D-Bus hat geschrieben:Auf einen Euro Drittmittel entfielen im Jahr 1995 knapp zwei Euro Grundmittel für die Forschung, im Jahr 2008 nur noch 85 Cent.", was gemittelt über die Fachbereiche ist. Das sollte man so sehen, wie es ist, und nicht als schwarz/weiß.
Wenn du anderen abverlangst etwas so zu sehen wie es "ist", dann darf ich dich aber auch noch mal darauf aufmerksam machen, dass der von mir gewählte Rahmen um einiges weiter angelegt war. Drittmittel, Stiftungsprofessuren, Eliten Auswahl nach Füglichkeiten, sind nur ein Aspekt dessen, was in die wissenschaftlichen Diskursformationen hineinwirkt. Mein Behauptung vor diesem Hintergrund war, dass der Positivismus eine naive Position innerhalb dieser Formationenen darstellt und sich tendenziell dem nähert, was wir unter Glaubenssystemen verstehen.
Um es mal aus meinem Metier heraus zuzuspitzen, es waren Wissenschaftler, die über "So lügt man mit Statistik" oder den "Mythos Motivation" publizierten, und das ist für mich der Punkt, dass Wissenschaft nur dann ihren eigenen Ansprüchen auch nur annähernd gemäß arbeitet, wenn sie ihre Grundlagen bis hin in die Interessenformationen ausweist. Diese Reflexivität ist selbst ein Kostenfaktor, der heute hinter den Sachzwängen verschwindet. Aus meinem Blickwinkel positioniert du dich nahe einem Wissenschaftsbegriff der 50/60er Jahre, vor dem Positivismusstreit, vor der Kuhn'schnen Wende, vor Foucault. Das ist auch der Grund, warum ich ihn als naiv charakterisiere.
Du wirst mir nachsehen, dass ich mich jetzt nicht für eine Abendunterhaltung in den gegenwärtigen Stand der Interessenverflechtung zwischen Chemischer Industrie, Forschung und Publikationen hineindenken kann. Aus Greenpeace-Zeiten erinnere ich noch die ein oder andere Unterhaltung auf der Achema.
Hier die Stiftungsprofessuren/-dozenturen der Goethe-Universität.
Stiftungs(gast)professuren und -dozenturen*-*Goethe-Universität
Interessanter, als dass es ziemlich viele sind, finde ich, welche Fachbereiche nicht vertreten sind. Auch das Bias mit Aussagekraft. Wir leben in einer Zeit, wo die Mittel der kritischen Wissenschaften massiv zusammengestrichen werden, gerade weil sie nicht nach Maximen der Profitabilität funktionieren. Auch das wieder eine Facette des Ganzen. Wie gesagt, mir ging es um das Gesamtbild und die Entwicklungstendenz. Da ich das auch alles belegen kann, sehe ich das auch nicht als Schwarz-Malerei. Schließlich ging es mir nicht um den Nachweis, dass Wissenschaft heute nicht möglich ist, sondern wie Wissenschaft heute funktioniert, welche Kräfte auf dieses System wirken und welcher Funktion darin dem Einzelnen zukommt.