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Halbmarathon zeitparallel zum Bundesliga-Finale

Halbmarathon zeitparallel zum Bundesliga-Finale

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Emsauenlauf 33xxx Rheda-Wiedenbrück
17.5.2008
flache Strecke, größtenteils Asphalt
Regen, 12°C
ca. 100 Teilnehmer zusammen mit ca. 150 10km-Läufer(inne)n


Nach einem verkorksten Hermannslauf Ende April kam meine Form nun nachträglich auf die Sprünge. Das ist ja üblich nach einer langen Wettkampfstrecke - zumal, wenn man diese nicht wirklich am Anschlag gelaufen ist.

So wollte ich drei Wochen nach dem Hermann diesen flachen Halbmarathon laufen. Zusätzlich auf meinem Programm steht die Vorbereitung auf den 1. Salzkotten-Marathon am 8.6.2008 (also 3 Wochen später). Daher habe ich in dieser Wettkampfwoche nicht richtig getapert, sondern weiter KM gesammelt.
Außerdem bin ich am 10.Mai, 1. Woche vor dem Halbmarathon, 185km durchs Sauerland radgefahren (bei Durschnittspuls 70%). Gut möglich, dass einem so etwas eine Woche später noch etwas in den Beinen steckt ...

Kurz gesagt: Bin diesen HM aus dem Training heraus gelaufen. Mein Ziel war keine Bestzeit (1:41), sondern locker loslaufen auf sub 1:50 (5:10er Schnitt) und hinten raus vielleicht noch etwas drauflegen.

Das Wetter war für mich eigentlich ganz gut: Regen und kühl. Nur die Pfützen störten - die beschränkten sich aber eigentlich auf die ersten 200 m nach dem Start (wegen Unebenheiten im Asphalt) und die letzten Km vorm Ziel Schotter- bzw. besser Matsch-Radwag entlang der Ems (2 x zu durchlaufen, da 10km-Runde).

Die ersten Km lief ich wie mit Tempomat bei genau 5:10 min/km. Es ging kurz durch ein paar Stadtrand-Wohnstraßen Wiedenbrücks, dann entlang dem Stadtholz (Wald) und weiter auf kleinen Wirtschaftswegen raus in die westfälische Kuhwiesenpampas.

Puls war immer bei 158, was für mich eher Marathontempo entspricht (Maxpuls = 190). Trotzdem fühlten sich die Beine nicht richtig locker an. Kein Wunder, bei dem fehlenden Tapering.

Als ich Km 4 bei 20:40 passiert hatte, zog ich unbewusst wohl doch etwas das Tempo an, denn das Schild 5 erreichte ich bei 25:33 (km=4:57). Puls ab jetzt bei 162-164 - immer noch locker und ohne hecheln. Dank Temposteigerung konnte ich nun einen Mitläufer nach dem anderen einsammeln. Das Läuferfeld bestand auf dieser ersten Runde aus etwa 250 Teilnehmern, da die 150 10km-Läufer mit uns gestartet waren. Das ist eine angenehme Quote, nicht zu dicht, und gerade so weit auseinander, dass man schön einen nach dem anderen als Überholopfer anvisieren kann.

Bei 8-9 hatte ich einen langsameren Km, vielleicht lags an den zahllosen riesigen Pfützen auf dem matschigen Fußweg entlang der lauschigen Ems. In diesem parkähnlichen Gebiet liefen wir wieder in das Stadtgebiet von Wiedenbrück ein.

Nachdem ich den Abzweig zum Ziel passiert hatte und auf die 2. Runde ging, war ich erst mal ganz allein. Ich schaute mich um, kein Verfolger zu sehen. Vorn war auch niemand in Sichtweite. Aber als der Blick nach ein paar Häuserecken wieder 100m weit reichte, kam die Gewissheit, weder Erster noch Einziger zu sein - ein paar Läufer kamen in Sicht. An die konnte ich mich aber nur langsam heranarbeiten, aber ab km 11-12 hab ich dann doch wieder Motivation durch Überholmanöver sammeln können.

Puls und Tempo unverändert - klar, dass es sich bei km 12 im Halbmarthon noch locker anfühlt. Das sollte sich aber bald ändern. Bei einem Überholvorgang auf der kleinen Steigung einer Schnellstraßenüberquerung erreichte mein Puls erstmals 168 und damit meinen üblichen Halbmarathonwert. Doch jetzt fühlte es sich nicht mehr locker an, ich begann etwas schwerer zu atmen und das Ziel herbeizusehnen. Aber die Wiesen-Wrtschaftswege zogen sich schier endlos durch die verregnete Westfalenbauernschaft - zumal durch viele leichte Kurven schwer einzuschätzen und durch 2-Runden-Extraschleifen verlängert.

Ich beruhige mich mit der Berechnung, dass ich bei einem 5:00er Tempo eine 1:44er Zeit sicher hätte, dass aber eine 1:43er Zeit sehr schwer werden würde. Aber bei einem gesetzten Ziel von 1:49 wäre ich mit 1:44 sehr zufrieden. Daher redete ich mir immer wieder ein, ruhig etwas Druck rausnehmen zu können - denn ich fühlte mich jetzt doch, als würde ich am Anschlag laufen.

Die Getränkestation ließ ich heute getrost liegen und verzichtete ganz auf Essen und Trinken. Das ging ganz gut - schließlich hatte ich bei etlichen Läufen bisher schlechte Erfahrung mit Magengrummeln nach zuviel Zufuhr gemacht.

Von Km 13-17 konnte ich niemanden überholen. Ein anvisierter Vorausläufer lief exakt mein Tempo oder sogar einen Tucken schneller als ich - da war nix zu machen. Aber stattdessen konnte ich dann doch noch ein paar andere einsammeln.

Irgenwie bedauerte ich es, doch schon ab Km 4 beschleunigt zu haben - denn wenn ich jetzt mehr Reserven gehabt hätte, hätte es sicher mehr Spaß gemacht, jetzt noch mal richtig Gas zu geben. Stattdessen musste ich mich quälen. Aber das Tempo konnte ich einigermaßen halten - im Schnitt so bei 4:55/km, Puls immer bei 168.

Vor der Matschetappe kam noch eine Extraschleife. An vielen Stellen standen Streckenposten mit Radios - denn exakt zeitparallel zu dieser Veranstaltung fanden die lezten Spiele der Bundesligasaison statt und es sollte sich entscheiden, ob Arminia Bielefeld absteigt oder stattdessen Nürnberg.

Irgendwo hier wurde ich noch von einem drahtigen blonden Mittvierziger überholt. Aber den Frust konnte ich durch eigene andere Überholungen wieder kompensieren. Der letzte Km war sehr verwinkelt und zog sich lang hin - durch Matsch und Pfützen an der Ems, über zwei glitschige Holzbrücken über eben dieses Gewässer, hier ne Ecke, da ne Abbiegung, mit Puls über 170 noch eine Läuferin überholt, Ziel in Sicht - Läuferin von hinten, nochmal beschleunigt - abgehängt - bei 1:44:28 netto Uhr im Ziel gestoppt - brutto offiziell 1:44:35.

Ein schöner Lauf trotz Regen - ein dicken Dank an die Veranstalter und Helfer, die trotz des Wetters und der Bundesligaspiele die Mühen auf sich genommen haben. Arminia Bieleld spielt übrigens auch in der nächsten Saison in der 1. Liga - was die erste Information war, die ich nach Zieleinlauf erfuhr :-)

Grüße, Wernher
Garmin: betanien, Strava: https://www.strava.com/athletes/10542641

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Super-Report! Sehr anschaulich, sehr dramatisch. Man ahnt, wie du den Lauf erlebt hast und dich gefühlt haben musst. Meine Erinnerungen an die Läufe sind nie so exakt. Glückwunsch - und gute Zeit!
Es geht, solange es geht. Das ist die Botschaft. Und der technische Rat zielt auf Wechsel der Präferenzen. Niklas Luhmann

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M8_NX hat geschrieben:Es geht, solange es geht. Das ist die Botschaft. Und der technische Rat zielt auf Wechsel der Präferenzen. Niklas Luhmann
Noch zwei Zitate von Luhmann:

"Der Beobachter muss beobachten; wenn er es nicht täte, täte er es nicht."
"Alles was geschieht, geschieht gleichzeitig".

Hab ich in einer Sondervorlesung von ihm in der Uni Bielefeld 1993 gehört.
Luhmann hat ja hier bei uns in Oerlinghausen gewohnt.

Danke für den Glückwunsch! :)

Grüße, Wernher
Garmin: betanien, Strava: https://www.strava.com/athletes/10542641
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