich haben ca. 45 Minuten Vorsprung auf den „cut-off“ und ich fühle mich gut. Normalerweise hätte ich erwartet jetzt „in ein Loch“ zu fallen, weil ich ja noch ca. 35km vor mir habe. Doch heute schreckt mich diese Vorstellung nicht, obwohl mir durch den stundenlangen Regen zwischendurch auch ganz schön kalt ist. Auf den Hügelkuppen, wo die teilweise dramatischen Nachwirkungen von Kyrill immer noch so deutlich sichtbar sind als wäre der Orkan erst gestern übers Land gefegt, sorgt der böige Wind für kräftiges Frösteln. Überall hört man Motorsägen; wohl immer noch Aufräumarbeiten nach zwei Jahren.
Natürlich bin ich kurz/kurz unterwegs; sicher die richtige Wahl, aber stellenweise wünsche ich mir meine dünne, langärmelige Gore-Jacke herbei.
Die Marathonis laufen jetzt zurück nach Plettenberg, wir Ultras (eine reizvolle Vorstellung, dass ich da jetzt dazugehören werde) haben noch ein wenig mehr vor und wenden uns Richtung Hüinghausen, und zwar auf einem unglaublichen Trail voller Steine, Wurzeln, Laub durchmischt mit lehmartigem, rutschigen Schlamm über den kleine schmutzigbraune Bächlein gluckern. Danach geht’s, welche Überraschung, durch ein glitschig-morastiges Waldstück ca. 200 HM bergauf und sofort wieder holprig runter nach Himmelmert. Marathondistanz abgehakt.
Dann kommt die Oestertalsperre, die einen wunderschönen kleinen See aufstaut. Zu regnen hat es inzwischen auch aufgehört. Alles bestens also. Nur leider geht’s jetzt über ca. 3 km wieder mal 300HM bergauf zum „Ebbekamm“. 45,5 km hinter uns. Ich merke die Anstrengung, die Höhenmeter, die Tempowechsel jetzt ganz deutlich. Es wird schwerer, zum Glück keinerlei Anzeichen von Krämpfen oder signifikanten Schmerzen irgendwo.
Logischerweise geht es jetzt erst mal wieder den Hügel runter und, schon keine so große Überraschung mehr, über Geröll, Wurzeln und durch Matsch. Zwischen Ástrid und mir hat sich eine Routine entwickelt: Auf den Steigungen zieht sie mit ruhigen, kräftigen Schritten davon, wo es holprig runter geht, hole ich besonders bei unsicherem Geläuf mit sicherem Tritt wieder auf.
Fichten- und Laubwälder wechseln einander ab, die Wolkendecke reißt auf, die Sonne blinzelt durch – ein wirklich schöner Abschnitt der Strecke. Windhausen, Landemert und Tanneneck heißen die Ortschaften, die wir durchqueren. Das 60km Schild kommt und geht. Astrid zieht jetzt davon, ich kann nicht mehr mithalten. Sie wird am Ende 13 Minuten vor mir ankommen.
Jetzt geht es Richtung Ziel zwar fast nur noch sanft bergab, aber ich kann mich weder darüber freuen noch die breiten Forstwege und beginnenden Strassen Plettenbergs nutzen um schneller zu laufen. Einen ziemlich platten Konkurrenten überhole ich trotzdem noch und ca. einen Kilometer vor dem Ziel merke ich plötzlich, dass sich eine Zeit von unter 10 Stunden ausgehen könnte, wenn ich mich beeile. Also mobilisiere ich alle Reserven und beschleunige. So kommt es, dass ich den letzen Kilometer in für mich respektablen 6:05 Minuten hinter mich bringe und das Ziel ziemlich erschöpft, aber glücklich nach 9:59:21 Stunden erreiche.
Mein erster „richtiger“ Ultra ist geschafft.
Es ist gut was los im Zielbereich, ein Reporter hält mir ein Mikro unter die Nase, ich bedanke mich für die viele nette Unterstützung auf der Strecke, er sieht an meinem Shirt wo ich herkomme und sagt mir das Resultat des gerade zu Ende gegangenen Spiels Dortmund - Schalke.
Jetzt erklimme ich die letzte Steigung des Tages, die Rampe hoch zum Podium vor der Bühne (½ HM) wo ich meine Finishermedaille und –shirt bekomme.
Danach: kurz hinsetzen, etwas ausruhen, das Erlebte sacken lassen, das alk-freie Erdinger genießen – was bin ich froh, es geschafft zu haben!
Fazit: Wenn man einen anspruchsvollen Lauf in einer schönen Landschaft auf schwierigem Terrain mit Spitzenversorgung sucht, dann kann man mit der Wahl des P-Weg Laufes nichts falsch machen.
Walter