hab mir den vortrag angesehen.
dürr hat das problem, einen jahrzehntelangen mathematischen erkenntnisprozess der physiker in einen vortrag zu packen und in eine alltagssprache zu übersetzen.
ich verstehe einiges von der physik.
verstehe daher auch, wovon dürr eigentlich wirklich reden wollte.
derjenige, der sich aber bisher sehr wenig mit physik beschäftigt hat, kann alles vom vortrag nur in bezug auf seine alltagserfahrung stellen.
ich glaube, das geht in den meisten fällen schief, auch wenn der vortrag interessant ist.
die meisten werden in dem vortrag somit dinge hören, die dürr garnicht meinte.
und hinterher glauben sie dann, was verstanden zu haben, was nicht der fall ist.
es gibt eine reihe an physikern, die streng bei der physik bleiben und nicht versuchen zu interpretieren, weil es dann philosophisch = nicht streng naturwissenschaftlich beweisbar wird.
man könnte das so ausdrücken:
die einen sagen: die mathematische physik beschreibt die wirklichkeit. was die wirklichkeit aber ist, werden wir nicht wissen können.
wenn wir aber nicht wissen, was die wirklichkeit ist, wissen wir im grunde nichts.
die anderen sagen: die mathematische physik beschreibt die wirklichkeit und es ist die sinnvollste hypothese, davon auszugehen, dass diese beschreibung auch exakt die wirklichkeit ist. sollten dann neue experimente, daten liefern, die mit der beschreibung nicht zusammenpassen, dann wird die beschreibung einen schritt weiter verfeinert. und wieder wird das neue modell mit der wirklichkeit identifiziert.
selbst wenn in jedem schritt dieser methode möglicherweise etwas von der wirklichkeit nicht erfasst ist, so konvergiert das ganze doch immer mehr zu einem immer präziseren abbild der wirklichkeit. auch dann, wenn modelle komplett über den haufen geworfen werden müssen.
denn die vorhersagen konvergieren.
vergleichbar mit dem bild im vortrag, dass der fischer immer feinere netze baut und immer andere fangmethoden entwickelt. selbst wenn er nie alles fangen sollte, was im ozean ist,
wird er jedoch immer besser über den ozean bescheid wissen.
für die praxis spielt es keine rolle , SICHER zu sein, dass man ALLES weiß.
denn man wusste noch nie alles und war damit trotzdem erfolgreich.
solange das wissen zunimmt, kann man aber natürlich immer erfolgreicher sein.
einen großen nachteil hat es, wenn man sich zuviel mit dem thema interpretation beschäftigt.
dann wird fakten eine größere bedeutung gegeben als sie eigentlich haben.
der mensch versucht alles in sein angeborenes denkraster zu stellen.
alles muss irgendwie einen sinn haben. es muss eine absicht dahinter stecken. komplexe dinge entstehen nicht zufällig. usw usw.
das sind projektionen, wie sie in dem alltag wunderbar funktionieren.
wenn ich irgendwo ein auto sehe, dann darf ich annehmen, das dieses irgendwann gezielt zusammengebaut wurde. es hat einen schöpfer gegeben. oder ich weiß auch, dass das auto von einem fahrer absichtlich dort geparkt wurde.
diese denkvorstellungen begründen sich jedoch auf nichts anderem, als dass sie auf unser alltagsleben auf der erde ganz gut funktionieren.
den schritt: dann das auf das universum als ganzes anwenden zu wollen, kann man aber logisch nicht machen.
es ist wunschdenken oder raten ohne wirkliches indiz.
ein physiker, der die naturgesetze erforscht und dann mit dem wissen versucht darin höhere weltordnungen zu entdecken, verlässt an der stelle die physik und labert im strengen sinne nur noch.
dürrs vortrag war der versuch zu beschreiben, wie die moderne physik sich philosophisch darstellt.