Banner

Hochblauen 09 – der innere Schweinehund, die Entdeckung der Langsamkeit und am Ende a

Hochblauen 09 – der innere Schweinehund, die Entdeckung der Langsamkeit und am Ende a

1
Hochblauen 09 – der innere Schweinehund, die Entdeckung der Langsamkeit und am Ende alles richtig gemacht

Sonntag kurz nach sieben; gestern abend gut gekocht, lange gegessen und getrunken; soll ich nicht lieber im Bett bleiben bei Sonntagszeitung und Kaffee, statt mich bei solch einer hochsportiven Veranstaltung bis auf die Knochen zu blamieren? 10,5 km und 905 HM….. Ja vor zwei Jahren mit – für mich – ganz passablen 1:22 debutiert; aber da lief ich ja auch 1:42, woran angesichts meines derzeitigen Trainingsstandes gar nicht zu denken wäre; Einbruch am Blauen? Gar nicht zu denken, wenn mich die zähledrigen M 70+ und die Nordic-Walker durchreichen! Also doch besser im Bett bleiben – den Ausschlag gibt dann mein treuliebendes Weib: „Jetzt geh´ schon, spätestens heute Nachmittag tut´s Dir doch Leid“ – über die Doppeldeutigkeit des Satzes möchte ich lieber nicht nachdenken…….

Also raus aus´m Bett, Klamotten zusammengesucht, schnell noch 2 Kaffee und ´ne Banane und ab auf die B 3 Richtung Mülheim; unterwegs noch´n Schokocroissant ….. und auf der ganzen Strecke den Hochblauen mit dem markanten Turm; ich grüble, ob ich den nun als drohenden Zeigefinger, hochgereckten Daumen oder Stinkefinger interpretieren soll…. Und der Berg wird immer bedrohlicher, je näher ich Mülheim komme.

Am Start angekommen, genau das Szenario, das ich befürchtet hatte: lauter schwer durchtrainierte, drahtige Figuren, kein Gramm zu viel am Leib und sonnengegerbt; kein Vergleich zu dem Publikum bei einem normalen StadtM/HM! Und weit und breit kein bekanntes Gesicht! An der Startnummernausgabe treffe ich meine Schwester und meinen Schwager, die aber nicht mitlaufen, sondern bei Nummern- und Getränkeausgabe mithelfen.

Nachmeldung, Gepäcktransfer in den Bus und Shirtausgabe (wieder Bombenqualität; dieses Jahr in Warnwestenorange; sehr schrill) klappen tadellos; danach geht´s mit weichen Knien in den Startbereich; der Typ von City-Sport verkürzt die Wartezeit mit seinen berüchtigt-launigen Lautsprecheransagen – und dem ständig wiederholten Hinweis, dass dieser Lauf nicht auf den ersten Kilometern gewonnen wird; wie wahr! Ich kann mich an die Strecke im einzelnen nicht mehr erinnern; nur noch daran, dass ich irgendwann nur noch gegangen bin….

Start Punkt 10 Uhr, ganz hinten eingereiht; „Mach´ langsam!“ hämmere ich mir in den Kopf, die ersten 5 km höchstens 7-Schnitt und ab dann schauen, ob die 8 -9 min/km bis in´s Ziel klappen – bei KM 2 6:30er Schnitt; links und rechts von mir fangen die ersten an, schwer zu atmen; einige verfallen am ersten steilen Stich schon ins Gehen; langsam machen, jetzt ja nicht übermütig werden! Wir kommen aus dem Wald heraus und dürfen die einzigen paar hundert Meter ebene Strecke genießen; ich falle in ein gemächliches Rollen; die Augen entspannt auf den Boden gerichtet; langsam beginne ich einzelne Läufer zu überholen; keine Zwischenspurts!; mach´ langsam; bei KM 5 und exakt 35 min fühle ich mich noch immer pudelwohl; ich erkenne die Stelle wieder, wo ich vor zwei Jahren schon fast aufgeben wollte; damals war ich viel zu schnell angetreten; ich beginne zu rechnen; bei einem 7er Schnitt wäre ich in rund 1:15 oben; das kann doch gar nicht sein; letztes Mal hatte ich 1:22:02 gebraucht und war viel besser im Futter; ich verlangsame noch ein wenig mehr und lasse es ruhig rollen.

Dann kommt das 7 KM – Schild - mit dem Zusatzhinweis: 180 HM bis km 8 – Und wieder hab´ich den Typen vom City – Sport im Ohr: „ dieser Lauf wird nicht auf den ersten Kilometern gewonnen“; wie wahr! Also Tempo völlig rausnehmen! Jetzt ist schon alles gleich – und ich verfalle in schnelles Gehen…. Bei KM 8,5 beginnt der berüchtigte „Ho-Tschi-Min-Pfad“ es wird so eng, steinig und wurzelig, dass ein Überholen kaum noch möglich ist; also bleibe ich hinter den „Vorgängern“; obwohl ich merke, dass eigentlich noch was ginge, aber was soll´s; endlich über uns die Straße; ich bitte zwei, drei vor mir gehende Läufer, mich vorbei zu lassen und hab´ endlich Asphalt unter den Sohlen; müde, aber völlig entspannt ziehe ich die letzten 500 m nochmal an – und drücke die Nettozeit bei 1:22:50 ab – und könnte heulen vor Glück! Es geht also doch noch!

Leider hat das Wetter mittlerweile zu gemacht; es ist regnerisch und windig geworden, sodass ich um meine Klamotten im bereitstehenden Rucksack sehr dankbar bin. Noch ein paar Minuten den atemberaubenden Blick hinunter nach Mülheim und in die Rheinebene genießen („Da bist Du hoch gerannt? – Du bist ja völlig bescheuert“) und dann in den bereit stehenden Bus voller glücklich erschöpfter Leute; man gratuliert sich gegenseitig und trifft schon mal vage Verabredungen für die nächsten events; vom Schauinsland bis zum Matterhorn ist die Rede; und plötzlich sind sie alle gar nicht mehr so asketisch und „furcht- bzw. respekteinflößend“ wie unten am Start; und ich genieße die Atmosphäre und fühle mich pudelwohl; Okay, ich bin nicht der Schnellste, wird´s auch nicht mehr werden und bei Bergläufen im Verhältnis zu „normalen“ Läufen immer weiter hinten sein; aber was soll´s; das Gefühl auf´m Gipfel ist mit einem „normalen Zielbereich“ nicht zu vergleichen!

Liebe Grüße
Uli

P.S.: Ganz herzlichen Dank den Veranstaltern und Helfern! Schade, dass das Wetter für den Schwimmbadbesuch nicht ganz optimal war
P.S.P.S.: Es war also doch der Daumen…..

2
Hallo Uli!

Danke für deinen tollen Bericht und Gratulation zur Leistung!
Nach dem lesen deiner Erfahrung, ärgere ich mich fast noch mehr das es nicht in meine Zeitplanung gepasst hat.

Ich finde man KANN sich bei einem Berglauf gar nicht blamieren, auf der einen Seite ist er wahnsinnig hart und intensiv und doch kann und muss man im Gegensatz zu einem schnellen 10er, noch mehr Gefühl dafür haben wann man einen Gang zurück schaltet. Ich habe auch schon wie du ein paar Mal die Erfahrung gemacht das sich zu schnelles Angehen, am Ende furchtbar rächt. Dann zählt nur noch das man oben ankommt und dieses Gefühl ist einfach GEIL, wie du ja schon beschrieben hast. Die Zeit ist da doch relativ, oder?
Liebe Grüße,
Volker

3
Schön geschrieben, und klug das Rennen eingeteilt!
Ich konnte mir die Strecke gut vorstellen. 905 Höhenmeter sind schon ne ziemliche Hausnummer. Gratulation!

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

4
Hallo Volker,

Du hast natürlich völlig Recht; das "Gipfelgefühl" ist in der Tat unbeschreiblich und ich habe großen Respekt vor jeder/m, der/die oben ankommt, gerade bei knackigen Veranstaltungen wie am Sonntag am Blauen; andererseits ist es für einen Durchschnittsläufer natürlich eine ungleich höhere Herausforderung und Überwindung, in einem kleinen und sehr starken Läuferfeld bei einem Berglauf zu starten als in der Anonymität einer Großveranstaltung oder eines normalen Volkslaufs. Das "Berglaufvölkchen" ist ja schon etwas besonderes und als "Stino" hat man schon ein wenig Scheu davor, da hineinzustoßen - ging zumindest mir so; wenn ich den Lauf vor zwei Jahren nicht als Ostergeschenk bekommen hätte, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, bei so einer Veranstaltung mitzumachen!

Wobei das andererseits eigentlich blöd ist, denn man bekommt für sein Startgeld weitaus mehr geboten als bei dem einen oder anderen Stadtlauf (Seitenblick auf meine Heimat- und Geburtsstadt Freiburg.....) und gesünder ist es auch (Blick auf das Freiburger Kopfsteinpflaster....). Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die "eingeschworene Bergläufergemeinde" (so es sie denn gibt...), auch nichts dagegen hat, wenn sich in ihrem Heckwasser der eine oder andere Stino sich die Höhenmeter hochquält, so lange er sich nicht im vorderen Startblock einreiht; also isses doch nur die ganz normale Schwellenangst und die oben geschilderte Sorge, von den 70+ (der älteste war Jahrgang 1928!!!! Hochachtung! unfassbar!) und den hardcorewalkern von hinten überrannt zu werden.

Liebe Grüße

Uli

5
P.S.: Hallo Bernd,

Danke für Dein Lob!

LGUli

6
uli.g. hat geschrieben: Wobei das andererseits eigentlich blöd ist, denn man bekommt für sein Startgeld weitaus mehr geboten als bei dem einen oder anderen Stadtlauf (Seitenblick auf meine Heimat- und Geburtsstadt Freiburg.....) und gesünder ist es auch (Blick auf das Freiburger Kopfsteinpflaster....).
und nicht zu vergessen die große Zahl an Labestellen (das Wort gefällt mir so gut :teufel: ), so war es zumindest beim Hundseck-Berglauf :nick: . Dreimal Tränke auf 9,5KM :daumen: !

Wirst du dieses Jahr noch einen Berglauf einbauen, evtl. Brandenkopf oder Belchen?
Liebe Grüße,
Volker

7
@Volker: Stimmt! Und das große Kuchenbuffet!; Alles selber gemacht! Ganz großes (Damen- :teufel: - fünf Mark in die Chauvi-Kasse) - Tennis!

Bergläufe in 09?: Den Aletsch-HM - Aletsch-Halbmarathon - gilt der als Berglauf? - ab km 15 wohl schon - hab´ ich fest vor! Wenn er zeitlich wider Erwarten nicht hinhaut, geht´s am 4.7. ziemlich sicher auf den Schauinsland; DIE Strecke kenn´ ich "im Schlaf" - Ansonsten geh´n wir mit der Laufgruppe dieses Jahr noch nach "Malle" - "Städtepokal knacken" - und FfM steht auch noch an; deshalb allenfalls noch der Belchen (würde zeitlich hinhauen und bei meiner Standard-Abendrunde über den Schönberg winkt er mir förmlich zu; ist aber ziemlich viel Asphalt)

Was hast Du dieses Jahr noch vor?

Liebe Grüße

Uli

8
uli.g. hat geschrieben: Bergläufe in 09?: Den Aletsch-HM - Aletsch-Halbmarathon - gilt der als Berglauf?
Ist doch egal ob der gilt :zwinker5: , sieht ziemlich wüst aus, da musst du dich bis KM 15 aber gehörig zurück halten oder TDL mit langen Anstiegen am Schluss trainieren.
uli.g. hat geschrieben:Was hast Du dieses Jahr noch vor?
In 3 Wochen werde ich beim Grenzstaffellauf in der Staffel den 1.Teil übernehmen und im Herbst ist noch der Albmarathon (die 25KM) geplant.
Alles weitere ist noch recht schwammig, ich möchte mindestens noch einen schnellen 10er+HM laufen (meine PB`s sind überfällig).
Nach dem Hundseck-Berglauf bin ich aber auch ganz heiß auf einen weiteren Lauf im Schwarzwald :teufel: , nur welcher ist noch offen.
Belchen sieht sehr interessant aus, ist zeitlich aber nicht so ideal, mal sehen.

Fast hätte ich es vergessen, am Wochenende werde ich noch mit ein paar anderen Fori(s) am Hohenneuffen-Berglauf starten.
Liebe Grüße,
Volker

9
Hallo Volker; ich sitze noch immer an einer x-blöden Akte, die bis morgen bearbeitet sein muss; deshalb nur ganz kurz:

- der Aletsch ist - glaubich - erst ab km 19 richtig, dann aber richtig! fies!; deshalb werd´ ich mich sehr zurückhalten! wobei: der Blick auf den Gletscher muss der Hammer sein! Ich kenn´ die Gegend vom Wandern und Skifahren; Deinen Tip: "Tempo raus und Trainieren" werd´ich auf jeden Fall beherzigen!!!

Und wenn´s Dich in unsere Gegend verschlägt!: gib ein kurzes Signal, falls Du jemanden benötigst, der Dir am Start "viel Glück" wünscht; ich befürchte, dass wir i.ü. in "verschiedenen Ligen" laufen .......

So, jetzt mach´ ich meine Akte fertig!

LG Uli
Gesperrt

Zurück zu „Foren-Archiv“