Metrogroup-Marathon Düsseldorf
Verfasst: 04.05.2009, 17:36
Der Metrogroup-Marathon Düsseldorf 2009
Prolog, die Vorbereitung
Noch während des Frankfurt-Marathons im Oktober 2008 habe ich beschlossen „nie wieder Marathon“ um mich schon wenige Tage später für mein Heimspiel in Düsseldorf anzumelden. Doch zunächst plante ich andere dinge: Meine im September aufgestellte 10-km-Zeit wollte ich bis Anfang Januar drastisch verringern. Zwar klappte das Training dahin recht gut, aber pünktlich zum Wettkampf im Januar lagen auf mehr als 90% der Strecke Schnee und an eine Bestzeit war nicht annähernd zu denken. So blieb es dann beim Trainings-Experiment und ich wandte mich meinem nächsten Ziel zu: Dem Metrogroup-Marathon 2009 am 3. Mai. Doch zuvor reduzierte ich aus privaten und beruflichen Gründen das Training etwas um 10 Wochen vor dem Marathon wieder durchzustarten.
Tempo bei rel. niedrigem Puls ging ja mittlerweile ganz gut und ich nahm mir einen 3:15 Std.-Plan vor, um dann im Marathon unter 3:30 Std. zu bleiben. Die Tempi, die der Plan vorsah, passten mir ganz gut und auch die HF passte dazu. Nur das geplante Marathontempo von 4:37 min/km glaubte ich mir auf 42 km nicht zutrauen zu können und ließ mir dafür alles offen.
Schon in der ersten Woche bekam ich einen fetten Dämpfer als ich beim sonntäglichen 25-km-Lauf heftig einbrach und einige Pausen machen musste. Ab der 2. Woche lief aber alles rund und auch die langen Läufe waren perfekt. Incl. der HF. Nur ein paar Trainingseinheiten mit „Füll-Kilometern“ im Jogging-Tempo musste ich zeitlich bedingt auslassen und hatte dann auch entsprechend etwas weniger Wochenkilometer als der Plan vorsah.
In der 5. Woche hatte ich dann einen mehrtägigen fürchterlich anstrengenden Auftrag im Job. Die Läufe incl. des Intervalllaufes klappten aber trotzdem, nur den 10-km-Wettkampf am Sonntag konnte ich so nicht laufen. Zum einen war ich doch recht ko, zum anderen hatte ich mir erst gar keinen WK rausgesucht sondern bin auf die Bahn ins Stadion gegangen. Nach dem Einlaufen (das schon anstrengend war) und ein paar kurzen Steigerungen, versuchte ich es trotzdem, beschloss aber nach weniger als 1000 m schon, es bei 5000 m zu belassen. Die brachte ich dann auch in 20:53 min zusammen (lt. Plan 10 km in 42 min). Ich war etwas frustriert ob der Situation aber ich hatte ja als 2. Test noch den Halbmarathon 2 Wochen später.
Das Training verlief normal weiter und ich freute mich auf den HM, der aus meiner Sicht noch aussagekräftiger sein sollte als ein 10er. Aber eine gewisse Grundmüdigkeit machte sich in meinem Körper breit.
Drei Tage vor dem HM wurde es warm, die lange Hose und die Laufjacke mussten weichen.
Freitag Abend lief ich sehr spät noch die planmäßigen 5 km im Joggingtempo mit Steigerungen, aber gut fühlte ich mich nicht. Mit zwiespältigem Gefühl sah ich dem Halbmarathon entgegen.
Samstag war es dann recht warm, die Sonne lachte vom Himmel. Nachmittags um 15:30 Uhr startete der Wettkampf, ich kam auch ganz gut los, musste aber nach wenigen Kilometern erst zurückstecken, dann gab ich auf. Mir taten die Beine weh, ich fühlte mich nicht gut und war extrem frustriert, dass auch der 2. Test vergeigt war. Ich wurde unsicher wie ich den Marathon angehen sollte. 3:15 Std. war eigentlich klar, dass das nicht gehen kann, aber 3:29 oder 3:25 sollten doch eigentlich drin sein. Nur die Wärme machte mir zu schaffen.
Das nächste Negativ-Erlebnis hatte ich mit dem letzten richtig langen Lauf 2 Wochen vor dem Marathon: Der 35-km-Lauf mit Temposteigerung auf den letzten 10 km. Erst mittags losgekommen in langen Klamotten, weil es frisch war, wurde es nach 10 km warm und nach 24 km stand mir eher der Sinn nach langsamer denn schneller werden. Ich versuchte es dennoch, wenn auch nicht so stark wie im Plan vorgesehen. An der 2. Steigung war ich platt und musste gehen. Ab km 30 schleppte ich mich gehend und laufend nach Hause, habe aber immerhin noch die über 35 km zustande gebracht. Immerhin.
Ab da lief alles wieder rund und auch der 25-km-Abschlusslauf 1 Woche vor dem Wettkampf lief mit 138er Puls perfekt. Ich schöpfte wieder Hoffnung, dass ich unter 3:30 bleiben kann, war aber weiterhin unsicher, da meine Tagesform doch täglich wechselte. Diesmal beschloss ich am Tag vor dem Marathon keinen Meter zu laufen und meine Kräfte zu schonen. Den letzten Lauf im Jogging-Tempo machte ich Freitag und baute da ein paar Steigerungen ein. Mit welchem Tempo ich Sonntag dann laufe, das ließ ich mir offen.
Am Samstag betrieb ich noch Carboloading, trank viel und ging rel. früh zu Bett. Nur mein Darm machte mir etwas zu schaffen. Ich wurde ein paar Mal wach und musste auf die Toilette. Ein erholsamer Schlaf war das nicht. Um 2 Uhr schlief ich dann endgültig ein.
Als ich morgens aufwachte ging es mir einigermaßen gut. Ich frühstückte ein leichtes Frühstück und trank noch mal Wasser. Der schon wieder anfallende Toilettengang wurde auch erledigt und ich machte mich um 7:50 Uhr auf den Weg.
Der Marathon
Nachdem ich meinen Kleiderbeutel abgegeben hatte, begab ich mich Richtung Startplatz an der Rheinterrasse. Unterwegs wollte ich noch ein paar Leute treffen, musste aber unterwegs beschließen doch erst noch mal wohin zu gehen um mich zu erleichtern.
Ein kurzes Treffen, dann lief ich mich noch ein paar Meter ein.
Im Startblock traf ich dann noch einen Teamkollegen vom Team Tibet. Wir unterhielten ein wenig über die Zielzeiten. Ich sagte ihm, dass ich mit allem rechne zwischen 3:20 und 4:00 Std. woraufhin sich ein vor mir stehender Läufer umsah und mich mit großen Augen anschaute. Ich erklärte ihm kurz dass meine Form im Moment täglich wechselte und 3:2ß0 eher unwahrscheinlich ist und er gab sich zufrieden. Wir sprachen noch, als die Ballons und mit Ihnen die Massen nach vorne drängten, wir gingen mit, standen und noch einmal ging es vorwärts. Wir kamen der Startlinie schon recht nahe, als der Countdown losging. Bis dahin war ich nicht mal nervös und hatte noch gar nicht viele Gedanken an den Start. Plötzlich ging es los, ich lief über die Matte und schon wurden wir alle frenetisch angefeuert vom Publikum. Eiskalt lief es mir den Rücken runter.
Den Teamkollegen, der auf 3:40 Std. laufen wollte hatte ich schon auf der Matte aus den Augen verloren. Ich nahm mir vor mindestens den ersten Kilometer wirklich langsam zu laufen. Dies gelang mit 5:06 min auch ganz gut. Der zweite Kilometer war dann mit 4:55 min dort wohin ich wollte. Der 3. und 4. km waren dann aber mit 4:45 und 4:47 etwas schnell, auch die HF erschien mir im Schnitt mit 160 etwas zu hoch für die frühe Phase des Rennens. Links sah ich schräg vor mir plötzlich den Teamkollegen, lief rüber und fragte ihn ob er für 3:40 Std nicht etwas zu schnell wäre. Er grinste und meinte „es läuft grad so gut“. Wir liefen etwas zusammen und er bat mit von der mitgenommenen Flasche noch was zu trinken an.
Nach gut 6 km schrie aus den Bäumen links ein Freund, José nach mir und machte ein Foto. Ich grüßte und lief weiter.
Mit 53er bis 59er Zeiten ging es nun nach Oberkassel. Auf der Brücke lag dann ein toter Hase und mir war klar, das kann nur bedeuten, dass es an der Spitze keine Topzeit geben wird.
Die Brücke machte mir etwas zu schaffen. Mit Steigungen hatte ich in letzter Zeit immer wieder Probleme. Als auch passend dazu der Puls hochging und nicht wirklich wieder runterwollte (Schnitt 163 = ca. 85%) wurde mir langsam klar, dass es heute wohl nicht unbedingt etwas mit einer wirklichen guten Zeit wird. Auf der Hansaallee spürte ich plötzlich auch den Druck des 3:30er Ballonläufers (2. Gruppe, die erste war schon weit weg) samt Gefolge im Nacken. Ich hörte Hunderte von Läufern direkt hinter mir. Wieso war der so nah? Hallo? Ich laufe hier die ganze Zeit spürbar unter 5 min./km? Was sollte ich jetzt tun? Die Horde an mir vorbeiziehen lassen? Nach vorne absetzen? Mit einer 4:50 min hatte ich wieder ein paar Meter Abstand und beruhigte mich. Weiter ging es mit 56, 55, 59. Auf dem Bergabstück unter der Theodor-Heuss-Brücke entlang überholte mich der Ballonläufer mit einem 4:30er Tempo. Die Hundertschaft dahinter waren tatsächlich vielleicht zwanzig Leute. Ich blieb einfach mal dran. Bei jeder Gelegenheit nahm ich Wasser, Bananen und Iso zu mir.
Ich hatte gerade eine Banane genommen als ich von hinten ein „Na, heute morgen nicht gefrühstückt?“ vernahm und mein Teamkollege neben mir auftauchte. Wir unterhielten uns kurz und ich sagte ihm, dass es nicht perfekt läuft aber ok wäre und er sich jetzt bloß nicht nach mir richten solle. Wir liefen einen halben Kilometer zusammen, dann setzte er sich etwas ab. Noch lange sah ich ihn. Einem Durchhänger mit 5:06 folgten dann wieder eine 58 und 57. Die Brücke hoch ging es mit 5:06, danach weiter mit 56, 53. Kurz vor km 21 kam mir Falk Cierpinski entgegen. Er sah reichlich ko aus und wurde von einem schwarzen verfolgt, der deutlich frischer aussah. Mit 4:58 ging es nun über Halbmarathon (1:44:11 auf der Uhr). Ich fühlte mich noch ok. Noch war ich im Soll, aber die HF auf 168. Ich rechnete: 1:44 x 2 gleich 3:28, also fast 2 Minuten Puffer um unter 3:30 zu bleiben. Ob das klappt? Eher nicht. Pulsorientiert lief ich weiter, das Tempo sank ab km 23. nicht nur bei mir, auch bei den anderen rund um mich rum. Leute mit denen ich die letzten 5 km geteilt hatte. Nach 5:02 folgte 5:13 und 10:21 für 2 km (Schild verpasst). Ich verabschiedete mich von der 3:30 und dachte an die 3:35 Std. Ganz fies wurde es auf der Aluminummeile, dort hatte ich letztes Jahr bei meinem ersten Marathon den Einbruch und bei km 29 stand der Mann mit dem Hammer. Ich hatte Angst vor der Stelle. Ich zwang mich zu anderen Gedanken. 3:35 Std. Das sollte eigentlich drin sein. 5:16, 17, 13, 19, 22. Der Pulsschnitt stieg auf etwa 171, aber es fühlte ich nicht so an. Am Wehrhahn, einem fiesen Bergaufstück, war wieder José und lief 200 Meter mit und feuerte mich an. Das war super! Irgendwo zwischendurch war er auch schon mal wieder und machte ein paar Fotos, ich weiß nur nicht mehr wo...
Etwa bei km 32 hatte mich gerade noch die Tibetgruppe angefeuert (5:18) als ich plötzlich ein Zwicken in der rechten Wade spürte. „NEIN! Nur das nicht. Nicht schon wieder!“ schoss es mir durch den Kopf und für einen Moment verging das Zwicken. Doch nicht einmal einen halben Kilometer weiter war es Gewissheit: Krämpfe in beiden Waden! Ich schrie „Schei...“ und musste anhalten zum ausdehnen. „Verdammt.“ 5:59 auf km 33. 5:32 und wieder ausdehnen. 6:28 min. Das kann doch nicht sein, dass ich jetzt alle paar hundert Meter ausdehnen muss. Ich war aber in guter Gesellschaft und sah mehrere andere Läufer die es mir gleich taten. Immer und immer wieder die selben. Der Puls sank etwas (164). Ein schild „Umkehren wäre jetzt auch doof“ lässt mich grinsen. Km 37 in 5:33 min. „3:40 Std. sind noch drin. Laufen, du sollst laufen!!!“ Ausdehnen. Ich will nicht, ich will laufen. 5:56 min, Mist. 6:35 min. Dreck. Kurz ausdehnen und sofort weiterlaufen geht gar nicht, ich muss erst 20, 30 Meter gehen, sonst ist der Krampf sofort wieder da. Weiter, weiter, weiter. Ich schlurfe um den Krämpfen vorzubeugen. Kurzfristig bringt es was. 6:23. Es geht zur Kö. Der 3:30er Ballon kommt mir entgegen. Egal. 3:39:59 ist noch drin. ich lauf die Kö hoch. Ein Sprecher ruft: „Gebt Gas, 3:40 brutto sind noch drin“ 5:48 min mit 168. Geht doch. Nur einmal angehalten, ganz kurz. Ein letztes Mal kommt José. Ich erklär ihm wie sch... ich mich fühle. Er muntert mich auf und läuft wieder ein paar Meter mit. Das Publikum feuert uns an. Auf dem Boden die Markierung „Metrogroup-Marathon 1 km“. Ich kämpfe. Ich bin fast da. Jemand schreit „Nur noch 800 Meter!“ Ich glaube das, dabei bin ich gerade erst an der Markierung vorbei, aber ich glaube es. Rechts wieder das Team Tibet. Ich nehme eine Tibetflagge auf und renne bergab. Rechts rum, dann bist du fast da. Ich gucke um die Ecke. Mein Gott, das sind noch 2 km bis zum Ziel, mindestens. Ich renne, Kilometer 42 verfliegt mit 4:52 min. Die letzten 195 Meter schaffe ich in 48 Sekunden und versuche mit der Tibetflagge in der Hand lächelnd ins Ziel zu kommen. Obs geklappt hat? Ich weiß es nicht. Auf der Matte stoppe ich die Uhr. Sie zeigt mir nichts an. Egal. Luft holen, atmen. Taumelnd nehme ich die Medaille entgegen, lehne mich irgendwo an, gehe weiter und trinke Wasser. Ich erhole mich schnell. Nach 2 Minuten ist der Puls wieder runter. Ich schalte die Pulsmessung ab und wage einen Blick auf die WK-Zeit und denke „Oh nein, verdammt!“ Ich lese 3:40:10 Std. DIE 11 Sekunden wären auch noch irgendwie drin gewesen.
Langsam gehe ich in Richtung Nachzielbereich. Der Weg dahin tut gut. Ich muss ja nicht laufen. Langsam kommt ein bißchen Freude auf. Ich bin angekommen, ich habe meine Bestzeit verbessert, wenn auch etwa 10 Minuten weniger als gedacht, aber egal. Ich lebe! Ich gönne mir ein Erdinger alkfrei, Brezeln, Berliner, Wasser, Isodrink. Bananen kann ich heute nicht mehr sehen.
Im Zelt treffe ich noch beide Teamkollegen vom Team Tibet. Der Teamkollege mit dem ich lange Zeit auf einer Höhe war kam auf 3:33, der andere auf 3:22 Std..
Nach reichlich Pause füllte sich das Zelt immer weiter und wir trafen uns im „goldenen Ring“ vom Team Tibet fürs Foto. Es waren auch noch 4 Staffeln mitgelaufen. Unterwegs hatten alle viel Zuspruch des Publikums erhalten. Ein Erfolg für die Tibet-Initiative.
Langsam wurde es aber ungemütlich, es war kühl, windig und tröpfelte etwas. Ich machte mich auf den Heimweg und gönnte mir zuhause eine heiße Wanne und abends mit einer Flasche Altbier den ersten Alkohol seit 10 Wochen.
Ich bedanke mich bei José für die gute Unterstützung während des Laufes (er hatte noch einen anderen Läufer betreut und ist mit ihm bestimmt insgesamt 15 oder 20 km gelaufen) und beim Team Tibet, die auch für eine tolle Unterstützung sorgten!
Für mich selbst habe ich festgestellt, dass ich marathontechnisch noch nicht so weit bin, wie ich dachte. Warum ich aber schon wieder dies Krämpfe bekommen habe ist mir unklar. Ich habe sowohl ernährungstechnisch auf vernünftiges Essen und Trinken geachtet als auch im Vorfeld Frubiase Sport und/oder Magnesium zu mir genommen. Salziges gab es während des Laufes nicht, Aber ob das Besserung bringen würde? Getrunken habe ich unterwegs wirklich reichlich.
Gruß, Martin
Prolog, die Vorbereitung
Noch während des Frankfurt-Marathons im Oktober 2008 habe ich beschlossen „nie wieder Marathon“ um mich schon wenige Tage später für mein Heimspiel in Düsseldorf anzumelden. Doch zunächst plante ich andere dinge: Meine im September aufgestellte 10-km-Zeit wollte ich bis Anfang Januar drastisch verringern. Zwar klappte das Training dahin recht gut, aber pünktlich zum Wettkampf im Januar lagen auf mehr als 90% der Strecke Schnee und an eine Bestzeit war nicht annähernd zu denken. So blieb es dann beim Trainings-Experiment und ich wandte mich meinem nächsten Ziel zu: Dem Metrogroup-Marathon 2009 am 3. Mai. Doch zuvor reduzierte ich aus privaten und beruflichen Gründen das Training etwas um 10 Wochen vor dem Marathon wieder durchzustarten.
Tempo bei rel. niedrigem Puls ging ja mittlerweile ganz gut und ich nahm mir einen 3:15 Std.-Plan vor, um dann im Marathon unter 3:30 Std. zu bleiben. Die Tempi, die der Plan vorsah, passten mir ganz gut und auch die HF passte dazu. Nur das geplante Marathontempo von 4:37 min/km glaubte ich mir auf 42 km nicht zutrauen zu können und ließ mir dafür alles offen.
Schon in der ersten Woche bekam ich einen fetten Dämpfer als ich beim sonntäglichen 25-km-Lauf heftig einbrach und einige Pausen machen musste. Ab der 2. Woche lief aber alles rund und auch die langen Läufe waren perfekt. Incl. der HF. Nur ein paar Trainingseinheiten mit „Füll-Kilometern“ im Jogging-Tempo musste ich zeitlich bedingt auslassen und hatte dann auch entsprechend etwas weniger Wochenkilometer als der Plan vorsah.
In der 5. Woche hatte ich dann einen mehrtägigen fürchterlich anstrengenden Auftrag im Job. Die Läufe incl. des Intervalllaufes klappten aber trotzdem, nur den 10-km-Wettkampf am Sonntag konnte ich so nicht laufen. Zum einen war ich doch recht ko, zum anderen hatte ich mir erst gar keinen WK rausgesucht sondern bin auf die Bahn ins Stadion gegangen. Nach dem Einlaufen (das schon anstrengend war) und ein paar kurzen Steigerungen, versuchte ich es trotzdem, beschloss aber nach weniger als 1000 m schon, es bei 5000 m zu belassen. Die brachte ich dann auch in 20:53 min zusammen (lt. Plan 10 km in 42 min). Ich war etwas frustriert ob der Situation aber ich hatte ja als 2. Test noch den Halbmarathon 2 Wochen später.
Das Training verlief normal weiter und ich freute mich auf den HM, der aus meiner Sicht noch aussagekräftiger sein sollte als ein 10er. Aber eine gewisse Grundmüdigkeit machte sich in meinem Körper breit.
Drei Tage vor dem HM wurde es warm, die lange Hose und die Laufjacke mussten weichen.
Freitag Abend lief ich sehr spät noch die planmäßigen 5 km im Joggingtempo mit Steigerungen, aber gut fühlte ich mich nicht. Mit zwiespältigem Gefühl sah ich dem Halbmarathon entgegen.
Samstag war es dann recht warm, die Sonne lachte vom Himmel. Nachmittags um 15:30 Uhr startete der Wettkampf, ich kam auch ganz gut los, musste aber nach wenigen Kilometern erst zurückstecken, dann gab ich auf. Mir taten die Beine weh, ich fühlte mich nicht gut und war extrem frustriert, dass auch der 2. Test vergeigt war. Ich wurde unsicher wie ich den Marathon angehen sollte. 3:15 Std. war eigentlich klar, dass das nicht gehen kann, aber 3:29 oder 3:25 sollten doch eigentlich drin sein. Nur die Wärme machte mir zu schaffen.
Das nächste Negativ-Erlebnis hatte ich mit dem letzten richtig langen Lauf 2 Wochen vor dem Marathon: Der 35-km-Lauf mit Temposteigerung auf den letzten 10 km. Erst mittags losgekommen in langen Klamotten, weil es frisch war, wurde es nach 10 km warm und nach 24 km stand mir eher der Sinn nach langsamer denn schneller werden. Ich versuchte es dennoch, wenn auch nicht so stark wie im Plan vorgesehen. An der 2. Steigung war ich platt und musste gehen. Ab km 30 schleppte ich mich gehend und laufend nach Hause, habe aber immerhin noch die über 35 km zustande gebracht. Immerhin.
Ab da lief alles wieder rund und auch der 25-km-Abschlusslauf 1 Woche vor dem Wettkampf lief mit 138er Puls perfekt. Ich schöpfte wieder Hoffnung, dass ich unter 3:30 bleiben kann, war aber weiterhin unsicher, da meine Tagesform doch täglich wechselte. Diesmal beschloss ich am Tag vor dem Marathon keinen Meter zu laufen und meine Kräfte zu schonen. Den letzten Lauf im Jogging-Tempo machte ich Freitag und baute da ein paar Steigerungen ein. Mit welchem Tempo ich Sonntag dann laufe, das ließ ich mir offen.
Am Samstag betrieb ich noch Carboloading, trank viel und ging rel. früh zu Bett. Nur mein Darm machte mir etwas zu schaffen. Ich wurde ein paar Mal wach und musste auf die Toilette. Ein erholsamer Schlaf war das nicht. Um 2 Uhr schlief ich dann endgültig ein.
Als ich morgens aufwachte ging es mir einigermaßen gut. Ich frühstückte ein leichtes Frühstück und trank noch mal Wasser. Der schon wieder anfallende Toilettengang wurde auch erledigt und ich machte mich um 7:50 Uhr auf den Weg.
Der Marathon
Nachdem ich meinen Kleiderbeutel abgegeben hatte, begab ich mich Richtung Startplatz an der Rheinterrasse. Unterwegs wollte ich noch ein paar Leute treffen, musste aber unterwegs beschließen doch erst noch mal wohin zu gehen um mich zu erleichtern.
Ein kurzes Treffen, dann lief ich mich noch ein paar Meter ein.
Im Startblock traf ich dann noch einen Teamkollegen vom Team Tibet. Wir unterhielten ein wenig über die Zielzeiten. Ich sagte ihm, dass ich mit allem rechne zwischen 3:20 und 4:00 Std. woraufhin sich ein vor mir stehender Läufer umsah und mich mit großen Augen anschaute. Ich erklärte ihm kurz dass meine Form im Moment täglich wechselte und 3:2ß0 eher unwahrscheinlich ist und er gab sich zufrieden. Wir sprachen noch, als die Ballons und mit Ihnen die Massen nach vorne drängten, wir gingen mit, standen und noch einmal ging es vorwärts. Wir kamen der Startlinie schon recht nahe, als der Countdown losging. Bis dahin war ich nicht mal nervös und hatte noch gar nicht viele Gedanken an den Start. Plötzlich ging es los, ich lief über die Matte und schon wurden wir alle frenetisch angefeuert vom Publikum. Eiskalt lief es mir den Rücken runter.
Den Teamkollegen, der auf 3:40 Std. laufen wollte hatte ich schon auf der Matte aus den Augen verloren. Ich nahm mir vor mindestens den ersten Kilometer wirklich langsam zu laufen. Dies gelang mit 5:06 min auch ganz gut. Der zweite Kilometer war dann mit 4:55 min dort wohin ich wollte. Der 3. und 4. km waren dann aber mit 4:45 und 4:47 etwas schnell, auch die HF erschien mir im Schnitt mit 160 etwas zu hoch für die frühe Phase des Rennens. Links sah ich schräg vor mir plötzlich den Teamkollegen, lief rüber und fragte ihn ob er für 3:40 Std nicht etwas zu schnell wäre. Er grinste und meinte „es läuft grad so gut“. Wir liefen etwas zusammen und er bat mit von der mitgenommenen Flasche noch was zu trinken an.
Nach gut 6 km schrie aus den Bäumen links ein Freund, José nach mir und machte ein Foto. Ich grüßte und lief weiter.
Mit 53er bis 59er Zeiten ging es nun nach Oberkassel. Auf der Brücke lag dann ein toter Hase und mir war klar, das kann nur bedeuten, dass es an der Spitze keine Topzeit geben wird.
Die Brücke machte mir etwas zu schaffen. Mit Steigungen hatte ich in letzter Zeit immer wieder Probleme. Als auch passend dazu der Puls hochging und nicht wirklich wieder runterwollte (Schnitt 163 = ca. 85%) wurde mir langsam klar, dass es heute wohl nicht unbedingt etwas mit einer wirklichen guten Zeit wird. Auf der Hansaallee spürte ich plötzlich auch den Druck des 3:30er Ballonläufers (2. Gruppe, die erste war schon weit weg) samt Gefolge im Nacken. Ich hörte Hunderte von Läufern direkt hinter mir. Wieso war der so nah? Hallo? Ich laufe hier die ganze Zeit spürbar unter 5 min./km? Was sollte ich jetzt tun? Die Horde an mir vorbeiziehen lassen? Nach vorne absetzen? Mit einer 4:50 min hatte ich wieder ein paar Meter Abstand und beruhigte mich. Weiter ging es mit 56, 55, 59. Auf dem Bergabstück unter der Theodor-Heuss-Brücke entlang überholte mich der Ballonläufer mit einem 4:30er Tempo. Die Hundertschaft dahinter waren tatsächlich vielleicht zwanzig Leute. Ich blieb einfach mal dran. Bei jeder Gelegenheit nahm ich Wasser, Bananen und Iso zu mir.
Ich hatte gerade eine Banane genommen als ich von hinten ein „Na, heute morgen nicht gefrühstückt?“ vernahm und mein Teamkollege neben mir auftauchte. Wir unterhielten uns kurz und ich sagte ihm, dass es nicht perfekt läuft aber ok wäre und er sich jetzt bloß nicht nach mir richten solle. Wir liefen einen halben Kilometer zusammen, dann setzte er sich etwas ab. Noch lange sah ich ihn. Einem Durchhänger mit 5:06 folgten dann wieder eine 58 und 57. Die Brücke hoch ging es mit 5:06, danach weiter mit 56, 53. Kurz vor km 21 kam mir Falk Cierpinski entgegen. Er sah reichlich ko aus und wurde von einem schwarzen verfolgt, der deutlich frischer aussah. Mit 4:58 ging es nun über Halbmarathon (1:44:11 auf der Uhr). Ich fühlte mich noch ok. Noch war ich im Soll, aber die HF auf 168. Ich rechnete: 1:44 x 2 gleich 3:28, also fast 2 Minuten Puffer um unter 3:30 zu bleiben. Ob das klappt? Eher nicht. Pulsorientiert lief ich weiter, das Tempo sank ab km 23. nicht nur bei mir, auch bei den anderen rund um mich rum. Leute mit denen ich die letzten 5 km geteilt hatte. Nach 5:02 folgte 5:13 und 10:21 für 2 km (Schild verpasst). Ich verabschiedete mich von der 3:30 und dachte an die 3:35 Std. Ganz fies wurde es auf der Aluminummeile, dort hatte ich letztes Jahr bei meinem ersten Marathon den Einbruch und bei km 29 stand der Mann mit dem Hammer. Ich hatte Angst vor der Stelle. Ich zwang mich zu anderen Gedanken. 3:35 Std. Das sollte eigentlich drin sein. 5:16, 17, 13, 19, 22. Der Pulsschnitt stieg auf etwa 171, aber es fühlte ich nicht so an. Am Wehrhahn, einem fiesen Bergaufstück, war wieder José und lief 200 Meter mit und feuerte mich an. Das war super! Irgendwo zwischendurch war er auch schon mal wieder und machte ein paar Fotos, ich weiß nur nicht mehr wo...
Etwa bei km 32 hatte mich gerade noch die Tibetgruppe angefeuert (5:18) als ich plötzlich ein Zwicken in der rechten Wade spürte. „NEIN! Nur das nicht. Nicht schon wieder!“ schoss es mir durch den Kopf und für einen Moment verging das Zwicken. Doch nicht einmal einen halben Kilometer weiter war es Gewissheit: Krämpfe in beiden Waden! Ich schrie „Schei...“ und musste anhalten zum ausdehnen. „Verdammt.“ 5:59 auf km 33. 5:32 und wieder ausdehnen. 6:28 min. Das kann doch nicht sein, dass ich jetzt alle paar hundert Meter ausdehnen muss. Ich war aber in guter Gesellschaft und sah mehrere andere Läufer die es mir gleich taten. Immer und immer wieder die selben. Der Puls sank etwas (164). Ein schild „Umkehren wäre jetzt auch doof“ lässt mich grinsen. Km 37 in 5:33 min. „3:40 Std. sind noch drin. Laufen, du sollst laufen!!!“ Ausdehnen. Ich will nicht, ich will laufen. 5:56 min, Mist. 6:35 min. Dreck. Kurz ausdehnen und sofort weiterlaufen geht gar nicht, ich muss erst 20, 30 Meter gehen, sonst ist der Krampf sofort wieder da. Weiter, weiter, weiter. Ich schlurfe um den Krämpfen vorzubeugen. Kurzfristig bringt es was. 6:23. Es geht zur Kö. Der 3:30er Ballon kommt mir entgegen. Egal. 3:39:59 ist noch drin. ich lauf die Kö hoch. Ein Sprecher ruft: „Gebt Gas, 3:40 brutto sind noch drin“ 5:48 min mit 168. Geht doch. Nur einmal angehalten, ganz kurz. Ein letztes Mal kommt José. Ich erklär ihm wie sch... ich mich fühle. Er muntert mich auf und läuft wieder ein paar Meter mit. Das Publikum feuert uns an. Auf dem Boden die Markierung „Metrogroup-Marathon 1 km“. Ich kämpfe. Ich bin fast da. Jemand schreit „Nur noch 800 Meter!“ Ich glaube das, dabei bin ich gerade erst an der Markierung vorbei, aber ich glaube es. Rechts wieder das Team Tibet. Ich nehme eine Tibetflagge auf und renne bergab. Rechts rum, dann bist du fast da. Ich gucke um die Ecke. Mein Gott, das sind noch 2 km bis zum Ziel, mindestens. Ich renne, Kilometer 42 verfliegt mit 4:52 min. Die letzten 195 Meter schaffe ich in 48 Sekunden und versuche mit der Tibetflagge in der Hand lächelnd ins Ziel zu kommen. Obs geklappt hat? Ich weiß es nicht. Auf der Matte stoppe ich die Uhr. Sie zeigt mir nichts an. Egal. Luft holen, atmen. Taumelnd nehme ich die Medaille entgegen, lehne mich irgendwo an, gehe weiter und trinke Wasser. Ich erhole mich schnell. Nach 2 Minuten ist der Puls wieder runter. Ich schalte die Pulsmessung ab und wage einen Blick auf die WK-Zeit und denke „Oh nein, verdammt!“ Ich lese 3:40:10 Std. DIE 11 Sekunden wären auch noch irgendwie drin gewesen.
Langsam gehe ich in Richtung Nachzielbereich. Der Weg dahin tut gut. Ich muss ja nicht laufen. Langsam kommt ein bißchen Freude auf. Ich bin angekommen, ich habe meine Bestzeit verbessert, wenn auch etwa 10 Minuten weniger als gedacht, aber egal. Ich lebe! Ich gönne mir ein Erdinger alkfrei, Brezeln, Berliner, Wasser, Isodrink. Bananen kann ich heute nicht mehr sehen.
Im Zelt treffe ich noch beide Teamkollegen vom Team Tibet. Der Teamkollege mit dem ich lange Zeit auf einer Höhe war kam auf 3:33, der andere auf 3:22 Std..
Nach reichlich Pause füllte sich das Zelt immer weiter und wir trafen uns im „goldenen Ring“ vom Team Tibet fürs Foto. Es waren auch noch 4 Staffeln mitgelaufen. Unterwegs hatten alle viel Zuspruch des Publikums erhalten. Ein Erfolg für die Tibet-Initiative.
Langsam wurde es aber ungemütlich, es war kühl, windig und tröpfelte etwas. Ich machte mich auf den Heimweg und gönnte mir zuhause eine heiße Wanne und abends mit einer Flasche Altbier den ersten Alkohol seit 10 Wochen.
Ich bedanke mich bei José für die gute Unterstützung während des Laufes (er hatte noch einen anderen Läufer betreut und ist mit ihm bestimmt insgesamt 15 oder 20 km gelaufen) und beim Team Tibet, die auch für eine tolle Unterstützung sorgten!
Für mich selbst habe ich festgestellt, dass ich marathontechnisch noch nicht so weit bin, wie ich dachte. Warum ich aber schon wieder dies Krämpfe bekommen habe ist mir unklar. Ich habe sowohl ernährungstechnisch auf vernünftiges Essen und Trinken geachtet als auch im Vorfeld Frubiase Sport und/oder Magnesium zu mir genommen. Salziges gab es während des Laufes nicht, Aber ob das Besserung bringen würde? Getrunken habe ich unterwegs wirklich reichlich.
Gruß, Martin