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KA: mein schönster und erster Marathon

KA: mein schönster und erster Marathon

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Wie es anfing:
Als ich mich vor 3 Jahren selbständig machte und die tägliche Tour mit dem Fahrrad in die Firma entfiel, wurde die Idee vom Laufen geboren, damit ich nicht frühzeitig in die Altersstarre verfalle. Fast zeitgleich kamen im SWR-Fernsehen die 3 Folgen „von 0 auf 42“ und ich war erstaunt, dass man auch in fortgeschrittenem Alter innerhalb eines Jahres zum Marathon kommen kann. Wie praktisch, dass die VHS einen „Jogging-Kurs“ anbot. Der hat meinen Elan dann zwar ein wenig gebremst, aber ich blieb dabei und kam auch zum örtlichen Lauftreff.
Im zweiten Jahr gab’s dann in der Nähe den Freiburg-Marathon mit der Möglichkeit, einen halben zu laufen. Die Erfahrung bei km 13 vor lauter Hochgefühl „durchzustarten“ und dafür ab km 18 dann Gehpausen einlegen zu müssen, war noch nicht lehrreich genug. Denn 3 Wochen später kam ja der Schluchseelauf mit „nur“ 18 km. Naja, die hatte ich doch gerade ohne Gehen geschafft. Da sollte es doch genau passen. Hat’s auch. Aber anders als gedacht: Gehpausen wieder 3 km vor dem Ziel. – Aber dann im Herbst: Karlsruhe mit einem durchgelaufenen Halbmarathon. Und schöner Strecke und Atmosphäre. Da könnte ja in einem Jahr ein ganzer drin sein.

Die Vorbereitung (?):
Im Dezember hat der 30km-Freundschaftslauf mit Ende auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt als Test gelockt und mich als neuen Freund gewonnen. Der Winter war mit Schnee und Eis nicht gerade so trainingsfreundlich, ging dann aber glücklicherweise nahtlos in einen heißen Sommer über. Nach einem Berglauf hat mir dann meine linke Achillessehne ständig vorgeschwärmt, wie viel besser es wäre, nicht zu laufen. So hab’ ich’s vor dem Urlaub nur auf 3 20km-Läufe gebracht. Der Urlaub auf der griechischen Insel war dann auch heißer und gebirgiger als erwartet. Ein paar 7km-Läufe gingen, um Herrn Achilles Tribut zu zollen, aber nicht alles an Kondition zu verlieren. Nach dem Urlaub erst mal zum Doc, dessen Blick auf die Frage, ob ich denn weiter laufen könne, war für ihn sicher eindeutig. – Egal, der Marathon ruft und es sind nur noch 5 Wochen. Und mit viel Dehnen und Massage wurde Herr Achilles auch etwas schweigsamer. Wenn ich nicht lief. Obwohl ich die 3 30km-Läufe mit den verschriebenen Gel-Kissen im Schuh lief, war die Stimme des Herrn an der Ferse an den folgenden Tagen sehr deutlich. Also die letzten 2 Wochen möglichst schonen, damit der Marathon gerettet würde.

Der Tag X:
Nie hatte ich gedacht, dass ich so viel Mist träumen könnte und so aufgeregt sein würde. Hatte die Start-Atmosphäre doch schon oft genossen. Dann, bei strahlendem Wetter starten die ersten 3 Blocks. Zumindest damit, auf der Stelle zu laufen. Und im Volkswandertempo gehen sie zur Matte. Bis zu unserem 10 Minuten später folgenden Block sind die ersten 3 Blocks auch gerade so über die Startlinie. Und dann sind wir dran. Ich stehe vor dem 4:29-Ballon und finde mich bei den angepeilten 4:45 damit ganz mutig. Aber das Hauptziel heißt: Durchkommen!
Die Stimmung ist gut. Bei den Läufern und beim Publikum. Und ich habe kein schlechtes Gewissen, dass in meiner Umgebung immer Zeit und Luft ist für einen Scherz. A propos Luft: Atmen geht sehr gut, obwohl der Puls schon höher als geplant ist. Aber das ist die Temperatur auch und das wird wohl der Grund sein. Also bei jeder Verpflegungsstelle einen Becher Wasser über den Kopf und bei schnellem Gehen einen in mich rein.
Als die 2 4:29-Ballons bei km 13 an mir vorbeiziehen zieht es mich auch. Runter. War ich doch die ganze Zeit gut drauf, weil ich nicht nach hinten gesehen und sie weit hinter mir gewähnt hatte. Aber da die Puste gut geht, geht’s mir bald auch wieder gut.
Bei km 18 kommt ein Fahrrad und kündigt „…erste(r) …“ an. Schlanke (dürre?) Beine mit kaum was drüber schweben an mir vorbei und davon (die letzten Kilometer sind für HM und MA gleich). Kann mich aber gerade mal gar nicht erschüttern. Fühle mich so gut drauf, dass ich noch einen Halbmarathon laufen könnte. Ach so, das hatte ich ja ohnehin vor. So stört es mich auch nicht, als viele Halbmarathons rechts abbiegen und das Feld um einiges dünner wird (fast kann von Feld keine Rede mehr sein). Ein Läufer geht vor mir mit der Wechselzone im Blick. Ich muntere ihn auf und er läuft ein Stück und geht dann wieder. Dann nehme ich ihn an der Hand und ziehe das Tempo ein wenig an und wir laufen zur Wechselzone. Er biegt ab und ich laufe weiter. Schöne Strecke. An einem Flüsschen entlang. Tut den Füßen auch mal gut, nicht Asphalt zu laufen.
Bei km 30 erhalte ich aufregende Begleitung. In Karlsruhe laufen auch Kunstwerke mit: Body-Painting. Die Herren immerhin mit Hose. Die Damen nur mit Farbe. Meine Begleitung trägt nur Farbe. Wir schwatzen ein wenig aber sie scheint schneller zu sein und zieht an. Vielleicht war’s der Anblick des knackigen Pos, der mich beflügelt hat, denn an der nächsten Brücke bleibt sie hinter mir zurück und ich musste auf diesen netten Anblick für den restlichen Lauf verzichten.
Dann kommt das Schloss in Sicht. Und, oh Wunder, die 4:14-Ballons laufen mir entgegen. Na, dann kann ich ja so schlecht nicht sein, denn die Runde um’s Schloss ist ja kurz. So viel zum Thema Wunschdenken. Eine Strecke von 3 km sollte nicht unterschätzt werden. Beim Rauslaufen aus dem Schloss noch mal lächeln für die Fotografen und dann wird’s zäh. Zuschauer gibt es in der Innenstadt nur vereinzelt. Und dass da eine Absperrung ist, interessiert wohl auch nur die Läufer. Der gewöhnliche Karlsruher interessiert sich mehr für die Auslagen der Schaufenster und sieht zu, dass er auf kürzestem Weg dorthin kommt. Dass ihm da Läufer in die Quere kommen, stört eher noch.
Hinter der Brücke über den Zoo scheint ein junger Mann Probleme zu haben. Ich versuche einen Scherz, aber es kommt nur zurück: „Das war mein erster Marathon und mein letzter.“ Ich hoffe, der Zieleinlauf hat ihn entschädigt und er überdenkt seine Entscheidung noch mal.
So langsam fange ich an, mich atmen zu hören. Anderen geht es genauso. Sie hören mich auch. Ist mit aber gar nicht peinlich. Im Gegenteil, es scheint eher nützlich zu sein, weil ich dann freie Bahn bekomme. Ein mitleidsvoller Feuerwehrmann muntert mich auf: „da vorne kommt eine Wasserstelle, da können Sie dann ausruhen.“ Wasser ist ja ok, aber ausruhen? Jetzt eher das Tempo noch mal anziehen und wohl oder übel noch lauter keuchen. Dieses Stück Strecke kenn ich ja schon. Von vorhin und von letztem Jahr. Aber es ist dieses Jahr doch länger geworden, obwohl das Ziel an der gleichen Stelle aufgebaut ist. Und endlich kommt die letzte Linkskurve, die Arme hoch, die Matte, die Medaille und ein Tisch zum Aufstützen: „Nein, ich brauche keine Hilfe, alles ok, nur kurz zu Atem kommen“.
Etwas trinken und das dumme Gerede von Herrn Achilles wieder zur Kenntnis nehmen. Mir ist zum Weinen zu Mute. Nicht wegen dem da unten, sondern vor Glück. Ich hab’s geschafft. Und schneller, als ich’s geplant hatte. 4:34 ist für mich eine Traumzeit, auch wenn meine Lauftreff-Kollegen bereits geduscht haben.
Heute kann ich schon wieder ohne Hände am Geländer die Treppe runterlaufen. Und wenn die rote Färbung unter den Zehennägeln wieder verschwunden ist und Achilles ganz die Klappe hält, kann ich planen, bei welchem Marathon ich mir eine neue Zielzeit setze. Es ist schön, so ein Erlebnis zu haben, dass man sich auf den nächsten Marathon freuen kann, statt zu denken wie mein Mitläufer, der seinen ersten zum letzten machen wollte.

Hans
Jeder Lauf ist ein Geschenk! - Danke

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Hallo Hans,

herzlichen Glückwunsch zur gelungenen Premiere!

Das hörte sich doch recht locker an.
Naja, bis auf das Keuchen. Aber die besten Tennisspieler/innen der Welt keuchen orgastisch und alle sind begeistert.

Sehr witziger Bericht! Mehr Marathons, mehr Berichte!
Dir hat geschrieben:KA: mein schönster und erster Marathon
... und nicht zu vergessen Dein bester und schnellster!

Gute Erholung,
oLi

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Ein toll geschriebener Bericht! Da warte ich doch schon mal auf den nächsten! :daumen: :hallo:

manchmal funktionert auch der Kopf

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Marienkäfer hat geschrieben:Schöner Bericht, Hans :daumen: und Glückwunsch!! :daumen:

(daß du nicht hinter der hübschen Bunten geblieben bist :D )
Wär schon verlockend gewesen. Aber obwohl ich ein Mann bin, schaffe ich es in Ausnahmesituationen, mit dem Kopf zu denken :hihi: . Und in KA hatte ich ein Laufziel, kein Anbandelziel :zwinker5:
Ich hoffe auf Dein Verständnis :hallo:

Danke für die Wünsche. Und wenn's klappt, gibt's auch wieder mal 'nen Bericht

Liebe Grüße und gute Läufe
Hans
Jeder Lauf ist ein Geschenk! - Danke

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Hans, herzlichen Glückwunsch zum gelungenen Debüt :daumen: Klasse gelaufen, klasse geschrieben! Den "Ersten" vergisst man nie :zwinker5:

Erhol Dich gut, und dann auf zu neuen Taten.
☼ ☼ ☼
Entscheide Dich. Und wenn Du Dich entschieden hast,
vernichte die Alternativen.
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