Ein Marathon-Debütant berichtet (Training nach Greif, lange Läufe, das Rennen in FR)
Verfasst: 05.04.2011, 00:03
Hallo zusammen,
schön, dass es euch und dieses Forum gibt. Viele interessante Beiträge konnte ich hier schon finden. Heute möchte ich versuchen, ebenfalls einen informativen Beitrag zu dieser Plattform zu leisten. Ich möchte euch von meinem ersten Marathon-Rennen am 3.4.2011 in Freiburg berichten. Vielleicht ist der Beitrag gerade auch für andere Marathon-Novizen von Interesse.
Für den schnellen Leser: Auf folgende Punkte möchte ich in diesem Beitrag kurz eingehen: Marathon-Debüt - Greif-Plan - Langer Lauf über 35 km – das Rennen
Zu meiner Person:
Jahrgang: 1965, männlich
Größe: 196 cm, Gewicht: 82 kg
Laufen seit Sommer 2006
Erster Halbmarathon 2009 (1:47)
Bester Halbmarathon 2011 (1:36)
Einziger Marathon: 3.4.2010 (3:51)
Marathon-Vorbereitung in 2011:
Januar: 290,5 km
Februar: 359,78
März: 299 km
April: 23 km + Marathon am 3.4.
Im Januar 2011 hat mich ein Arbeitskollege dazu ermuntert, den Freiburg-Marathon mit ihm zu laufen. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich erst zwei Halbmarathons gelaufen und hatte den „Ganzen“ eigentlich nicht auf dem Radar. Beide Halbmarathons konnte ich mit Plänen nach Herbert Steffny fast minutengenau nach geplanter Zeit beenden.
Das Marathon-Training habe ich weitestgehend (soll heißen: fast jede Einheit gemäß Vorgabe) nach dem Countdown (CD) von Peter Greif trainiert. Der Plan war hart, weil ich vor allem abends nach der Arbeit im Dunkeln trainieren musste. Raus bei Temperaturen um die 0°C, bei Nieselregen und Nebel. Das kennt ihr ja aber selbst aus eigener Erfahrung.
Zum CD von Peter Greif: Das Training war anstrengend, hat mir aber auch Spaß gemacht. Vor allem in den zweiten Hälft waren die Trainingserfolge schon deutlich zu spüren. Drei Wochen vor dem Marathon bin ich einen Test-Halbmarathon in 1:35:59 gelaufen. Die Strecke führte überwiegend über Waldwege, so daß auf Asphalt eine noch etwas bessere Zeit möglich gewesen wäre.
Den Tempodauerlauf über 15 km in Vorbereitungswoche 7 bin ich in 1:05 gelaufen (4:23 min/km). Somit hatte ich ein für mich ordentliches Tempo auf der Mitteldistanz gefunden. Peter Greif schreibt, dass es bei 4-5 mal Training in der Woche möglich sein KANN, dieses Tempo auch im Rennen über 42 km zu bringen. Ehrlich gesagt, hätte bzw. habe ich mir das Tempo im Rennen nicht annähernd zugetraut. Vielmehr bin ich meinen ersten Marathon mit Ehrfurcht und Demut in 5:25 min/km angegangen. Ankommen und unter 4:00 bleiben war das Ziel. Final landete ich bei 3:51:01. In Anbetracht der Temperaturen bis 25°C ein (für mich) noch zufriedenstellendes Ergebnis. Insgeheim hatte ich jedoch etwas mehr erwartet, denn gemäß der verschiedenen Umrechnungstabellen von HM- auf Marathon-Zeit hätte ich irgendwo bei 3:20 – 3:30 landen sollen. Woran mag mein schlechter Umrechnungsfaktor wohl gelegen haben? Das Training verlief ja zu 90% nach Plan (d.h. fast alle Trainingseinheiten erfüllt).
Drei Punkte sind es, die ich als Ursache ausgemacht habe:
1. die hohen Temperaturen am Wettkampftag
2. den Lauf mit zu viel Sicherheit absolviert (Neuling ohne Erfahrung)
3. zu spät mit den langen Läufen (> 35km) begonnen.
Zu Punkt 3: Erst in den letzten 8 Wochen vor dem Marathon habe ich mit den langen Läufen begonnen. Davor waren meine längsten Strecken im Bereich von 20-25 km. Somit fielen mir die Einheiten um 35 km auch sehr schwer. In der zweiten Woche musste ich den Lauf sogar bei km 29 abbrechen. Nichts ging mehr. Überhaupt nichts. Auch nicht langsam traben.
Meine langen Läufe vor dem Marathon:
1. Trainings-Woche: 36 km
2. Trainings-Woche: 29 km (Abbruch!)
3. Trainings-Woche: 36 km
4. Trainings-Woche: 33 km
5. Trainings-Woche: Halbmarathon-Rennen in 1:35:59
6: Trainings-Woche: 33 km
7. Trainings-Woche: 35 km (trotz aller Gegenstimmen in versch. Foren. Plan ist Plan.)
8. Trainings-Woche: Marathon
Die nach Greif vorgesehene Endbeschleunigung (+3, +6, ...+15, 0 km) konnte ich nur in Ansätzen durchführen, weil mir hierfür i.d.R. einfach die Power fehlte.
Sechs der sieben Läufe bin ich ohne Verpflegung (Getränke, Essen) gelaufen. Einmal hatte ich 0,5 l Apfelschorle und einen Energieriegel mit dabei. Diese lange Einheit lief dann auch etwas einfacher.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich die langen Läufe immer sehr geschlaucht haben (Tempo so um die 5:45 min/km; manchmal schneller). Ich war eigentlich immer froh, wenn die Einheit zu Ende war. Aus Regenerationsgründen habe ich den extensiven Lauf am Sonntag dann auch mal ausfallen lassen, stark abgekürzt oder bin auf Fahrrad-Fahren umgestiegen.
Den letzen langen Lauf in Woche 7 habe ich gemäß Plan noch durchgezogen. Ich weiß, dass sehr viele auf diese lange Einheit verzichten. Ich glaube aber, dass der Lauf durchaus seine Berechtigung hat. „Papa Greif“ erklärt das ja auch sehr gut im „Count Down“. Mir hat er zumindest auch mental geholfen, weil ich gesehen habe, dass die 42 Kilometer machbar sind.
Körperliche Probleme stellten sich in der Vorbereitung durch den Einsatz eines neuen Paar Schuhe ein. Der Wechsel erfolgte zu abrupt und in zu hohen Umfängen, so daß heftige Schmerzen im Knie (auch beim Sitzen am Schreibtisch) die Folge waren. Mein Händler hatte mir auf Nachfrage zu einem ganz sanften Umstieg geraten. Das brachte dann zum Glück auch schnell Besserung.
Kurz zum Rennen in Freiburg: Leichte Probleme hatte ich – wie im Training auch – zwischen Kilometer 28 und 32. Danach lief es aber eigentlich (wider erwarten) recht gut. Ich konnte mich an einen Mitläufer dranhängen und auf den letzten 10 Kilometern haben wir fast nur noch andere Läufer überholt.
Verpflegt habe ich mich während des Rennens mit zwei Gel-Packungen bei Kilometer 18 und 28 sowie zwei Bananen-Stückchen und fünf Salztabletten (bei einem nächsten Marathon-Lauf würde ich wohl drei oder viel Gels mit auf die Strecke nehmen).
Übrigens, das viel gepriesene Hochgefühl des Finishers hatte ich im Ziel nicht (beim ersten Halbmarathon dagegen schon). Vielmehr verlief der Zieleinlauf eher nüchtern und kontrolliert. Ich war happy und platt aber nicht total am Ende. Ehrlich gesagt habe ich mir den ersten Marathonlauf – gerade auch nach meinen Erfahrungen mit den langen Läufen im Training – sehr viel härter vorgestellt. Auch einen Tag nach dem Rennen ist mein körperliches Befinden erstaunlich gut. Fast kein Muskelkater und keine innere, kraftlose „Leere“. Wer weiß, was das zu bedeuten hat. Vielleicht bin ich ja wirklich zu defensiv gelaufen und etwas mehr „Biss und Aggressivität“ hätte der Endzeit gut getan. Aber ich will auf dem Boden bleiben: Der erste Marathon ist gut gelaufen, ich bin heil ins Ziel gekommen und für die Zukunft gibt es noch viele Möglichkeiten, eine Schippe drauf zu legen. Ich werde berichten.
In run I trust - Sigi
schön, dass es euch und dieses Forum gibt. Viele interessante Beiträge konnte ich hier schon finden. Heute möchte ich versuchen, ebenfalls einen informativen Beitrag zu dieser Plattform zu leisten. Ich möchte euch von meinem ersten Marathon-Rennen am 3.4.2011 in Freiburg berichten. Vielleicht ist der Beitrag gerade auch für andere Marathon-Novizen von Interesse.
Für den schnellen Leser: Auf folgende Punkte möchte ich in diesem Beitrag kurz eingehen: Marathon-Debüt - Greif-Plan - Langer Lauf über 35 km – das Rennen
Zu meiner Person:
Jahrgang: 1965, männlich
Größe: 196 cm, Gewicht: 82 kg
Laufen seit Sommer 2006
Erster Halbmarathon 2009 (1:47)
Bester Halbmarathon 2011 (1:36)
Einziger Marathon: 3.4.2010 (3:51)
Marathon-Vorbereitung in 2011:
Januar: 290,5 km
Februar: 359,78
März: 299 km
April: 23 km + Marathon am 3.4.
Im Januar 2011 hat mich ein Arbeitskollege dazu ermuntert, den Freiburg-Marathon mit ihm zu laufen. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich erst zwei Halbmarathons gelaufen und hatte den „Ganzen“ eigentlich nicht auf dem Radar. Beide Halbmarathons konnte ich mit Plänen nach Herbert Steffny fast minutengenau nach geplanter Zeit beenden.
Das Marathon-Training habe ich weitestgehend (soll heißen: fast jede Einheit gemäß Vorgabe) nach dem Countdown (CD) von Peter Greif trainiert. Der Plan war hart, weil ich vor allem abends nach der Arbeit im Dunkeln trainieren musste. Raus bei Temperaturen um die 0°C, bei Nieselregen und Nebel. Das kennt ihr ja aber selbst aus eigener Erfahrung.
Zum CD von Peter Greif: Das Training war anstrengend, hat mir aber auch Spaß gemacht. Vor allem in den zweiten Hälft waren die Trainingserfolge schon deutlich zu spüren. Drei Wochen vor dem Marathon bin ich einen Test-Halbmarathon in 1:35:59 gelaufen. Die Strecke führte überwiegend über Waldwege, so daß auf Asphalt eine noch etwas bessere Zeit möglich gewesen wäre.
Den Tempodauerlauf über 15 km in Vorbereitungswoche 7 bin ich in 1:05 gelaufen (4:23 min/km). Somit hatte ich ein für mich ordentliches Tempo auf der Mitteldistanz gefunden. Peter Greif schreibt, dass es bei 4-5 mal Training in der Woche möglich sein KANN, dieses Tempo auch im Rennen über 42 km zu bringen. Ehrlich gesagt, hätte bzw. habe ich mir das Tempo im Rennen nicht annähernd zugetraut. Vielmehr bin ich meinen ersten Marathon mit Ehrfurcht und Demut in 5:25 min/km angegangen. Ankommen und unter 4:00 bleiben war das Ziel. Final landete ich bei 3:51:01. In Anbetracht der Temperaturen bis 25°C ein (für mich) noch zufriedenstellendes Ergebnis. Insgeheim hatte ich jedoch etwas mehr erwartet, denn gemäß der verschiedenen Umrechnungstabellen von HM- auf Marathon-Zeit hätte ich irgendwo bei 3:20 – 3:30 landen sollen. Woran mag mein schlechter Umrechnungsfaktor wohl gelegen haben? Das Training verlief ja zu 90% nach Plan (d.h. fast alle Trainingseinheiten erfüllt).
Drei Punkte sind es, die ich als Ursache ausgemacht habe:
1. die hohen Temperaturen am Wettkampftag
2. den Lauf mit zu viel Sicherheit absolviert (Neuling ohne Erfahrung)
3. zu spät mit den langen Läufen (> 35km) begonnen.
Zu Punkt 3: Erst in den letzten 8 Wochen vor dem Marathon habe ich mit den langen Läufen begonnen. Davor waren meine längsten Strecken im Bereich von 20-25 km. Somit fielen mir die Einheiten um 35 km auch sehr schwer. In der zweiten Woche musste ich den Lauf sogar bei km 29 abbrechen. Nichts ging mehr. Überhaupt nichts. Auch nicht langsam traben.
Meine langen Läufe vor dem Marathon:
1. Trainings-Woche: 36 km
2. Trainings-Woche: 29 km (Abbruch!)
3. Trainings-Woche: 36 km
4. Trainings-Woche: 33 km
5. Trainings-Woche: Halbmarathon-Rennen in 1:35:59
6: Trainings-Woche: 33 km
7. Trainings-Woche: 35 km (trotz aller Gegenstimmen in versch. Foren. Plan ist Plan.)
8. Trainings-Woche: Marathon
Die nach Greif vorgesehene Endbeschleunigung (+3, +6, ...+15, 0 km) konnte ich nur in Ansätzen durchführen, weil mir hierfür i.d.R. einfach die Power fehlte.
Sechs der sieben Läufe bin ich ohne Verpflegung (Getränke, Essen) gelaufen. Einmal hatte ich 0,5 l Apfelschorle und einen Energieriegel mit dabei. Diese lange Einheit lief dann auch etwas einfacher.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich die langen Läufe immer sehr geschlaucht haben (Tempo so um die 5:45 min/km; manchmal schneller). Ich war eigentlich immer froh, wenn die Einheit zu Ende war. Aus Regenerationsgründen habe ich den extensiven Lauf am Sonntag dann auch mal ausfallen lassen, stark abgekürzt oder bin auf Fahrrad-Fahren umgestiegen.
Den letzen langen Lauf in Woche 7 habe ich gemäß Plan noch durchgezogen. Ich weiß, dass sehr viele auf diese lange Einheit verzichten. Ich glaube aber, dass der Lauf durchaus seine Berechtigung hat. „Papa Greif“ erklärt das ja auch sehr gut im „Count Down“. Mir hat er zumindest auch mental geholfen, weil ich gesehen habe, dass die 42 Kilometer machbar sind.
Körperliche Probleme stellten sich in der Vorbereitung durch den Einsatz eines neuen Paar Schuhe ein. Der Wechsel erfolgte zu abrupt und in zu hohen Umfängen, so daß heftige Schmerzen im Knie (auch beim Sitzen am Schreibtisch) die Folge waren. Mein Händler hatte mir auf Nachfrage zu einem ganz sanften Umstieg geraten. Das brachte dann zum Glück auch schnell Besserung.
Kurz zum Rennen in Freiburg: Leichte Probleme hatte ich – wie im Training auch – zwischen Kilometer 28 und 32. Danach lief es aber eigentlich (wider erwarten) recht gut. Ich konnte mich an einen Mitläufer dranhängen und auf den letzten 10 Kilometern haben wir fast nur noch andere Läufer überholt.
Verpflegt habe ich mich während des Rennens mit zwei Gel-Packungen bei Kilometer 18 und 28 sowie zwei Bananen-Stückchen und fünf Salztabletten (bei einem nächsten Marathon-Lauf würde ich wohl drei oder viel Gels mit auf die Strecke nehmen).
Übrigens, das viel gepriesene Hochgefühl des Finishers hatte ich im Ziel nicht (beim ersten Halbmarathon dagegen schon). Vielmehr verlief der Zieleinlauf eher nüchtern und kontrolliert. Ich war happy und platt aber nicht total am Ende. Ehrlich gesagt habe ich mir den ersten Marathonlauf – gerade auch nach meinen Erfahrungen mit den langen Läufen im Training – sehr viel härter vorgestellt. Auch einen Tag nach dem Rennen ist mein körperliches Befinden erstaunlich gut. Fast kein Muskelkater und keine innere, kraftlose „Leere“. Wer weiß, was das zu bedeuten hat. Vielleicht bin ich ja wirklich zu defensiv gelaufen und etwas mehr „Biss und Aggressivität“ hätte der Endzeit gut getan. Aber ich will auf dem Boden bleiben: Der erste Marathon ist gut gelaufen, ich bin heil ins Ziel gekommen und für die Zukunft gibt es noch viele Möglichkeiten, eine Schippe drauf zu legen. Ich werde berichten.
In run I trust - Sigi