Banner

Marathon in Essen

Marathon in Essen

1
Gestern war es also mal wieder soweit ? Marathontag.

Als der Wecker um 6:00 klingelte, hab ich echt keine Lust gehabt. Hab mir vorgestellt, das ich den Tag auch mit der Familie verbringen könnte, nachdem die ja erst gestern aus ihrem Urlaub zurückgekommen sind.

Aber dann hat doch das "Pflichtbewußtsein" gesiegt. Ich hatte ja schließlich auch alles vorbereitet. Ein Mann muß tun, was ein Mann tun muß.

Also aufgestanden und fertiggemacht.

Um 8:00 Uhr war ich dann in Essen auf dem Parkplatz. Direkt neben der Startlinie. So konnte ich bis zum Schluß meine wärmende Jacke anbehalten.
Hab mich dann kurz warmgelaufen und in die Reihen der Starter eingeordnet.
Oah, Schreck, 4 Minuten vor dem Start fällt mir auf, das ich meine Brustwarzen nicht abgeklebt hatte. Also schnell noch mal zum Auto, war ja nicht weit, und das Versäumte nachgeholt.

Meine Timex hatte ich schon frühzeitig eingeschaltet, damit sie auch sicher ein Signal empfängt und mir die Pace ansagen konnte.

Zurück in den Startblock und dann gings auch schon los.

Beim Überschreiten der Startlinie die Uhr gedrückt. Kurz danach meldete diese dann, das sie kein GPS Signal empfangen würde. Die hat sich wohl beim warten im Startblock gelangweilt und dachte sich, wenn ich keine Standortveränderung registriere, kann ich mich auch ausschalten. Blöd sowas. Also umschalten auf Plan B. Hatte ja noch meine Zeittabelle am Handgelenk. GPS vergessen und nur auf die Zeit achten. Den GPS-Empfänger habe ich dann aber doch wieder eingeschaltet, um zumindest die Pace Veränderungen zu beobachten. Das ist für mich ne große Hilfe. Aber die KM-Anzeige konnte ich ganz vergessen. Obwohl sich das im Nachhinein als gar nicht so schlimm herausstellte. Hab einfach jeden KM per Hand abgedrückt.

Der 1km ging erstmal leicht bergauf. Hab aber meine Zeit ganz gut getroffen. Mit 4:47/km etwas zu schnell, aber noch alles im grünen Bereich.
Hab dann noch so gedacht: So richtig Lust hast du heute aber nicht, geh den Lauf locker an und genieße die Aussicht auf den Baldenysee".

Aber das Tempo war ganz gut. Jeder KM so knapp unter 5:00 min. Nach 5 km wurde dann auf die andere Seeseite gewechselt und hier waren es jetzt ca. 7 km bis zur nächsten Brückenquerung auf die "Zielseite". In der ersten Runde macht die Strecke dann einen 4-5 km Ausflug über eine Bundesstraße. Hier läuft man bis zum Wendepunkt bei km 15 und dann zurück.
Eigentlich ganz schön. Man sieht die Führenden entgegen kommen und nach dem Wechsel dann alle Nachfolgenden.

Dann die Kurve wieder an den See ran und noch 7km bis zum ersten Ziel-Vorbeilauf. Die zweite Runde ist dann entsprechend 6km kürzer. Und das ist gut so.
Letztes Jahr hatte ich mir vorher die Strecke zu wenig eingeprägt und hab von ca km 30 an der zweiten Brückenquerung entgegengefiebert um endlich auf der "Zielseite" zurücklaufen zu dürfen.
Dieses Jahr wußte ich, das die bei KM35 ist. Das hat echt geholfen.

Bis zum HM Punkt konnte ich meine KM Splits weiter unter 5min halten. Genau wie in Münster auch. Aber so langsam wurd es hart und meine Splits gingen Richtung 5:05/km. Hat aber noch gepaßt und ich hatte mir ja schon ein schönes Polster auf meine angestrebte 3:35:00 rausgelaufen. Wenn ich jetzt nicht, so wie in Münster wegen der Krämpfe um über 4min einbreche, dann hab ich die 3:35 im Sack.

Zwischenzeitlich habe ich mich dann an ein Läuferpaar gehängt und mich etwas ziehen lassen. Die eine Läuferin spielte wohl auch den Hasen für ihre Kollegin. Das hat mich ein bisschen gerettet, nicht noch mehr einzubrechen. Konnte mich dann sogar zwischenzeitlich von den beiden wieder absetzen. Aber bei km 33 waren sie wieder da. Aber auch der Wendepunkt, die heißersehnte Brücke kam näher. Viele Läufer gingen schon, andere wurden langsamer und ich konnte reichlich überholen.

Richtungswechsel und nur noch 7km. Immer mehr Läufer wollten von mir überholt werden. War das geil ?? In weiter Ferne hab ich 2 Läufer entdeckt und dachte, das ich die nicht mehr einholen könnte.
Aber schon 1km später war ich dran vorbei. Es fühlte sich an, als ob die stehen würden. Dabei habe ich jetzt nur wieder auf knapp unter 5:00 min/km beschleunigt. Mann, tat das weh, und noch immer 6km bis ins Ziel. Aber die Zwischenzeiten waren gut. Selbst wenn ich jetz einbreche, sollte ich die 3:35 oder sogar eine 3:33 im Sack haben. Was sollte passieren. Schlimmer als in Münster mit den Krämpfen konnte es doch fast gar nicht werden. Und auch da konnte ich das Tempo einigermaßen bei 5:20 halten. Das sollte also aufgehen.

Immer mehr Läufer ließ ich stehen. Das Tempo und das Gefühl dabei waren einfach gigantisch. Aber auch meine Akkus waren fast leer. Hab schon auf Notstrom geschaltet. Die Oberschenkel schmerzten. Kurz ein Krampf in der rechten Wade. Aber erfolgreich gekontert. Nach 3 min war es wieder ok.

Wie komm ich in Ziel. Voller Armeinsatz zur Unterstützung der Beinarbeit. Hab da mal an die Theorie gedacht. Mensch das hilft. Aber nur kurz. Jetzt den Kopf einsetzen und an was schönes Denken. Die Famile, die Kinder, das Erdinger im Ziel, eine gute Zeit, die Dusche. Irgendwie gings weiter.

Dann noch ein aufmunterndes Lob eines Läufers, an dem ich vorbeilief: "Klasse machst du das. Sieht sehr gut aus."
Ich wußte zunächst gar nicht, das ich gemeint war. Hab mich dann aber noch brav bedankt. Dann hörte ich noch, wie er seinen Mitläufer anfeuerte: Guck dir den an. Jetzt hefte dich an seine Fersen und zieh durch. Aber der Arme konnte das wohl nicht mehr.

Ich aber. Endlich KM Tafel 40. Eine meiner Liebsten. Die 41er hatten sie wohl schon abgebaut. Das war echt blöd. Es fehlte etwas die Orientierung für den letzten KM. Ab wann sollte ich das Tempo nochmal verschärfen ?

Aber da kam schon die Kurve. Es ging wieder an den See ran und auf die Zielgerade.
Hilfe, ich kann das Ziel noch gar nicht sehen. Die Zielgerade ist in Essen echt mörderlang. Aber das ist jetzt auch egal. Ich zieh mein Tempo durch, egal was kommt.
Am Stadion vorbei, Spitzkehre und ca. 200m zurücklaufen bis zum Zieltor.

Das ist eine echte Gemeinheit in Essen. Man denkt, man ist im Ziel, weil einem die Zuschauer von der Tribüne aus zujubeln, aber der Veranstalter hat das Ziel auf der Rückseite der Tribüne versteckt. Zum Glück kannte ich das aus dem letzten Jahr.

Man war ich fertig, aber auch total glücklich. Meine Tempoverschärfung auf den letzten 5km hatte dazu geführt, das ich fast noch meine Traumgrenze geknackt hätte. Meine Uhr hab ich bei 3:30:27 abgedückt. Damit hab ich überhaupt nicht mehr gerechnet. Das war vorher unvorstellbar für mich. Hab wieder mal zwei fast identische HM gelaufen.

Einfach nur geil. Endlich hab ich mal das abgerufen, was ich auch im Training so draufhatte. Jetzt kann ich beruhigt in die Winterpause gehen und mir neue Ziele für 2009 überlegen.
Ich muß dieses Mal nicht den verpaßten Zielen aus dem Vorjahr hinterherrennen.

Im Ziel dann 1 Medaille, 2 Erdinger, 3 Wasser und 4 Bananen und es ging mir auch körperlich schon wieder besser.

Bin dann zum Auto gehumpelt und hab meine Familie erstmal informiert. Anschließend noch mal zurückhumpeln um zu Duschen. Die waren aber leider nur noch in der eiskalten Form verfügbar.
Aber egal, Hauptsache frisch geduscht. Hatte dann aber dummerweise mein Geld im Auto vergessen. So wars nichts mit shoppen auf der kleinen Messe. Nichtmal ein Kaffee war mir vergönnt. Nach dem ganzen süßen Zeug hätt ich den jetzt liebend gern getrunken.

Bin dann zurück zum Auto und bei mittlerweile strahlendem Sonnenschein und bester Laune nach Hause gefahren.

Abends hatt ich dann ganz schöne Muskelschmerzen. Kein Muskelkater, die Muskeln waren einfach nur fertig. Aber so schlimm wie in Münster wird es wohl diesmal trotzdem nicht werden.


Allen Finishern herzlichen Glückwunsch, eine gute Erholung und noch viele schöne, herbstliche Genußläufe.

Martin

2
Hallo Martin,

Glückwunsch für deine persönliche Bestzeit :daumen: , eine echt starke Zeit :daumen: und danke für den Bericht :nick:

Wünsch dir gutes "Überwintern" bei schönen Läufen :D

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

3
Hallo Martin,

auch von mir einen dicken Glückwunsch zur tollen Zeit und zum besiegten Schweinehund. Klasse wie du durchgehalten hast. ist echt ein tolles Gefühl, alle so stehen zu lassen, oder?

Wünsche eine tolle, verdiente Winterpause und gute Ziele für 2009

nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

4
Glückwunsch zu dem tollen Lauf - und den kleinen schönen Laufbericht.

Auch: Marathon in Essen - ein Lust- und Leidensbericht

5
Da das Ausgangsthema passt und ich nicht unnötig viele Freds eröffnen will, hänge ich mich mit meinem etwas verspäteten Bericht vom Marathon am Baldeneysee einrfach mal dran...

Der diesjährige RWE Marathon am Baldeneysee - erst mein 2. Lauf dort, obwohl ich vom Austragungsort keine 10 Min. entfernt wohne - stand bei mir leider unter einem unguten Vorzeichen. Bei einem Trainingslauf etwa drei Wochen vor dem Start habe ich wohl in Neudeutsch "überpaced" und meiner rechten Wade zu viel zugemutet. Jedenfalls mußte ich den Trainingslauf wegen starker Schmerzen abbrechen. Da es auch Tage später nicht zu der von mir erwarteten Spontanheilung Marke "Lazarus schmeiß die Krücken weg!" gekommen war, habe ich einen Sportarzt in der Hoffnung, dass der schon durch Handauflegen heilen werde, aufgesucht. Der nette Kerl hat mich zunächst mit runtergelassener Hose einige Standübungen machen lassen, dann seine teuren Apparate auf die Wade gerichtet und diagnostiziert - dass ich einfach nur Geduld haben müsse. Der Muskel sei überlastet worden - aha! -, in dessen Folge hätte sich eine Vene entzündet und das führe zu einer Unterversorgung des Muskels, deshalb werde der dann wieder bei Belastung schnell überbelastet und so weiter und so fort...

Wichtigste Aussage war aber: wenn Sie bis zum 12.10. beschwerdefrei sind, können Sie es ja mal versuchen, aber nicht übertreiben.

So was ist natürlich leichter gesagt, als getan, zumal ich in diesem Jahr scheinbar in guter Form war. Irgendwie kämpft man gegen Ende der AK 45 mächtig gegen die nach unten zeigende Alterskurve, da tut es ausgesprochen gut, wenn die Trainingswerte zaghaft auf eine dramatische Verbesserung von bisher 3:20 auf 3:05 oder 3:00 hindeuten. Also: so einen ärtzlichen Rat hört man sich dann artig an, man ist ja schließlich gut erzogen. Allerdings bin ich dann nicht so schlau, den Rat eines Fachmannes auch in die Tat umzusetzen :klatsch: , aber dazu unten mehr...

Es war natürlich so, dass ich am Tag vor dem Wettkampf ganz plötzlich völlig beschwerdefrei war, hatte der Doc ja schließlich so auch vorhergesagt :wink: .

Ich bin daher mit meiner jüngeren Tochter am Samstag mit dem Auto (Fahrrad wäre wg. Wohnortnähe auch möglich gewesen, man will so einen Muskel aber ja nicht unnötig provozieren :D ) zum See runter gefahren, um die Startunterlagen abzuholen. Trotz im Ganzen guter Organisation war es da schon nicht einfach, einen Parkplatz zu finden, da am Samstag Walkingday und gleichzeitig tolles Ausflugswetter war, so dass der Parkplatz am See überquoll. Nach einigen Feinstaubextrarunden auf dem Parkplatz habe ich dann aber doch irgendwie eine Möglichkeit gefunden, den Wagen abzustellen. Im nächsten Jahr also doch wieder mit dem Fahrrad...

Bei der Abholung war erstaunlich wenig los, alles ging ruhig und gesittet von statten, ganz anders, als bei den Megaläufen in Berlin oder Köln. Bekannte Gesichter waren auch nicht da, so dass wir uns dann recht schnell nach Hause machten. War auch ganz gut so, war da nicht von dem ganzen rumgelaufen wieder so ein leichter Druck in der Wade? Quatsch, kann gar nicht sein, hat ja schließlich auch der Doc gesagt, dass alles in Ordnung sei - oder so ähnlich...

Irgendwann hat meine Frau dann entschieden, dass sie mich am nächsten Morgen mit dem Wagen zum Start bringen wolle, das mit dem Rad sei ja ganz nett, aber zurück käme ich damit ja nicht mehr; nach Hause gehe es schließlich bergauf und dass würde ich ja wohl mal gar nicht mehr schaffen (im letzten Jahr hab ichs geschafft, war mal wieder so eine weiblich unkorrekte Anspielung darauf, dass ich angeblich wg. Wade aussteigen würde)

Die Anfahrt war daher für mich nach ein paar Minuten erledigt, meine Frau hat mich im Startbereich rausgelassen, ist dann nach Hause gefahren und hat erst mal mit meinen Mädels gefrühstückt. Verabredet hatten wir uns für den Beginn der Pendelstrecke bei etwa 13 km, da man dort 2x (deswegen ja Pendelstrecke :hihi: ) vorbeikommt und wir dort auch ganz in der Nähe wohnen. Am Start wartete schon mein guter Freund und Laufpartner Werner auf mich, der zwei Wochen vorher in Berlin gelaufen war und wg. einer Erkältung in Essen nicht wieder an den Start ging. Werner hatte auch einen Rucksack dabei, in dem er dann nach dem Start meine Wärmeklamotten verstauen wollte, so dass ich diesmal nicht in der "Rot-Kreuz-Wegwerfkleidung" an den Start mußte. Ich war schon gegen 9:00 Uhr im Startbereich, eigentlich viel zu früh, da ich ja nichts mehr erledigen mußte. Ich hasse es aber, gerade bei Marathonveranstaltungen auf den letzten Drücker zu kommen (vor zwei Jahren in Berlin waren die U-Bahnen so überfüllt, dass ich fast gar nicht zum Start gekommen wäre. ich stand damals wohl kurz vor einem Herzinfarkt :D ), außerdem finde ich die Atmosphäre bei solchen Veranstaltungen einfach schön und lasse diese gerne auf mich wirken.

Der Morgen war mit ca. 8°C ziemlich kühl, am See lag sogar noch etwas Morgennebel. Allerdings kündigte sie Wettervorhersage schon seit Tagen Sonnenschein an, so dass ich unter meiner Jacke mit einem ärmellosen Trägershirt ganz auf Sommer eingestellt war. An den Händen Handschuhe und unter der Jacke ärmellos - schon irgendwie komisch, aber bei einem Start im Herbst wohl nicht unnormal. Andere waren jedenfalls noch viel dicker eingepackt, bis hin zum Stirnband/Ohrenwärmer war alles dabei. Im Startbereich habe ich dann auch mehrer "bekannte Gesichter" getroffen, die Gespräche drehten sich natürlich alle nur um das eine Thema: "Welche Endzeit peile ich an, wie teile ich die Strecke ein und was habe ich nicht schon alles bei anderen Läufen erlebt". Bei Motorradfahrern nennt man so was wohl "Benzingespräch". Auf diese Weise verging die Wartezeit jedenfalls rasend schnell, es wurde hinterher sogar noch mal etwas knapp, als wir alle merkten, dass wir ja noch gar nicht pieseln waren und diese Handlung - rituell oder tatsächlich nötig - unbedingt noch erledigt werden mußte.

Punkt 10:00 Uhr Startschuß!

Da ich den Arztrat zur Schonung irgendwo im Hinterkopf meine Traumzeit von 3:00 Std. nicht anpeilen wollte, 3:30 mir aber dann doch zu konservativ waren (ich war doch schließlich BESCHWERDEFREI!!), hatte ich mich hinter den 3:15er Brems und Zugläufern aufgestellt. Da das Feld in Essen durchaus überschaubar ist, waren wir schon wenige Sekunden nach dem Startschuß an der Startlinie. Kurz noch die Uhr gedrückt - ohne GPS und so, dafür aber mit Funktion :teufel: - und dann das Gefühl genossen, für das ich mich auf den langen Läufen vorher so gequält hatte: voller Adrenalin in (noch) bester körperlicher Verfassung in einer großen Gruppe Gleichgesinnter - das hat schon was, das macht süchtig! Ja, es stimmt übrigens, nach dem Start geht es etwas aufwärts. Allerdings ist dieses Stück nur kurz und wird im Starteifer von den meisten Startern gar nicht richtig wargenommen. Außerdem geht es zum Ausgleich sofort danach auch wieder runter, so dass man das Ganze mal durchaus als nicht bedeutend abtun kann. Die Strecke ist ansonsten, von einer Ministeigung (ca. 5 Höhenmeter) beim Km 13 mal abgesehen, fast topfeben und daher durchaus für persönliche Bestzeiten geeignet.

Kurz vor dem Start hatte ich die Brems- und Zugläufer gefragt, wie sie sich die Strecke einteilen wollten und dabei ein für mich bedenkliches "Am Anfang holen wir mal ein bisschen raus, weil es später ja nicht mehr so schnell geht" gehört. Leider haben die Jungs ihre Drohung umgesetzt und sind (zu) lange schneller gelaufen, als die angepeilte Endzeit eigentlich nötig machte. Später führte das nicht nur dazu, dass die meiste Läufer nicht mehr mithalten konnten, sondern auch dazu, dass die Brems- und Zugläufer selber nicht mehr das Tempo halten konnten. Zwei von Ihnen haben nach meiner Kenntnis ganz aufgegeben, der letzte ist zwar im Ziel angekommen, hat aber die Endzeit von 3:15 überschritten. Schon auf den ersten Km habe ich wiederholt nach Blick auf die Uhr gerufen, dass der Schnitt zu schnell sei; aber beim Laufen ist´s wie zu Hause - auf mich hört ja keiner :D

Nach etwa drei Km kommt man vom See in den Essener Ortsteil Werden, durch den man aber recht schnell durchgeschleust wird. Hier stehen auch viele Zuschauer, die bei inzwischen Kaiserwetter kräftig Stimmung machten. Meine gedachte Bitte war in dieser ersten Runde " bleibt bloß da, für die zweite runde, da brauchen wir Euch noch mehr!"

Gut 1 Km weiter ist man schon wieder am See auf dem wohl schmalsten Stück der Strecke. Eine größere Veranstaltung würde hier wohl kollabieren, der Weg ist teilweise nur knapp 2m breit. Man läuft hier dann auch bald am Wehr vorbei (klasse Musikgruppe hier!!) und ist dann nach ein kurzer Zeit gegenüber von dem heiß ersehnten Zielbereich. Quer über den See sind es wohl keine 200m, aber vor uns liegen an dieser Stelle noch satte 37km! In der zweiten Runde habe ich etwa an dieser Stelle von der anderen Seite Fanfahren tuten hören, ich nehme mal an, dass der Sieger da ins Ziel gekommen ist, während ich dann noch einmal um den See mußte :klatsch:

Das Tempo war immer noch zu hoch, was aber niemanden so richtig zu stören schien. Da ich ja in meinem tiefsten Inneren mit einer schnelleren Zeit liebäugelt hatte, war mir der hohe Schnitt eigentlich sogar ganz recht, der mahnende rat des Arztes lag ja wohl auch schon Lichtjahre zurück, außerdem gibt es in dieser Phase des Wettkampfes ja auch viel zu sehen, was prima ablenkt. Man sollte eigentlich annehmen, dass man mit der Zahl der Marathone - dies war mein 7. - vernünftiger wird, bei mir dauert es aber scheinbar noch etwas, bis dieser Effekt eintritt :tocktock:

Etwa bei Km 12 fängt dann die schon im anderen Bericht erwähnte Pendelstrecke an. Ich weiß zwar, dass viele Läufer dieses Stück über die B227 nicht mögen, da landschaftlich wenig reizvoll und eben "Hin und Her"; ich persönlich mag diesen Streckenteil aber sehr, da man fast die ganze Zeit von Km 12 bis Km 18 sehen kann, wer vor bzw. hinter einem läuft. Ständig wird von der einen Gruppe in die andere gegrüßt, viele Läufer achten dabei nur die Entgegenkommenden und nicht auf die absperrenden Gummikegel. In meinem Umfeld wäre es daher mehrfach fast zu Stürzen gekommen!

Bei Km 13 stand meine Familie, was natürlich noch mal einen tollen Anreiz setzt, zumal - Pendelstrecke - man an diesem Punkt bei Km 17 noch einmal vorbeikommt. Auf dem Hinweg war bei mir noch alles im Lot, was ich auch meiner zweifeldenden Frau so zugerufen habe. Hätte ich besser mal nicht getan; wirklich nur wenige hundert Meter weiter fing die verdammte Wade an zu zwicken. Noch durchaus erträglich, aber doch deutlich. Da ich dies von dem abgebrochenen Trainingslauf kannte und wußte, dass es stärker werden würde, habe ich an dieser Stelle eine vorsroglich eingesteckte Aspirin geschluckt und vor allem auf den Placeboeffekt vertraut. Später hat mir meine Frau gesagt, ich sei auf dem Rückweg bei km 17 schon "merkwürdig" humpelnd angekommen, was ich aber selber so nicht bestätigen kann. Ich meine, zu diesem Zeitpunkt noch normal gelaufen zu sein, vielleicht ist mein normaler Lauf ja "humpelnd", wer weiß. Ist Euch eigentlich schon mal aufgefallen, was für Laufarten so alles auf der Strecke sind? Da sind Leute dabei, die laufen, als seien sie gerade aus dem Bus gefallen und kommen mit so einem Laufstil mal locker 30Min. vor mir ins Ziel :haeh:

Zu diesem Zeitpunkt konnte ich aber noch problemlos mit der 3:15er Grupe mithalten, größenwahnsinnig wie ich bin, plante ich sogar, nach der Hälfte der Strecke zu forcieren und mich - na klar - nach vorne abzusetzen. Man achte auf das Tempus "plante""! Wurde natürlich nix draus! Die Schmerzen in der Wade wurden stärker, in gleichem Maße wurde ich dankbarer, an der Gruppe dran bleiben zu können. Bei Km 21 dachte ich daher auch nicht mehr daran, zu überholen, sondern nur noch daran, an wem ich mich wohl festhalten könnte, damit ich gezogen werde :D Zwischendurch wurde meine Wade dann mal wieder ganz still, wahrscheinlich hatte sich da ein Stückchen von der Aspirin den Weg zur richtigen Muskelfaser gebahnt, um dann aber wieder laut auf sich aufmerksam zu machen. Das Problem bei solchen schleichenden Verletzungen ist, dass man sie schlicht und ergreifend nicht mehr aus dem kopf bekommt; jedenfalls mir geht das so, dass ich ab einem bestimmten Punkt ständig über diese sche*** Schmerzen nachdenke, was die Schmerzen vermutlich verstärkt. Trotzdem, noch geht es und aufgeben kann man ja immer noch. Außerdem hatte gerade unmittelbar vor mir der erste der Brems- und Zugläufer in Höhe des Stauwehrs aufgegeben (praktische Stelle, wenn schon Ausstieg, dann da - man muß nur über das Wehr und ist schon am Zielpunkt), was mir noch mal Antrieb gab, es besser zu machen.

Bei Km 29 kam aber, was man bei klarem Verstand wohl vorhersagen konnte: der völlig übersäuerte Muskel machte vollkommen dicht, wurde von einer Sekunde zur anderen bretthart und versagte den weiteren Dienst. Das Ganze war so abruppt, dass ich fast gestürzt wäre. Das Gefühl war etwa so, als hätte mir jemand ein dickes Messer einmal quer über die Wadenmuskulatur gezogen.

Stillstand - Schmerzen - Selbstmassage - die Karavan zieht vorbei - schrecklich! Später würde der selbe Doc, wie der vor dem Rennen, sagen: "Hab ich ja gesagt, klassischer Muskelfaserriß, machen Sie jetzt mal 6 Wochen Pause" :sauer:

Nach gut zwei Minuten kam dann ein Bekannter von mir, mit dem ich gestartet war und auf den ich unbemerkt eben diese zwei Minuten Vorsprung rausgelaufen hatte. Irgendwas sagte mir dann, dass das für eine Aufgabe eine verdammt blöde Stelle war, ich ohnehin irgendwie zum Zielbereich kommen müßte und dass ich dann auch ruhig schneller humpeln könnte. Also: erst schwerfälliges, langsames Humpeln, was nach kurzer Zeit schon besser funktioniert und schließlich sogar sowas ähnliches wie Laufen zuläßt. Die km Schnitte wurden mit 4:35 zunächst sogar wieder erstaunlich gut! Allerdings war diese Art der Fortbewegung unglaublich kraftraubend, was man natürlich nicht sofort merkt!

Allerdings war die Kombination aus Schmerz und Kraftverlust schon wirklich beeindruckend! Bei Km 37 kam mir Freund Peter entgegen, den ich als Hasen für die letzten Km zur Strecke gebeten hatte. Ohne Peter, das sei schon hier vorweggenommen, wäre ich nie im Leben mehr angekommen. Zur Aufgabe fehlten nur "Mikrometer", dass ich diesen winzigen Schritt nicht gegangen bin, habe ich nur Peter zu verdanken! Besonders schlimm war der Wunsch nach Abbruch bei km 38. Da befindet sich in sonniger Lage ein griechischer Imbiss direkt am See. Inzwischen war meine Frau mit meinen Töchtern auch von Km 17 zu eben diesem Imbiß umgezogen und hatte zu allem Überfluß auch noch das Auto dabei. Also ideale Bedingungen für den Abbruch!

Mir schoß dann aber durch den Kopf, dass ich dann doch keine Medaille bekäme und es doch eigentlich nur noch ein paar Schritte seien. Gedanklen, die vermutlich jeder Läufer hier nachvollziehen kann; bei Nichtläufern löst das, wie ich inzwischen weiß, nur Verständnislosigkeit aus.

Natürlich gingen die Km Zeiten immer weiter runter, bei Km 39/40 lag der Km dann bei knapp 5:00. Es war die reinste Qual, jeder Meter schmerzte enorm, das ständige, gut gemeinte Aufmuntern von Peter ging mir nur noch auf den Keks, ich war einfach fertig und wollte jetzt auch leiden! Meine Wahrnehmung war ernsthaft eingeschränkt, der berühmte Tunnelblick ließ mich nur noch auf den Asphalt starren. Trotzdem nahm ich noch irgendwie wahr, dass es anderen ähnlich, wenn nicht sogar schlimmer ging. Viel gingen oder liefen so langsam, dass sie auch gleich hätten gehen können. das führte dazu, dass ich :kruecke: tatsächlich noch in den Genuß kam, eine ganze Menge anderer Läufer zu überholen. Komisches Gefühl, man ist völlig fertig und quält sich an anderen vorbei, denen es noch schlechter geht. Das ist dann die Phase, wo man sich sagt "das war der Letzte, nie wieder" um dann im Ziel doch wieder wortbrüchig zu werden.

Mit Peter an meiner Seite kam dann Km 41 und - schon vor den Trbünen - km 42; unglaublich, wie lang in dieser Phase so ein km sein kann. Meine Uhr hat mir später verraten, dass ich den letzten Km dann wieder in 4:30 geschafft habe - wie, kann ich nicht sagen, da ich mental nicht mehr dabei war. Meine Familie stand inzwischen wieder im Zielbereich, ich bin wohl in 50cm Entfernung an ihnen vorbei gelaufen und habe sie nicht gesehen!

Ziellinie - Uhr drücken - nettes Mädchen mit Rosen für die Frauen - Medaille um den Hals - Plastiksack gegen das Auskühlen

Ich kann mich daran eigentlich nur bruchstückhaft erinnern, meine Wade hat offensichtlich auch ein gutes Stück meines Hirnes verbraucht :D Ein, zwei Minuten später war aber alles wieder "paletti" und ich konnte schon ein erstes Bier zu mir nehmen. Mineralstoffe sind in dieser Phase ja ganz besonders wichtig! Meine Zeit war natürlich langsamer, als 3:15; mit 3:19:21 aber immer noch rund 1,5 Minuten schneller, als meine bisherige Bestzeit - und irgendein Ziel muß man ja auch für das nächste Jahr haben. Dann aber mal ohne kaputte Wade - versprochen!
Gruß
Bekele :hallo:

(nicht mehr) ganz neu :traurig: AK 50
5 KM in 18:54 (Onkolauf 2009)
10 KM in 39:14 (Sommernachtslauf Essen 2006)
Baldeneysee-Runde (14,2 Km) 57:50 (Seelauf 2007)
HM in 1:27:26 (Venloop 2010)
Marathon in 3:15:05 (HH 2010)

6
Hallo Bekele,

ich kann dir nur zustimmen. Da ich für Essen mir mal wieder den Entschluß gefasst habe, die 3:15 zu knacken, bin ich auch mit der Gruppe losgelaufen. Ich fand das Tempo auch viel zu schnell und ich bin mit in Begleitung eines sehr netten älteren Herren deshalb auch immer etwas hinter der Gruppe geblieben. :motz: Ich hatte bei km 5 eine 22:30 und bei 10 war ich dann unter 45 Minuten. :nene:
Beim HM muß die Gruppe ca. bei einer 1:35:30 gewesen sein. Für meinen Geschmack echt zu schnell, das rächt sich dann meist auf der 2. Hälfte. Danach stiegen dann von den Dreien irgendwann zwei aus und ich habe diesen letzten Tempoläufen dann bei km 36/37 überholt, wobei ich kopfschüttelnd feststellte, dass er ganz alleine unterwegs war. Es war keiner, aber auch keiner von dieser relativ großen Gruppe, die gern die 3:15 erreichen wollte, übergeblieben. Das finde ich sehr schade !!! :nene:
Warum bieten die dann so etwas an ? Und die Läufer müssen doch eigentlich auch erfahren genug sein. Das kann ich von mir nach 10 absolvierten Marathons schon behaupten. Ich kann froh sein, dass ich das Tempo nicht so mitgelaufen bin, denn sonst hätte ich meine tolle Zeit von 3:14:30 niieeeee erreicht.

Gruß
Claudia
Laufen macht Spaß und hält jung und gesund !
Jeder braucht seine Ziele !:hallo:

Die flotten MädelZZZ

7
Hallo Claudia,

Hut ab - tolle Leistung! :daumen: Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir am Anfang ein paar Km "zusammen" gemacht haben, bis Du mich dann "versägt" hast. Kleines Tatoo am Arm??

Im letzten Jahr sind die 3:15er Brems- und Zugläufer (waren aus Steinfurt) wie die berühmten Uhrwerke gelaufen. Die Jungs haben einen großartigen Job gemacht. Einer von denen - echt kein Scherz - hat sogar im Laufen gepinkelt und dabei das Tempo gehalten. War natürlich für mehrere Km ausschließliches Thema in der Gruppe :D :D

Ich habe übrigens keine Ahnung, nach welchen Kriterien die Brems- und Zugläufer ausgesucht werden. Kann sich da eigentlich jeder melden, der glaubt, das zu können?
Gruß
Bekele :hallo:

(nicht mehr) ganz neu :traurig: AK 50
5 KM in 18:54 (Onkolauf 2009)
10 KM in 39:14 (Sommernachtslauf Essen 2006)
Baldeneysee-Runde (14,2 Km) 57:50 (Seelauf 2007)
HM in 1:27:26 (Venloop 2010)
Marathon in 3:15:05 (HH 2010)

8
Bekele hat geschrieben:Kleines Tatoo am Arm??
Jo, die war ich. Ich glaube, es war sonst auch keine Frau dabei. Deswegen kann man sich auch besser an eine Frau erinnern, als einen Mann. Aber dein Foto in dem Avatar ist nicht so genau, von daher müsste ich lügen, die bewußt gesehen zu haben. Aber ich hoffe, du bist mir deswegen nicht böse. :zwinker5:
Ich war auch echt super glücklich mit meiner Leistung; das ist auch schon mein 3. Anlauf. Jedes Mal hat es mich auf der 2. Hälfte zerrissen. :sauer:
Das Problem ist nun, dass man sich seine Ziele immer höher steckt und diese leider immer schwerer zu erreichen sind. :frown:

Ich weiß nicht, wie man ein Brems- und Zugläufer wird; die haben auf jeden Fall keine besonderen Referenzen und ich denke, man hat sie aus der Not heraus genommen. Vielleicht fand sich keiner ??? :confused: Das hätte ich z.bsp. für ne 3:45 besser hinbekommen ! Man hat doch ne Uhr !! Aber vielleicht sind die Ohne gelaufen. :D

LG
Claudia
Laufen macht Spaß und hält jung und gesund !
Jeder braucht seine Ziele !:hallo:

Die flotten MädelZZZ

9
Pamela67 hat geschrieben:Jo, die war ich. Ich glaube, es war sonst auch keine Frau dabei. Deswegen kann man sich auch besser an eine Frau erinnern, als einen Mann. Aber dein Foto in dem Avatar ist nicht so genau, von daher müsste ich lügen, die bewußt gesehen zu haben. Aber ich hoffe, du bist mir deswegen nicht böse. :zwinker5:
Ich war ja auch hinter Dir :D
Gruß
Bekele :hallo:

(nicht mehr) ganz neu :traurig: AK 50
5 KM in 18:54 (Onkolauf 2009)
10 KM in 39:14 (Sommernachtslauf Essen 2006)
Baldeneysee-Runde (14,2 Km) 57:50 (Seelauf 2007)
HM in 1:27:26 (Venloop 2010)
Marathon in 3:15:05 (HH 2010)
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“