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Helfen oder weiterlaufen???

Helfen oder weiterlaufen???

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Folgendes Szenario am gestrigen Abend beim gemütlichen Lauf durch den Hamburger Regen:
Weit vor mir sehe ich einen jugendlichen Radfahrer, der von einem Omega überholt wird, der Fahrer brettert auf den Radweg, die Beifahrertür wird aufgeschmissen, ein älterer Jugendlicher springt heraus, stellt sich dem Radfahrer in den Weg, fängt an, ihn zu beschimpfen. Ich laufe langsam heran und sage lapidar:" Bleibt ruhig, Jungs." Woraufhin mich der ältere doch etwas mürrisch anschaut - welch Wunder. Im Auto saßen zwei weitere Kerle. Ich laufe langsam ca. 100 Meter weiter, schaue mich um, bleibe stehen. Der Radfahrer sieht ängstlich aus, sein Rad wird zu Boden geschmissen, getreten. Da kommt der Fahrer aus dem Auto, versucht aber, seinen Kumpel zu beruhigen, welcher diesen aber zur Seite schiebt. Es geht hin und her, ich steh im Regen und frag mich, was tun, wenn nun alle drei auf den Jungen einwirken - einmischen oder sein lassen?
Um es abzukürzen, es kam zu keiner Schlägerei, sie haben ihn weiterfahren lassen und sind in meine Richtung weitergefahren. Durch die heruntergelassene Scheibe kam natürlich noch ein Spruch: "Was bleibst du stehen, du ...?" Na egal, ich hab dann meine Klappe gehalten und bin nach Hause getrabt.
Ist es nicht normal, dass man hilft, wenn drei Kerle einen jüngeren Radler vermöbeln oder vermöbelt hätten? Also ich war mir sicher, dass ich geholfen hätte, wenn es soweit gewesen wäre. Aber ich glaube, nicht jeder denkt heutzutage so, oder?
Gruß aus Ellerbek-Downtown

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einmischen würde ich mich sicher nicht-aber die Polizei anrufen z.B.

Streak 3: Beginn 10.10.2009

Es ist nichts Großartiges daran, besser zu sein als jemand anderes.
Wahre Größe zeigt sich darin, besser zu sein, als man selbst vorher war
(Plakat in einer Klasse)

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pingufreundin hat geschrieben:einmischen würde ich mich sicher nicht-aber die Polizei anrufen z.B.
Damit die den armen Kerl dann ins Krankenhaus fahren kann :gruebel:

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Hallo,

prinzipiell würde ich natürlich helfen wollen, aber als Frau gegen 3 Jungs ankämpfen zu wollen, scheint mir wenig hilfreich. Ich denke ich würde versuchen verbal einzugreifen und im Notfall das Handy zücken und die Polizei rufen bzw. andere Passanten ansprechen ob sie helfen können.
Jetzt wo ich drüber nachdenke fällt mir ein, dass ich als junges Mädchen mal erlebt habe, wie ein Jugendlicher einen Zugführer angegriffen hat, weil er schwarz fahren wollte und ihn der Zugführer daran hindern wollte. Ich war damals völlig perplex; aber immerhin sind gleich ein paar Erwachsene dem Zugführer zu hilfe gekommen.

Zum Thema Hilfsbereitschaft im Allgemeinen habe ich auch mal ne nette Geschichte erlebt. Ich war laufen und sah ne Frau mit Rad am Wegesrand stehen. Es fuhr ein anderer Radler an ihr vorbei. Ich habe mir dann ein Herz gefasst und gefragt, ob ich ihr helfen kann, da sie doch recht hilflos gewirkt hat. Ihre Kette war runtergesprungen und sie hat sie nicht mehr drauf bekommen. Ich habe ihr die Kette wieder draufgemacht und sie war ganz froh weiterfahren zu können. Tja manchmal sind es die Kleinigkeiten, aber ich denke in solchen Situationen kann man Hilsbereitschaft ganz gut lernen!

Liebe Grüße
Alisna

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Ich muss wohl dazu sagen, dass ich beim Laufen nie ein Handy dabei habe und es eine dörfliche Straße war, das nächste Haus ca. 1km weg.
Also Polizei fällt schon mal aus, bis die da gewesen wären...
Gruß aus Ellerbek-Downtown

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Brobald hat geschrieben:Damit die den armen Kerl dann ins Krankenhaus fahren kann :gruebel:
imho: es macht mehr sinn, dass einer schnell im krankenhaus ist, als das zwei gemeinsam ihre blessuren ohne schnelle versorgung im straßengraben auskurieren müssen.

ich würde (oder habe) solche situationen dem gesunden menschenverstand anvertraut:
- kann man deeskalieren?
- wenn das nicht: hat man zu zweit eine gute chance, die jungs in den wind zu jagen?
- wenn beides mit nein beantwortet wird, machts meiner meinung nach wenig sinn sich solidarisch mitverprügeln zu lassen.
- und bevor man sich dann solidarisch ins getümmel stürzt, sollte man meines erachtens nochmal ohne moralischen impetus seinen eigenen mut überprüfen - hinterher kann man dann seine neue hf-max ablesen :D
"Manni Bananenflanke, ich Kopf, Tor!" (Horst Hrubesch)

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Schwierige Frage was man im Affekt macht! Einmischen auf die Gefahr hin das man selbst zum Opfer wird? Etwas viel verlangt. Ich denke Du hast schon ganz richtig gehandelt. Szene beobachten, Kennzeichen merken, abwarten was passiert und dann entscheiden, ob man bei extremen Handgreiflichkeiten dazwischen gehen sollte. Ich denke, durch die Tatsache, dass Du stehen geblieben bist und beobachtet hast, hast Du schon einiges verhindern können.

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Gestern war ein Teil meiner Laufstrecke (Wanderweg) von der Polizei abgesperrt, ich musste also einen Umweg laufen. Kurz danach war ein Hubschrauber der Polizei über mir und auf dem Rückweg kam mir noch ein motorisierter Beamter entgegen. Heute war dann auch in der Zeitung zu lesen, warum: ein Vater hat nach einem Streit seine Tochter (23) niedergestochen und ist danach irgendwo in der Gegend (Kleingärten, viele kleine Wege) verschwunden :eek:

Nicht auszumalen, wenn ich fünf Minuten vorher da vorbei gelaufen und Zeuge der Attacke gewesen wäre...ohne Handy unterwegs hätte ich wohl auch nur die Wahl gehabt, laut um Hilfe zu rufen oder den Messerstecher irgendwie davon abzubringen :eek: :eek:

Gruseliger Gedanke...

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Ich würd erstmal die Lage beurteilen, dann den Typ fragen, wo das Problem ist, wenn ich blöd angeredet werde, sehe ich mir betont das Kennzeichen an und werd dann aus der Gefahrenzone stiefeln, aber die Sache im Auge behalten. Ist vielleicht gar nicht schlecht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, denn wenn ich eh am Laufen bin, wird mir von den Spackos wohl keiner nachkommen.
Ich glaub, durch dein Verhalten hast du möglicherweise einiges verhindert.
Veganer sind keine Romantiker, sondern Realisten

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Wenns nur einer ist, mit dem wird man schon so fertig. Aber die feigen Säcke sind ja eh nur im Rudel frech
Veganer sind keine Romantiker, sondern Realisten

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Steif hat geschrieben:Schwierige Frage was man im Affekt macht! Einmischen auf die Gefahr hin das man selbst zum Opfer wird? Etwas viel verlangt. Ich denke Du hast schon ganz richtig gehandelt. Szene beobachten, Kennzeichen merken, abwarten was passiert und dann entscheiden, ob man bei extremen Handgreiflichkeiten dazwischen gehen sollte. Ich denke, durch die Tatsache, dass Du stehen geblieben bist und beobachtet hast, hast Du schon einiges verhindern können.

Kann mich deinen Worten nur anschließen ... hätte es wahrscheinlich (wer weiß das schon genau) ähnlich gemacht.

Übrigens, ohne Handy geh´ich fast nie auf die Laufstrecke, man weiß nie wofür man es brauchen könnte (Schwächeanfälle, Verletzungen oder eben so eine Situation ...).

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Ich würde stehenbleiben, demonstrativ mein Handy zücken und rufen : "Bitte lächeln !". Dann würde ich die Beine in die Hand nehmen und zusehen, daß ich von der Straße wegkomme. Zu fuß würden die mich eh nicht kriegen. Und falls dieser unwahrscheinliche Fall doch eintreten sollte, habe ich immer noch meinen E-Schocker, den wollte ich sowieso mal testen ....
Renn-Schnecke

... von 2 auf 100 in 11 Jahren ...

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Hallo,

meine Ethik sagt mir auf jeden Fall, dass ich mich einmischen sollte. In welchen Situationen ich das dann wirklich tun würde, ist eine andere Frage.

Ich denke übrigens, dass es selbst dann sinnvoll ist, nicht wegzuschauen, wenn man zu zweit immer noch unterlegen ist. Die Idioten sollen einfach wissen, dass sie, wenn sie jemanden anpöbeln, sich nicht nur mit ihm, sondern mit jedem, der vorbeikommt, anlegen. Nicht sinnvoll ist es allerdings, wenn die Situation dadurch eskaliert.

Zumindest kann man in einer solchen Situation dort bleiben, um sich hinterher als Zeuge anzubieten. Gerade bei Beteiligten Autofahrern kann das ja doch sinnvoll sein. Bei einem Sachschaden hat der Geschädigte dadurch unter Umständen sogar einen praktischen Nutzen.

Auf jeden Fall alles eine ganz schöne Scheiße. Zum Glück lebe ich im friedlichen Kreuzberg :-)

Carsten

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Ich glaube, diese Frage läßt sich nicht grundsätzlich beantworten. Meiner Meinung nach sollte jeder, der Zeuge einer solchen Situation wird, sich zur Hilfe verpflichtet fühlen und eingreifen. Erscheint einem dies in dem Moment jedoch zu gefährlich, sollte man sich wenigstens darum bemühen, Hilfe zu holen bzw. sich um das Opfer kümmern, wenn die Täter von ihm abgelassen haben. Einfach weiterlaufen und gar nichts tun fände ich persönlich wirklich daneben.

Ich war selbst schon einmal in der Lage. An einer belebten Bushaltestelle in der Wetzlarer Innenstadt haben fünf etwa 16jährige Kerle einen ca. 13jährigen Jungen aufs übelste vermöbelt. Das war net einfach 'ne Schubserei, sie haben ihn zu Boden geworfen, getreten, erniedrigt. Eine Menge Leute saßen dabei und haben zugesehen - ich selbst zunächst auch, hoffend, ein paar anwesende Männer würden was tun. Es passierte aber nix.

Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten, meinem Freund die Schultasche in die Hand gedrückt, der Meute den Jungen entrissen und ihn in unseren Bus, der gerade gehalten hatte, geschoben. Habe die Schläger noch darauf aufmerksam gemacht, daß es nicht sein kann, zu fünft 'nen Jüngeren so böse zu vermöbeln... die haben noch versucht, mir ihre Gründe zu schildern ("Ey, hat der meine kleine Bruder geärgert, weißdu?!"), dann bin ich aber selbst in den Bus gestiegen.
Die Leute, die darin bereits saßen, haben mir applaudiert, während der Junge ganz alleine bitterlich weinend auf seinem Sitz kauerte wie ein Häuflein Elend. Auf die Idee, ihn ein bißchen zu trösten, ist aber keiner gekommen.

Als sich dies ereignete, hatte ich das Gefühl, eingreifen zu können. Ich war nicht völlig allein mit den Angreifern und dem Opfer und habe außerdem keine Angst vor Halbstarken...
... in Nordic Runners Situation hätte ich aber ähnlich gehandelt wie er oder - sofern auf die Schnelle möglich - Hilfe geholt.

Lieben Gruß
Kathy

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Oje,

Ist nicht so angenehm von drei Typen auf die Fresse zu kriegen. Ich bin seit dem etwas vorsichtiger mich irgendwo einzumischen. Man(n) wird älter und schlauer !? :gruebel:

Leider ist es sehr schwer, jede Situation immer richtig einzuschätzen. Ich habe auch schon geholfen, bin Platt gemacht worden, würde aber wieder helfen weil ich mich sonst wie der letzte Arsch fühlen würde.

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Ich habe beim Laufen auch immer ein Handy dabei, und in solch einer Situation würde ich vermutlich ganz frech das Handy rausholen, damit sies auch sehen können, und die Polizei rufen wenn sie nicht vorher abdüsen.

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Brobald hat geschrieben:Damit die den armen Kerl dann ins Krankenhaus fahren kann :gruebel:


Ja, lieber den als mich. So und bestimmt nicht anders.

RG1

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Ich bin mir ziemlich sicher, dass es den Typen so ziemlich sch...egal gewesen wäre, hätte ich mein Handy gezückt. So wie die ausgesehen haben, hätten die das fix zertrümmert.
Spaß beiseite, Eure Zeilen zeigen mir, dass ich richtig gehandelt habe. Einmischen so lange nix passiert wäre wohl überflüssig gewesen und hätte die Eskalation eher noch gefördert. So fühlten sie sich wohl nur beobachtet und haben ihn ziehen lassen.

Stichwort Polizei: vor Jahren habe ich in einer Seitenstraße jemanden im Vorbeifahren gesehen, der einen am Boden liegenden mit Stiefeln am Kopf getreten hatte. Ich bin nach gut 1km umgedreht und in die Straße reingefahren, der Schläger lief weg, am Boden lag ein stadtbekannter Nazi. Ohne zu übertreiben, er war wirklich einer und stand 100%ig dazu. Na ja, helfen musste ich irgendwie doch, der sah übel zugerichtet aus. Er jammerte, dass das nur passiert wäre, "weil er anders sei." Ich wollte nur sehen, ob er ärztliche Hilfe benötigte, als ein Ex-Lehrer von mir vorbeikam, sich entschloss, die Polizei zu holen. Die kam auch ganz fix und fragte mich, "ob ich wüsste, wer das sei." Ich gab an, ihn vom Namen natürlich zu kennen (damals in einer 7000-Seelen-Gemeinde kein Kunststück). "Na gut, dann fahren Sie mal nach Hause, wir regeln das schon." Ich musste jedenfalls nie als Zeuge oder so aussagen, die haben den Kerl bestimmt ohne Behandlung nach Hause geschickt. Obwohl er ein fieser Kerl war und auch kein Kind von Traurigkeit, wenn einer so am Boden liegt, ist das immer übel.
Ich muss aber zugeben, dass ich mich ihm doch eher zurückhaltend genähert habe.
War nur froh, dass er nicht meinen "Anti-Nazi-Aufkleber" auf meinem schönen alten Kadett gesehen hatte...
Gruß aus Ellerbek-Downtown

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Hallo,

in Hamburg draf man sich einfach nicht einmischen. Das ist zu gefährlich. Wer es doch tut kann Glück haben, aber auch ganz schnell tot sein. Stehenbleiben und gucken oder Polizei rufen ist das höchste der Gefühle. Alles andere wäre dumm! Erst recht wenn es tatsächlich so menschenleer war.

Kann man andere in den "Fall" mit einbeziehen sieht es etwas anders aus, aber ich greife sicher nur ein, wenn ich meine das ganze schnell beenden zu können.

Am gefährlichsten ist es Kinder um die 14-15 zur Ordnung zu rufen. So schnell kannst du gar nicht gucken wie die dich kaltstellen. Denen fehlt doch allen inzwischen die Hemmschwelle die wir (30 und älter) alle noch hatten.

Etwas pauschal und polarisierend aber leider ziemlich wahr!!
Beste Grüße
Mark

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Respekt! In so einer Situation einzugreifen, verdient Bewunderung.
Es hätte auch anders ausgehen können und wie oben schon gesagt, wurde durch Deine Anwesenheit sicher schlimmeres verhindert.

Wenn man sich in Gedanken vorstellt, wie man sich verhalten würde, ist zwar schön,
aber wenn es wirklich soweit ist, reagiert man anders als man denkt.

Ansonsten immer den mit der größten Klappe zuerst ausschalten, dann macht der Rest auch nix mehr....nun ja, bei 10 Personen oder so bringt das auch nichts mehr, dann lieber davon laufen....wie passend! ;)

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Nordic Runner hat geschrieben:Also ich war mir sicher, dass ich geholfen hätte, wenn es soweit gewesen wäre. Aber ich glaube, nicht jeder denkt heutzutage so, oder?
Durch Dein Verhalten hast Du den feigen Ar.......... den Wind aus den Segeln genommen. Das allein war schon sehr geil! Dass es dafür mindestens eine blöden Spruch regnet ist doch klar.

Zu Deiner Frage: Generell vermisse ich die Hilfsbereitschaft genauso. Aber es ist auch sehr schwierig. Ich glaube, dass man das nicht verallgememeinern kann. Es kommt immer auf die Situation drauf an.

Ich persönlich habe bisher in meinem Leben 2 Situationen in der Richtung erlebt. Einmal als "Retter" und einmal als "Opfer". Der "Retter" war ich für eine junge Frau, die in einer Straßenbahn von einem Gestörten bedrängt wurde. Das "Opfer" war ich im Kino als mich mehrere Gesörte beschuldigten ihnen einen Kronkorken nach Hinten geworfen zu haben und ich doch bitte mein Testament schreiben soll (mit dem Wortlaut "was guckst du, lan?").

Ich konnte 5 Minuten vor Ende des Films vorzeitig fliehen und der angedrohten Tracht prügel entkommen. Mein Kumpel aber, dem ich mehrmals, mehr als deutlich, gesagt hatte, dass es gleich zu Aua kommt, wenn wir nicht vorher rausgehen, hat furchtbar dolle Aua bezogen. Wegen der Begebenheit habe ich heute noch ein schlechtes Gewissen! Es waren 8 Gestörte gegen uns zwei. Dem "bleib mal locker, es wird schon nichts passieren" folgte ein "ich gehe jetzt raus, komm bitte mit!". Ich ging alleine...

Noch am selben Abend durfte ich in ein grün und blau geschlagenes Gesicht gucken. Sorry, wenn ich das hier so schreibe, aber ich fühl mich heute noch Schuldig dafür...

Viele Grüße, Lars

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Ich würde mich einmischen und helfen.


Gruß Jens
Gesperrt

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