Das gläserne Comeback
Nach dem Marathon bei der Weltmeisterschaft 2009 in Berlin hängte
André Pollmächer die Laufschuhe an den Nagel. Ein gutes Jahr später will der gebürtige Riesaer wieder angreifen.
ChemnitzAuslöser des Rücktritts vom Rücktritt war Marathon-Bundestrainer Ronald Weigel. Der einstige Weltklasse-Geher flachste bei den diesjährigen deutschen Leichtathletik-Meisterschaften Mitte Juli in Braunschweig, wo auch Pollmächer als Übungsleiter vor Ort war: "André, du siehst noch durchtrainiert aus. Du könntest wieder angreifen." Das Kompliment war spaßig gemeint und kam auch so an, dennoch ging es dem 27-Jährigen nicht mehr aus dem Kopf.
Knapp drei Monate später trafen sich die beiden in Chemnitz, wo Pollmächer beim LAC die Laufgruppe seinen Ex-Coaches Bernd Dießner übernommen hatte. "Ronald hat mir A eine Perspektive aufgezeigt und B ein Konzept vorgelegt. Das und seine enormen Erfahrungen als Athlet und Trainer überzeugten mich", erzählt André Pollmächer.
Bei seiner Rückkehr wird er das Trikot von Rhein-Marathon Düsseldorf tragen. "Der LAC Chemnitz war keine Option", erklärt der Europacup-Sieger von 2007 (10.000 m) bestimmt. "Zum 30. November endet mein Vertrag. Es gibt Probleme, mehr möchte ich dazu nicht sagen."
Geistig und körperlich erholt
Seinen Lebensmittelpunkt wird der gebürtige Riesaer nach Potsdam verlegen. Dort wohnt auch Weigel (51), der bei Olympia und Weltmeisterschaften je zwei Medaillen gewann. "Die Unterschiede zwischen Gehen und meiner Disziplin sind nicht so groß, wie man glaubt. Wichtig sind jeweils die Trainingsumfänge. Das ist ein knallhartes System", meint André Pollmächer, der in Berlin auf Platz 18 einkam. Das war das beste WM-Resultat eines deutschen Marathonläufers seit dem 14. Rang von Konrad Dobler 1995.
Nach dem Championat in Berlin fühlte sich der Sachse körperlich und mental ausgelaugt, mochte sich nicht mehr schinden. "Doch das eine Jahr Pause hat mir sehr gut getan. Geistig bin ich wieder frisch und meine Knochen, Sehnen und Bänder konnten sich regenerieren", wertet der EM-Siebente von 2006. Bereits in einem halben Jahr will er wieder wettkampffähig sein. "Schon nach vier Wochen merke ich, dass das Training sehr wirksam ist. Mein Körper saugt es auf wie ein nasser Schwamm."
London 2012 das erklärte Ziel
Erster Etappenort auf dem Weg zum erklärten Ziel, den Olympischen Spielen 2012 in London, ist im April 2011 die deutsche Meisterschaft im Halbmarathon. Im Herbst nächsten Jahres stehen der erste komplette Marathon auf dem Programm und die Olympianorm im Fokus. "Die WM 2011 spielt für mich keine Rolle", erzählt André Pollmächer, der voller Zuversicht voraus schaut. "Im Leistungssport gibt es keine Sicherheit. Aber es ist ein aussichtsreiches Projekt. Wenn es schief geht, dann will ich wenigstens sagen können, ich habe alles Mögliche dafür getan."
Ob es wirklich klappt mit dem Comeback, können Interessenten im Internet verfolgen. Auf einer speziellen Seite (
Projekt London | Andre Pollmächer) berichtet der "gläserne Athlet" in einem Blog fast täglich über das "Projekt London", veröffentlicht sogar Trainingsergebnisse und Testwerte. "Ich glaube nicht, dass andere Athleten daraus einen Vorteil ziehen können. So ein System ist nicht übertragbar. Aber es interessiert in der Laufszene", berichtet André Pollmächer, der demnächst ins Trainingslager nach Portugal reist. Dort geht die Schinderei wieder richtig los.
Projekt London | Andre Pollmächer
Von Thomas Treptow
Erschienen am 26.11.2010
Quelle:
www.freiepresse.de/ Das gläserne Comeback