Es ist Samstag, der 31. Juli 2010, es war zwar eine spontane Entscheidung einige Tage zuvor beim Marathon in Bad Pyrmont starten zu wollen, aber sie war letztendlich gut geplant.
Ursprünglich sollte es eigentlich der Nachtmarathon in Rostock am gleichen Tag sein, aber die logistische Herausforderung und die lange Anfahrt waren mir dann doch zu heftig.
Es kristallisierte sich nämlich heraus, das ich wahrscheinlich kein Auto an dem Tag haben würde und ich die Strecke mit dem Motorrad fahren müsste!!!
Bad Pyrmont schien mir da mit etwas mehr als 250km etwas angenehmer als Rostock mit über 600km zu sein!!! ;-) Zudem passen in 2 Satteltaschen dann doch nicht soviele Laufutensilien, wie ich sie immer mitnehme. Habe ja immer alles doppelt und dreifach dabei.... lach
Ich sage also Rostock offiziell ab, schweren Herzens, denn ich wollte Jan "Peter Lustig" dort treffen und mal wieder einen Marathon für die Aktion 16-16-16 absolvieren. (Jan ist hier wohl der eifrigste Sammler.)
Wie es der Zufall aber manchmal möchte, stehe ich Samstagmorgen sogar vor der Wahl der Fahrzeuge, denn das Auto ist plötzlich doch eine Alternative.
Spontan entscheide ich mich den Wagen, auch im Hinblick auf eine Idee, die ich für später hatte.
Mit Startzeit um 13 Uhr habe ich dieses Mal länger schlafen und ausgiebig frühstücken können.
Großzügige 4 Stunden Fahrtzeit mit einer kleinen Pause und der Möglichkeit der Nachmeldung eingerechnet, mache ich mich um 9 uhr auf den Weg.
Planen, Herr Eßer, heisst auch, das man richtig plant!!!!!
20 Minuten später stehe ich vor dem Kreuz Köln-Ost mitten im Stau, weder vorwärts noch rückwärts bewegt sich was!!! Wie auch, wir haben Ferien......wie konnte ich das denn vergessen??!
Ich bleibe ruhig, habe ich doch genügend Zeitpuffer um noch immer früh genug da zu sein.
Ich höre Musik, gehe in Gedanken schon durch, wie hügelig denn die Strecke sein wird und freue mich auf die waldreiche Gegend!!!
Apropos profilierte Strecke und waldreiches Gebiet, welche Schuhe ziehe ich denn dann an?!?
Schuhe?!?
Sch....heute scheint aber auch alles schief zu laufen!!!! Wo bin ich nur mit meinen Gedanken?!? Das ist mir ja noch nie passiert!!! Die letzten stressigen Wochen zeigen nun doch manchmal Wirkung. Meine innere Ruhe ist vorbei und der Blick auf die Uhr erfolgt nun im Minutentakt. Spurwechsel unmöglich, hier kommen 3 Autobahnen zusammen, es geht nichts mehr, im Radio höre ich Stau im Kreuz Köln-Ost und Stau in Leverkusen, genau da müsste ich hin, wenn es auf direktem Wege nach Bad Pyrmont gehen sollte, aber ohne Schuhe??!
Bad Pyrmont muss wohl gestrichen werden, wenn ich nicht rechtzeitig die Abfahrt in ca. 3km Entfernung erwische und zügig nach Hause fahren kann.
Erwischt habe ich die Abfahrt, aber nach ca. 1 1/2 Stunden war ich erst wieder zuhause, hatte 2 Laufschuhe in der Hand und überlegte nun, was ich mit denen überhaupt nun anfangen sollte?!?
Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, also egal, rein mit den Schuhen in den Kofferraum und erneut auf den Weg zur Autobahn. Aber dieses Mal nahm ich den kleinen Umweg über Köln-West und Köln-Nord, um dann über Leverkusen in Richtung Wuppertal/Dortmund nach Bad Pyrmont zu kommen. Soweit der Plan, hätte auch funktioniert, wenn wir nicht schon gleich 11 Uhr hätten, obwohl ich nun problemlos Kreuz Leverkusen schnell und ohne Stau erreicht hätte. Aber 2 Stunden wären für 200km zu wenig Zeit, zumal noch Anmeldung, umziehen, .....auf der Zeitskala fehlen fürden!!!!
Grübelnd mache ich mir während der Autofahrt Gedanken, was nun?!? Es gab ja noch einen Marathon in Rostock, der würde erst um 18 Uhr starten, hmmmm 11 Uhr, kurz überlegt, Rastplatz angefahren und neue Zieladresse im Navi angegeben.
Meine kölsche Navigationsstimme gibt mir meine kleine Hoffnung wieder, ca. 5 1/2 Stunden für 600km sollten mich um 16:30 Uhr in Rostock erscheinen lassen, also noch genügend Zeit, um dann um 18 Uhr an der Startlinie zu stehen.
Soweit die Theorie, die Praxis gestaltete sich dann etwas schwieriger, denn auf dem Weg in den Nordosten der Republik erschwerte mir ein Stau nach dem anderen ein zügiges Durchkommen. Münster, Bremen und Hamburg ließen mich mit kleineren Staus jeweils um ein paar Jahre altern. *gg* Könnte ich doch jetzt ein Motorrad unterm Hintern haben.
Die Zeit verging gefühlt wie im Fluge, Hamburg war passiert und Lübeck stand als letzte Herausforderung vor mir. Ich hatte mehr Zeit verloren, als ich durch ein "zwischenzeitliches" tiefes Fliegen hätte wieder hereinholen können.
Endlich erschien Rostock per Ortseingangsschild vor mir, aber wir hatten schon 17:05 Uhr, ich würde noch ungefähr 15 Minuten bis zum Parkhaus benötigen, müsste dann noch zur Stadthalle laufend finden, um mir dann noch eine Möglichkeit der Nachmeldung zu erhoffen/erbetteln. (Laut Homepage bis 1 Stunde vorher möglich.)
Zielgerichtet erreiche ich das Parkhaus, höre schon die Musik aus dem Bereich des Starts und mache mich auf den Weg, erfrage in der Innenstadt den kürzesten und schnellsten Weg zur Anmeldung und laufe dorthin.
Mir kommen die unmöglichsten Gedanken gerade jetzt in den Kopf!!!
Wie bescheuert bist Du eigentlich, das Du jetzt glaubst, noch locker einen Marathon laufen zu können, nachdem Du ca. 8 Stunden sitzend im Auto verbracht hast, gerade Stresshormone ausschüttest und noch nicht einmal umgezogen bist?!?
17:30 Uhr, ich stehe in der Stadthalle und kann mich tatsächlich noch Nachmelden!!!!! Was für eine geile, spontane und rücksichtsvolle Orga!!!! Ein erstes tiefes Durchatmen durchströmt mich. 10 Minuten später halte ich tatsächlich meine Startnummer in der Hand!!
Nun noch schnell umziehen, die Klamotten ins nahe Parkhaus bringen, das glücklicherweise "Rund um die Uhr" geöffnet hat!!!!!! In meiner ersten Panik wäre ich nämlich fast in ein Parkhaus gefahren, welches um 22 Uhr geschlossen hätte!!! ;-)
In leichter Hektik ziehe ich mich um, denke aber noch an meinen Fotoapparat und ausnahmsweise auch an mein Handy, da ich noch etwas geplant hatte.
Das ich in dem Zeitdruck gewichtige Dinge vergessen hatte, sollte ich erst später bemerken.
5 Minuten vor dem Start stand ich also tatsächlich, immer noch etwas verdutzt, erstaunt und mit einem Lächeln im Gesicht an der Startlinie mit gefühlten ca. 300 anderen Läufer/innen.
Jan kam mir plötzlich ins Gedächtnis, ihn aber jetzt hier und spontan zu finden, malte ich mir aber überhaupt nicht aus!!!
Schnell noch ein paar Bilder vom Start gemacht und schon ging es los. Etwas steif und ungelenkig setzte ich mich mit der Masse in Bewegung, während uns doch einige Zuschauer applaudierend auf die Reise schickten.
Zuerst liefen wir eine Schleife in der Innenstadt bevor es dann zum Hafen ging, um von dort aus um die Warnow hinaus aus Rostock zu laufen. Ich war überrascht, eine schöne Strecke zu Beginn. Bereits am Hafengelände musste ich mehrmals die Kamera in die Hand nehmen, hing mich aber trotzdem an den 4-Stunden Pacemaker dran. Was war ich übermütig, besonders weil ich immer wieder ranlaufen musste. *lach*
Nach ca. 10km ließ ich dann abreissen, locker laufen war etwas anderes, als jedes Mal wieder an die Gruppe heranzulaufen. Zudem hatte ich ja noch den Sonntag im Blick.
Um die Warnow herum bot sich nun ein schönes Hafenpanorama von Rostock auf der anderen Seite an. Kurzes Bild per Handy gemacht und per MMS abgeschickt, so als kurze Info, wo es mich dann doch letztendlich zum Laufen verschlagen hat. ;-)
Schnell noch einmal mit der Kamera nachgelegt und weitergelaufen, vorbei an einigen Vp´s, die etwas spärlich ausgestattet waren. Nur Wasser, war mir zuweilen zu wenig, hatte ich doch auch meine beiden Riegel vergessen. Leider zog sich das mit den spärlichen Vp´s auf der ganzen Strecke hin, hier ist noch eindeutig Verbesserungsbedarf!!!!
Nach der Warnowumrundung durchliefen wir ein Neubaugebiet, passierten "umsonst" den eigentlich gebührenpflichtigen Warnowtunnel und liefen in einer Schleife.
Wie es der Zufall so will, treffe ich hier beim Verlassen des Warnowtunnels Jan, der schon auf dem Rückweg war!!!! Wir grüßten uns kurz und verabredeten uns für später!!!
Das ich meine Kamera dabei hatte, erfreute mich später wieder, denn wir durchliefen das IGA-Gelände (2003 war hier die Internationale Gartenausstellung), ein wunderschöner angelegter Park, der mit seinen vielen, verschiedenen Facetten eigentlich zum Verweilen einladen würde. Leider hatte ich nur Zeit für ca. 1 Dutzend Bilder.......
Nun ging es über die Schleife wieder zurück und es wurde langsam Dunkel, klar doch, war ja ein Nachtmarathon, einzelne Walker erschienen immer wieder vor mir, die vor uns gestartet waren. Gefühlt, war ich mittlerweile aber ebenso schnell/langsam unterwegs. ;-)
Aber das war mir eh egal, merkte ich doch nun vermerkt die leichten Strapazen seit dem frühen Morgen. So lenkte ich mich ab und ging meiner 2. Lieblingsbeschäftigung beim Laufen nach, dem Quatschen...... So kam ich mit einigen ins Gespräch und wurde irgendwann darauf aufmerksam gemacht, das ich mich verletzt hatte!!! Jetzt bekam ich meine leichte Hektik vor dem Start zurückgezahlt, denn ich vergaß mir die Brustwarzen und die Zehennägel abzukleben. ;-(
Endlich erreichten wir wieder einen VP und ich merkte einen leichten Substanzverlust bei mir, "nur" Wasser auf Dauer ist für mich zu wenig, gerade wegen meinem Salzverlust!!! Am dortigen VP saßen 2 Helfer, die wohl ihre Dienste schon erledigt hatten, aber eine Flasche Bier (Rostocker) in der Hand hielten!!!! "Ich liebe Bier" auf Marathon-/Ultrastrecken!!!! Als ich ihn nach meinem Bier fragte, schüttelte er den Kopf, schaute mich an und schenkte mir etwas in meinen Becher ein. Wir prosteten uns zu und 50 Meter weiter fiel mir ein, das ich das im Bild festhalten musste. ;-)
Der nächste Streckenposten musste dran glauben und machte so das "geständige Dopingbild".
Leider eben auch mit dem Blick auf die verletzte Brustwarze.......;-(
Frisch gestärkt ging es auf die letzten ca. 6km, wieder an der Warnow entlang zurück, am Hafen vorbei in Richtung Innenstadt, wo die Musik langsam wieder zur hören war.
Der Abend-/Nachtflair bei einem Marathon ist schon was besonderes, habe das bisher erst einmal beim Marathon in Luxemburg erlebt, wo ebenfalls am Abend gestartet wird.
Am Abend beginnende Ultraläufe kann man hier nicht zum Vergleich heranziehen, da sie dann oft erst am frühen Morgen enden.
Glücklich im Ziel angekommen, bin ich etwas überrascht, wie problemlos ich über die Strecke gekommen bin, auch wenn ich etwas mehr als 4:45 Stunden benötigt hatte.
Jan habe ich leider nicht mehr getroffen. Am Marktplatz habe ich dann noch bis ca. 1 Uhr in der Nacht mit anderen Läufer/innen zusammengesessen und was getrunken/gegessen.
Meinen geplanten Marathon am Sonntag (ursprünglich Bad Pyrmont + "Rund um Wellen")
habe ich dann gestrichen, erst einmal war ausreichender Schlaf angebracht/nötig!!!!
Zudem hätte ich mit den Gay Games 1 Woche später ein nächstes kleines Highlight, denn dieser würde nur "einmalig" stattfinden!!!!
Grüße
Michael
P.S. Bilder
Helden werden bei Sturm am Strand gemacht! 
