Die Zündung war erfolgreich, die Rakete ist gestartet.
Startgelände: Marathon-Strecke Frankfurt am 28.10.2007
Was ist geschehen?
Ich bin meinen 4. Marathon gelaufen und habe seit dem letzten vor 5,5 Monaten eine
raketenartige Steigerung um 40 Minuten erzielt, und zwar
von 4:37 h auf jetzt 3:57:17 h
Und vor Allem:
souverän durchgelaufen, ohne Gehpausen.
So soll es sein und so wollte ich es haben.
Rückblick
1. Marathon 10.2005 in Frankfurt in 4:47 h (Einbruch bei Kilometer 20)
2. Marathon 05.2006 in Mainz in 4:38 h (Einbruch bei Kilometer 33)
3. Marathon 05.2007 in Mainz in 4:37 h (Einbruch bei Kilometer 37)
Alle mit Gehpausen und am Ende auf allen Vieren durchs Ziel gekrochen (sinnbildlich).
Wie war die jetzige Steigerung möglich? / Was war das Experiment?
Das Experiment war die Art des vorherigen Trainings, und zwar:
nicht nach meinem professionellen Trainingsplänen (von PETER GREIF), sondern nach eigener Methodik unter Berücksichtigung meiner Erkenntnisse aus meinem bisherigen 4-jährigem Leistungsverlauf.
Zur Ehrenrettung von Peter Greif muss aber gesagt werden, dass ich weiter nach seinen Plänen trainieren werde und dies jetzt nur ein kleiner Methodikausflug war, um mich neu "einzunorden".
Mutig bin ich geworden durch mein erstes Experiment, von dem ich im September berichtet hatte und mit dem ich meine Halbmarathonzeit nochmals gut steigern konnte.
siehe http://www.laufen-aktuell.de/laufen-aktuell/content/forum/showthread.html?t=31409&highlight=Laufexperiment
So, was waren jetzt meine Erkenntnisse und meine Methodik?
Mit den vorhandenen Trainingsplänen konnte ich zwar meine Schnelligkeit bis Halbmarathon-Distanzen und etwas drüber für meine Verhältnisse sehr gut ausbauen. Und ich bin guter Hoffnung, diesbezüglich weitere deutliche Steigerungen zu erzielen.
Ich habe aber gemerkt, dass bei mir die Geschwindigkeitsschere zwischen den mittleren Distanzen (z. B. Halbmarathon) und den langen Distanzen immer weiter auseinanderklaffte. Bei den Langen fehlten mir einfach die Grundlagen für die Ausdauer. Und an die Geschwindigkeiten eines Halbmarathontempos habe ich mich bei den langen Distanzen, geschweige denn bei 42 km, erst gar nicht rangetraut. Ich hätte damit gerechnet, dass ich mittendrin tot umfalle.
Es musste also etwas geschehen, aber was?
Wie komme ich zur Ausdauer?
Klar, viele lange Läufe machen.
Das habe ich gemacht. Zum Beispiel im Frühjahr als Vorbereitung für den Mainz-Marathon an 13 Sonntagen in Folge 35-km-Läufe gemacht, die letzten dann auch mit GREIFcher Endbeschleunigung.
Auch bei den anderen Marathons immer vorher nach Trainingsplan die vorgegebenen 35er gelaufen, und zwar wie allgemein propagiert, im gemütlichen Blümchenpflücker-Tempo. Das Durchhalte-Tempo im Marathon soll ja dann durch die Grundschnelligkeit aus den mittleren Distanzen kommen.
Es hat bei mir aber nicht funktioniert
Und hier beginnt meine Erkenntnis:
Ich muss Schnelligkeit und Ausdauer gemeinsam üben und nicht in getrennten Trainingseinheiten.
Nach dieser Analyse meines bisherigen 4-jährigen Leistungsverlauf habe ich ein neues Experiment gewagt und ein total unprofessionelles Training nach meinen Erkenntnissen absolviert.
DAS EXPERIMENT
In den letzten 10 Wochen der Marathonvorbereitung keine reinen Tempoeinheiten mehr auf Kurzstrecken, sondern:
- Kilometer schrubben nahe an oder in Marathongeschwindigkeit
- einige längere schnelle Läufe in den "Bergen"
(andere nennen mein Trainingsgelände hügelig, für mich sind es Beeeerge)
- die sonntäglichen 35er nicht mehr im Blümchenpflückertempo, sondern forsch angegangen und die Endteile (5 bis 15 km) auch in Marathongeschwindigkeit
Das hat alles erstaunlich gut geklappt, vor allem der letzte 35er mit einer Geschwindigkeit von 5:44 min/km bis km 20 und dann 15 km mit 5:30 min/km.
Wenn ich diese Erfahrung nicht gemacht hätte, hätte ich niemals den Mut gehabt für den jetzigen Marathon ein Zeitziel von 3:55 bis 3:59 zu planen.
Ein bisschen mulmig war mir aber schon.
Was sollte aber schief gehen können (schiefer als bisher)?
Würde ich wieder mit Zeitziel 4:30 h laufen, würde ich wieder in der letzten halbe Stunde k. o. sein.
Also musste ich so schnell laufen, dass ich vor Beginn dieser halben Stund am Ziel bin.
Der Hintergrund dieser witzigen Theorie ist schon ein klein wenig realistisch.
Ich habe die Grenze zu einem Geschwindigkeitsbereich überschritten, in dem ein besserer Laufstil und ergonomischere Bewegungsabläufe möglich sind. Es läuft alles viel runder und gleichmäßiger. Das ist doch ganz logisch, da muss man aber erst einmal drauf kommen.
Das habe ich einfach gemacht.
Die ZÜNDUNG (der Lauf gegen mich selbst)
Ich habe mich im richtigen Startblock aufgestellt (entgegen dem Aufdruck auf meinem Startnummernschild und entgegen der Proteste der Ordner) und bin dann gleich zügig mit der geplanten Geschwindigkeit losgelaufen. Meine Geschwindigkeit habe ich mit dem FR 305 anhand des Durchschnitts pro km und des Gesamtdurchschnitts kontrolliert. Die Zwei Pace-Grenzwerte für Endzeiten von 4:00 h und 3:55 h betrugen 5:41 min/km bzw. 5:34 min/km.
Die ersten 10 Kilometer bin ich noch vorsichtig mit der langsameren Geschwindigkeit gelaufen und habe danach bis km 15 etwas beschleunigt um dann dieses Tempo zu halten. Das war keine Schwierigkeit, da es ja noch unter meinem Halbmarathontempo lag. Aber würde ich es auch bis zum Ende durchhalten? Dieses Damoklesschwert schwebte bis fast zum Zieleinlauf über mir.
Nach 21 km ging es mir immer noch gut. Damit das weiter so blieb, warf ich, wie geplant, ab ca. km 22 den MP3-Player an (gute Erfahrung aus dem ersten Experiment). Die fetzige Musik lenkte von den ersten kleineren negativen Rückmeldungen der Beine ab und ließ mich sogar die Geschwindigkeit auf den nächsten Kilometern noch etwas erhöhen. Es lief perfekt weiter und ich freute mich schon auf den Kilometer 32. Ich hatte nämlich meine Musik so zusammengestellt, dass dann für 1 Stunde besondere Leckerbissen liefen. Ab da begann dann für mich der richtige Wettkampf gegen mich selbst bzw. meine bisherigen schlechten Ergebnisse. Natürlich machten sich jetzt auch die Beine stärker bemerkbar, aber die Musik war mein Helfer in diesem Kampf. Aufkommende Schwere in den Beinen habe ich ignoriert und lief trotzig und mutig weiter. Ein Einbruch war nicht in Sicht. Die letzten 5 Kilometer wurden dann doch noch verdammt anstrengend, aber ich habe die Zähne zusammengebissen und immer wieder auf der Uhr meine Geschwindigkeit kontrolliert, um ja nicht abzufallen. Fast ist es mir auch gelungen. Es war aber nur gaaaanz wenig was ich einbüßen musste. Durch ein kleines eingelaufenes Zeitpolster war die zweite Hälfte nur 5 Sekunden langsamer als die erste. Und ich bin durchgelaufen bis zum Ziel und unter 4 Stunden geblieben. Es war phänomenal.
... auch dieses Experiment hat geklappt.
40 Minuten Ergebnisverbesserung
ErgebnisVerbesserungsWeltrekord
Mein besonderer Dank gilt Hennes und Powermenpapa.
Hennes
hat mich in der Vorbereitung mit seinen "aufmunternden" Worten und seinen freundschaftlich einpeitschenden "Beschimpfungen" in hunderten von eMails moralisch unterstützt und mental angetrieben.
Dafür habe ich ihn in Frankfurt meinen heißen Atem im Nacken verspüren lassen und ihn zu seinem
AltersklassenElefantenWeltrekord
http://www.laufen-aktuell.de/laufen-aktuell/content/forum/showpost.html?p=638651&postcount=357
getrieben.
Powermenpapa
hat mir wertvolle Tipps aus seinen Lauferfahrungen gegeben und mich in meinen Erkenntnissen zum unkonventionellen Lauftraining bestärkt. Weiterhin hat er sich als "Bergführer" zur Verfügung gestellt, und mich mit Tempo durch die Alzenauer "Berge" gejagt. Das hat den Beinen den letzten Kick gegeben.
Laufexperiment Teil 2 / Raketentest
1Gruß bernann
10 km 0:45:33 / HM 1:39:05 / M 3:48:14 / U50 4:56 / BGL 6:53
10 km 0:45:33 / HM 1:39:05 / M 3:48:14 / U50 4:56 / BGL 6:53