Quasimodo und Esmeralda - meine Marathon-Premiere
Verfasst: 04.05.2010, 12:56
Wann fängt eigentlich mein Marathon an?
Ohne es zu wissen war es beim Brückenlauf 2008. Wie das denn? Da bin ich nämlich gar nicht mitgelaufen.
Aber mein Sohn ist mitgelaufen, damals 11 Jahre alt.
Er lief die 5000m in 27:xx, wenn ich mich richtig erinnere.
Ich stand feist mit 115kg an der Strecke und hab´ mich geschämt vor meinem Sohn. Er so fit und ich so schlapp.
An dem Sonntag Ende April habe ich mich gefragt, ob ich das noch kann. Ich hätte es nicht gekonnt.
Mein kleiner Sohn läuft mir davon. So konnte es nicht weitergehen.
Es hat eine Woche gedauert, bis ich meine Laufschuhe geschnürt habe. Es war der 03.05.2008
Ich wollte es schaffen, mein Leben zu ändern. Der Hebel sollte umgelegt werden.
Und es ist mir gelungen. Ich lief den ganzen Sommer konsequent. 2-3x/Woche, manchmal mehr. Die Pfunde purzelten nur so: Ich hatte Spaß am Laufen, auch Spaß am Abnehmen.
Im September meldete ich mich zum ersten Wettkampf an. Kö-Lauf 10km. Mittlerweile hatte ich so an die 18KG abgenommen. Da waren erst 4 Monate vergangen.
Ich habe den Lauf schneller beendet, als ich es mir erhofft hatte. Ich wollte unter 55min. bleiben und endete in 51:xx
Ich war angefixt. Die Stimmung bei solchen Läufen ist auch wirklich ansteckend.
Im November stand der erste Halbmarathon an. Bis dahin war das eine unvorstellbare Strecke für mich.
Bei den Zielszeitzweiflern eingestiegen war mein erste Vorstellung eine Zielzeit von 2:06, dann dachte ich sub2h sei auch ein schönes Ziel.
Der Martinslauf 2008, knapp ein halbes Jahr nach Laufbeginn endete für mich mit gut 20kg weniger auf den Rippen in 1:51:xx Ich war selbst erstaunt. Es lief einfach.
Es folgten dann ein 10er im März in 48:30, der Himmelgeist HM in 1:47:xx, ein 10er in 47:xx, der Martinslauf 2009 in 1:45:xx, die 5km in Neuss in 21:52 und noch ein 10er in 45:45 beim Blumensaatlauf am Baldeneysee.
Der wichtigste Lauf in 2009 war aber die Generalprobe in Köln über 28km, die ich mit Jeck in 2:29:xx beendet hatte.
Da ist für mich die Entscheidung gefallen: Du willst Marathon laufen, und Du kannst ihn unter 4h schaffen.
Das war die Marke, die ich mir selbst gesetzt hatte, die ich für mich selbst unterbieten wollte.
Die Zeiten verbesserten sich stetig, aber mein Gewicht stagnierte. Ich pendelte weiterhin so zwischen 92-94kg. Viel zu viel für mich, bei nur 1,81m. Aber ich wollte hart trainieren, so dass ich mich gar nicht erst in ein Kaloriendefizit bringen wollte. Das könnte ja beim Laufen schaden. Du wirst ja auch so schneller, dachte ich mir.
Über den Winter wollte ich konsequent weiterlaufen, was ich auch bei Eis und Schnee getan habe.
Bis hierher bin ich vollkommen planlos gelaufen. TDLs und Intervalle habe ich irgendwie zwar gemacht, aber vollkommen ohne Sinn und Verstand. Einfach irgendwann und irgendwie, ohne sie in eine vernünftige Reihenfolge gebracht zu haben.
Ich wusste, dass ich das so für den Marathon nicht machen wollte.
Daher habe ich mir verschiedene Pläne angeschaut und verglichen. Ich habe nicht lange gebraucht, um mich für Schoafs Plan zu entscheiden. Er war sehr abwechlsungsreich und passte von den Anforderungen und Zielen sehr gut zu mir.
Den nimmst Du, und den ziehst Du durch.
Er war auf 12 Wochen ausgelegt und war im Prinzip so gestaltet, dass ich 4 Einheiten/Woche mit 2 Tempoeinheiten (TDL +IV) plus einem DL als Vorbelastung samstags für den langen Lauf am Sonntag hatte.
Der Plan beginnt die Temposachen reduziert und steigert sie kontinuierlich.
Ich hatte 8 lange Läufe im Plan, die ich alle >30km laufen wollte, und das auch so gemacht habe.
2 HMs standen ebenfalls auf dem Plan, der eine in Venlo am 21.03. (1:41:xx) und der andere in Benrath am 10.04. (1:40:xx) beide mit PB.
Ich habe den Plan sowas von konsequent durchgezogen. Keine einzige Einheit habe ich ausfallen lassen oder von der Vorgabe verhauen.
Auf zwei langen Läufen hat mich Jeck begleitet. Das war klasse! Bei einem Lala, den ich im Rahmen des Königsforst Marathons gemacht habe, haben wir uns auch noch gesehen.
Meine Zweifel wurden immer weniger. Ich wusste, dass ich sehr gut unterwegs bin. Die Zweifel an der Distanz waren nicht mehr wirklich da. Ich wusste, dass ich das Ding auf jeden Fall finishen würde.
Jetzt ging es nur noch um die Zielzeit. Sollte ich wirklich sub4 als Ziel stehen lassen? Das war mittlerweile eigentlich unrealistisch. Andererseits... es kann so viel passieren... Was, wenn es z.B. heiß ist? Ich war mitten drin im Zielzeitzweifeln.
Die beiden HMs haben mir aber doch Selbstbewusstsein gegeben. 3:45 ist realistisch. +/-
Dann waren Lowi2000 und Läuferline dran. Die beiden haben im Abstand von einer Woche unglaubliche Marathon-Debuts hingelegt. Lowi in 3:38 und Line in 3:40.
Ich war erst ein bisschen geschockt. Aber gleichzeitig waren diese Ergebnisse für mich der Grund, endlich mit dem Zweifeln aufzuhören. Die beiden hatten nach dem gleichen Plan trainiert, hatten ganz ähnliche Vorleistungen in den WKs in der Vorbereitung. Wenn die das schaffen, dann kannst Du das auch schaffen.
Tiefstapeln wollte ich nicht mehr. Ich hatte ein Ziel: in diesen Bereich um 3:40 willst Du auch laufen. Wieder +/-
Warum sollte ich jetzt noch zweifeln? Du schaffst das.
Geplant war, dass Jeck und Mika82 mich bei meiner Premiere begleiten. 3 Wochen vorher hatte Jeck Pech und stürzte und verletzte sich. Er kam langsam wieder zurück und Donnerstags vor dem Marathon musste er sich leider mit Fieber entschuldigen.
Kann man nix machen. Aus dem Dreigestirn wurde ein Pärchen. Mika und ich verstehen uns prima, wir können auf jeden Fall 42km gut zusammen laufen.
In der letzten Woche vor dem Marathon stieg meine Anspannung an. Ich wurde zusehends nervöser. Aber es war eine sehr positive Anspannung. Ich habe mich wirklich drauf gefreut.
Zumal das Marathon-Debut ja eigentlich schon am Vorabend angefangen hat.
Jan, der Organisator des Marathons, hatte alles Forums-Läufer in einer Laune zur offiziellen Pasta-Party ins Athleten-Hotel eingeladen. Hennes hatte die Organisation dafür übernommen.
Hätte man sich einen schöneren Einstand in den Marathon vorstellen können, als mit den vielen bekannten und auch unbekannten Foris den Abend vor dem Marathon zu verbringen? Alle aufgeregt, alle nervös und alle am gleichen Punkt.
Am späten Nachmittag hatte ich mich mit Mika auf der Marathon-Messe verabredet. Von der Messe war ich weder enttäuscht noch begeistert.
Die Startunterlagen gab es ohne Wartezeit, des Wechseln des Startblocks war unkompliziert.
Anschließend ging es dann ins Hotel nach Oberkassel zur Pasta Party. Wir waren etwas früh dran, so beobachteten wir die sportlichen Menschen, die da so rumliefen. Insgeheim dachte ich mir, dass ich bei all diesen drahtigen Menschen doch irgendwie fehl am Platze war.
Die ersten Foris trudelten ein und wir trafen uns alle vor dem Hotel in großer Runde. Bilder gibt es hier.
Hennes stellte uns Sonja Oberem, Luminita Zaituc und Carsten Eich vor. Alle drei wirklich sehr nette Menschen, die sich vollkommen unverkrampft und locker präsentiert haben. Carsten und Lumi sollten uns den ganzen Abend begleiten. Was für ein netter Auftakt.
Dann gings ab ans Pasta Buffet. Alle befragten sich zu ihren Zielen und zum Training. Alle hatten unterschiedlich Ziele und unterschiedlich gute Vorbereitungen. Ganz Schnelle waren dabei und auch Debutanten, wie ich... Aber alle wollten nur eins: am nächsten Tag das Beste geben.
Und das finde ich so klasse an den Läufern aus dem Forum. Egal, ob da jemand dabei ist, der 2:50 laufen will oder 4:30 oder sonstwas. Alle gehen respektvoll mit einander um und haben Anerkennung für die Leistung des anderen. Das macht es wirklich für mich aus.
Und ich hab mein Ziel auch ganz offensiv genannt. Ich würde gerne 3:40 laufen. Wenn alles, aber auch wirklich alles gut geht. Warum damit hinter dem Berg halten. Dass ich auch mit weniger zufrieden bin, ist klar, aber man muss auch mal hoch pokern.
Die Pasta-Party war wirklich klasse für mich, denn so konnte ich meine Nervosität fast vergessen.
Aber wehe, wenn man zu Hause ankommt. Mein Gott war ich hibbelig, als ich meine Sachen für den nächsten Morgen rausgesucht habe. Jetzt war ich richtig nervös. Mein Gott, was ist denn mit Dir los???
Ich hatte Puls, ich hatte Blutdruck, ich hatte Herzwummern. Wie sollte ich einschlafen? Bis weit nach Mitternacht habe ich mich hin und hergewälzt.
Dann endlich eingeschlafen. Aber sehr unruhig. Das war nix.
Um 5:12 Uhr bin ich aufgewacht. 5:12???? Das ist ein Zeichen!!! 5:12 sollte meine Pace für den Marathon sein.
Ich hatte Kopfschmerzen. Ich hatte seit über zwei Jahren keine Kopfschmerzen mehr. Was soll das bitte schön jetzt? Nutzt nix: 1x Ibuprophen bitte.
Nach dem ersten Kaffee waren die Kopfschmerzen verschwunden. Glück gehabt. Erschlagen fühlte ich mich dennoch. Ich wollte mir aber nicht einreden, dass es ein soner Tag wird. Alles wird gut.
Um kurz vor acht machte ich mich auf den Weg.
Am Bahnhof waren so knapp 15 andere Läufer. Alle waren sehr ruhig und angespannt. Geredet wurde nicht viel. Im Zug, am Hauptbahnhof, in der U-Bahn und auf dem Weg zum Burgplatz überall das gleiche Bild. Läufer, die teils schweigend, teils leise redend sehr konzentriert waren.
Ich war in genau der gleichen Stimmung und habe das alles in mich aufgesogen.
Die Abgabe der Kleiderbeutel usw. lief glatt, alles war gut organisiert. Noch war es trocken. Regen war noch nicht in Sicht. Aber das Wetter war für mich auch nicht wichtig. Hitze gab es keine, Wind war auch nicht da, Regen macht mir nichts, zumindest nicht nach dem Start.
Das Fori-Treffen unter der Brücke und somit das Fori-Gruppenfoto habe ich verbummelt. Hatte noch im Start/Zielbereich mit dem ein oder anderen ein paar Worte gewechselt. Ich wollte dort die Stimmung aufnehmen.
Anschließend noch schnell in die Büsche und dann Richtung Start, wo noch einige Foris und natürlich Mika, meine Begleiterin, mit ihrem absolut spitzenmäßigen neuen selbstentworfenen Laufkleid, das sie zum ersten Mal zu einem Wettkampf ausführte, warteten.
Ich kann Euch sagen: ich war begeistert. Mir war sofort klar, dass wir uns auf der Strecke um mangelnden Zuspruch keine Sorgen machen mussten. Weltklasse!
Mich hat bestimmt keiner mehr wahrgenommen, höchstens als Quasimodo neben der schönen Esmeralda.
Es sollte auf der Strecke genau so kommen. Überall nette Kommentare und Zurufe für Mika. Mich hat das sehr gefreut, denn ich durfte sie ja begleiten auf dem 42,195km langen Catwalk. Da war ich ein bisschen stolz!
Dann der Start. AndreaKa hatte sich noch zu uns gesellt. Sie hatte sich eine ähnliche Zielzeit wie wir vorgenommen, wollte es aber etwas langsamer angehen lassen, war aber vor km10 bei uns und lief auch große Teile des Laufs mit uns.
Nach dem Startschuss wurde mir erst richtig bewusst, dass ich jetzt tatsächlich meinen ersten Marathon laufe. Wahnsinn!
Der erste Kilometer war sehr eng, viele hatten sich falsch eingereiht. Überholen war schwierig. Wir gaben uns mit einer 5:30er Pace zufrieden.
Bis km7 war die Strecke ziemlich öde und nur wenige Zuschauer. Wir konnten uns einrollen, haben unser Tempo dann gut gefunden. Die 20sec des ersten Kilometers wollten wir erst allmählich wieder zurückholen. Der Forerunner gab schon von Anfang an bei den Kilometerschildern andere Werte an, so dass wir uns auf die von Michaela abgedrückten Runden verließen.
Bis Km10 passierte nicht viel. Wir kamen über die Oberkasseler Brücke, auf der schon deutlich mehr Zuschauer waren. Die Stimmung stieg sofort an. Das Führungsfahrzeug mit Hennes kam uns schon entgegen. Kurz gebrüllt und gewunken, da kam uns der spätere Sieger mit den zwei Pacern entgegen. Wahnsinn! Das ist einfach eine andere Sportart, als das was ich mache.
Auf gut 50min. Laufzeit nimmt der uns fast 8km ab. Unvorstellbar. Später sollten wir die Spitze nicht noch einmal sehen. Schade.
Die große Runde durch Oberkassel, Lörick und Niederkassel wurde begleitet von immer besserer Stimmung an der Strecke, leider aber auch vom einsetzenden Regen, der doch sehr kalt war. Aber wir rollten dennoch sehr gut weiter. Wir hatten unsere Pace gefunden und versicherten uns immer wieder gegenseitig, dass bei uns alles klar war.
Bei KM15 haben wir das erste Gel genommen. Alles hat gut geklappt. (Wie Mika mir später sagte, machte ihr das Gel kurze Zeit später aber leichte Probleme). Durch sehr schöne Wohnstraßen in Oberkassel ging es durch Stimmungsnester zurück Richtung Brücke.
Hier hatte ich zum ersten Mal richtige Gänsehaut. Ein Spalier von Menschen, die unheimlich Stimmung gemacht haben, hat uns zurück auf den Anstieg gebrüllt, so dass ich die Brücke als Hürde gar nicht wahrgenommen habe.
AndreaKa war in diesem Abschnitt immer mal wieder da und dann auch wieder weg. Sie ist bei den Getränkestationen immer etwas zurückgefallen, hat dann aber immer wieder aufgeschlossen.
Ich freute mich auf die HM-Marke, dorthin hatte ich die beste aller Ehefrauen „bestellt“. Man glaubt ja kaum, wie sehr es einen motiviert, sie da zu sehen und angefeuert zu werden. Kurz Low-Five gegeben. Nur ein paar Sekunden gesehen, aber es war klasse.
An der HM-Marke hatten wir die verlorene Zeit des ersten KM locker wieder rausgelaufen, wir waren 100% im Plan. Sehr gut, sehr diszipliniert.
Zu Beginn der zweiten Hälfte haben wir sehr moderat das Tempo ein bisschen angezogen. Nur 1-2sec/km, mehr nicht.
Die Runde durch Pempelfort, Derendorf und Düsseltal war gespickt mit einzelnen Stimmungsnestern vor allem an Kneipen und Straßenecken. Ganz andere Menschen als in Oberkassel z.B., das war schon lustig zu sehen, aber sehr sympatisch. Das war schon interessant zu sehen, wie sich das im Publikum den jeweiligen Stadtteil widerspiegelt. An diesem Abschnitt habe ich das richtig aufgesogen. Wir liefen und liefen unseren Stiefel runter. Ich habe die Stimmung auf der Strecke und auch meine Stimmung genossen. Alles war gut. Dachte ich zumindest.
So ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber es muss so bei km27/28 gewesen sein, als Mika mal sagte: Ich hab´ übrigens gerade eine Krise.“ Krise? „Krise, haben wir nicht, kriegen wir auch nicht wieder rein“, habe ich gedacht. Ich wollte ihr zu Verstehen geben, dass wir unser Ding so gleichmäßig weiterlaufen würden. Mika lief die Krise einfach weg. Klasse! Sie hat den Krampf, oder was auch immer es war, einfach weggelaufen und nicht erst hochkommen lassen. Das war super Mika, dass Du Dich da nicht hast hängen lassen!
Sie hat sich wirklich wieder gefangen. Spätestens an der Stelle, wo der Trimet-Bogen war und die Zuschauer in einem Spalier standen, der wirklich alp d'huez-Feeling aufkommen ließ, war sie wieder die alte.
Der Bogen führte uns zurück Richtung Innenstadt. KM30 war dann schon bald geschafft. Gar nicht so schlimm bis hierher, habe ich gedacht. Wir haben unsere Pace wirklich gut und gleichmäßig gehalten. Wir waren immer noch 10sec. unter Plan. Immer noch sehr diszipliniert!
Bei km33 stand sie wieder, die beste aller Ehefrauen. Wir hatten ausgemacht, dass sie an einer Stelle steht, wo nicht so viele Zuschauer waren, damit ich sie auf jeden Fall sehen kann, denn sie sollte mir eine Flasche in die Hand drücken, in der ich morgens zwei Gels aufgelöst hatte. Sie stand genau dort, wo sie stehen sollte. Kurz Hallo und Danke und Sie „Weiter so!“. Sie hatte Gesellschaft von Miks Schwester.
Wenn ich beim Marathon einen Fehler gemacht habe, dann war es der, diese Flasche genommen zu haben. So ein Quatsch. Einfach ein Gel und hinterherspülen wäre viel besser gewesen. Wie ich auf die bescheuerte Idee kommen konnte, das so zu machen, weiß ich bis jetzt nicht. Das Zeugs ist nicht dahin gekommen, wo es hin sollte. Ich habe die fast volle Flasche später weggeworfen.
Bei ca. km 34 standen Soenke1900 mit Claudia und haben uns lautstark angefeuert. Chapeau, dass Ihr Euch so eine tote Stelle ausgesucht habt. Da war nix los und wir waren so froh, noch mal so angefeuert zu werden.
Wir liefen immer noch nach Plan. Bei km35, kurz bevor wir unter der Auffahrt zur Rheinkniebrücke Richtung Hafen waren, waren wir noch exakt in der Zeit. Sogar ein bisschen schneller. Der Streckenabschnitt war dort aber echt öde.
Ein privater Stand hat Cola gereicht, ich zugegriffen und mir den kompletten Becher übers Shirt geschüttet. Oh Mann, das sieht Scheiße aus. Am nächsten Getränkestand erst mal zwei Becher Wasser drübergekippt und das T-Shirt gewaschen. OK, das sah auch nicht besser aus: Rosa Fleisch schimmerte durch die Wurstpelle...
Und dann kam er, der Kilometer des Grauens. Bei km37 muss ich über mein persönliches Stromkabel gestolpert sein.
Aus! Es war einfach aus. Der Saft war weg. Von jetzt auf gleich, konnte ich die Pace nicht mehr halten. Laufen kam mir wie Stehen vor. Was ist das denn jetzt.
Ich war nicht darauf vorbereitet. Dieses Szenario war nicht vorgesehen.
Und hier kam dann Mika voll zum Tragen. Hier hat sie genau das gemacht, was richtig war. Sie setzte sich quasi vor meine Nase und hat mich gepushed. Nicht so: Quäl Dich Du Sau! Sondern sehr ruhig und bestimmt hat sie mir gesagt, dass ich einfach weiterlaufen soll und das Tempo hochhalten soll. Als Wind aufkam aus dem Hafen raus Richtung Graf-Adolf-Platz, hat sie tatsächlich bewusst versucht, mir Windschatten zu geben. Klar, das konnte nicht funktionieren, aber sie hat mir klar gezeigt, wo es lang geht. Jetzt kam die alles entscheiden Phase meines Debuts!
Am GAP kamen uns die Läufer entgegen, die nur noch wenige hundert Meter zu laufen hatten. Oh Mann, da willst Du auch hin. Das war bei km 39. Mist, noch drei KM. Der rechte Oberschenkel fing an zu krampfen. Erst vorne, dann an der Seite und hinten. 1x komplett rum. „Tempo raus, cool bleiben. Du musst schlau weiterlaufen. Nicht gehen, lauf nur so schnell/langsam, dass der Krampf nicht durchkommt!“, denke ich mir.
Luft und die Konzentration waren wieder einigermaßen da, aber der Krampf blieb. So lief ich bei km40 hochkonzentriert aber auch völlig fertig über die KÖ. Mika besorgte mir Wasser, ich konnte einfach gleichmäßig weiterlaufen. „Gut so, bloß nicht stehenbleiben, sonst gehst Du die letzten beiden km ins Ziel. Nein, Du läufst.“, hämmere ich mir ein. Es geht wieder einigermaßen. Nach einem km in fast 5:50 konnte ich zumindest wieder auf 5:30 „beschleunigen“.
Der letzte km dann wie im Tunnel. Sönke und Claudia tauchen auf. Ich sehen sie, sie sehen mich, aber ich glaube nicht, dass sie sehen können, dass ich sie sehe.
Mika motiviert mich seit drei km ständig, dass ich dranbleiben soll. Sie macht ihren Job wirkilch gut. Hab ich ihr das eigentlich schon mal gesagt?
Zum Zieleinlauf geht es ein bisschen runter an den Rhein. Nur noch ein paar hundert Meter. So 800m vorher kriege ich einen innerlichen Flash: „Du hast es geschafft! Mein Gott, du wirst gleich deinen ersten Marathon gelaufen haben.“ Man wird es mir nicht angesehen haben, aber ich war glücklich. Vorher schon. Die Zeit war mir sowas von egal.
Auf den letzten 200m musste Mika mir noch sagen, wo Britta steht, ich konnte ihr gerade noch winken und schon war ich vorbei im Ziel. Mein Ziel! Ich hab´s tatsächlich geschafft: 3:41:05!
Ich bin überglücklich, so einen tollen Marathon hingelegt zu haben. Wenn ich mich selbst als Martin von vor zwei Jahren betrachte und nun sehe, wie ich ein Marathon-Finisher geworden bin, kann ich nur sagen, dass das eine der besten Entscheidungen in meinem Leben war.
Und ich mache weiter. Ich habe Pläne.
Vielen Dank Euch allen, die es bis hierher geschafft haben. Ich glaube, dieser Bericht ist mein erster langer und auch mein letzter Laufbericht. Der erste Marathon ist was ganz besonderes und das wollte ich für mich so festhalten.
Ohne es zu wissen war es beim Brückenlauf 2008. Wie das denn? Da bin ich nämlich gar nicht mitgelaufen.
Aber mein Sohn ist mitgelaufen, damals 11 Jahre alt.
Er lief die 5000m in 27:xx, wenn ich mich richtig erinnere.
Ich stand feist mit 115kg an der Strecke und hab´ mich geschämt vor meinem Sohn. Er so fit und ich so schlapp.
An dem Sonntag Ende April habe ich mich gefragt, ob ich das noch kann. Ich hätte es nicht gekonnt.
Mein kleiner Sohn läuft mir davon. So konnte es nicht weitergehen.
Es hat eine Woche gedauert, bis ich meine Laufschuhe geschnürt habe. Es war der 03.05.2008
Ich wollte es schaffen, mein Leben zu ändern. Der Hebel sollte umgelegt werden.
Und es ist mir gelungen. Ich lief den ganzen Sommer konsequent. 2-3x/Woche, manchmal mehr. Die Pfunde purzelten nur so: Ich hatte Spaß am Laufen, auch Spaß am Abnehmen.
Im September meldete ich mich zum ersten Wettkampf an. Kö-Lauf 10km. Mittlerweile hatte ich so an die 18KG abgenommen. Da waren erst 4 Monate vergangen.
Ich habe den Lauf schneller beendet, als ich es mir erhofft hatte. Ich wollte unter 55min. bleiben und endete in 51:xx
Ich war angefixt. Die Stimmung bei solchen Läufen ist auch wirklich ansteckend.
Im November stand der erste Halbmarathon an. Bis dahin war das eine unvorstellbare Strecke für mich.
Bei den Zielszeitzweiflern eingestiegen war mein erste Vorstellung eine Zielzeit von 2:06, dann dachte ich sub2h sei auch ein schönes Ziel.
Der Martinslauf 2008, knapp ein halbes Jahr nach Laufbeginn endete für mich mit gut 20kg weniger auf den Rippen in 1:51:xx Ich war selbst erstaunt. Es lief einfach.
Es folgten dann ein 10er im März in 48:30, der Himmelgeist HM in 1:47:xx, ein 10er in 47:xx, der Martinslauf 2009 in 1:45:xx, die 5km in Neuss in 21:52 und noch ein 10er in 45:45 beim Blumensaatlauf am Baldeneysee.
Der wichtigste Lauf in 2009 war aber die Generalprobe in Köln über 28km, die ich mit Jeck in 2:29:xx beendet hatte.
Da ist für mich die Entscheidung gefallen: Du willst Marathon laufen, und Du kannst ihn unter 4h schaffen.
Das war die Marke, die ich mir selbst gesetzt hatte, die ich für mich selbst unterbieten wollte.
Die Zeiten verbesserten sich stetig, aber mein Gewicht stagnierte. Ich pendelte weiterhin so zwischen 92-94kg. Viel zu viel für mich, bei nur 1,81m. Aber ich wollte hart trainieren, so dass ich mich gar nicht erst in ein Kaloriendefizit bringen wollte. Das könnte ja beim Laufen schaden. Du wirst ja auch so schneller, dachte ich mir.
Über den Winter wollte ich konsequent weiterlaufen, was ich auch bei Eis und Schnee getan habe.
Bis hierher bin ich vollkommen planlos gelaufen. TDLs und Intervalle habe ich irgendwie zwar gemacht, aber vollkommen ohne Sinn und Verstand. Einfach irgendwann und irgendwie, ohne sie in eine vernünftige Reihenfolge gebracht zu haben.
Ich wusste, dass ich das so für den Marathon nicht machen wollte.
Daher habe ich mir verschiedene Pläne angeschaut und verglichen. Ich habe nicht lange gebraucht, um mich für Schoafs Plan zu entscheiden. Er war sehr abwechlsungsreich und passte von den Anforderungen und Zielen sehr gut zu mir.
Den nimmst Du, und den ziehst Du durch.
Er war auf 12 Wochen ausgelegt und war im Prinzip so gestaltet, dass ich 4 Einheiten/Woche mit 2 Tempoeinheiten (TDL +IV) plus einem DL als Vorbelastung samstags für den langen Lauf am Sonntag hatte.
Der Plan beginnt die Temposachen reduziert und steigert sie kontinuierlich.
Ich hatte 8 lange Läufe im Plan, die ich alle >30km laufen wollte, und das auch so gemacht habe.
2 HMs standen ebenfalls auf dem Plan, der eine in Venlo am 21.03. (1:41:xx) und der andere in Benrath am 10.04. (1:40:xx) beide mit PB.
Ich habe den Plan sowas von konsequent durchgezogen. Keine einzige Einheit habe ich ausfallen lassen oder von der Vorgabe verhauen.
Auf zwei langen Läufen hat mich Jeck begleitet. Das war klasse! Bei einem Lala, den ich im Rahmen des Königsforst Marathons gemacht habe, haben wir uns auch noch gesehen.
Meine Zweifel wurden immer weniger. Ich wusste, dass ich sehr gut unterwegs bin. Die Zweifel an der Distanz waren nicht mehr wirklich da. Ich wusste, dass ich das Ding auf jeden Fall finishen würde.
Jetzt ging es nur noch um die Zielzeit. Sollte ich wirklich sub4 als Ziel stehen lassen? Das war mittlerweile eigentlich unrealistisch. Andererseits... es kann so viel passieren... Was, wenn es z.B. heiß ist? Ich war mitten drin im Zielzeitzweifeln.
Die beiden HMs haben mir aber doch Selbstbewusstsein gegeben. 3:45 ist realistisch. +/-
Dann waren Lowi2000 und Läuferline dran. Die beiden haben im Abstand von einer Woche unglaubliche Marathon-Debuts hingelegt. Lowi in 3:38 und Line in 3:40.
Ich war erst ein bisschen geschockt. Aber gleichzeitig waren diese Ergebnisse für mich der Grund, endlich mit dem Zweifeln aufzuhören. Die beiden hatten nach dem gleichen Plan trainiert, hatten ganz ähnliche Vorleistungen in den WKs in der Vorbereitung. Wenn die das schaffen, dann kannst Du das auch schaffen.
Tiefstapeln wollte ich nicht mehr. Ich hatte ein Ziel: in diesen Bereich um 3:40 willst Du auch laufen. Wieder +/-
Warum sollte ich jetzt noch zweifeln? Du schaffst das.
Geplant war, dass Jeck und Mika82 mich bei meiner Premiere begleiten. 3 Wochen vorher hatte Jeck Pech und stürzte und verletzte sich. Er kam langsam wieder zurück und Donnerstags vor dem Marathon musste er sich leider mit Fieber entschuldigen.
Kann man nix machen. Aus dem Dreigestirn wurde ein Pärchen. Mika und ich verstehen uns prima, wir können auf jeden Fall 42km gut zusammen laufen.
In der letzten Woche vor dem Marathon stieg meine Anspannung an. Ich wurde zusehends nervöser. Aber es war eine sehr positive Anspannung. Ich habe mich wirklich drauf gefreut.
Zumal das Marathon-Debut ja eigentlich schon am Vorabend angefangen hat.
Jan, der Organisator des Marathons, hatte alles Forums-Läufer in einer Laune zur offiziellen Pasta-Party ins Athleten-Hotel eingeladen. Hennes hatte die Organisation dafür übernommen.
Hätte man sich einen schöneren Einstand in den Marathon vorstellen können, als mit den vielen bekannten und auch unbekannten Foris den Abend vor dem Marathon zu verbringen? Alle aufgeregt, alle nervös und alle am gleichen Punkt.
Am späten Nachmittag hatte ich mich mit Mika auf der Marathon-Messe verabredet. Von der Messe war ich weder enttäuscht noch begeistert.
Die Startunterlagen gab es ohne Wartezeit, des Wechseln des Startblocks war unkompliziert.
Anschließend ging es dann ins Hotel nach Oberkassel zur Pasta Party. Wir waren etwas früh dran, so beobachteten wir die sportlichen Menschen, die da so rumliefen. Insgeheim dachte ich mir, dass ich bei all diesen drahtigen Menschen doch irgendwie fehl am Platze war.
Die ersten Foris trudelten ein und wir trafen uns alle vor dem Hotel in großer Runde. Bilder gibt es hier.
Hennes stellte uns Sonja Oberem, Luminita Zaituc und Carsten Eich vor. Alle drei wirklich sehr nette Menschen, die sich vollkommen unverkrampft und locker präsentiert haben. Carsten und Lumi sollten uns den ganzen Abend begleiten. Was für ein netter Auftakt.
Dann gings ab ans Pasta Buffet. Alle befragten sich zu ihren Zielen und zum Training. Alle hatten unterschiedlich Ziele und unterschiedlich gute Vorbereitungen. Ganz Schnelle waren dabei und auch Debutanten, wie ich... Aber alle wollten nur eins: am nächsten Tag das Beste geben.
Und das finde ich so klasse an den Läufern aus dem Forum. Egal, ob da jemand dabei ist, der 2:50 laufen will oder 4:30 oder sonstwas. Alle gehen respektvoll mit einander um und haben Anerkennung für die Leistung des anderen. Das macht es wirklich für mich aus.
Und ich hab mein Ziel auch ganz offensiv genannt. Ich würde gerne 3:40 laufen. Wenn alles, aber auch wirklich alles gut geht. Warum damit hinter dem Berg halten. Dass ich auch mit weniger zufrieden bin, ist klar, aber man muss auch mal hoch pokern.
Die Pasta-Party war wirklich klasse für mich, denn so konnte ich meine Nervosität fast vergessen.
Aber wehe, wenn man zu Hause ankommt. Mein Gott war ich hibbelig, als ich meine Sachen für den nächsten Morgen rausgesucht habe. Jetzt war ich richtig nervös. Mein Gott, was ist denn mit Dir los???
Ich hatte Puls, ich hatte Blutdruck, ich hatte Herzwummern. Wie sollte ich einschlafen? Bis weit nach Mitternacht habe ich mich hin und hergewälzt.
Dann endlich eingeschlafen. Aber sehr unruhig. Das war nix.
Um 5:12 Uhr bin ich aufgewacht. 5:12???? Das ist ein Zeichen!!! 5:12 sollte meine Pace für den Marathon sein.
Ich hatte Kopfschmerzen. Ich hatte seit über zwei Jahren keine Kopfschmerzen mehr. Was soll das bitte schön jetzt? Nutzt nix: 1x Ibuprophen bitte.
Nach dem ersten Kaffee waren die Kopfschmerzen verschwunden. Glück gehabt. Erschlagen fühlte ich mich dennoch. Ich wollte mir aber nicht einreden, dass es ein soner Tag wird. Alles wird gut.
Um kurz vor acht machte ich mich auf den Weg.
Am Bahnhof waren so knapp 15 andere Läufer. Alle waren sehr ruhig und angespannt. Geredet wurde nicht viel. Im Zug, am Hauptbahnhof, in der U-Bahn und auf dem Weg zum Burgplatz überall das gleiche Bild. Läufer, die teils schweigend, teils leise redend sehr konzentriert waren.
Ich war in genau der gleichen Stimmung und habe das alles in mich aufgesogen.
Die Abgabe der Kleiderbeutel usw. lief glatt, alles war gut organisiert. Noch war es trocken. Regen war noch nicht in Sicht. Aber das Wetter war für mich auch nicht wichtig. Hitze gab es keine, Wind war auch nicht da, Regen macht mir nichts, zumindest nicht nach dem Start.
Das Fori-Treffen unter der Brücke und somit das Fori-Gruppenfoto habe ich verbummelt. Hatte noch im Start/Zielbereich mit dem ein oder anderen ein paar Worte gewechselt. Ich wollte dort die Stimmung aufnehmen.
Anschließend noch schnell in die Büsche und dann Richtung Start, wo noch einige Foris und natürlich Mika, meine Begleiterin, mit ihrem absolut spitzenmäßigen neuen selbstentworfenen Laufkleid, das sie zum ersten Mal zu einem Wettkampf ausführte, warteten.
Ich kann Euch sagen: ich war begeistert. Mir war sofort klar, dass wir uns auf der Strecke um mangelnden Zuspruch keine Sorgen machen mussten. Weltklasse!
Mich hat bestimmt keiner mehr wahrgenommen, höchstens als Quasimodo neben der schönen Esmeralda.
Es sollte auf der Strecke genau so kommen. Überall nette Kommentare und Zurufe für Mika. Mich hat das sehr gefreut, denn ich durfte sie ja begleiten auf dem 42,195km langen Catwalk. Da war ich ein bisschen stolz!
Dann der Start. AndreaKa hatte sich noch zu uns gesellt. Sie hatte sich eine ähnliche Zielzeit wie wir vorgenommen, wollte es aber etwas langsamer angehen lassen, war aber vor km10 bei uns und lief auch große Teile des Laufs mit uns.
Nach dem Startschuss wurde mir erst richtig bewusst, dass ich jetzt tatsächlich meinen ersten Marathon laufe. Wahnsinn!
Der erste Kilometer war sehr eng, viele hatten sich falsch eingereiht. Überholen war schwierig. Wir gaben uns mit einer 5:30er Pace zufrieden.
Bis km7 war die Strecke ziemlich öde und nur wenige Zuschauer. Wir konnten uns einrollen, haben unser Tempo dann gut gefunden. Die 20sec des ersten Kilometers wollten wir erst allmählich wieder zurückholen. Der Forerunner gab schon von Anfang an bei den Kilometerschildern andere Werte an, so dass wir uns auf die von Michaela abgedrückten Runden verließen.
Bis Km10 passierte nicht viel. Wir kamen über die Oberkasseler Brücke, auf der schon deutlich mehr Zuschauer waren. Die Stimmung stieg sofort an. Das Führungsfahrzeug mit Hennes kam uns schon entgegen. Kurz gebrüllt und gewunken, da kam uns der spätere Sieger mit den zwei Pacern entgegen. Wahnsinn! Das ist einfach eine andere Sportart, als das was ich mache.
Auf gut 50min. Laufzeit nimmt der uns fast 8km ab. Unvorstellbar. Später sollten wir die Spitze nicht noch einmal sehen. Schade.
Die große Runde durch Oberkassel, Lörick und Niederkassel wurde begleitet von immer besserer Stimmung an der Strecke, leider aber auch vom einsetzenden Regen, der doch sehr kalt war. Aber wir rollten dennoch sehr gut weiter. Wir hatten unsere Pace gefunden und versicherten uns immer wieder gegenseitig, dass bei uns alles klar war.
Bei KM15 haben wir das erste Gel genommen. Alles hat gut geklappt. (Wie Mika mir später sagte, machte ihr das Gel kurze Zeit später aber leichte Probleme). Durch sehr schöne Wohnstraßen in Oberkassel ging es durch Stimmungsnester zurück Richtung Brücke.
Hier hatte ich zum ersten Mal richtige Gänsehaut. Ein Spalier von Menschen, die unheimlich Stimmung gemacht haben, hat uns zurück auf den Anstieg gebrüllt, so dass ich die Brücke als Hürde gar nicht wahrgenommen habe.
AndreaKa war in diesem Abschnitt immer mal wieder da und dann auch wieder weg. Sie ist bei den Getränkestationen immer etwas zurückgefallen, hat dann aber immer wieder aufgeschlossen.
Ich freute mich auf die HM-Marke, dorthin hatte ich die beste aller Ehefrauen „bestellt“. Man glaubt ja kaum, wie sehr es einen motiviert, sie da zu sehen und angefeuert zu werden. Kurz Low-Five gegeben. Nur ein paar Sekunden gesehen, aber es war klasse.
An der HM-Marke hatten wir die verlorene Zeit des ersten KM locker wieder rausgelaufen, wir waren 100% im Plan. Sehr gut, sehr diszipliniert.
Zu Beginn der zweiten Hälfte haben wir sehr moderat das Tempo ein bisschen angezogen. Nur 1-2sec/km, mehr nicht.
Die Runde durch Pempelfort, Derendorf und Düsseltal war gespickt mit einzelnen Stimmungsnestern vor allem an Kneipen und Straßenecken. Ganz andere Menschen als in Oberkassel z.B., das war schon lustig zu sehen, aber sehr sympatisch. Das war schon interessant zu sehen, wie sich das im Publikum den jeweiligen Stadtteil widerspiegelt. An diesem Abschnitt habe ich das richtig aufgesogen. Wir liefen und liefen unseren Stiefel runter. Ich habe die Stimmung auf der Strecke und auch meine Stimmung genossen. Alles war gut. Dachte ich zumindest.
So ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber es muss so bei km27/28 gewesen sein, als Mika mal sagte: Ich hab´ übrigens gerade eine Krise.“ Krise? „Krise, haben wir nicht, kriegen wir auch nicht wieder rein“, habe ich gedacht. Ich wollte ihr zu Verstehen geben, dass wir unser Ding so gleichmäßig weiterlaufen würden. Mika lief die Krise einfach weg. Klasse! Sie hat den Krampf, oder was auch immer es war, einfach weggelaufen und nicht erst hochkommen lassen. Das war super Mika, dass Du Dich da nicht hast hängen lassen!
Sie hat sich wirklich wieder gefangen. Spätestens an der Stelle, wo der Trimet-Bogen war und die Zuschauer in einem Spalier standen, der wirklich alp d'huez-Feeling aufkommen ließ, war sie wieder die alte.
Der Bogen führte uns zurück Richtung Innenstadt. KM30 war dann schon bald geschafft. Gar nicht so schlimm bis hierher, habe ich gedacht. Wir haben unsere Pace wirklich gut und gleichmäßig gehalten. Wir waren immer noch 10sec. unter Plan. Immer noch sehr diszipliniert!
Bei km33 stand sie wieder, die beste aller Ehefrauen. Wir hatten ausgemacht, dass sie an einer Stelle steht, wo nicht so viele Zuschauer waren, damit ich sie auf jeden Fall sehen kann, denn sie sollte mir eine Flasche in die Hand drücken, in der ich morgens zwei Gels aufgelöst hatte. Sie stand genau dort, wo sie stehen sollte. Kurz Hallo und Danke und Sie „Weiter so!“. Sie hatte Gesellschaft von Miks Schwester.
Wenn ich beim Marathon einen Fehler gemacht habe, dann war es der, diese Flasche genommen zu haben. So ein Quatsch. Einfach ein Gel und hinterherspülen wäre viel besser gewesen. Wie ich auf die bescheuerte Idee kommen konnte, das so zu machen, weiß ich bis jetzt nicht. Das Zeugs ist nicht dahin gekommen, wo es hin sollte. Ich habe die fast volle Flasche später weggeworfen.
Bei ca. km 34 standen Soenke1900 mit Claudia und haben uns lautstark angefeuert. Chapeau, dass Ihr Euch so eine tote Stelle ausgesucht habt. Da war nix los und wir waren so froh, noch mal so angefeuert zu werden.
Wir liefen immer noch nach Plan. Bei km35, kurz bevor wir unter der Auffahrt zur Rheinkniebrücke Richtung Hafen waren, waren wir noch exakt in der Zeit. Sogar ein bisschen schneller. Der Streckenabschnitt war dort aber echt öde.
Ein privater Stand hat Cola gereicht, ich zugegriffen und mir den kompletten Becher übers Shirt geschüttet. Oh Mann, das sieht Scheiße aus. Am nächsten Getränkestand erst mal zwei Becher Wasser drübergekippt und das T-Shirt gewaschen. OK, das sah auch nicht besser aus: Rosa Fleisch schimmerte durch die Wurstpelle...
Und dann kam er, der Kilometer des Grauens. Bei km37 muss ich über mein persönliches Stromkabel gestolpert sein.
Aus! Es war einfach aus. Der Saft war weg. Von jetzt auf gleich, konnte ich die Pace nicht mehr halten. Laufen kam mir wie Stehen vor. Was ist das denn jetzt.
Ich war nicht darauf vorbereitet. Dieses Szenario war nicht vorgesehen.
Und hier kam dann Mika voll zum Tragen. Hier hat sie genau das gemacht, was richtig war. Sie setzte sich quasi vor meine Nase und hat mich gepushed. Nicht so: Quäl Dich Du Sau! Sondern sehr ruhig und bestimmt hat sie mir gesagt, dass ich einfach weiterlaufen soll und das Tempo hochhalten soll. Als Wind aufkam aus dem Hafen raus Richtung Graf-Adolf-Platz, hat sie tatsächlich bewusst versucht, mir Windschatten zu geben. Klar, das konnte nicht funktionieren, aber sie hat mir klar gezeigt, wo es lang geht. Jetzt kam die alles entscheiden Phase meines Debuts!
Am GAP kamen uns die Läufer entgegen, die nur noch wenige hundert Meter zu laufen hatten. Oh Mann, da willst Du auch hin. Das war bei km 39. Mist, noch drei KM. Der rechte Oberschenkel fing an zu krampfen. Erst vorne, dann an der Seite und hinten. 1x komplett rum. „Tempo raus, cool bleiben. Du musst schlau weiterlaufen. Nicht gehen, lauf nur so schnell/langsam, dass der Krampf nicht durchkommt!“, denke ich mir.
Luft und die Konzentration waren wieder einigermaßen da, aber der Krampf blieb. So lief ich bei km40 hochkonzentriert aber auch völlig fertig über die KÖ. Mika besorgte mir Wasser, ich konnte einfach gleichmäßig weiterlaufen. „Gut so, bloß nicht stehenbleiben, sonst gehst Du die letzten beiden km ins Ziel. Nein, Du läufst.“, hämmere ich mir ein. Es geht wieder einigermaßen. Nach einem km in fast 5:50 konnte ich zumindest wieder auf 5:30 „beschleunigen“.
Der letzte km dann wie im Tunnel. Sönke und Claudia tauchen auf. Ich sehen sie, sie sehen mich, aber ich glaube nicht, dass sie sehen können, dass ich sie sehe.
Mika motiviert mich seit drei km ständig, dass ich dranbleiben soll. Sie macht ihren Job wirkilch gut. Hab ich ihr das eigentlich schon mal gesagt?
Zum Zieleinlauf geht es ein bisschen runter an den Rhein. Nur noch ein paar hundert Meter. So 800m vorher kriege ich einen innerlichen Flash: „Du hast es geschafft! Mein Gott, du wirst gleich deinen ersten Marathon gelaufen haben.“ Man wird es mir nicht angesehen haben, aber ich war glücklich. Vorher schon. Die Zeit war mir sowas von egal.
Auf den letzten 200m musste Mika mir noch sagen, wo Britta steht, ich konnte ihr gerade noch winken und schon war ich vorbei im Ziel. Mein Ziel! Ich hab´s tatsächlich geschafft: 3:41:05!
Ich bin überglücklich, so einen tollen Marathon hingelegt zu haben. Wenn ich mich selbst als Martin von vor zwei Jahren betrachte und nun sehe, wie ich ein Marathon-Finisher geworden bin, kann ich nur sagen, dass das eine der besten Entscheidungen in meinem Leben war.
Und ich mache weiter. Ich habe Pläne.
Vielen Dank Euch allen, die es bis hierher geschafft haben. Ich glaube, dieser Bericht ist mein erster langer und auch mein letzter Laufbericht. Der erste Marathon ist was ganz besonderes und das wollte ich für mich so festhalten.