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Berlin meldet sub3. Die Jagd ist eröffnet.

Berlin meldet sub3. Die Jagd ist eröffnet.

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Die Herren im Greif-Thread meinten, ich solle den Bericht nicht verstecken, sondern ins entsprechende Unterforum schieben. Da ich denen ohnehin zu viel Dank verpflichtet bin, will ich ein weiteres Mal auf sie hören. Zudem kann es ja nicht sein, dass es bisher lediglich zwei Berichte vom Berlin-Marathon gibt. Oder hab ich welche übersehen? Und zu guter Letzt braucht vielleicht der ein oder andere noch ein paar motivierende Zeilen für seinen/ihren Herbstmarathon.

Ich hatte mir für die Tage vor dem Marathon bewusst viel Arbeit hingelegt, um mich abzulenken. Leider wuchs sich das etwas aus, so dass ich beinah zu stark abgelenkt war. Bildete ich mir jedenfalls ein, denn im Nachhinein war das eine gute Entscheidung. Ich hatte nicht die Zeit für großes Kopfkino mit allen Höhen und Tiefen. Erst am Abend vor dem Rennen habe ich die Stellen für die private Verpflegung geplant, eine Sache, die mich unter anderen Umständen schon drei Tage eher beschäftigt hätte. Allerdings profitierte ich hier auch von der unkomplizierten Art eines Bekannten, der sich kurz nach der Ankündigung meines sub3-Plans ganz selbstlos als mobiler Verpflegungstisch angeboten hat. Natürlich war ich nicht ganz ruhig und entspannt. Am Abend vor dem Rennen war ich noch auf der Abschiedsfeier eines Freundes und seine Gäste wurden meine Fans und Daumendrücker für den Sonntag.
Zum Start bin ich mit dem Rad gefahren. Die knapp 7km brachten den Kreislauf in Schuss und wärmten die Beine ein wenig auf. Da ich das Startgebiet nicht kannte, war ich früh da. Nach Abgabe der Kleidung tippelte ich ein paar Schritte durch den Tiergarten, stretchte und drehte mich etwas und dreißig Minuten vor dem Start stand ich in einem kleiner als erwartetem Startblock D. Kurz nach dem Start der Handbiker rückte mein Startblock geschlossen nach vorn, Platz war genug da und ich stand jetzt neben einem Läufer, den ich ein wenig kannte. Im Frühjahr war er genau 3:00h gelaufen, heute wollte er trotz schlechter Verfassung nochmal die 3h angreifen. Nur nicht zu schnell die ersten KM war unser Plan, eher 4:17 als 4:14 das Motto. Der Startschuss fiel und es ging los. Mein dritter Marathon, mein erster in Berlin.

KM 1-5
Mit 4:33 war der erste KM deutlich zu langsam, obwohl wir freie Bahn hatten. Ich fand es gar nicht so langsam, aber wir zogen etwas an. 4:09 war das Ergebnis, also rausnehmen. Leichter gesagt als getan, denn 4:09 standen auch für KM3 auf die Uhr. Gegenseitige Ermahnung, aber 4:10 für KM4 zeigte, wir müssen deutlich langsamer werden. Ich bekam nun auch Angst, mich hier abzuschießen. Das Tempo fühlte sich zwar gut an, aber es sollten ja noch 38km kommen. Außerdem hatte ich den Eindruck, aufs Klo zu müssen. Mit 4:15 beendeten wir den ersten Block und die offizielle Zwischenzeit weist eine 21:15 aus. Perfekter 4:15er Schnitt. Handgestoppt war es eine Sekunde mehr.

KM 6-10
Die Gruppe um die beiden 3h Pacer tauchte langsam von hinten auf. Am Start hatte ich sie nicht gesehen, jetzt wollte ich sie nicht in meiner Nähe wissen. 4:15 für KM6, gutes Tempo. Wegen ein paar Engstellen verbreitete sich Hektik im Feld, erneut 4:10 auf der Uhr. Der erste Pacer zog vorbei und schnell bildete sich eine größer werdende Lücke. Die nächste KM-Zeit 4:15 bewies, was ich vermutete: der Pacer läuft deutlich unter 4:15, eher 4:10. Mittlerweile hatte ich meinen Mitläufer auch etwas ziehen lassen, ich horchte immer wieder in mich rein, konnte aber nicht deuten, wie sich mein Körper fühlt. Es war schnell, klar, aber zu schnell? Die 4:17 für KM9 sind dem engen Stück auf der Friedrichstraße geschuldet, bereiteten mir also kein Kopfzerbrechen. Als sich das KM10-Schild näherte, dachte ich zum ersten Mal „Was schon 10km vorbei?“ Ging ziemlich flott und mit 4:17 hatte ich wieder einen guten KM dabei. Offizielle Zwischenzeit 42:30. Ich bin ein Uhrwerk.

KM 11-15
Die Strecke führte Richtung Volkspark Friedrichshain, dem Zeugen meiner ersten Laufschritte vor 5 Jahren, dem Ort, an dem ich unzählige Trainingskilometer abgespult hatte. Ich freute mich auf die kommenden KM. 4:08 für KM11, man konnte frei laufen. Hier entledigte sich der zweite sub3 Läufer seines Ballons und fortan verschwand er in der Masse. Ich habe bis jetzt noch nicht herausgefunden, was da los war. Ein paar Läufer neben mir teilten die Einschätzung, dass der erste Pacer mit 4:10 eher überpacet. Zu dem Zeitpunkt lagen schon zweihundert Meter zwischen uns. Am Erfrischungspunkt schnappte ich einen Becher Wasser, zwei Schluck in den Mund, der Rest übern Kopf. und die ich sehr gut kenne. Am Strausberger Platz, wo ich fast täglich vorbei fahre, sollte ein Freund stehen, aber offensichtlich schlief er noch. 4:13 für KM12, hier gab es viele Zuschauer. Die 4:19 für KM13 sind inklusive einiger Höhencentimer für die Brücke über die Spree. Jetzt gehts nach Kreuzberg. Vor zwei Tagen bist Du hier mit dem Mietwagen noch lang, jetzt zu Fuß. Euphorie machte sich breit und zeigte sich auch am Tempo:4:06 für KM14. Zu schnell! Aber wie langsamer werden? 4:05 für KM15. Ich hatte nicht das Gefühl schneller geworden zu sein, also volle Konzentration aufs Rennen. Versau es nicht! Leider verpasste ich hier Carsten, der Fotos schießen wollte. 1:03:22h nach 15km. Gute Zeit, schoss es mir durch den Kopf. Dass ich mit 20:55min zwanzig Sekunden schneller als die vorigen 5er gelaufen bin, stellte ich erst danach fest.

KM 16-20
Bei KM16 entdeckte mich ein Freund. Jubel und große Freude. Ich lief mittlerweile mein eigenes Rennen, obgleich ich immer nach ein paar markanten Shirts Ausschau hielt, um sicher zu gehen, weder langsamer noch schneller zu werden. 4:10 für KM16 mahnten mich, langsamer zu machen. Nach drei schnellen KM folgte mit 4:14 für KM17 wieder ein guter KM. Die Strecke führte jetzt über zweieinhalb KM fast schnurgeradeaus. Um drohende Langeweile zu überbrücken drückte ich mir den ersten Gel-Chip in die Backen. Süß. Lecker. Viele Zuschauer rechts und links, einige Bands und auch eine Gegend, die ich gut kenne. 4:13 für KM18, ja, das ist das richtige Tempo und jetzt sinds auch nur noch 24km. Wie schnell die Zeit vergeht. Ein Becher Wasser an der Verpflegungsstelle und weiter gehts. 4:10 für KM19, zu schnell und ganz ehrlich, es fühlt sich auch etwas schnell an. Kommt jetzt schon der Einbruch? Läufst Du dem Einbruch davon? Kurz vor dem KM20 Schild realisierte ich, wie schnell ich unterwegs war. Du wirst mit einer 1:28er Zeit den HM passieren. Zu schnell angegangen, was für ein Anfängerfehler. Jetzt kamen auch noch leichte Schmerzen irgendwo in der Nierengegend oder wo auch immer hinzu (die aber ebenso schnell wieder verschwanden). Verdammt. Aber gut, ist ja erst Dein dritter Marathon, da bin ich eben noch Anfänger. 4:10 für KM20 und offiziell 1:24:18 für die ersten 20km. Mit 20:57 war ich immer noch deutlich zu schnell unterwegs, aber so exakt wusste ich das zu diesem Zeitpunkt nicht.

KM 21-25
Ein Bekannter, ein verdammt schneller Läufer, hatte mir am Tag vor dem Marathon per SMS auf den Weg gegeben: Remember, der WK beginnt bei KM30. Auf den folgenden Kilometern wiederholte ich diesen Spruch permanent, um sicher zu gehen, dass ich noch nicht kämpfe. 4:15 für KM21 zeigten, dass es auch langsamer geht. Und vor allem gehts nun nach Hause. Wahnsinn. Die Hälfte ist schon geschafft. Das Ergebnis weist 1:28:59 für die erste Hälfte aus. Sehr schnell. Kurz vor KM22 wartete meine mobile Verpflegung mit der ersten Malto-Flasche auf mich. Also auf die rechte Seite wechseln, Augen öffnen und ... an der Potsdamer Straße bog die Strecke nach links ab und hier standen dermaßen viele Zuschauer, dass ich Gänsehaut bekam. Unglaublich. Rechts und links, die Läufer liefen durch ein Spalier. Ich strahlte, und noch mehr als ich die blaue Jacke meines Bekannten entdeckte. Ein "Du siehst gut aus!" rief er mir entgegen, drückte mir die Flasche in die Hand und ich strahlte noch mehr. 4:11 für KM22 und ich nuckelte meinen Zaubertrank. Das Kompliment gab mir zusätzliche Kraft, denn ich wollte nicht nur sub3 laufen, nein ich wollte dabei auch so lang wie möglich gut aussehen. 4:14 für KM23, sauber, bald kommt die 25k-Marke und endlich geht auch ein anderer Traum in Erfüllung: die 25km unter 1:50h. Irgendwie bin ich dabei immer gescheitert, noch im Mai brauchte ich 1:51, heute werd ich deutlich schneller sein. Verrückt und gleich blinkte mir eine 4:09 für KM24 von der Uhr entgegen. Hier traf ich auch wie verabredet eine Freundin, alles klappt. Ich fühl mich gut. 4:17 für KM25, irgendwas mit 1:45 insgesamt, unglaublich, es sind nur noch 17km. Mit 21:07 war ich auf diesem 5er Abschnitt langsamer, aber im Grunde noch schnell.

KM 26-30
Das Feld hatte sich jetzt sehr gut geteilt. Ich konnte frei laufen und es wurde beinah ein wenig langweilig. 4:10 für KM26, unglaublich, mach’ langsamer, der WK beginnt erst bei KM30. Ich erinnerte mich an die KM25 ff. bei meinem Einbruch-Marathon in Rom. Da stimmten die Splits gerade so noch, waren aber schon hart erkämpft. Heute lief es dagegen sehr gut. 4:16 für KM27. Ein Schreck fuhr mich durch die Glieder. Ich war abgelenkt und hatte den Punkt für die zweite Flasche verpasst. Wo hatten wir uns verabredet? Lentzealle? Oder davor? Ich hatte es vergessen und machte mir Vorwürfe. Da steht jemand, der genau so eine Flasche wie die letzte in der Hand hat, aber die ist nicht für mich. Shit. Ich Trottel. Also ein Gel-Chip zwischen die Backen und weiter. Hatte ich mich vor zehn KM über 4:17 noch gefreut, so machten sie mir bei KM28 etwas Sorgen. Ist das der Einbruch? Fängt es so an? War der vorige nicht auch schon langsamer? Zum Glück kam der Wilde Eber und die Stimmung riss mich aus den dunklen Gedanken. Jedoch nur für den Moment, denn irgendwie fühlte sich die Strecke an als führe sie bergauf. Sehr zähe Meter gab es hier, aber hey, es sind nur noch weniger als 15km. 4:11 für KM29 ließen sie Sonne aufgehen. In einem KM beginnt das Rennen. Mit 4:12 für KM30 war klar, ich bin aus dem kleinen Tief heraus. Super.
Vor dem Rennen hatte ich mir eingeprägt, dass ich bei KM30 unter 2:08 sein muss, um eine Chance auf sub3 zu haben. Ich hatte jetzt zu spät auf die Uhr geschaut, aber ich lag weit drunter. 2:06:33 weist die offizielle Zeit aus und mit 21:08 war ich genau so schnell wie auf den letzten 5KM. Ich bin ein Uhrwerk.

KM 30-35
Langsam machten die ersten Mitstreiter schlapp. Vereinzelt wurden verkrampfte Waden am Straßenrand gedehnt. Der sub3 Pacer war plötzlich da und sollte mich für die kommende Zeit begleiten. Um ihn herum war weniger los als vermutet. Die 4:16 für KM31 waren gut, es ging leicht bergan, diesmal nicht nur gefühlt. Der Puls ging etwas hoch, aber das war in Ordnung. Es sind nur noch 11km, nur noch 11km, elf. Ich wiederholte das ein paar Mal, denn ich konnte nicht glauben, dass es so schnell vorbei sein sollte. Jetzt wartete meine letzte Malto-Flasche auf mich und ich war hellwach und erspähte auch schnell die blaue Jacke. Super. Ich hatte an den Wasserständen bewusst wenig getrunken, um Platz für den Zaubertrank zu haben und die Rechnung ging auf. Ich drückte mir das Zeug rein und fühlte mich beim Wegwerfen der Flasche wie ein Profi. Geil. 4:12 für KM32, noch zehn KM, zwei Runden im Plänterwald, dem Ort, an dem ich meine EB gelaufen bin. ZEHN, das ist weniger als 15km EB. Auch wenn die Oberschenkel sich bemerkbar machten, hatte ich ein gutes Gefühl. Die Strecke führte nun auch wieder in eine Gegend, die ich etwas kenne. Um mich herum tauchten neue Läufer auf, langsamere Läufer. Ich überholte ab und an, bekam das aber nur am Rande mit. 4:17 für KM33, alles läuft nach Plan, keine Sorge. An diesen Abschnitt hatte ich im Training so oft gedacht und mir vorgenommen, jetzt einfach nur noch zu laufen. Und ich wusste, ich kann das Tempo hoch halten. Die beiden EB über 9 und 15km tauchten permanent in meiner Erinnerung auf und motivierten mich. "Sei schnell" hatte mir ein Freund auf den Weg gegeben. Ok. 4:15 für KM 34, der Wahnsinn. Kurz darauf bemerkte ich, dass sich meine Startnummer an einer Ecke gelöst hat. Es war eine der zwei oberen Ecken und ich hatte Schiss, dass ich das ganze Ding abreiße. Also friemelte ich im Laufen alles wieder zusammen, stach mir in den Finger, fluchte etwas, fand es aber im Grunde cool, für so etwas noch den Nerv zu haben. Klar, dass der KM etwas länger dauerte und die 4:24 sollten am Ende mein zweitlangsamster KM sein. Die Oberschenkel brannten nun immer stärker, das Wasser, das ich mit den Händen drauf verteilte, kühlte nur für den Moment. 21:26min für diese 5km, ich bin etwas langsamer geworden, aber da war halt auch die Nummer mit der Startnummer. Meine Uhr zeigte 2:28h an.

KM 35-40
32min für die letzten 7km, keine Ahnung, ob das reicht, das Blut war in den Beinen. Jetzt gab es einige Überholmanöver, die mich mehr nervten als die vom Anfang. Die Kraft, um schnell zur Seite zu springen, war nicht mehr da. Irgendwie wurde ich leicht aggressiv, wenn mir wieder jemand vor die Beine sprang. Selbst der Pacer zog plötzlich nach rechts rüber, um Wasser zu bekommen. Der Pacer? Ja, der Pacer. Er ist nicht schneller als ich. Gleich kommt meine Cola. Ich zerbrach mir mein blutleeres Köpfchen, ob das nicht zu früh sein könnte, aber da war sie schon. Meine laufbegeisterte Freundin, die am Tag nach dem Rennen meinte, sie würde gern ihr Leben lang, Marathonläufer begleiten, sprang an meine Seite, drückte mir Dextro-Energen und eine kleine Flasche mit Cola (natürlich ohne Kohlensäure) in die Hände. Das reichte eigentlich, aber sie wollte mich aufmuntern, sind nur noch knapp 6km. Ich lachte gezwungen und korrigierte, noch gut 6km. Sie ließ sich nicht beirren und eine Frage jagte die nächste. Wie fühlst Du Dich? Hast Du Deine Flaschen bekommen? Wie gehts? "Nicht gut. Ich kann nicht reden. Mir gehts schlecht." antwortete ich und mit der Erinnerung "Denk dran, wenn es Dir schlecht geht, wolltest Du schneller laufen" ließ mich ziehen. Genau. 4:15 für KM36, alles in Ordnung, aber die Oberschenkel schmerzten immer heftiger. Das Dextro und die Cola waren meine Milch und mein Honig. Die Strecke bog in die Potsdamer Straße ein und wieder standen viele Zuschauer da. Wieder sah ich das große Schild "Luther vor" und auch wenn ich wusste, ich war nicht gemeint, freute ich mich. Vielleicht ja doch? 4:14 für KM37, das gibts doch nicht, nur noch 5km, eine Runde im Plänterwald. Der Pacer war mittlerweile hinter mir. Als wir noch auf gleicher Höhe liefen, hörte ich die Zuschauer am Rand öfters, wie sie sich gegenseitig erklärten, dass das die Läufer sind, die unter 3h laufen wollen. Jaaaa, das sind wir und das machen wir auch. Die Straße zog sich leicht bergan, 4:19 zeigte die Uhr für KM38. Irgendwas mit 2:40 insgesamt, ich rechnte kurz, noch zwanzig Minuten für die letzten 4km und stellte mit Schrecken fest, das reicht nicht. Selbst wenn Du 4:30 läufst, reicht das nicht. Wo ist die Zeit hin? Im Kopf hatte das Chaos die Macht an sich gerissen, zum Glück blieb ich standhaft und schaltete den Kopf einfach ab. Denn die Oberschenkel brannten mittlerweile höllisch. 4:16 für KM39. Unglaublich, jetzt überhol ich einen Bekannten, der nicht mehr ganz so gut aussieht. Ich grüße, er reagiert mit "Lauf, Du schaffst das". Ich hoffe doch, denn auch wenn ich davon überzeugt war, nagte permanenter Zweifel an mir. Wenn jetzt doch noch ein Krampf kommt? 4:18 für KM40. 21:24 für die letzten 5km. Sauber.

KM 40-Ziel
Der Straßenbelag während KM40 ist mir sehr bekannt. Mein Arbeitsweg führte hier mal lang. Ein löchrige und hucklige Straße, mit dem Rad hatte ich hier schon einige unschöne Momente erlebt. Und plötzlich zuckt es in der linken Wade! Alarm. Da kommt ein Krampf. Ich rolle nicht mehr so stark ab und bin aufmerksam. Nichts. Fehlalarm. Die Oberschenkel schmerzen. Noch zehn Minuten für die letzten 2195m. Gleich gehts auf die Zielgerade. Kurze Kopfsteinpflasterpassage, schöne Gegend hier. Vor der Uni wollte ein Freund warten. Augen auf, nichts gesehen. Zum Glück, denn ich seh Scheiße aus. 4:13 für KM41, eigentlich könnte ich austrudeln lassen. Ich hab es geschafft. Unter drei Stunden. Langsam realisiere ich es. Egal, ich will bis zum Ende kämpfen. Den Kopf in Schieflage, den Mund verzerrt genieße ich den Kampf und den unglaublichen Schmerz in den Oberschenkeln. Na geil, aber im Grunde läufst Du noch gut. Schon vorher hatte ich an die vielen Kräftigungs- und Dehnungsübungen gedacht, die jetzt dafür sorgten, dass ich nur in den Oberschenkeln, aber sonst keine Schmerzen hatte. Nein, es fühlt sich noch wie Laufen an. Der Laufstil von Chris kam mir in den Sinn. Ob ich so aussehe? Keine Ahnung. Wo ist der Teufelslappen? Da ist der Bogen. Der letzte KM. Wann kommt der? Vor dem Km42 Schild oder danach? Müsste eigentlich ... ach egal. Aber wie geil, dass Deine Kraft genau bis hier reicht... das Brandenburger Tor ... ich fass es nicht. Ausgerechnet jetzt findet offenbar die Siegerehrung der Damen statt und ich laufe zu den Klängen der Nationalhymne über den Pariser Platz und durchs Brandenburger Tor. Das darf doch nicht wahr sein. Andere Musik! Bitte! Unglaublich. Ich drück die Uhr bei KM42 ab, 4:26, und plötzlich bin ich im Stadion. Auf der linken Seite (und vielleicht auch rechts) sind Tribünen aufgebaut und die Leute toben. Es ist der Wahnsinn. Die Läufer um mich herum beginnen zu jubeln. Yes, wir habens geschafft. Ich balle die Faust. Beide, beide Fäuste. Wahnsinn. Ich seh die Uhr. Wie geil. Sogar brutto unter 3:00. Und da ist das Ziel. Bei 2:58:51 stopp ich die Uhr. Ich gehe ein paar Schritte, mir wird etwas mulmig. Am Ende, ich bin im Ziel, es ist vorbei. So schnell.

Mir gehts nicht so gut. Das Sonnenlicht macht sich jetzt bemerkbar, mir ist alles zu hell. Die Folie zieh ich mir etwas über die Augen. Die Schritte sind schwer. Alle stolpern und schlürfen durch die Gegend. Ich lass mir die Medaille umhängen. Sub3. Ich trete auf die Folie eines Läufers, sie geht zu Boden. Bei dem Versuch, sie aufzuheben, scheitern wir beide und müssen lachen.
Den ersten Becher Basica haette ich beinah wieder ausgespuckt, aber nach dem zweiten war Ruhe. Ich schleppte mich zu den Massagen und wartete auf einen freien Platz. Meine Beine waren Schmerz. Wie im Märchen von der kleinen Meerjungfrau ist es als Durchdringen scharfe Messer meine Beine. Der Preis für sub3. Während der Massage plaudere ich mit einem Läufer vom PSB24, dem Verein, nach dessen Plan ich trainierte. Auch danach blieb ich noch ein bissschen, jeder Schritt war mir zu weit. Einer meiner ersten Gedanken danach: geil, das mach ich noch mal. :-) Und auf die Frage in einer Glückwunsch-SMS, wo soll das bloß hinführen, wusste ich auch ne Antwort: Ist doch klar, Marathon im 4er Schnitt.

Die Fakten:

5 km 00:21:15
10 km 00:42:30
15 km 01:03:22
20 km 01:24:18
25 km 01:45:25
30 km 02:06:33
35 km 02:27:59
40 km 02:49:23

Nettozeit: 02:58:50
Bruttozeit: 02:59:04
Halb 1 / First half: 01:28:59
Halb 2 / Second half: 01:29:50

Platz / Overall: 1238
Platz / Overall: 245 (in Altersklasse / Agegroup: M30)

Grüße
Christian.

PS: Der Titel ist etwas einfallslos. Mein kreatives Potential ist vollkommen aufgebraucht. Aber zumindest zwei Foris fallen mir ein, die diesen Herbst ebenfalls unter 3h bleiben wollen.

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Jetzt habe ich den Bericht glatt ein zweites mal gelesen - lohnt sich aber immer noch. Lege ihn mir mal auf Wiedervorlage für nächstes Jahr (diesen Herbst bin ich mit irgendwas um 3:05 noch zufrieden)

Nochmals Glückwunsch!!!
Gruß Thomas
PBs: 5km: 19:03 - 5,6km: 21:25 - 10km: 41:25 - HM: 1:26:39 - M: 3:11:15 - 50km: 4:09:09
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Hallo Christian

Dein Bericht ist genial und liest sich toll. :daumen:
Deine Leistung ist natürlich auch ganz grosses Kino. :respekt2: Herzlichen Glückwunsch und weiterhin viel Erfolg. :)

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Geil! :geil:







Herzlichen Glückwunsch zum erreichen dieses (Zwischen-)Ziels. :teufel:

Danke für den klasse Bericht,

Grüße,
3fach
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Some say there's no magic formula. I say there is. It's just that the magic is different for everyone. Keith Dowling

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Hallo Christian,

ein Suuuuuuuper Bericht zu einem suuuuuuuuuuper Rennen. Beides absolute Spitze. Dieses Gefühl, dass alles so schnell geht, hatte ich während des Laufes auch, nur viel langsamer :-). Es ist aber toll so ein Gefühl zu haben bei dem einem alles leicht fällt und das einem die Kraft gibt die man braucht um auch am Ende auch noch zu bestehen.
Viel Erfolg bei Deinen zukünftigen Vorhaben.

Ciao
Michael
Link zum Erdinger-Tippspiel

Wäre die Welt eine Bank, hättet ihr sie längst gerettet (Greenpeace)
und

Nichts ist scheißer als Zweiter (Eric Mejer)
und
Die Nahrung soll Deine Medizin sein
und nicht die Medizin Deine Nahrung

Hippokrates

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@Christian,

Glückwünsche ohne Ende! Ein faszinierender Bericht von einem wahren Triumphlauf durch Berlin! Man spürt in jeder Zeile, bei jedem abgespulten Kilometer, dass Du mit Leib und Seele gelaufen bist, dass Du alles um Dich herum wahrgenommen und aufgesaugt hast. Bei Hailes Rekordlauf hast Du Dich in die Schar der Auch-Rekord-Läufer eingereiht und Dein persönliches Stück Laufgeschichte geschrieben.

Genieße diesen besonderen Lauf so lange wie möglich. Vielleicht kommen andere, vielleicht auch noch schnellere Läufe. Das ist jetzt egal. Jetzt zählt nur: sub 3 Und wie! :daumen: :giveme5: :hurra: :respekt:
Nicht die Erkenntnis gehört zum Wesen der Dinge, sondern der Irrtum. (F. Nietzsche)

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Hey!

Der absolute Wahnsinn diese Leistung! Danke für den tollen Bericht, der wird mir eine Motivationshilfe sein, wenn ich mal wieder rummäkele...

Also, lass es laufen und noch mal herzlichsten Glückwunsch!

nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Ein toller Lauf und der Bericht ist nicht minder klasse. Danke :)
Eigentlich bin ich ein netter Kerl, und wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

http://www.hessel.ch

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3fach hat geschrieben:Geil! :geil:

..
Stimmt, super Bericht zu einer klasse Leistung
Viele Grüße
Wolf Dieter

**Offizieller Sponsor der Bundesregierung**

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Sehr schöne Renneinteilung! Weniger als eine Minute Verlust in der zweiten Hälfte ist ganz hervorragend. Da dürfen, nein da müssen die Beine schmerzen, um sicher zu sein, alles herausgeholt zu haben.

Packende Schilderung!

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

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Herzlichen Glückwunsch zu der tollen Zeit :respekt2: und zum Erreichen deines Ziels. Für mich eine unvorstellbare Leistung.

Vielen Dank für diesen mitreißenden Bericht :danke:

Gruß
Ralph

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Klasse! hab hier grinsend gesessen nach meinem 28km langen Sonntagslauf und mir gedacht: DAS willste auch mal..... die 3h Marke knacken und dann auch noch so klasse drüber schreiben - bis in 5 Jahren :-)
13.04.2007 Nichtraucher & Ich beginne (mal wieder) zu laufen
08.06.2008 HM Lev 1:37,51 ----- 01.08.2009 Ring - 2:02,32
16.02.2008 10k Seligenstadt - 44:11 ---- 26.04.2009 M HH - 3:34,10

Toller sub3-Bericht

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Hallo Christian,

das hast Du toll gemacht: Lauf und Bericht - Klasse! Glückwunsch!
...noch zwanzig Minuten für die letzten 4km und stellte mit Schrecken fest, das reicht nicht. Selbst wenn Du 4:30 läufst, reicht das nicht...
Einfach nur verrechnet, oder? :zwinker5:
Kann passieren in solcher Situation.
Ein Lauffreund wollte mal in Hamburg sub3 laufen und hat die letzten 195 Meter nicht berücksichtigt. Er lief dann 3:00:12 .... :rolleyes:

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Hallo Haricot,

herzlichen Glückwunsch zur sub 3!

Spitzenmäßig geschrieben, mir tun jetzt auch die Beine weh...
Leider bin ich jetzt auch mächtig neidisch auf Dich. Will auch - und kann nicht.

oLi

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@all: Vielen Danke für die Glückwünsche. Und wenn ich jemanden motivieren konnte, um so besser. Und oli, vor einem Jahr hätte ich etwas Ähnliches geschrieben, aber ich versichere Dir, es geht manchmal schneller als man denkt. Deine Zeit wird kommen.

Grüße
Christian

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Klasse :daumen:
pain is temporary - glory is forever :zwinker5:
"Das Fortführen von Belastungen nach zu kurzer Regeneration verlangsamt den Anpassungsprozess.
Der Organismus setzt sich hierbei mehr mit der Überwindung der Ermüdung auseinander als mit der
Verarbeitung der neuen Trainingsreize"
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Hallo Christian,

danke nochmals für diesen geilen Bericht, ich freue mich schon das in etwas mehr als zwei Wochen selbst in Angriff zunehmen :winken: .


Gruß

Karsten
Gesperrt

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