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Lauf-"autismus" oder: Laufen ist Kopfsache

Lauf-"autismus" oder: Laufen ist Kopfsache

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Nach Nutzen der SuFu hab ich das Thema in ähnlicher systematik noch nicht gefunden...

Meine persönliche Lauflage: aufgrund meiner momentanen Tätigkeit hause ich in der Woche nicht in meiner Heimat Magdeburg (S-A), sondern in Augustdorf (NRW)... Und das schon genau seit einem Jahr. Die Sache war anfangs: in den meisten Trainings zusammen mit meinem Laufpartner gelaufen (jackdaniels) bzw. mit dem Verein. Seit dem ich in NRW unter der Woche wohne, ist das Training sehr, sehr einsam, denn: ich kenne hier niemanden Weiteres, der läuft - und ich verlange nun nichtmal das Pensum meines Trainings. :nene: Ich bin zwar am Wochenende wieder daheim, jedoch klappt das gemeinsame laufen nicht immer.
Auf jedenfall bemerkte ich nach und nach, wie ich langsam immer mehr in Gedanken versunken bin - gänzlich anders wie beim kollektiven Laufen, wo andauernd erzählt wurde - und das dann auch bald soweit, dass ich beim Training am Wochenende mit jackdaniels (er hat übrigens das gleiche "Schicksal" - jedoch nicht NRW, sonder Berlin) mich mit ihm die ganze Zeit unbewusst ignoriert und angeschwiegen habe, da wir wie (neuerdings) gewohnt liefen und nachdachten. Und wir bemerkten es nicht mal... Das lief eine ganze Weile so, bis wir uns darüber mal unterhielten. Der (von uns) so genannte Laufautismus ist dort eingetreten. Um nicht in Monotonie zu geraten, hat sich nach und nach unser Hirn präventiv mit Gedanken jeglicher Art beschäftigt. Und die Gedanken reichen oftmals über nachdenkliche Themen bis hin zu albernen Rumspinnereien. Was mir anfangs also wirklich schwer viel, sprich die längeren Läufe andauernd alleine "bestreiten" zu müssen, hat sich später gewandelt, sogar so weit, dass selbst Strecken über 25km kein Problem sind und ich dabei nie "ausdenke"... Ein wichtiger postiver Aspekt ist der, dass bei Läufen (10km, HM, etc.), in denen es echt langweilige Abschnitte gab bzw. solche Abschnitte, in denen man normalerweise zu Einbrüchen neigt, mir der Laufautismus im intensiven Tempo darüber hinweg half. Also, das Visuelle eher nach innen zu verlagern und die Außenwelt eher unterschwellig wahrzunehmen. Hoffe, das ist soweit erstmal verständlich. :confused: :wink:
So auch die Laufpsychologie während harter Einheiten und Wettkämpfen: grundsätzlich ist man bei solchen sehr anspruchsvollen Läufen vom Kopf her im Rennen. Jedoch lag bei mir die Gefahr nahe, dass ich anfing, die Kilometer/Runden runter zu zählen. Was mir persönlich nicht immer zu Gute kam. Irgendwann erzählte mir jackdaniels, dass irgendein Läufer (leider keine Ahnung mehr, wer es war) die Taktik nutzte, sich währenddessen vorzustellen, dass er wie eine Katze oder ein ähnlich schnelles Raubtier rennt, um es förmlich zu übertragen und einem von diesem runterzählen wegbringt. Natürlich habe ich das ausprobiert, kam dann aber während diesem "Feldversuchen" eher doch zum Entschluss, dass rein positive Gedanken einen viel größeren Effekt haben. So habe an echt gute und glückliche Situationen gedacht, schöne Dinge, die noch kommen (könnten), und weitere Sachen dieser Richtung. Bei gewissen mentalen Training kommt es dann auch (belesener Maßen) zur Dopamin- und letztendlich auch zur Adrenalinausschüttung, wovon ich dann auch selber bald von zeugen konnte - nie ging ein TDL so gut von der Hand... Natürlich gingen auch da meine Augen regelmäßig zu Uhr.
Vor kurzem habe ich während eines Tempodauerlaufes mal versucht, meine Schrittfolge an ein gedachtes Metronom zu koppeln, jedoch kann ich meinen Kopf nicht all zu lange frei von gedanken halten, was mir bis dahin aber auch gut geklappt hat. Werde das nocheinmal anwenden und auswerten! :tocktock:

Im Generellen könnte man eigentlich sagen, das Alleinelaufen härtet ab, vorallem in den angesprochenen Sachen. Jedoch haben jackdaniels und ich mal das Thema auseinandergenommen und darüber diskutiert, wie es sich bei was verhält und eigene Erfahrungen mit Ergebnissen gekoppelt und philosophiert. :handshak: ^^

So, der war jetzt mal sehr ausführlich.

Wie sieht es bei euch mit Laufpsychologie aus? Nutzt ihr welche? Welche Strategien helfen euch? Gibt es Lücken bei meinen? Wäre über viele Beiträge dankbar... :nick:


Frostl

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Hmmm, ich bin beim Laufen zuerst einml froh, mich an frischer Luft bewegen zu können und setze mich eigentlich nie bewusst unter Druck.

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Hallo Frostl!

Ohne Dir zu Nahe treten zu wollen, aber "Autismus" ist dafür die falsche Bezeichnung. Autisten sind in ihrer Wahrnehmung gestört, das was Du beschreibst hört sich eher wie Trance an.
Ich kenne allerdings das Gefühl, was Du beschreibst. Ich bin eher Typ Alleineläufer und finde es meistens sogar störend, wenn jemand mit mir im Wettkampf redet. Ich frag mich dann immer, ob der überhaupt am Limit ist, dass der noch quatschen kann :D

Aber so ist eben jeder anders, der eine nutzt Läufe um sich mit seinen Mitläufern auszutauschen, der andere ist lieber für sich. Dass man dabei das Denken einstellt und sich selbst vergisst, ist für mich übrigens ein äußerst positiver Effekt. Erinnert an Meditation und ist sicher kein unmaßgeblicher Grund, warum ich so gerne laufe.

Sich selber während des Laufens zu motivieren ist sicher eine sinnvolle Sache, so man dies kann, allerdings geht das bei mir immer nur bis zu einem gewissen Leidensgrad, wos dann vorbei ist mit gezieltem Denken. Es geht dann nur noch darum, das Leiden schnellstmöglichst zu beenden und die Sache halbwegs über die Bühne zu bringen. Meist ist diese Grenze bei km 6 im 10er, ab km 15 im HM und ab km 32 im M erreicht :D

Gruß
Chris

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Von Autismus mal abgesehen, kam schon rüber, was du damit meinst. Kann ich sehr gut nachempfinden, nur das die Reihenfolge bei mir umgekehrt ist. Ich bin jahrelang allein gelaufen und erst bei Wk und jetzt bei den ganz seltenen Läufen mit Kollegen vom Laufverein festgestellt, dass man auch in Gesellschaft laufen kann :zwinker5: .
Für mich ist neben der Fitness der Aspekt des Alleinseins, keiner will was erklärt oder geregelt haben, beim Laufen wichtig. Ich kann meine Gedanken schweifen lassen, ordnen, Dinge die mich beschäftigen erscheinen plötzlich nicht mehr so kompliziert, häufig fallen mir diplomatische Formulierungen und Lösungen ein. Das alles hat genau die von dir beschriebenen Vorteile.
In der letzten Zeit habe ich mich ab und an mal den Läufern des Laufvereins angeschlossen. Je nach Leistungsklasse in kleineren Grüppchen. Und auch das hat seinen Reiz. Die Zeit vergeht viel schneller, man kann sich mal austauschen, läuft insgesamt ein viel schnelleres Tempo etc. Die Belastung spürt man nicht so.
Beide Varianten haben also ihren Reiz.

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Hallo Frostl

ich bin schon immer alleine gelaufen. Es macht mir absolut nichts aus auch für lange
Einheiten bis 3,5 Stunden mit mir und meinen Gedanken alleine zu sein (auch ohne
mp3-player). Im Gegenteil. Ich genieße die Ruhe, besonders Sonntags Morgens.
Das einzige was ich höre sind Vögel, meine monotonen Schritte und mein ruhiger Atem.
Ich liebe das.
Bei Tempoläufen passiert es allerdings manchmal, dass ich zu sehr in Gedanken versunken
bin und erst beim Blick auf die Uhr merke, dass ich zu langsam bin (selten auch zu schnell).

Darum hab ich für bestimmte Laufgeschwindigkeiten unterschiedliche Standardlieder
die ich im Kopf vor mich hin summe. Das hilft mir ganz gut das Tempo zu treffen.
Manchmal driften meine Gedanken aber doch ab und ich vergesse das Lied, das Tempo
und alles Andere um mich herum.

Gruß
Macke

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Frostnacht hat geschrieben:Auf jedenfall bemerkte ich nach und nach, wie ich langsam immer mehr in Gedanken versunken bin - gänzlich anders wie beim kollektiven Laufen, wo andauernd erzählt wurde - und das dann auch bald soweit, dass ich beim Training am Wochenende mit jackdaniels (er hat übrigens das gleiche "Schicksal" - jedoch nicht NRW, sonder Berlin) mich mit ihm die ganze Zeit unbewusst ignoriert und angeschwiegen habe, da wir wie (neuerdings) gewohnt liefen und nachdachten.
Ein wahrer Freund ist der, mit dem man nicht nur reden, sondern auch schweigen kann :daumen: .
Frostnacht hat geschrieben:Was mir anfangs also wirklich schwer viel, sprich die längeren Läufe andauernd alleine "bestreiten" zu müssen, hat sich später gewandelt, sogar so weit, dass selbst Strecken über 25km kein Problem sind und ich dabei nie "ausdenke"...
Ist doch perfekt.
Frostnacht hat geschrieben:Also, das Visuelle eher nach innen zu verlagern und die Außenwelt eher unterschwellig wahrzunehmen.
Ich habe immer die gleiche Laufstrecke. Manchmal bin ich so gedankenversunken, daß ich garnicht mitbekomme, wo ich langlaufe. Dann werde ich wach und wundere mich, daß ich schon so weit gelaufen bin und ich mich nicht erinnern kann, wo ich vorbeigekommen bin :tocktock: .
Frostnacht hat geschrieben:Wie sieht es bei euch mit Laufpsychologie aus? Nutzt ihr welche?
Nö. Wenn ich ein Problem habe, mache ich es wie Runnersgirl, denke nach und finde richtig gute Lösungen. Wenn ich kein Problem habe, träume ich einfach. Pathetisch ausgedrückt ist Laufen für mich Reinigung von Körper und Geist. Ich habe mal versucht, beim Laufen zu meditieren. Das klappt aber nicht, weil die Ruhe und Stille fehlt. Durch Störungen der Konzentration bekomme ich den Kopf nicht leer und falle immer wieder ins Denken zurück. Deshalb mache ich das lieber zu Hause. Das mit dem Träumen funktioniert auch bei Wettkämpfen. Im besten Fall war dann der Marathon ein Traum :D .

Mach Dir beim Laufen einfach nur Gedanken, aber nicht übers Laufen. Und träum was Schönes :nick: .
Renn-Schnecke

... von 2 auf 100 in 11 Jahren ...

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Vielleicht meinte der TE ja "~automatismus"?

Während der letzten Beziehungskrise habe ich beim Laufen Problemlösungen gesucht und mir so den Stress weggelaufen.
Nun ja, manchmal schaltet der Kopf einfach ab und der Körper läuft einfach so, und manchmal grüble ich so vor mich hin...

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Her Großer,

was ich damals meinte, kannst du auf der Seite von Corruptor nachlesen weil der da so einen Mechanismus des Abkoppelns beschrieben hat, um lange Läufe, die er auch alleine bestreiten muss, einfacher durchzulaufen.
Generell ist die Anpassung, die hier vom Geist her stattfindet ja sehr interessant. Fakt ist aber auch, dass bestimmte Einheiten, gerade lange, in der Gruppe immer noch besser gelaufen werden können - finde ich jedenfalls, bin ja auch ein verfechter von Trainingsgruppen, weil man sonst irgendwie durch den Sport vereinsamt... Man verbringt ja schon ne Menge Zeit damit und insofern ist das Kollektive am Gruppentraining doch was Tolles. Man pusht sich ja gegenseitig.
Aber dieses Geschweige bei langen Läufen in der letzten Zeit war schon unheimlich ...

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Ach das mit den Bildern im Kopf, der Katze... du meinst die Visualisierung... Das kann auch ein Schutzmechanismus bei sehr großer Anstrengung etc. sein. Aber welche Vorstellung funktioniert, muss man ausprobieren, das ist ganz speziell. Wichtig ist, dass dabei das Laufen mehr im Kopf stattfindet und man das dann automatisch auf den Körper überträgt. Grundsätzlich geht es um fließende, saubere, kraftvolle Bewegungen.

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Macke hat geschrieben: Darum hab ich für bestimmte Laufgeschwindigkeiten unterschiedliche Standardlieder
die ich im Kopf vor mich hin summe.
Manchmal habe ich solche Phasen, da fange ich an, Lieder zu kreieren... Aber auch das hilft eigentlich gut.

Ich weiß, dass "Autismus" etwas gewagt ist, aber der Zustand wird so, in meinen Augen, am besten beschrieben...!

Was ich überlegt habe, ob ich nicht einmal anfange, mir von meinen Verwandten mit das Meditieren erklären zu lassen, da er es selber praktiziert und sich es zur Richtlinie im Leben gemacht hat. Soll ja schon einige Spektren erweitert haben, wieso also nicht die Leistung im Kopf angefangen?!

@Daniel Jupp... Der zweite Post ist das, was ich meine.

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Frostnacht hat geschrieben:Manchmal habe ich solche Phasen, da fange ich an, Lieder zu kreieren... Aber auch das hilft eigentlich gut.
ich mache beim laufen ähnliche dinge wie bei anderen gelegenheiten, z.b. bei monotonem autofahren (ein paar jahre lang täglich 120km autobahn) oder biken.

lieder kreieren mach ich auch, das sind kurze sequenzen, die plötzlich aus einer kombination von schrittfolge und/oder atemfrequenz heraus entstehen und dann immer weiter abgewandelt werden und später eventuell noch mit sich wiederholenden gedankenfetzen betextet werden. selbstverständlich alles megasinnlos (wenn da ein psychiater mithören könnte, der hätte seine freude an mir, da bin ich sicher :D ).

wenn's das noch nicht war, ertappe ich mich manchmal dabei, wie ich die getexteten lieder synchron im zehnfingersystem "tippe" (=der zugehörige finger zuckt kurz), so als würde ich an der pc-tastatur sitzen (zur erklärung, ich hab den maschinschreibkurs erst als wahlfach gehabt und danach an einer anderen schule als pflichtfach nochmal machen müssen - danach war ich schneller als die lehrerin, ich kann jetzt in sprechgeschwindigkeit tippen). ich bin fast sicher das sieht ziemlich spastisch aus. mach ich auch nur, wenn ich sicher allein bin. :wink:

was ich auch noch oft tue ist rechnen. z.b. die verbleibenden autobahnkilometer mit der aktuellen fahrgeschwindigkeit auf eine voraussichtliche ankunftszeit runterrechnen. dabei bin ich gar nicht schlecht, meist +/- 1 minute auf 200 kilometer, wenn nix dazwischen kommt! :)

klare gedanken fassen fällt mir beim laufen eigentlich ziemlich schwer. :confused:

lg d

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Ich denke Laufen ist oft Medtiation - gerade wenn ich im Winter im dunkeln mit der Stirnlampe laufe - also wenn ich kaum visuelle Eindrücke bekomme und auf einer Strecke unterwegs bin die ich gut kenne - mich also nicht konzentrieren muss. Denn dann kann es sein, dass ich ganz "Gedankenfrei" laufe - ich kommen noch 60-90min. zurück und die Zeit verflog wie nichts. Daten wie Uhrzeit, Strecke, HR etc. interessierte mich die ganze Zeit nicht - ich lief nur und machte sonst nichts ;-)
Gerade solche Läufe sind nach einem anstrengenden Tag im Büro Erholung pur.
Über Osho kann man ja denken was man will, aber er hat schon vor 30 Jahren gesagt, dass alles Meditiation sein kann dabei speziell auch das Joggen/Laufen/Schwimmen erwähnt z.B. in seinem Meditationsführer:
Buch: Osho: Meditationsführer. Buchkritik

running for samadhi!
;-)

edit:
natürlich laß ich auch oft meine Gedanken streifen und komme manchmal auf "klasse" Ideen oder Lösungen (programmiertechnisch - bin Softwarentwickler) - da wünschte ich mir ich hätte nen Diktiergerät dabei ;-)

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cosmopolli hat geschrieben:Ich denke Laufen ist oft Medtiation - gerade wenn ich im Winter im dunkeln mit der Stirnlampe laufe -
Das kann ich sehr gut nachvoillziehen!

Wenn es dann auch noch leicht schneit oder man durch frischen Schnee laufen kann - einfach herrlich - meditativ und motivierend zugleich!

Martin
Gesperrt

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