Vom Walker zum Läufer??
Verfasst: 09.08.2004, 18:57
Vorwarnung: Ein langer Bericht!!
Noch im vorigen Jahr waren Läufer und Walker für mich (56J, 172cm, ehemals 92kg) nicht ganz gescheite Menschen, die mit ihrer Zeit doch wahrhaftig sinnvolleres anfangen könnten, als durch die Gegend zu rennen. Weil mein Gewicht seit Jahren langsam und unerbittlich stetig in die Höhe gegangen ist, musste etwas geschehen. Das Prinzip der negativen Energiebilanz zum Abnehmen hatte mich überzeugt – weniger Kalorien zu sich nehmen oder mehr verbrauchen als benötigt heißt es. Weil ich gerne esse, musste Alternative zwei herhalten.
Nachdem ich mich vor einigen Wochen als Nordic-Walker mit gelegentlichen Laufeinlagen vorgestellt hatte, möchte ich nun auch mal von meiner derzeitigen Entwicklung (als bisher völlig unsportlicher Mensch) berichten. Nebenbei, das Gewicht ist doch durch Ernährungsumstellung in den letzten eineinhalb Jahren bei etwas über 70 kg angekommen.
In unserem nordhessischem Bergland gibt es sehr schöne Waldwege, überwiegend geschottert und fast menschenleer. Allerdings steht immer irgend ein Berg im Weg.
Ich habe sicher keinen olympiareifen Eindruck gemacht, als ich anfangs keuchend diese Wege mit, für mich, sehr hohem Tempo gegangen bin. Das menschenleere an unserer Gegend kam mir deshalb sehr entgegen. Bereits nach wenigen Wochen ließ aber schon das Keuchen nach und die Strecken durften ruhig anstrengender werden, was mich sehr befremdete. Zunehmend regte sich der Wunsch, mehr zu leisten. Bestätigt wurde das durch meine Pulsuhr, die recht geringe Durchschnittswerte anzeigte. So war es anscheinend möglich, die Laufeinlagen zu steigern und damit das Gefühl zu bekommen, den Körper mehr gefordert zu haben. Das vielzitierte „auf den Körper hören“ macht mir irgendwie Probleme. (Da ist mein Tinnitus anscheinend zu laut und genau auf dieser Welle.)
Irgendwann habe ich meine bevorzugte Strecke mal abgeradelt, um die Länge zu messen, 7,2 km oder mit einer Zusatzschleife 8,9 km. Vor ca. vier Wochen habe ich dann die Walking-Stöcke zu Hause gelassen um die kürzere Strecke mal in einem ganz langsamen Dauerlaufversuch zu bewältigen - und bin kläglich gescheitert. Nach der halben Strecke hatte ich einen fürchterlichen Wadenkrampf, stellte fest, dass ich nur Brille und Autoschlüssel aber nicht das Handy dabei hatte um Hilfe herbeizurufen und bin mit Mühe und Not, humpelnd irgendwann am Auto angekommen. Den Lieben daheim habe ich nichts erzählt, um mir die unweigerlichen Bemerkungen zu ersparen und was von dringenden Schreibtischarbeiten vorgebracht. Aber nach einigen Tagen ging es wieder walkend auf die Strecke. Mein fehlgeschlagener Lauf-Versuch hat mich allerdings mehr gewurmt als vermutet. Also wurde einiges an Magnesium geschluckt, in der Hoffnung auf Vermeidung wiederholter Wadenbeschwerden, und ein erneuter Versuch gestartet. Und es hat geklappt. Das erste mal in meinem Leben bin ich mehr als 7 km an einem Stück gelaufen. Einen höllischen Respekt habe ich allerdings vor Muskel- und Sehnenproblemen, deshalb war ich wirklich sehr langsam unterwegs.
Dann kamen wieder ein paar Walking-Tage mit zunehmend längeren Laufeinlagen und dann sollte auch die längere Strecke mit 8,9 km geknackt werden. Und auch das ging. Ich hätte sogar noch weiterlaufen können, habe mich aber der Gelenke wegen nicht getraut. Um mir selber zu bestätigen, dass dieser Erfolg keine Eintagsfliege war, habe ich es am Wochenende noch einmal versucht. Temperatur am Vormittag 27 Grad aber viel Schatten auf den Waldwegen. Und es lief wunderbar. Nach ca. 6 km hörte ich hinter mir Laufgeräusche und sah, dass sich mir zwei junge Läufer näherten. Laß sie ruhig überholen dachte ich mir, das macht nichts. Sie blieben aber eine ganze Weile hinter mir und ich bemerkte, dass ich ungewollt mein Tempo gesteigert hatte. Dann setzte sich einer vor mich und zog mich in mäßigem Tempo eine kurze Strecke mit. Der Zweite lief jetzt auf meiner Höhe. Wir sprachen kurz über die gewählten Streckenabschnitte und wünschten uns noch einen schönen Tag. Dann zogen beide davon. Ihr Verhalten hatte mir keinen Augenblick das Gefühl vermittelt, eine lahme Schnecke zu sein, was ich im Vergleich zu ihnen sicher war, denn schnell hatte ich sie wieder aus den Augen verloren.
Am Ende der Runde bin ich ein Tempo von 6:30 min/km gelaufen (viel schneller als geplant), mit einem Durchschnittspuls von 144 Schlägen. Zwischendurch war er einmal kurz bis auf 170 hochgegangen. Meine maxHF habe ich im Selbstversuch mit 176 ermittelt.
So, und wer bisher durchgehalten hat, dem danke ich für sein Interesse. Vielleicht trägt mein Bericht etwas dazu bei, das Walken als Einstiegssportart für das Laufen zu akzeptieren. Noch wird bei mir zwischen Laufen und Walken abgewechselt und die Walking-Tage werden als Regenerationstage nach dem Laufen betrachtet. Ob sich das mal ändert weiß ich heute noch nicht. Für mich ist der Unterschied auch nicht so groß. Bei beiden Fortbewegungsarten wird das gleiche Geläuf benutzt, die Kleidung und das Schuhwerk ist ähnlich. Lediglich bei der einen Art gibt es eine kurze Phase, bei der kein Bein mehr den Boden berührt - und deshalb entstehen fast Glaubenskriege?
Wer mir Ratschläge oder Kritiken sagen will, der ist selbstverständlich herzlich willkommen.
Mein Schweini muss übrigens ein etwas paradoxes Vieh sein. Es will mich nicht vom Laufen abhalten sondern drängt mich zur Zeit dazu, viel öfter auf die Strecke zu gehen, als ich meinem Körper zutraue.
Viele Grüße
Wolfgang
Noch im vorigen Jahr waren Läufer und Walker für mich (56J, 172cm, ehemals 92kg) nicht ganz gescheite Menschen, die mit ihrer Zeit doch wahrhaftig sinnvolleres anfangen könnten, als durch die Gegend zu rennen. Weil mein Gewicht seit Jahren langsam und unerbittlich stetig in die Höhe gegangen ist, musste etwas geschehen. Das Prinzip der negativen Energiebilanz zum Abnehmen hatte mich überzeugt – weniger Kalorien zu sich nehmen oder mehr verbrauchen als benötigt heißt es. Weil ich gerne esse, musste Alternative zwei herhalten.
Nachdem ich mich vor einigen Wochen als Nordic-Walker mit gelegentlichen Laufeinlagen vorgestellt hatte, möchte ich nun auch mal von meiner derzeitigen Entwicklung (als bisher völlig unsportlicher Mensch) berichten. Nebenbei, das Gewicht ist doch durch Ernährungsumstellung in den letzten eineinhalb Jahren bei etwas über 70 kg angekommen.
In unserem nordhessischem Bergland gibt es sehr schöne Waldwege, überwiegend geschottert und fast menschenleer. Allerdings steht immer irgend ein Berg im Weg.
Ich habe sicher keinen olympiareifen Eindruck gemacht, als ich anfangs keuchend diese Wege mit, für mich, sehr hohem Tempo gegangen bin. Das menschenleere an unserer Gegend kam mir deshalb sehr entgegen. Bereits nach wenigen Wochen ließ aber schon das Keuchen nach und die Strecken durften ruhig anstrengender werden, was mich sehr befremdete. Zunehmend regte sich der Wunsch, mehr zu leisten. Bestätigt wurde das durch meine Pulsuhr, die recht geringe Durchschnittswerte anzeigte. So war es anscheinend möglich, die Laufeinlagen zu steigern und damit das Gefühl zu bekommen, den Körper mehr gefordert zu haben. Das vielzitierte „auf den Körper hören“ macht mir irgendwie Probleme. (Da ist mein Tinnitus anscheinend zu laut und genau auf dieser Welle.)
Irgendwann habe ich meine bevorzugte Strecke mal abgeradelt, um die Länge zu messen, 7,2 km oder mit einer Zusatzschleife 8,9 km. Vor ca. vier Wochen habe ich dann die Walking-Stöcke zu Hause gelassen um die kürzere Strecke mal in einem ganz langsamen Dauerlaufversuch zu bewältigen - und bin kläglich gescheitert. Nach der halben Strecke hatte ich einen fürchterlichen Wadenkrampf, stellte fest, dass ich nur Brille und Autoschlüssel aber nicht das Handy dabei hatte um Hilfe herbeizurufen und bin mit Mühe und Not, humpelnd irgendwann am Auto angekommen. Den Lieben daheim habe ich nichts erzählt, um mir die unweigerlichen Bemerkungen zu ersparen und was von dringenden Schreibtischarbeiten vorgebracht. Aber nach einigen Tagen ging es wieder walkend auf die Strecke. Mein fehlgeschlagener Lauf-Versuch hat mich allerdings mehr gewurmt als vermutet. Also wurde einiges an Magnesium geschluckt, in der Hoffnung auf Vermeidung wiederholter Wadenbeschwerden, und ein erneuter Versuch gestartet. Und es hat geklappt. Das erste mal in meinem Leben bin ich mehr als 7 km an einem Stück gelaufen. Einen höllischen Respekt habe ich allerdings vor Muskel- und Sehnenproblemen, deshalb war ich wirklich sehr langsam unterwegs.
Dann kamen wieder ein paar Walking-Tage mit zunehmend längeren Laufeinlagen und dann sollte auch die längere Strecke mit 8,9 km geknackt werden. Und auch das ging. Ich hätte sogar noch weiterlaufen können, habe mich aber der Gelenke wegen nicht getraut. Um mir selber zu bestätigen, dass dieser Erfolg keine Eintagsfliege war, habe ich es am Wochenende noch einmal versucht. Temperatur am Vormittag 27 Grad aber viel Schatten auf den Waldwegen. Und es lief wunderbar. Nach ca. 6 km hörte ich hinter mir Laufgeräusche und sah, dass sich mir zwei junge Läufer näherten. Laß sie ruhig überholen dachte ich mir, das macht nichts. Sie blieben aber eine ganze Weile hinter mir und ich bemerkte, dass ich ungewollt mein Tempo gesteigert hatte. Dann setzte sich einer vor mich und zog mich in mäßigem Tempo eine kurze Strecke mit. Der Zweite lief jetzt auf meiner Höhe. Wir sprachen kurz über die gewählten Streckenabschnitte und wünschten uns noch einen schönen Tag. Dann zogen beide davon. Ihr Verhalten hatte mir keinen Augenblick das Gefühl vermittelt, eine lahme Schnecke zu sein, was ich im Vergleich zu ihnen sicher war, denn schnell hatte ich sie wieder aus den Augen verloren.
Am Ende der Runde bin ich ein Tempo von 6:30 min/km gelaufen (viel schneller als geplant), mit einem Durchschnittspuls von 144 Schlägen. Zwischendurch war er einmal kurz bis auf 170 hochgegangen. Meine maxHF habe ich im Selbstversuch mit 176 ermittelt.
So, und wer bisher durchgehalten hat, dem danke ich für sein Interesse. Vielleicht trägt mein Bericht etwas dazu bei, das Walken als Einstiegssportart für das Laufen zu akzeptieren. Noch wird bei mir zwischen Laufen und Walken abgewechselt und die Walking-Tage werden als Regenerationstage nach dem Laufen betrachtet. Ob sich das mal ändert weiß ich heute noch nicht. Für mich ist der Unterschied auch nicht so groß. Bei beiden Fortbewegungsarten wird das gleiche Geläuf benutzt, die Kleidung und das Schuhwerk ist ähnlich. Lediglich bei der einen Art gibt es eine kurze Phase, bei der kein Bein mehr den Boden berührt - und deshalb entstehen fast Glaubenskriege?
Wer mir Ratschläge oder Kritiken sagen will, der ist selbstverständlich herzlich willkommen.
Mein Schweini muss übrigens ein etwas paradoxes Vieh sein. Es will mich nicht vom Laufen abhalten sondern drängt mich zur Zeit dazu, viel öfter auf die Strecke zu gehen, als ich meinem Körper zutraue.
Viele Grüße
Wolfgang