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33. Leipzig Marathon - Mein Debut

Verfasst: 23.04.2009, 11:00
von agonie
33. Leipzig Marathon – Mein Debut
Der Entschluss

Es ist Ende Oktober 2008. Ich hatte vor zwei Monaten mit dem Laufen begonnen und gerade meinen ersten Halbmarathon bestritten. Mir war klar: das nächste Ziel kann nur der Marathon sein! Wenigstens 2 Jahre trainieren? Das kam gar nicht in Frage!

Welcher Marathon findet als nächstes in der Nähe statt? Das war Leipzig. Das Ziel war gesteckt!

Der Trainingsplan und andere Widrigkeiten

Was nun tun? Planen! Als erstes legte ich mich auf einen Marathon-Trainingsplan von Herbert Steffny fest. Säuberlich markierte ich mir den Beginn des Trainingsplanes in meinem Sporttracks-Programm. Noch Wochen, bis ich mit diesem Plan beginnen kann. In der Folgezeit lief ich planlos 80 bis 180 Kilometer pro Monat. Nicht viel! Im Januar musste ich sogar 3 Wochen aussetzen, weil ich krank wurde. Ich war beunruhigt, aber auch froh, als der offizielle Trainingsplan am 10. Februar begann. Die ersten beiden Wochen verliefen ganz nach Plan. Aber schon in Woche 3 gab es Komplikationen und ich musste zwei Läufe ausfallen lassen. Dieses Jahr sollte wohl mein Glücksjahr werden. In Woche drei brachte ich gerade mal stolze 40 Trainingskilometer zusammen, davon aber immerhin ein langer Lauf. In Woche vier war es ähnlich. In Woche 5 musste ich berufsbedingt den 10km Trainingswettkampf ausfallen lassen. Meine Motivation versank langsam, weil ich merkte, dass mir schon jetzt einige wichtige Einheiten fehlten. Versäumte Kilometer lassen sich ja bekanntlich nicht nachholen. Woche 6. Ich werde wieder krank, der Hals wird dick, am Arbeitsplatz geht es Vielen ähnlich. 18 Kilometer, das ist mehr als dürftig. In der Mitte von Woche 7 fange ich wieder an und bekomme immerhin noch 65 Kilometer zusammen. Den geplanten Halbmarathon ersetze ich durch einen langen Lauf. Am Ende dieser Woche melde ich mich trotz all der Widrigkeiten zum Marathon an. Ich muss verrückt sein! Die letzten drei Wochen halte ich den Trainingsplan ein. Ich bin hoch motiviert, hoffentlich reicht das.

Die Ruhe vor dem Sturm

Die hätte ich ja gerne genossen. Leider musste ich aber noch bis Freitagabend arbeiten. Danach der Geburtstag eines Freundes. Immerhin blieb ich bis 12 und nüchtern. Dann Samstag endlich ausruhen. Gemächlich bereitete ich alles gründlich vor. Um 10 Uhr gings ins Bett. Völlig überrascht weckte mich meine Freundin um 6 Uhr. Ich hatte tatsächlich die Nacht durchgeschlafen und nicht mal vom Marathon geträumt. Scheinbar habe ich Nerven wie Drahtseile, aber vielleicht lag es auch nur an den zwei Kapseln Baldrian vorm ins Bett gehen.

Punkt 7 Uhr holten wir meine Mutter ab. Sie wollte uns zu meinem ersten Marathon begleiten und außerdem die Rückfahrt übernehmen, weil ich mir nicht ganz sicher war, was meine Beine nach diesem Lauf mit den Pedalen anstellen würden. Ich wäre gern eher losgefahren, konnte meine treue Begleitung aber nicht davon überzeugen. Auf dem Hinweg ging ich alles nötige durch. Anreise 1,5 Stunden. Hoffentlich kein Stau, hoffentlich kein Verfahren, hoffentlich gleich einen Parkplatz, hoffentlich keine lange Schlange am Meldebüro, hoffentlich nichts vergessen.

Zum Glück verlief wirklich alles nach Plan. Wir waren rechtzeitig am Parkplatz, ich holte meine Startnummer vom Meldebüro, zurück beim Auto zog ich mich um. Dann war es auch schon 9:40 Uhr. Verdammt knappe Sache. Auf zum Start!

Der Lauf

Am Start angekommen war ich doch recht überrascht, als man uns bedeutete um das Start- und Ziel-Tor herum zu kommen, und auf der anderen Seite davon Aufstellung zu nehmen. Irgendwo muss wohl ein Stückchen Strecke beschnitten worden sein, weshalb man uns nun einen winzigen Schlenker vorlaufen ließ.

Ich stand in relativ guter Position. Die Sekunden wurden herunter gezählt. Startschuss! Es ging los. Zack, die Starttaste auf dem Forerunner gedrückt, nun kann nichts mehr schief gehen. Leider liefen wir unsere Anfangsschlaufe durch die Unterführung beim Sportforum. „Kein Satellitenempfang“ meldete mir der treue Forerunner. Na das kann ja was werden, dachte ich mir, schon zu Anfang gleich eine ungenaue Streckenmessung. Na egal, sei es drum.

Nach etwas 400 Metern guckte ich mal nach rechts, wer da wohl neben mir läuft. Es war der Zeitläufer für die 3:59:00. Eigentlich wollte ich die Sache ja in Eigenregie angehen, aber dieser Wink des Schicksals veranlasste mich zum Umdenken. Wohl oder Übel? Das würde sich noch zeigen.

So liefen wir also da hin, eine nette Traube von Leuten, dich sich alle wie ich auf den Zeitläufer verlassen wollten. Die ersten kamen schon ins Gespräch. Beim zweiten Kilometer guckte ich dann mal auf meinen Forerunner. 5:24, ist das nicht ein bisschen zu schnell? Leider hatte ich am Vorabend noch einmal etwas über die möglichen Abweichungen bei der GPS-Messung gelesen und war nun erst einmal durcheinander worauf ich mich verlassen sollte. Mensch gegen Maschine. Der Junge wird’s schon richten, dachte ich, also blieb ich einfach dran.

In der Gruppe zu laufen machte viel Spaß und die ersten Kilometer gingen förmlich im Flug herum, sicherlich auch, weil es ein so erhebendes Gefühl war, gerade den ersten Marathon begonnen zu haben.

Beim dritten Kilometer stimmte auch die Pace wieder, ich war zufrieden. Das änderte sich bei Kilometer Vier. Hier liefen wir schon wieder auf eine 5:21 zu. Natürlich zweifelte ich nicht, dass der Zeitläufer mit einer 3:59 ins Ziel kommen würde, aber ich machte mir Gedanken, ob ich selbst nicht doch gleichmäßiger laufen könnte. Der Zeitläufer merkte es aber schnell selbst und bremste die Gruppe ein wenig. Die nächsten drei Kilometer liefen wir einige Sekunde über der angestrebten Pace um das Rausgelaufene wieder aufzubrauchen.

So langsam bemerkte ich dann auch, dass es um einiges wärmer und sonniger war, als es der Wetterbericht verhieß. Neuer Ärger kam auf, weil ich mich für das langärmlige Shirt entschieden hatte. Wie immer wird fremder Rat ja erst bedeutsam, wenn man ihn nicht befolgt und dann bemerkt, dass es ein Fehler war. Das passiert mir nicht noch einmal! Nächstes mal laufe ich in Kurz!

Kilometer 9 und 10 gingen nun wieder deutlich flotter. 5:21 Der Blick auf meine Pacetabelle verriet mir aber, dass wir die 10 Kilometer Ziel-Zeit genau getroffen hatten. Ich war beruhigt.

Schön waren die regelmäßigen Getränkestationen etwa alle 2,5 Kilometer. Ich hatte bei Kilometer 5 bereits etwas Wasser getrunken, und das tat ich auch bei Km10. Meine Notfallriegel hatte ich immer noch in der Hand. Ob ich einen davon essen sollte, wusste ich nicht so recht. Sie waren ja für den Notfall, und danach sah nichts aus. Wie würde mein Magen reagieren? Das war im Training durchaus verschieden gewesen. Bananen hatte ich nicht getestet, also hielt ich mich davon fern. Hier noch nichts zu essen stellte sich viel später natürlich als Fehler heraus.

Die Pace blieb weiterhin recht durchwachsen zwischen 5:20 und 5:40. Bei Kilometer 15 hatten wir dann bereits eine gute Minute herausgelaufen. Bei Kilometer 20 waren es dann bereits zwei. Hoffentlich geht das nicht schief, dachte ich so bei mir. Ich dachte aber auch, dass ich das schon durchhalten würde, und dann eben eine 3:56 laufen würde.

Kilometer 20 und 21 führten einen dann wieder am Startteil der Strecke zurück. Hier staute sich das Publikum enorm an, und es war ein tolles Gefühl soviel Applaus und Zuspruch zu bekommen. Die erste Runde war geschafft, ich fühlte mich gut, so kann das weitergehen.

Auch das Tempo hatte sich bis hierher gut eingespielt. Bei Km25 ging allerdings dann die Post ab. Ich weiß nicht woran das lag, aber wir liefen auf einmal auf eine 5:16 zu. Das war mir eindeutig zu schnell, auch spürbar. Aber zu diesem Zeitpunkt des Laufes wollte ich die Gruppe nicht mehr verlassen, einfach dran bleiben. Jetzt hatten wir schon 2,5 Minuten rausgelaufen. So hatte ich mir das alles nicht vorgestellt. Am Getränkestand ging ich zum Trinken ein paar Schritte und die Gruppe lief weiter. Nun war ich hinten dran. Abstand etwa 40 Meter. Der Zeitläufer war allerdings auch etwas länger am Getränkestand geblieben und lief dann neben mir. Er stimmte meinem Tempo zu und sagte auch, dass wir mit der Zeit schon wieder auf die Gruppe auflaufen würden, oder sie eben ein höheres Tempo anschlagen.

Hier bekam ich allerdings ein erstes Tief. Km27, 28 und 29 lief ich alle über 5:50 um mich erstmal zu erholen. Ein Zeitpuffer war ja vorhanden. Bei Km30 hatte ich dann wieder das richtige Tempo und auf einen Teil der Gruppe aufgeschlossen. Noch 12 Kilometer ging es mir im Kopf rum. Das schaffst du schon. Ich war allerdings arg am kämpfen. Einen Riegel hatte ich nun schon gegessen und an jeder Getränkestelle kippte ich mir zwei Becher Wasser über den Kopf und einen in den Mund. So langsam kamen mir auch die ersten Gedanken an das Versagen. Nein, das kann nicht sein! Ich mache weiter. Immerhin hatte ich immer noch gute 2 Minuten Puffer. Ob das reichen würde? So langsam piepte der Forerunner schon einige gute Meter vor den Kilometerschildern.

Hier begann nun auch mein harter Kampf gegen mich selbst. Bei Km35 hatte ich die Gruppe dann schon verloren. Der Zeitläufer war noch einmal zurück gekommen und hatte mich versucht zu motivieren. Das war sehr nett, er kümmerte sich um seine Schäfchen.

Die nächsten Kilometer waren dann reines Tunnelblicklaufen. Ich wurde immer wieder langsamer, rappelte mich wieder auf, aber immer nur kurz. Wasser über den Kopf, schön kalt, etwas schneller und dann schnell wieder langsamer. Ab Kilometer 36 waren meine Zeiten dann bei über 6 Minuten. Der Forerunner piepte bereits gut 400Meter vor den Kilometerschildern. Ich müsste also noch ein ganzes Stück mehr als die 42,195 Km laufen.

Dass es keine 3:59 mehr werden würden akzeptierte ich jetzt. Schade drum, aber eigentlich auch egal. Das ist mein erster Marathon, der soll ja auch Spaß machen.

Km42. Wieder viele Leute. Ich versuche für die Fotografen zu lächeln, aber es fällt mir schwer, die Beine heben kaum noch vom Boden ab. Die letzte Linkskurve zur Zielgerade. Ich bekomme nochmal ein letztes Hoch, die Beine heben sich, ich laufe menschlich. In der Ferne sehe ich das Ziel-Tor. Einfach laufen. Durchs Ziel. Ich habs geschafft. Wunderbar.

Am Ende sind es 4:05:27 geworden. Der Forerunner zeigte satte 42,7km an.

Leider waren im Ziel keine Getränkestände, ich fühlte mich ein bisschen allein gelassen und war dann heilfroh am Zaun meine Freundin und meine Mutter zu sehen. Dort gab es dann erst mal Wasser und Lob.

Fehlerbehebung im Resümee

Der Zeitläufer war sehr nett und hat seinen Job super gemacht. Auch die durch ihn geleistete Motivation ist nicht zu unterschätzen. Trotzdem werde ich mich demnächst auf mich selbst verlassen, da ich denke, dass ich dann noch gleichmäßiger laufen kann.

Sollte es nicht gerade unter 5 Grad sein, werde ich nicht noch einmal langärmelig laufen.

Im Training werde ich demnächst mit den Lebensmitteln experimentieren, die mir an Verpflegungsständen geboten werden. Ich werde auch frühzeitiger essen.

Folgende Marathons werde ich terminlich besser planen, um die Trainingspläne exakter einhalten zu können.

Beim Lauf habe ich absichtlich nicht auf meinen Puls geachtet, um mich nicht verrückt zu machen. Bei zukünftigen Marathonläufen werde ich keinen Pulsgurt mehr tragen und dafür das Zeitdatenfeld am Forerunner größer einstellen. Dann sehe ich auch nach einer Stunde noch die Sekunden und kann die Zwischenzeiten besser einschätzen.

Auch wenn der Wetterbericht Bewölkung verspricht, kann ein wenig Sonnencreme pro forma nicht schaden.
Am Vorabend werde ich etwas mehr essen als dieses mal.


Das wars soweit,
Viele Grüße

Verfasst: 23.04.2009, 11:43
von Tati
Herzlichen Glückwunsch zum Marathondebüt :daumen: und vielen Dank :danke: für den schönen Bericht. In deinem Resümee fehlt nur eins: im Vorfeld vielleicht ein paar lalaLa mehr laufen :zwinker2:
Der Verpflegungsstand im Ziel war etwas versteckt :haarrauf: hinter dem schwarzen Folienzaun rechter Hand.

Erhol dich gut :winken:

Verfasst: 23.04.2009, 11:46
von agonie
hallo Tati, du hast recht. mehr lalaLas sind absolute pflicht. ich mag diese läufe eigentlich auch. das nächste mal nehm ich anstatt salztabletten eine wünschelrute mit, dann finde ich auch den getränkestand :)

viele grüße :)

Verfasst: 23.04.2009, 11:47
von sachsenwilli
Zunächst erstmal herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Debüt. Und wenn das dann auch noch in meiner Heimatstadt abgelegt wird, freut mich das besonders.

Aber mal ganz ehrlich, mit der Vorbereitung war der Marathon doch ziemlich blauäugig und ehe ich jetzt Prügel beziehe deswegen, ich war genauso vermessen "damals" bei meinem Erstling. Wenn Du mit dieser mehr als dünnen Trainingsdecke so schnell unterwegs warst, dann hast Du noch verdammt viel Steigerungspotenzial und nichts ist schöner, als seine Bestzeiten zu steigern.
Kleine Anmerkung noch, es gab im Ziel Verpflegung, auch wenn der Bereich vielleicht nicht ordentlich beschildert war.
Mir war es übrigens auch zu warm, aber noch viel mehr hat mich der Wind gestört.
Bei mir war es der 23. Marathon, aber "nur" ein Trainingslauf (4:17) für den Rennsteig.