Treppentempo gefunden
Au weia. Das ich schlecht trainiere ist ja eh bekannt. Das ist so miserabel vorbereitet bin wie derzeit für den Treppenlauf, dass schockiert selbst mich. 70km bin ich dieses Jahr gelaufen und mit gestern war ich 4mal auf der Treppe zum üben. Das ist selbst für mich der blanke Horror. Wenn nicht die Einheit gestern recht rund gelaufen wäre, dann wäre jetzt der Zeitpunkt um doch mal über ein DNS nachzudenken. Aber mal im Ernst, das wäre nicht fair gegenüber all denen, die auf einen weiteren „Ich war nicht vorbereitet, aber es hat Spaß gemacht“ Bericht warten, oder?
Und wie gesagt, es lief gestern recht gut. Meine Treppe hat ja knapp 300 Stufen verteilt auf 16 Stockwerke und ich hatte mir gesagt: Wenn Du da nicht 30 Runden locker laufen kannst, dann ist der Weinberg nichts für Dich.
Durch die 3 vorherigen Einheiten (20 Runden in 3 Stunden, 26 Runden in 4 Stunden, 20 Runden in 2:32) hatte ich ein bisschen ein Gefühl für „was geht“ gewonnen. Ich meinte 9min pro Runde müssten ein Wert sein den ich lange halten könnte.
Also ging es los. Diesmal ohne Rucksack. Ich hatte mir oben am Versorgungsschacht für den Fahrstuhl ein Verpflegungsdepot angelegt. Ich fand schnell ein Tempo von dem ich annahm es müsste auf 9min/Runde hinauslaufen. Es waren 8:30. Gut, so kann das bleiben.
Ich schrieb ja schon, dass dieses Treppenhaus alles andere als spannend ist. Und jetzt beim 4ten längeren Aufenthalt zerrte es schon gehörig am Sehnerv. Ich glaube man müsste den Leuten mal klar machen, dass die Nottreppenhäuser durchaus auch für andere Dinge als die Flucht genutzt werden und das man sie etwas ansprechender gestalten sollte. Seit hier im Haus Rauchverbot herrscht, scheint der eine oder andere Zeitgenosse dort zum rauchen zu gehen. Gut, hätte er das während meines Trainings versucht hätte es natürlich mächtig mecker gegeben, so zeugten nur die Kippen auf der Treppe davon. Raucher sind eben gründliche Menschen. Die Kippe muß ja aus sein. Also auf den Boden und platt treten. Danach ist die natürlich so ekelig, dass man sie besser liegen lässt. Nee, kann ich schon verstehen.
Aber es ist wie es ist. Weder die Nikotionverwerter noch die Treppentrainier haben wohl eine Lobby die bewirken kann dort nette Bilder an die Wand zu malen.
Auch von meinen Kollegen – die immerhin zu der Zeit Band-Probe hatten – kam niemand um mich anzufeuern. Blödes Gesindel. Ich war also allein.
Und das Grübeln über mögliche Verschönerungen und die bösen Worte an die nicht unterstützenden Kollegen, hatten mich so gefesselt das schwubs die ersten 10 Runden vorbei waren.
Ich stand gut im Saft und das obwohl zu dieser Zeit noch die Klimaanlage lief. Und eigentlich fühlten sich die 10 Runden an wie: Klasse das ging doch und jetzt unter die Dusche. Ich wollte ja aber mehr. Und es immer wieder gefährlich sich dann zu sagen: 1/3 haste ja schon. Jeder an der Fortbewegung beteiligte Muskel hüpft dann neugierig nach vor und schreit: Wie 1/3? Du machst wohl Witze. Ich will meine Ruhe. Setzt Dich hin Du Schmock und guck fern. Laß diesen Treppenhauswitz ziehn und benimm Dich wie Millionen anderer. Ich bin ja bekanntermaßen intolerant gegenüber den Mitbestimmungsrechten von Muskeln und so hab ich denen kurz was über diie Unterschiede von Demokratie und Diktatur erklärt. Dann folgte der Hinweis, dass es sich hier um eine Diktatur des Willens handelt und dieser Wille hatte zudem einen Plan und der hieß „Dreißig“. Also weiter.
19:00 Die Klimaanlage ging aus. Prima. Das hatten die also doch wieder hinbekommen. Neulich ging die schon um 18:00 aus. Sommerzeit und Klimaschaltschränke sind eben nicht per se kompatibel. Jetzt war wieder alles im Lot. Es sind die Kleinigkeiten, die den Treppenläufer am Leben halten.
Ich lief jetzt zwischen 8:45 und 9:05. Alles gut. Ich war im Soll. 20 Runden erreichte ich und war immer noch so unterwegs wie geplant. Stolz bereite sich aus und verdrängte kurz die Drehwurmlangeweile die sich vorher ausgebreitet hatte.
Auf zu den letzten 10 Runden. Bei dem Tempo waren das lächerliche 90min. Oder eine Doppelstunde. Ach wie lang ist doch die Schule schon Geschichte. Ah Klasse, ein Thema. Ich zog also alte Schubladen auf. Guckte mir Erinnerungen aus der Schule an und fragte mich was die wohl sagen würden, könnten die mich jetzt so sehen. Zum Glück blieb diese Fragen unbeantwortet. Wäre nichts gutes bei rumgekommen. Das Thema Schule hielt so bis Runde 25. Dann kam schon die Freude auf das baldige Ende der Drehwurmzüchterei auf. Das motivierte doch enorm. Ich könnte mein stufiges Gefängnis verlassen. Frische Luft zu mir nehmen. Dem flackern der Neonlampen entkommen. 26. Das Ziel ist greifbar. 27. Jetzt bloß nicht stolpern. Immerhin geht Freund Neon jetzt regelmäßig alle 5min schlafen und will per Schalter wieder geweckt werden. 28. Wow. 29. Entspurt und noch schnell das Essdepot in die Tasche gestopft. Mit Tasche runter. Tasche bei E1 ans Geländer. Eine letztes Mal zum U2. Bremsen. Die Treppe ist zu Ende. Wenden. U2- U1 – EG – E1 FERTIG. Wer sich jetzt wundert war halt noch nie in der City Nord. Ausgang ist auf Ebene 1. Weil ja die Fußgänger alle Gebäude der City Nord auf Brücken erreichen. 70er Jahre Architektur.
4:27 für 30 Runden. 480 Stockwerke. Ca. 8800 Stufen a 18cm. Und ich konnte noch gehen. Ich war nicht am Ende meiner Kräfte – naja, außer der mentalen, ich musste da definitiv raus. Treppe ich komme. 70 Runden Radebeul in 24 Stunden. Scheinen machbar. Und ich weiß schon jetzt: Wenn ich das da hinbekomme, wird meine Trainingsmoral noch weiter sinken. Horror.
Treppentempo gefunden
1Wahrscheinlich sind 100km eine natürliche Grenze für Menschen die nicht trainieren
Immer hinten mit dabei!
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