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ein Fischkopp beim Köln Marathon

ein Fischkopp beim Köln Marathon

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Es fing schon nicht gut an. Im Zug von Bochum nach Köln waren noch 2 Sitzplätze frei, und als wir saßen, wussten wir auch warum. Hinter uns saß eine Truppe Faschos, die ihr Wochenende lautstark und rauchend ausklingen ließ. Die Bitte eines anderen Läufers die Kippe auszumachen, bewirkte natürlich genau das Gegenteil. Jetzt rauchten alle Glatzen, und die Situation drohte zu eskalieren. Das wäre es noch gewesen, eine Schlägerei als Aufwärmtraining für den Marathon.

So sind wir froh, als wir endlich "heil" in Köln ankommen. Das Wetter ist Klasse, sonnig aber nicht zu warm, und so sollte es auch bis zum Schluss bleiben. Die Wartezeit bis zum Start sitzen wir auf einer Bank vor der Kleiderbeutelabgabe und sonnen uns. Gnies und Böckchen gehen vorbei, ich rufe noch, aber in dem Trubel haben sie mich nicht gehört.
Gegen 11:45 begebe ich mich dann in meinen blauen Startblock. Der Start allerdings verzögert sich, während wir lautstark mit "dat ist prihima" beschallt werden. Ich kontrolliere nochmal die Bindung meiner Schuhe und bemerke dass eine meiner Zehen sich wie eingeschlafen anfühlt. Mittlerweile wird die komplette musikalische Frohsinnkanone auf uns abgefeuert, während die Karawane weiterzieht, hält der Sultan "dursch", und dann kommt "eine supergeele Zick" (oder so ähnlich :) ).Der Moderator gröhlt mit, um mich herum ist alles am singen, tanzen, mitklatschen. Nur ich alte Spaßbremse würde jetzt gerne etwas laufen. Typisch Partykiller.

So gegen 12:40 ist es dann soweit, ich darf loslaufen. Doch was ist das? Mein "eingeschlafener" Zeh ist aufgewacht, und ein Schmerz schießt bei jedem Schritt durch den Zeh in den Fuß. Hoffentlich läuft sich das weg. Wir laufen über die Deutzer Brücke es geht ein wenig bergauf. Wie bei jedem Volkslauf werde ich am Anfang nur überholt, aber ich habe gelernt, mich davon nicht beeindrucken zu lassen, später hole ich doch den einen oder anderen wieder ein. Das Schöne an Brücken ist auf der anderen Seite geht es auch immer wieder bergab. Wir laufen dann Richtung Rudolfplatz und weiter Richtung Rhein. Langsam finde ich auch meinen Tritt, wenn bloß der verdammte Fuß nicht wäre. So kann ich keinen Marathon laufen. Bei km 7 gehe ich aus der Strecke und setzte mich auf ein Mäuerchen. Ich ziehe Schuh und Strumpf aus, und will sehen was los ist. Nichts , nichts rot, nichts dick, nichtmal ne Blase. Was soll das? Und vor allem was mache ich jetzt? Zurückgehen? Ich realisiere, dass mein 2. Marathon zu Ende ist. Ich habe keine Lust, noch 35 km mit Schmerzen zu laufen.

Langsam ziehe ich mich wieder an, und beschließe soweit noch zu laufen, bis die Strecke wieder im Zentrum ist. Tempo nehme ich raus, ist ja egal. Im Bayenthalgürtel komme ich an der FH für Augenoptik vorbei, wo ich mich vor Jahren auf meinen Meistertitel vorbereitet habe. Die Erinnerungen lenken mich ein bisschen ab, und so komme ich irgendwie am Barbarossaplatz an. Das ist so km 12. Ich beschließe, da es bis hier ging, kann ich auch bis zu km 20 laufen, da stehen meine Groupies. Unterwegs überlege ich was ich meiner Frau sage. Sie hat bestimmt für mich das Köln-Marathon Shirt gekauft, das ich nie anziehen werde, wenn ich nicht ins Ziel gelaufen bin. Als ich dann am Rudolfplatz ankomme, ist es einfach zu eng um stehenzubleiben. Ich rausche also vorbei, und werde bei der nächsten Möglichkeit umdrehen.
Tu ich aber nicht, sondern laufe weiter. Bei km 22 steht ein Zuschauer und feuert mich mit Zahnlücken an:" Los Jürgen, bring das Ding nach Hause! " Hmm.
Die Kilometer ziehen sich. Ich überhole eine Frau die als Biene Maja verkleidet ist. Ich fange jetzt doch an regelmäßig zu trinken und Banane zu essen. Bei km 29 renne ich voll gegen eine Frau, die unbedingt ihr Fahrrad quer durch die Strecke schieben muß. Für mich die Gelegenheit mal richtig Dampf abzulassen. Danach komme ich mit einem älteren Läufer ins Gespräch, der mich etwas ablenken kann. Leider verliere ich ihn am nächsten Verpflegungsposten.
Bei km 34 stehen wieder meine Frau und meine Schwägerin mit Freund. Er trötet mir ins Ohr:" Noch 8 km bis zum Bier". Da ist was dran, außerdem wäre das jetzt die letzte Gelegenheit gewesen auszusteigen. Aber ich laufe weiter. Zu den Schmerzen kommt langsam Erschöpfung, aber irgendwann sehe ich in weiter Ferne schon den Dom km40,
und das gibt etwas neue Kraft. Ich überhole ein Päarchen das Hand in Hand geht, und auf dessen Rücken "just married 8.10.2006" steht und gratuliere artig. Die beiden danken fröhlich, und ich muß an meine eigene Hochzeit in diesem Sommer denken. Nach dem Dom wird die Strecke nochmal richtig uneben, was die Schmerzen weiter steigert. Dann endlich die Deutzer Brücke hoch, runter, wo bleibt das Ziel? Ich sehe auf die Uhr 4:19 und sprinte los, wenigstens unter 4:20 bleiben. Erstaunlicherweise klappt der Spurt sogar noch, und es bleibt bei 4:19:32.

Ich bekomme einen Umhang und die Medaille auf der eine fette 10 steht. Sie sieht also aus wie eine für einen 10er. :)
Jetzt tatsächlich erst mal ein Erdinger alkoholfrei, und während ich auf der Wiese stehe, versucht ein Läufer mir seine Banane in meinen Bierbecher zu kotzen. Mir reichts, ich gehe zum Ausgang und hole meinen Kleiderbeutel ab.

Mein Fazit: Es ist erstaunlich, wie weit man mit Schmerzen laufen kann, aber Spaß macht das nicht. Außerdem wundert mich, wo die Schmerzen im Fuß herkamen, ich habe da noch nie Probleme gehabt. Interessant war es, hinterher zu hören, dass Ulrike Maisch bei km 7 wegen Fußproblemen ausgestiegen ist. Ulrike wir haben etwas gemeinsam. (Ob sie wohl auch auf dem Mäuerchen gesessen hat?)

Jürgen

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:D
Jetzt tatsächlich erst mal ein Erdinger alkoholfrei :klatsch: , und während ich auf der Wiese stehe, versucht ein Läufer mir seine Banane in meinen Bierbecher zu kotzen. Mir reichts, ich gehe zum Ausgang und hole meinen Kleiderbeutel ab.
:hihi:

So kanns gehen.
Aber wenn man sich auch an den erdingerstand stellt. In Köln! :klatsch:
Das war ein Rheinländer, der aus Versehen die bayrische Pferdepi... ein sich reingeschüttet hat. Das würde uns alle umbringen. :D

Das mit den Fußschmerzen hab ich gar nicht kapiert. Wo soll das wehgetan haben?

Spin

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Tempo 'raus nehmen und 4:19 laufen, Potzblitz, das musste mir demnächst bei unserem Regenerationslauf an der Elbe erläutern. Du darfst dannn nur auf einem Bein hinken und ich schlappe nebenher. Bis bald - otto der erich
Bild

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ottoerich hat geschrieben:Tempo 'raus nehmen und 4:19 laufen, Potzblitz, das musste mir demnächst bei unserem Regenerationslauf an der Elbe erläutern. Du darfst dannn nur auf einem Bein hinken und ich schlappe nebenher. Bis bald - otto der erich
Na klar, freue mich schon darauf :)

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:handshak: und :traurig: nochmal zum durchquälten Lauf. Irgendwie aber doch unvernünftig, aber sollten unsere gemeinsam abgerissenen Kilometer so für die Katz gewesen sein? He, Kopf hoch Jürgen, Du bist ihn mit Würde durchgelaufen.
Elling hat geschrieben:Die beiden danken fröhlich, und ich muß an meine eigene Hochzeit in diesem Sommer denken.
Ich weiß ich habe das irgendwie schon gehört, aber seinerzeit nicht so richtig realisiert :confused:
Steif
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Ständig verschwinden Senioren spurlos im Internet, weil Sie "ALT" und "ENTFERNEN" gleichzeitig drücken.

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Hi Jürgen,
schön das du wenigstens die Anreise gesund überstanden hast. Der Lauf war ja eher scheixxe. 42km mit Aua im Fuss hört sich nicht richtig nach Spass an. Du hast durchgehalten, ob dass gut und angemessen war kannst nur du entscheiden weil wir nicht wissen wie doll es weh getan hat.
Verstehen kann ich dass man weiterlaufen will, wo du doch ordentlich KM gefressen hast vorher.

Ich gratulier Dir jedenfalls zur neuen 10er Medaille
Olli

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...hält der Sultan "dursch"...
Der Sultan hält weder Hof noch "dursch" - er will watt trinken! :sauer: Fischköpp :nene: :hihi:


War nicht wirklich ein Lustlauf, hast dich aber super geschlagen und bis zum Schluss durchgezogen. Obs clever war, will ich nicht beurteilen.
Sich den Lauf in kleine Etappen aufzuteilen, ist mein bevorzugtes Mittel zur Motivation.

Glückwunsch zum 10er :)

Beste Grüsse
Marme

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:party2: Glückwunsch zur Hochzeit, der Lauf war ja dann eher zum ... :haarrauf:

Conni

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Moin

Irre, dass du nach deinem beendeten Marathon noch 35 km laufen konntest... :daumen:
Liebe Grüsse von Gregor :hallo: (Bremen)
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Hallo Jürgen,
das ist ja merkwürdig, was mag das bloß sein am/im Zeh? Vielleicht irgendwo gestoßen und minimal angebrochen?
So ein Ärger aber auch, dass das genau mit Beginn des Marathon passieren muss. :traurig: Ich hoffe, du hast jetzt erstmal nicht die Nase voll vom Marathon allgemein ...

Ziehe meinen Hut vor deiner "Willensstärke in Etappen", das Ding trotzdem noch nach Hause zu bringen - Respekt. :daumen:

Die 10er-Medaille musst du mal bei Gelegenheit zeigen :zwinker5:

Tessa
„Ihr kommt doch klar, so wie ihr ausseht, oder? Den Besenwagen muss ich euch nämlich abziehen. Der wird weiter vorn bei den wirklich Fußlahmen gebraucht.“ - Syltlauf 2008

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Elling hat geschrieben:Mittlerweile wird die komplette musikalische Frohsinnkanone auf uns abgefeuert, während die Karawane weiterzieht, hält der Sultan "dursch", und dann kommt "eine supergeele Zick" (oder so ähnlich :) ).Der Moderator gröhlt mit, um mich herum ist alles am singen, tanzen, mitklatschen. Nur ich alte Spaßbremse würde jetzt gerne etwas laufen.
Ja, so sind wir, wir Norddeutsche. :D

Trotz allem vielen Dank für den Bericht, der war nämlich durchaus gut!
Ich kann dir in ungefähr nachempfinden wie es dir so ging. Dass du allerdings dabei noch ne 4:19 hinlegst finde ich schon etwas frech. :zwinker5:

Also dafür, fürs Durchhalten und einen weiteren gefinishten Marathon sowie natürlich die heimliche Hochzeit (echt jetzt! Wusste das irgendwer?) Glückwunsch!

Könnte es vielleicht ein Krampf gewesen sein? Mit dem eingschlafenen Gefühl vorher würde das gut passen.

Jetzt freue mich auch schon wieder auf regenerative Läufe. Was machst du Sonntag?


eta: Zeig' Tessa die Medaille bloß nicht! Die will die nur dissen und feststellen dass ihre ja viel schöner ist!

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ahkah hat geschrieben:Wusste das irgendwer?
Ich glaube nicht? :wink: (ich zumindest hatte keine Ahnung - Happy Hochzeit nachträglich!)

eta @ahkah: grrr ;)
„Ihr kommt doch klar, so wie ihr ausseht, oder? Den Besenwagen muss ich euch nämlich abziehen. Der wird weiter vorn bei den wirklich Fußlahmen gebraucht.“ - Syltlauf 2008

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ahkah hat geschrieben: (echt jetzt! Wusste das irgendwer?) Glückwunsch!
Nee das wußte keiner, nicht mal unsere Eltern. Ist allerdings auch schon wieder etwas her, das war vor meinem Broloppet, Kopenhagen waren sozusagen Flittertage.

Danke für eure Grüße, der Fuß ist nicht wesentlich besser geworden, vielleicht gehe ich doch mal zum Doc. Sonntags habe ich übrigens jetzt wieder Tauchen in der Halle. Aber Sonntag morgen nicht zu spät.....
Jürgen
Gesperrt

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