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Duathlon in Elmshorn am 3. 9.: Tanz den Mussolini

Duathlon in Elmshorn am 3. 9.: Tanz den Mussolini

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"Leider hat am Wettkampftag der Regen nicht nur den Athleten zugesetzt,
auch unsere Technik und das Papier für die Urkunden hat schließlich vor dem Wasser kapituliert [...]“
(Mitteilung der Triathlon Abteilung des EMTV vom 8. 9. 06)

Am Sonntag, den 3. September, 2006 lud die Triathlon-Abteilung des Elmshorner MTV zur Landesmeisterschaft Schleswig-Holstein im Duathlon ein: 5 km Laufen – 30 Rad fahren – 5 km Laufen galt es zu bewältigen. Rad fahren kannste, Laufen auch, dachte ich bei mir, Schwimmen lernste nie, also lass den Tria in Hamburg sausen und melde Dich für den Duathlon an. Und wer ist schon bei einer Landesmeisterschaft dabei? Ran! Auf der Fahrt von Altona ins benachbarte Städtchen war noch alles in Butter: Was soll schon passieren, die Sonne lacht, Luft ist in den Reifen und mir kann keiner.

Gut 30 Kilometer später sah es schon anders aus. Aus den Lautsprechern dröhnte zur Begrüßung „Tanz den Mussolini“, schwarze Wolken drohten vom Himmel, um mich herum Modellathleten mit Bikes der Sonderklasse machten mir schnell klar: das ist kein Volkslauf. Und bevor der Countdown zum Start runter war, regnete es Bindfäden.

Mein Plan sah aus wie folgt: 10 km läufste in 1 h, einen Schnitt von 27-30 km/h beim Rad fahren ist drin + 3 Minuten in der Wechselzone macht 2 Stunden 10 Minuten für die Gesamtdistanz. Unter 2 Stunden wäre Fabelweltrekord, mehr als 2,25 Stunden blamabel. Gehen wir’s an.

Die ersten Meter Laufen wie gehabt: Puls gleich beim Anschlag, das ich dachte, woher die Puste nehmen für den Rest. Der Wind und Regen kam auf den ersten Kilometern immer nur vorn vorne, aber nach der ersten Kurve – ah wie schön, wenn der Schmerz nachlässt – schob der Wind ein wenig. Nur zu dumm, dass ich das Feld von hinten anführte. Nicht ganz. In der Wechselzone war ich drittletzter, aber nun setzte Panik ein. Was tun?

Mir klingelten die Ermahnungen von der Wettkampfbesprechung im Ohr: Helm auf, Helmschloss zu, sonst kommt keiner weiter! Befolgte ich brav, aber vergaß darüber den ganzen Rest ... Und nach dem Wechsel der Schuhe, hatte ich weder meine Startnummer dabei noch die Radlerhose an, geschweige denn Brille gegen Wind und und.

Und während ich noch überlegte und mal wieder zurück an den Wechselort fuhr, um zu komplettieren, hatten mich alle anderen Läufer eingeholt. Fast alle! Aus dem Augenwinkel bekam ich mit, dass ein Konkurrent, ein Bild-von-einem-Mann (BVEM), erst in die Wechselzone eintrudelte, als ich endlich losradeln konnte. „Letzter werde ich also nicht, har har“, war mein letzter Gedanke, bevor ich mich auf die 30 Kilometerfahrt machte.

Die ersten Kilometer ließen sich gut an, auf dass ich einen Vorausfahrenden ins Visier nehmen konnte. Bedächtigt näherte ich mich und schwupps, vorbei. Das gleiche Manöver gelang mir noch bei einem weiteren Duathleten. Aber dann, wer beschreibt mein Entsetzen, rauschte BVEM (s. o.) an mir vorbei! Wie konnte das sein? Den hatte ich nun gar nicht auf der Rechnung. Dranbleiben, ohne im Windschatten zu fahren, war gar nicht so einfach, zumal wir uns im öffentlichen Straßenverkehr befanden. Also versetzt links hinter ihm schön auf Straßenmittte geblieben – und den ersten sachten Anstieg zum erfolgreichen Überholen ausgenutzt: vrooooom. Hab Dich wieder! Und mit Vollgas eine Lücke gefahren.

Aber kaum war mir die Eroberung des vorvorvorletzten Platzes gelungen, zog und zwickte es im rechten Oberschenkel. Ach, Du Schreck! Was das? Ein Schmerz, wie ich ihn vorher noch nie hatte, fremd und gemein. Oder bildete ich mir das alles nur ein? Hypochondrie statt Muskelkrampf? Das leise Rieseln der Wasserströme auf meiner zarten Haut, die mir eine Zerrung vorgauckelten?. Weiß ich bis heute nicht! Nur, dass ich auf gar keinen Fall aufgeben wollte, die Beine aber hängen ließ, einer nach dem anderen mich wieder einsammelte, ich schlussendlich nach einigen Kilometern Pause zwar mit einem Gegenangriff noch zwei Rennfahrer hinter mich ließ und so zur zweiten Wechselpause als – immerhin – vorvorletzter eintraf.

Folgte das Drama des Umziehens und Schuhewechselns (s. o.), was mir abermals die Rote Laterne einbrachte. Und dann auf den Weg zu den letzten 5 Kilometern. Au backe, das ging gar nicht mehr. Die Füße brannten wie Feuer und Knie weich wie Pudding ließen mich weniger Laufen als Schweben – klingt schön, war aber traurig. Seltsam genug, dass ich trotzdem voran kam und sogar nach hartem Einsatz mich wieder auf meinen lieb gewonnenen vorvorletzten Platz schieben konnte. BVEM zählte auch zu den Bezwungenen, sein psychologischer Fehler war, das er eine kleine Gehpause einlegte. Das beflügelte mich dermaßen, dass Schmerz und Regen nicht mehr zählten, sondern nur ein Vorwärts-Und-Nicht-Vergessen-Iss-Nicht-Mehr-Weit. Geschafft mit einem Lächeln und Glücksgefühl nach 2:03 im Ziel.

Den ersten 5 Km hatte ich selbst gestoppt in 27 Minuten, Rad in 1:02 h (Durchschnittstrittfrequenz 83) und nochmals 5 km in gut 30 Minuten absolviert.

Jetzt lerne ich Schwimmen, bei den erlebten Wassermassen durchaus sinnvoll, und dann ist im nächsten Jahr der Tria dran – versprochen.

Bild 1 zeigt eine Herde Jungbullen (i. e. meine Gegner), Bild 2 sieht ungelenk aus und war es auch (myself in der Wechslezone) und Bild 3 noch einmal ich, vor der letzten Etappe, um eine Banane bittend, die waren aber alle weg geschwommen.
Bild

Herzlichen Glückwunsch!

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:respekt: :besserng:

Hallo ottoernst,

war der Name richtig? :klatsch:

Habe Deinen Bericht mit Spannung gelesen. Bin neu in der Laufwelt und total phasziniert was diese so alles zu bieten hat.

Jetzt warte ich drauf, dass Deine Bilder angeschaut werden können.

Nochmal herzlichsten Glückwunsch.

Konstanze

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ottoerich hat geschrieben:Aus den Lautsprechern dröhnte zur Begrüßung „Tanz den Mussolini“
Oh. Die DAF-Generation ist in der Veranstalterriege angekommen?

Dreh dich nach rechts
und klatsch in die Hande
und mach den Adolf Hitler

Sehr gewagt :hihi: :hihi: :hihi:

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Sehr schöner , gut zu lesender Bericht. :daumen:
Ich spiele auch mit den Gedanken mir ein Rennrad zu kaufen und in Richtung Triathlon weiterzumachen. Daher war dein Bericht ungemein motivierend für mich.

Danke

Rallek
Meine Laufhighlights:
11.09.05 Münster Marathon
Mai 2006 Riesenbecker Sixdays
15.10.06 Essen Marathon
07.10.07 Köln Marathon
April 2008 Riesenbecker Sixdays
Oktober 08 Frankfurt Marathon
Mai 2010 Riesenbecker Sixdays
11.09.2011 Münster Marathon
06.11.2011 New York Marathon

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Wunderbarer Bericht!! :daumen: :daumen: Sehr spannend! Glückwunsch zu der guten Zeit und zur Wunsch-Plazierung, besonders vor BVEM :zwinker2: - köstlicher Ausdruck. Ich verstehe dich, die BVEF sind es auch immer wieder, die ich noch einholen möchte...

:hallo:
Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst (Matthias Claudius)

http://artificial-nonsense.blogspot.com/

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@BadArolsen: Du darfst Otto Ernst zu mir sagen: ein Dichter aus dem benachbarten Ottensen, der einen der schönsten Kindheitsromane und den einzigen Ernst (!) zu nehmenden Ottensen-Altona-Roman überhaupt geschrieben hat. Für alle anderen ottoerich, bitte (auch ein Dichter)

@Dromeus: die ganze Zeit dröhnte NDW; fühlte mich glatt um 30 Jahre in die Studentenzeit zurück versetzt. Nicht nur Laufen verjüngt - auch Musik hören! "Deine blauen Augen machen mich so sentimental [...]"

@Rallek: machet! Das bringt viel Schwung in die Bude. Ich hoffe, dass ich im Winter Schwimmen lerne (bin total unsportlich :peinlich: ) und dann ist der erste Tria 2007 mein Tria!

@Marienkäfer: Danke für die Blumen. Sind wir schon zu Zweit.
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Köstlich.
Hab mich bep**** vor lachen :teufel:

Hatte auch durch Zufall vom Triathlon in Dortmund erfahren, und daran gedacht, ja, wäre doch nett, n bisschen schwimmen (tu ich eigentlich gar nich), radfahren (tu ich ja halbwegs genug), und laufen (sollte reichen).

Dann hab ich mir aber die Vorraussetzungen in der Ausschreibung angesehen, und begrub meinen Gedanken an einen gemütlichen, sportiven Nachmittag :geil:
Irgendwie nahmen die einen schon bei einem Fahrradschnitt von unter 30 km/h aus dem Rennen, Schwimmen war mir erst recht zu schnell, da ich da ja gar nich weiß, wie schnell ichs könnte, von Kraul mal ganz abgesehen.

Vielleicht in 1, eher 2 Jahren nochmal dran denken :confused: :daumen:

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noName hat geschrieben:... Vielleicht in 1, eher 2 Jahren nochmal dran denken...:
oder nach Hamburg kommen: ich habe gestern bei Jedermann-Sprint einen Wettkämpfer in Rückenlage in der Alster gesehen: der plätscherte vergnügt vor sich hin im Schneckentempo. Es fehlte nur noch das Quietsche-Entchen.
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Hallo Detlef (ich darf doch, oder?),

also erst Mal herzlichen Glückwunsch zu dem Bericht. Was hättest Du nur gemacht, wenn Du schneller und damit im langweiligen Mittelfeld gelandet wärst? Tja, zum Wettkampf selbst kann ich nicht viel sagen, da ich (noch) kein Du- oder Triathlet bin aber deinen Traumzeit hast Du ja wohl nur verpasst, weil Du ein wenig schusselig warst. Also, die korrigierte Zeit ist unter 2 h. Super.
Was ist mit dem HH-Marathon im nächsten Jahr? Ich setze auf Dich :-)

Ciao
Michael
Link zum Erdinger-Tippspiel

Wäre die Welt eine Bank, hättet ihr sie längst gerettet (Greenpeace)
und

Nichts ist scheißer als Zweiter (Eric Mejer)
und
Die Nahrung soll Deine Medizin sein
und nicht die Medizin Deine Nahrung

Hippokrates

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Hallo Michael,

in der Wechselzone fiel mit irgendwann die Geschichte mit Donald Duck ein: endlich mal wieder ein Job, diesmal sogar als veritabler Feuerwehrmann! Mit stolz geschwelgter Brust verkündet er seinen Neffen die neue Anstellung und träumt von großen Rettungstaten.

Als in der Nacht darauf die Sirene heult, rennt er im Übereifer unbekleidet los und muss ermahnt von Trick, Tick und Track immer wieder zurück um Helm, Uniform, Axt zu zu holen - er verpasst daraufhin das Einsatzfahrzeug und endlich zu Fuß am Brandherd angekommen ist dieser schon gelöscht.

So ähnlich fühlte ich mich, als ich in meinen Beuteln rumwühlte und von außen "Daisy" mir den einen und anderen Hinweis zurief. Gelebter Donaldismus.

Als Ziel steht der HM im Vordergrund. Als Traum bleibt der M bestehen. Ist ja noch etwas hin.

Gruß in die Heimat - Detlef alias ottoerich
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