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Jungfrau-Marathon - mit gewaltigen Problemen - aber im Ziel

Jungfrau-Marathon - mit gewaltigen Problemen - aber im Ziel

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Hallo allerseits,



nach bereits drei erfolgreich absolvierten Marathons wollte ich es dieses Jahr noch einmal wissen. Jungfrau-Marathon, zum zweiten Mal, und das, obwohl ich mir mal vorgenommen hatte, keine Marathonstrecke zweimal zu laufen – man könnte sich ja verschlechtern… . Dieses Jahr hatte ich das Pech, daß ich morgens anreisen mußte, also habe ich mich Samstagmorgen um 02:15 auf die Socken in Bad Waldsee gemacht. Immerhin eine Stunde weniger Fahrzeit als von München – ich konnte bei meiner Schwester nächtigen. Die Zöllner an der Schweizer Grenze fragten mich zwar, wohin ich wolle, aber konnten mit dem Ziel „zum Jungfrau-Marathon“ nichts anfangen.

Die Autobahnen in der Schweiz waren dafür herrlich leer, so daß ich nach vier Stunden und einer kurzen Pause am Parkplatz in Interlaken eingetroffen bin. Für das nächste Mal weis ich nun, daß man dort auf dem Grünstreifen das Zelt aufstellen darf. Wäre immer noch besser gewesen als sich die Nacht um die Ohren zu hauen. Nachdem ich meine Startkarte hatte, habe ich wie 2005 das Massageangebot angenommen – das tut doch ganz gut… . Anschließend habe ich noch Ausschau nach bekannten Gesichtern gehalten – und wieder den schweizer Läufer getroffen, der beim Swiss-Alpine und in Liechtenstein dabei war.

Ansonsten war eigentlich alles wie beim letzten Mal. Nur nicht das Wetter – diesmal es schien besser zu sein. Als Startgruppe hatte ich diesmal die 5:00 Endzeit gewählt. In Davos habe ich gute Erfahrung damit gemacht, so einen Lauf etwas langsamer anzugehen. Der Startschuß fiel um 9:00 Uhr, 9:01 lief ich über die Startlinie. Nach einer halben Stunde hatte ich 5km hinter mir, und die 10km Marke knapp unter einer Stunde passiert. Ich bin zwar zügig, ohne Anstrengung gejoggt. Jetzt kam die erste Steigung, im Gegensatz zum letzten Mal habe ich diese allerdings im Laufschritt genommen, was sich später noch als hilfreich herausstellen sollte. Bei km 15 mußte ich allerdings austreten, um Ballast loszuwerden. Anschließend noch kurz den rechten Schuh aus, Socken hochgezogen, da am Fußballen sich eine Blase ankündigte. Dann ging’s locker weiter, allerdings hat mich dieser Stop über 5 min gekostet. Der 5:30 Pacemaker hat mich beim Stop kassiert – aber es ist noch ein weiter Weg. Mittlerweile war bereits die Sicht auf die Jungfrau frei – bei strahlendem Sonnenschein.

In Lauterbrunnen habe ich mich gewundert, daß keine Zeitnahme wie ursprünglich bei km 19.2 angekündigt, war. Dafür bot ggü. eines Verpflegungsstands eine Frau den Läufern Bier an – gerne nahm ich einen Schluck. Schön, daß hier wenigstens eine mitdachte… .

Vor 2 Jahren bin ich in 2:12:24 über die Zeitnahme bei km 19.2, diesmal war ich deutlich schneller. Obwohl ich langsamer gestartet bin. An der Halbmarathonstelle waren die Matten zur Zeitmessung ausgelegt. 2:11:25 trotz Zwangspause und die ersten 700 Höhenmeter hinter mir zu haben beflügelten mich. Wenn ich jetzt so wie vor 2 Jahren weiter mache, bleibe ich unter 5 Stunden.

Wir haben dann den Bogen durchs Tal wie letztes Mal geschlagen, aber dann bekam ich langsam Probleme mit den Oberschenkeln. Wie als wenn ich kurz vor einem Krampf stehen würde. Aber die Tatsache, daß es bald steil hochgehen wird und dann die Waden gefragt sind, hat mich motiviert, einfach weiter zu rennen.

Bevor es nach Ey die große Steigung zu meistern gilt, habe ich mir an einer Sanitätsstation die Oberschenkel durchmassieren lassen. Kann nicht schaden, dachte ich, und wenn’s hinterher besser geht, ist der Zeitverlust zu verschmerzen. Die Helfer sprachen von einer Verhärtung, aber ich bin dann weiter, habe an der Verpflegungsstation noch Magnesium genommen und dann im Gehschritt weiter in das Steilstück. Kurze Zeit später fingen die Waden auch an, zu streiken. Das gleiche Problem wie mit den Oberschenkeln. Immer schön alternierend.

Ich wußte, daß ich bis 13:10 bei km 31.3 sein mußte, also habe ich mich nach oben geschleppt. Teilweise sehr langsam. Hatte ich an dieser Steigung das letzte Mal Boden gewonnen, habe ich dieses Mal deutlich Zeit liegen gelassen.

Jetzt muß ich mal ein Lob an die Organisatoren loswerden. Hier gab es ab km 15 an jedem Versorgungsstand Powergel – und neben Wasser, isotonischem Getränk auch Bouillon und Cola. Und noch Essen (Riegel, Bananen, usw.). Nicht diese „Geiz ist geil“-Mentalität wie beim Swiss-Alpine in Davos. Ich habe dann alle 2km mir eine Packung Powergel gegönnt. In der Hoffnung daß es hilft… Dehnen jedenfalls brachte nichts. Und wenn’s Magnesium gab – auch genommen.

Aufgeben wollte ich nicht, habe ja einerseits gehofft, daß es besser wird, andererseits hatte ich einigermaßen Reserven zur Schlußzeit in Wengen, nicht aber zur Abzweigung Wixi bei km 37.9. Da war 14:25 Uhr das Limit, daher mußte ich bis dort mindestens einen 5er Schnitt hinlegen.

Was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte, war, daß ich überhaupt solche Probleme bekam. In Davos habe ich 78,5km zurückgelegt, ohne überhaupt ein Anzeichen eines Krampfes zu bekommen.

Kurz vor Wengen hat mich dann auch die 6:00 Stunden Pacemakerin überholt. War mir mittlerweile aber völlig Schnuppe, Hauptsache ich komme hoch. Auch wenn die Zeit miserabel wird – ich muß ins Ziel. Aufgeben wäre eigentlich angesagt, aber dann muß ich entweder nach Wengen weiterlaufen oder nach Lauterbrunnen zurück. Wäre ich nicht im Ziel, bedeutet das kein Finisher-Shrit, keine Medaille, usw. 1000 km für nichts gefahren. Nein, das geht gar nicht.

Selbst auf horizontal verlaufenden Strecken konnte ich nicht wirklich rennen – ich konnte einen Laufschritt mit durchgestreckten Waden einlegen. In Wengen habe ich dann versucht, wenigstens vor dem Fotografen zu rennen – das ging leider nicht. Aber nach 3:42:40 war ich durch die Zeitnahme. Jetzt setzte ich alles daran, die nächsten 6 km in 1:30 zu packen. Man wird bescheiden… . Dabei war ich an der Halbmarathonmarke noch auf 5 Stunden Kurs… .

Mittlerweile habe ich mich munter mit anderen Läufern über mein Problem unterhalten, aber die hatten Ähnliches noch nicht. Der eine hat mir erzählt, daß er den Swiss-Alpine dieses Jahr bei km 39 abgebrochen hat – um sich für den Jungfrau-Marathon zu schonen. Mit einer Italienerin habe ein wenig auf Englisch geplaudert – außer Puste war ich ja nicht. Hauptsache ankommen – auch wenn es deprimierend ist. Und ein bißchen die Aussicht genießen. Vor allem das Silberhorn, das der Jungfrau vorgelagert ist, fasziniert.

Die Abzweigung Wixi erreichte ich dann in 5:05:35 mit 20 Minuten Reserve zur Schlußzeit, und dann ging’s ins alpine Gelände über. Zielzeit 6 Stunden war allemal drin. Nach ein paar hundert Metern kamen jedoch die ganzen Läufer zum Stehen – Engstelle auf dem Weg hoch und zu viele Läufer auf einmal. Bestimmt 10 Minuten habe ich gestanden, und dann ging’s viel zu langsam weiter. Ins Gemüse austreten und mir den Weg durch Gestrüpp bahnen wollte ich nicht, und die Zeit war mir eh’ schon egal. Mit den Haxen ging’s in dem Tempo einigermaßen. Also bin ich dem Troß hinterher. Und immer wieder stockte es. Zu allem Überfluß tauchte immer wieder so ein Video-Hubschrauber auf, um Luftaufnahmen zu machen. Richtig unnötig, weil alle halten, winken und dann weiter gehen. Am Ende der Moräne stand dann wieder der Dudelsackspieler, und am höchsten Punkt gab es wieder Schoggi. Von dort habe ich, so gut wie es ging, versucht ins Ziel zu rennen. Bergab ging’s irgendwie doch. Dann holte mich die Italienerin, mit der ich hochzugs mich unterhalten habe, ein, und motivierte mich, auf den letzten Metern noch etwas Gas zu geben. Also sind wir zu zweit durchs Ziel gekommen. Ich nach 6:08:04,3 Stunden – fast eine halbe Stunde länger hat’s gedauert als das letzte Mal. Wenn ich die Zwangspausen von ca. 25-30 min abziehe bin ich zwar bei der Laufzeit vom letzen Mal – trotzdem unbefriedigend. Die Zeit steht auch in keiner Relation zu meinen 10:25:12 in Davos. Jetzt muß ich den Lauf halt nochmal rennen… .

Diesmal bin ich jedoch mit der Bahn runter gefahren – um halb sieben war ich dann in Interlaken. Um halb zehn wieder in Bad Waldsee (Tankstopp incl.).

Ich habe keine Ahnung, was ich diesmal falsch machte. Weder in Liechtenstein noch in Davos hatte ich Probleme in dieser Form. Ein anderer Läufer meinte beim Runterfahren, daß ich evtl. zu viel Salz ausgeschwitzt hätte – aber Bouillon habe ich auch bestimmt 4 Becher getrunken. Aber vielleicht waren 6 Wochen Laufpause zwischen Davos und Jungfrau einfach zu wenig. Weiterhin fällt mir ein, daß vielleicht 4 Stunden Schlaf vor dem Lauf etwas zu wenig waren. Ich hatte definitiv genug vor und während des Laufs getrunken, sonst hätte ich zwischendurch nicht austreten müssen (bei km 8 vielleicht).

Aber ab und an ist vielleicht ein Dämpfer hilfreich – sonst gewöhnt man sich daran, daß alles perfekt läuft. Abhaken – und nächstes Jahr erneut versuchen.


Viele Grüße,

Marcel.

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Hallo Marcel, herzlichen Glückwunsch zum hart erkämpften Finish! Ich habe für solche Fälle immer Salztabletten dabei, dieses Mal hatte ich sogar Magnesiumtütchen einstecken. Jede Stunde 2 Saltztabletten und wenn ich Verhärtungen der Muskulatur gespürt habe, sofort Magnesium eingeworfen. Bin ohne Probleme durchgekommen. Solltest Du vielleicht mal probieren, auch wenn das diesmal neu für Dich war. Mußt es ja nicht nochmal riskieren.

Sag mal, 6 Wochen Laufpause, und dann Jungfrau... :confused:
☼ ☼ ☼
Entscheide Dich. Und wenn Du Dich entschieden hast,
vernichte die Alternativen.

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Hallo Kathrin,

vielen Dank für Deine Hinweise.
Meine ersten Marathons (2003 München, 2005 Jungfrau, 2007 Hambacher Schloß) bin ich mit einer Packung Magnesium-Kautabletten in der Tasche gelaufen und habe präventiv alle 5-10km eine genommen. Mir hat dann jemand gesagt, daß ich mir das Magnesium während des Laufs schenken kann, da es ohnehin nicht so schnell vom Körper aufgenommen wird. Und dann habe ich dieses Jahr in Liechtenstein schlicht vergessen, Magnesium-Tabletten einzupacken, und bin ohne Probleme durchgekommen. Dann der K78 in Davos - hat auch ohne Magnesium super geklappt. Und jetzt an der Jungfrau ist es schief gegangen... das nächste Mal (nächstes Jahr) werde ich wieder welche einpacken, und Salz! Das vermute ich als Hauptproblem, und vielleicht auch der kurze Abstand zwischen beiden Läufen. 78km stecke ich wohl nicht so schnell weg wie 42.
Nächstes Jahr will ich in Zermatt laufen, daher komme ich wohl nicht auf die Idee, in Davos an den Start zu gehen - obwohl sie dieses Jahr die schönsten Finisher-Shirts hatten (zumindest von den Veranstaltungen, bei denen ich gestartet bin).

Viele Grüße,

Marcel.

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Gratulation zum Durchkämpfen! :respekt: Nächstes Jahr wird es dann auf jeden Fall eine bessere Zeit.
Gruß
Ralph

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Hallo Marcel,

gratuliere zum Finish, wenn man schon so früh solche Probleme hat und dann trotzdem innerhalb des Zeitlimits finisht ist das eine Riesen-Leistung.

Ich glaube nicht an die Theorie mit dem Salzmangel, es sei denn Du neigst zu extremem Schwitzen. Die Boullion war salzig genug, ich hab jedes mal einen Becher Wasser hinterher gebraucht....

Die Pause nach Davos war schon extrem knapp, da werden Deine Speicher einfach leer gewesen sein. Dazu zu wenig Schlaf... so richtig vernünftig war der Start sicher nicht. Aber wer will schon vernünftig sein!

Respekt und danke für den Bericht

Matthias

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Hallo Marcel,

Danke für den Bericht. Ich denke wenig Schlaf macht sich, zusammen mit den anderen Faktoren, bei so einer Belastung schon bemerkbar. Ich habe das in diesem Jahr bei der Dodentocht über 100km deutlich gespürt. Ganz wenig geschlafen, 12 Stunden blöde Anfahrt mit vielen Pannen und Umsteigerei und Stress. Obwohl keine Berge war dieser Hunderter von den vieren die ich gemacht haben fast am anstrengendsten...
mit freundlichem Gruß aus Hamburg


Martinwalkt
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Cheetah hat geschrieben:... das nächste Mal (nächstes Jahr) werde ich wieder welche einpacken, und Salz! Das vermute ich als Hauptproblem
Hallo, hier ein kleiner Beitrag zur Entstehung von Krämpen.

Grüße oli
Balancing Triathlon with life
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14.06.09 Kraichgau Challenge (MD)
02.08.09 Ostseeman (LD)
25.10.09 Frankfurt Marathon (abgesagt wegen Verletzung)
23.05.09 Nove Colli
12.06.10 Moritzburg (LD-Staffel Schwimmen + Rad)
20-21.8.2010 24h Radrennen am Nürburgring (Einzelstarter)

When you want to cycle with pain, take part in Nove Colli 2010

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Cheetah hat geschrieben: Aber ab und an ist vielleicht ein Dämpfer hilfreich – sonst gewöhnt man sich daran, daß alles perfekt läuft. Abhaken – und nächstes Jahr erneut versuchen.

Deine Schlußfolgerung ist genau richtig! Es läuft halt nicht immer perfekt, aber auch (wenn nicht sogar gerade) aus Niederlagen lernen wir. Analyse ist wichtig, aber nach vorne schauen noch mehr.

Beim nächsten Mal läuft's besser!

Alles Gute,
Bernd

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Herzlichen Glückwunsch für diese starke Leistung!

Bewundernswert!
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Hi Cheeta, ich war als Zuschauer (leider nur) dabei, und habe ein paar Fotos gemacht. Hab ich via Picasa ins Net gestellt. Vielleicht findest Du Dich auch dabei. Hier ist der

Link zur Photogalerie

Ansonsten Respekt zum Duchkämpfen. Ich denke nicht dass Du Grund hast zum deprimiert sein. Viel eher gibt das Anlass für einen neuen Anlauf nächstes Jahr. Und ich will danna auch wieder da hoch - dann aber wieder mit Startnummmer...

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Hallo Sigi,

danke für den Link - auf Bild 075 bin ich zu sehen, nur schau' ich nicht sonderlich vorteilhaft in die Kamera.
Allen anderen noch ein herzliches Dankeschön für die Hinweise und Glückwünsche!

Viele Grüße,

Marcel.

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Cheetah hat geschrieben:... nur schau' ich nicht sonderlich vorteilhaft in die Kamera.
Aha, naja, dann bin ich ja beruhigt, daß es nicht nur mir so geht... :hihi:
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