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Wie ich die Burg erstürmte

Wie ich die Burg erstürmte

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Burglauf in Gemen/Borken oder „Wie ich die Burg erstürmte“ 09.09.2007

Als zweiter Testwettkampf meiner insgesamt 16-wöchigen Marathonvorbereitung steht wieder ein 10km-Lauf an.
Manch einer riet mir lieber einen Halbmarathon zu machen, um meine „Standfestigkeit“ zu überprüfen, aber ich halte mich streng an meinen Trainingsplan nach Dieter Baumann (der in seinem Leben noch nie einen Marathon beendet hat!).

Mein erster Testwettkampf beim Citylauf in Essen endete mit einer traumhaften persönlichen Bestzeit (44:12min), die allerdings relativiert wurde, weil einige (leider unüberhörbare) Stimmen laut wurden, dass dieser Lauf ca. 300m zu kurz war.

Dementsprechend unruhig schlief ich also in der Nacht vor dem Burglauf. Viele Fragezeichen tauchten in meinen Träumen (auch tagsüber) auf.
-Bin ich wirklich schon so gut, wie die Zeit in Essen mich denken ließ?
-Wie gut ist der Burglauf organisiert? Schließlich findet er zum ersten mal statt!
-Wird mein Knie halten, welches am letzten Wochenende bei meinem ersten echten 30km-Trainingslauf heftig protestiert hatte?
-Werden die vielen grauen Wolken den Regen für sich behalten?
-Und schließlich die alles entscheidende Frage: Wird noch Kuchen da sein, wenn ich meinen Lauf beendet habe?
Ich habe vor alle Zweifel auszuräumen. Heute gebe ich noch mal richtig Gas. Ich möchte unbedingt wieder unter 45 min laufen! Ich möchte unter die ersten 30 Läufer (egal ob Männlein oder Weiblein, alt oder jung, leicht oder schwer) von etwa 100 Startern kommen. Bei meinen bisherigen Läufen war ich immer (gerade so) im vorderen Drittel. Heute möchte ich mich ins vordere Viertel mischen.
Kurz gesagt: „Ich werde die Burg erstürmen!“
Um mich richtig hoch zu peitschen lege ich im Auto „Highway to hell“ von AC/DC auf.
Aufs Aufwärmen kann ich verzichten. Puls ist schon bei 140 als ich aus dem Auto steige. Na gut. Mein Lauf fängt erst in 90 Minuten an. Dann wohl doch noch mal gründlich einlaufen.
Die Veranstaltung gefällt mir schon vom ersten Augenblick an. Dörflich im besten Sinne. Familiär, mit echtem Rahmenprogramm vor allem für Kinder, aber auch für alle anderen. Die Burg sieht wirklich toll aus. Das Ambiente könnte kaum schöner sein.
Da ich schon so früh da bin, sehe ich mir den Start des 5km-Laufs an. So weiß ich, wo der Start stattfindet und wie die ersten Kurven verlaufen. Nicht ganz unwichtig, denn die Strecke ist zum Teil recht eng.
14:40 Uhr. 20 Minuten vor dem Start. Ein Blick zum Himmel. Das Wetter hält. Eigentlich optimales Laufwetter. Überwiegend bedeckt. Hier und da einmal ein motivierender Sonnenstrahl. Temperatur zwischen 16 und 18°C. Kaum Wind. Aber Vorsicht. Ich sollte mich noch nicht um evtl. mögliche Ausreden bringen…
Ich laufe mich ein. Dann, so wie ich es auch für den Marathon geplant habe, schütte ich 0.5 Liter Isozeugs in mich hinein. Ganz schön viel auf einmal, aber so kurz vorm Start treibt mich das nicht zum WC, habe ich gelesen.
Dann Countdown. Wir stehen hinter einer gedachten Startlinie zwischen zwei Bäumen. 3…2…1…Tröt. Einen Startschuss gibt es nicht. Wird auch nicht gebraucht. Alle stürmen zur ersten Ecke. Der erste Engpass, früher bestimmt mal eine Zugbrücke zur Burgverteidigung. Ich habe mich geschickt beim Start platziert und bin unter den ersten Zwanzig. Dann die zweite Kurve und erschrockenes Gequieke einiger Läufer, die hier im Gewühl die Enge Kurve unterschätzt haben und fast im Burggraben gelandet wären. Ich habe jetzt schon Spaß. Ich gehe das hohe Tempo der Führungsgruppe mit. Na ja. Jedenfalls so fast. Auf jeden Fall jage ich mit einem Tempo außen um den Burggraben, dass ich vor einem Jahr keinen Kilometer durchgehalten hätte.

Heute schaffe ich immerhin ca. zwei Kilometer bevor ich meinen Kopf einschalte und doch ein wenig Tempo rausnehme und die Kraft ein wenig einteile. Ausserdem drückt mir der halbe Liter Isodrink vom Delikatessenaldi irgendwie auf die Nieren. Jedenfalls habe ich die ganze Zeit das Gefühl Seitenstechen zu bekommen.
Vielleicht ganz gut so, denn die Strecke ist noch lang. Vier mal gilt es die Burg zu umrunden. Für die Zielgerade alle 2,5km muss man sich Kraft einsparen, denn hier gilt es zu sprinten und dabei auch noch gut auszusehen. Nein! Es gibt keine Prämien, aber hier sind die frenetisch anfeuernden Zuschauer!
Einer der wenigen Nachteile der Veranstaltung ist, dass die Kilometer nicht angezeigt werden. Umso mehr muss man sich also auf sein eigenes Tempogefühl verlassen. Nach einer Runde schaue ich auf die Uhr und weiß was ich schon vorher ahnte. Wieder einmal zu schnell angegangen ( unter 11min/2,5km). „I´m on the highway to hell“ klingt mir noch immer in den Ohren, aber nein! Mir geht es sehr gut! Ich lasse ein paar Läufer vorbei. Natürlich nur aus taktischen Gründen. Sollen sie sich auspowern. Ich werde sie später wieder einsammeln.
Zweite Runde gleiches Bild, Zielgerade, Zuschauer, Zwischenspurt.
Diese Runde war etwas langsamer, aber ungefähr im Soll. Endlich verliert sich der leichte Druck auf meine Nieren. Kein Problem mehr mit evtl. auftretendem Seitenstechen. Nebenbei fällt mir auf, dass mein Knie absolut keine Probleme macht.
Als ich wieder auf die Burg zustürme ruft mir meine Freundin zu, dass ich Dreißigster bin. Jetzt nur von niemandem überholen lassen. Ein unauffälliger Blick nach hinten. Keiner in meiner Nähe. Ich fühle mich so gut, dass ich wieder etwas nach vorne arbeiten möchte. Blick nach vorn. Auch keiner in meiner Nähe.
Als ich um die Burg rum bin, also ca. 400m weiter ruft meine Freundin, dass sie meine Position nicht mehr weiß. Ich aber! Immer noch Dreißigster. Also weiter…
Dritte Runde, Zielgerade, Zuschauer, Zwischenspurt. Dabei auch noch Lächeln. Was tut man nicht alles…
Noch einmal um die Burg herum. Ich will alles geben. Schaue nicht einmal mehr auf die Uhr. Auf jeden Fall bin ich heute schon mal nicht (wie in Essen) überrundet wurden. Und…Ich sehe eine Gruppe Läufer vor mir. Ich bin mir sicher, dass sie langsamer sind als ich. Zumindest, glaube ich fest daran! Es sind mindestens zwei, die ich vielleicht noch überholen kann. Dann sehe ich davor eine große Gruppe Läufer. Kann ich so viele Plätze gut machen?
Nein, kann ich nicht. Es sind Läufer, die ich überrunde. Irgendwie ein gutes Gefühl, obwohl sie mir einen Moment lang etwas leid tun. Beim Überrunden merke ich, dass das überflüssig ist. Sie sind, soweit ich das beurteilen kann, alle noch gut drauf und werden den Lauf auch gut beenden. Sie genießen halt nur länger als ich…
Die zwei die ich zuerst gesehen habe, sind aber wirklich noch vor mir. Vor dem nächsten engen Teilstück ziehe ich richtig an und überhole. Platz 28 ist mir sicher!

Noch eine halbe Runde bis zum Ziel. Schwer zu sagen, ob ich unter 45 min liege. Deshalb versuche ich noch etwas schneller zu laufen. Alles was geht. Ins Ziel komme ich jetzt sowieso. Und wieder überhole ich einen Läufer.
Ausgepowert ist aber auch der nicht. Das gibt es wohl in dieser Leistungsklasse selten. Für meine Motivation ist es natürlich gut. Ich werde gefordert.
Noch zwei Kurven, Ende der vierten Runde.
Und täglich grüßt das Murmeltier…Zielgerade, Zuschauer, Endspurt. Lächeln ist ausverkauft. Zumindest für ein paar Sekunden. Ich habe alles gegeben…
Dieses mal denke ich daran meine Uhr anzuhalten. 44:42min sagt später die offizielle Messung. 26ster von genau 100 Teilnehmern. Das erste Viertel um einen Platz verfehlt! Ist natürlich völlig unwichtig, aber ich spiele gern mit Zahlen…
Meine Freundin steht kurz hinter dem Ziel. Ich kann schon wieder Lächeln. Keine Kreislaufprobleme, keine Knieschmerzen und sogar meine Freundin sagt, ich sähe gut aus. Das war schon mal anders…
Ich nehme mir vom Verpflegungsstand Banane und Wasser. Alkfreies Bier lasse ich stehen.
Meine Freundin kauft noch vor dem Duschen die letzten Kuchenstücke. Gerade noch rechtzeitig angekommen! Das Training hat sich also in jeder Hinsicht gelohnt!
Fazit: Der Burglauf ist einer der schönsten „kleinen“ Läufe, die ich bisher mitgemacht habe. Sehr gute Stimmung, sehr grün. Einige scharfe Kurven und keine Kilometerbeschilderung auf der Strecke. Für mich nicht so wichtig, andere müssen selbst entscheiden.
Meine Erkenntnis: Mein zweiter 10er unter 45 min. In acht Monaten tatsächlich meine Bestzeit um über 5 Minuten verbessert.
Ich gönne mir an diesem Abend mein letztes Bier und meinen letzten Ouzo für die nächsten vier Wochen. Ich freue mich auf Köln!

P.S.: Ich lege meine Wunschzeit für meinen ersten Marathon in Köln auf 3:44:59 h fest.
Comeback 27.09.2009 in Bertlich

2008 9.Feb WLS Duisburg 10km 44:14 PB
2008 1.März WLS Duisburg 15km 1:11:13 PB
2008 29.März WLS Duisburg HM 1:40:10 PB
2008 27.April Hermannslauf 31,5km 3:16:35
2008 01.Juni Rhein-Ruhr-Marathon 3:56:02 PB

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Herzlichen Glückwunsch zur neuen PB. War ja richtig spannend der Bericht.
Aber ob jetzt 28er oder 31er, das ist doch völlig Wurscht.

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Hallo Notis!

Gratuliere! Das ist ja, wenn man davon ausgeht, dass Essen wirklich 300m zu kurz war, wieder eine deutlich Verbesserung seit dort!
Hoffen wir nur mal, dass die Strecke diesmal gestimmt hat ;-))

Ich wünsche dir alle Gute für Köln und bin mir sicher, dass du deine Ziele dort erreichen wirst!

Grüße
Frank
10km PB 44:32 (2006)
15km PB 1:09:17 (2006)
20km PB 1:32:42 (2004)
HM PB 1:39:55 (2005)
25km PB 2:16:21 (2003)
M PB 3:55:21 (2005)

Es ist nichts großartiges, besser zu sein als jemand anders - wahre Größe bedeutet es, besser zu sein, als man selbst vorher war :hurra:(...wie ich finde, das einzige Motto, dass 95% aller Läufer motiviert)

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...bist schön gelaufen. Glückwunsch!
Und es hat Spaß gemacht, das so kurzweilig zu lesen. :daumen:

Bernd

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Schöner Bericht - muß wirklich eine schöne Veranstaltung gewesen sein. Gratulation für die deutliche Bestätigung Deiner Form - Köln kann kommen!
Gruß Thomas
PBs: 5km: 19:03 - 5,6km: 21:25 - 10km: 41:25 - HM: 1:26:39 - M: 3:11:15 - 50km: 4:09:09
Bild
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Herzlichen Glückwunsch zum tollen Lauf! :daumen:
Toll geschriebener Bericht - da konnte ich richtig mitlaufen.
Ich wünsche dir, daß dein Knie bis Köln hält. Dann klappt das dort auch mit der Wunschzeit.
Gruß
Ralph

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Hi Marcel, wie geht´s?
Ja, der Lauf sieht gut aus! Hauptsache der Schnee liegt nicht zu tief!
Aber wir haben ja zum Glück die Klimaerwärmung :hihi:
Liebe Grüße an deine Lieben!
Volker
Comeback 27.09.2009 in Bertlich

2008 9.Feb WLS Duisburg 10km 44:14 PB
2008 1.März WLS Duisburg 15km 1:11:13 PB
2008 29.März WLS Duisburg HM 1:40:10 PB
2008 27.April Hermannslauf 31,5km 3:16:35
2008 01.Juni Rhein-Ruhr-Marathon 3:56:02 PB
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