Der Tag begann um 3:45 Uhr mit dem Wecken, da wir zu Hause geblieben waren und erst eine Stunde bis zum Schwimmstart anreisen mussten. Es lief wie am Schnürchen, so dass meine Frau und ich pünktlich un 5:30 Uhr in Heuberg am Main-Donau-Kanal einpassierten. Zunächst Fahrrad herrichten, das bereits am Vortag in der ersten Wechselzone abgegeben worden war. Reifen aufgepumpt, Luftpumpe befestigt, Wasserflasche ans Rad. Wasserflasche? Oh, nein, die stand zu Hause auf dem Küchentresen. Aber meine Frau hatte zum Glück noch eine dabei, die sie mir nun abtreten durfte.
Anschließend ging's ins Zelt, um mir die Startnummer auf den Oberarm tätowieren äh, nein mit Edding schreiben zu lassen. Danach umziehen, dick Sonnencreme auf die freiliegenden Hautflächen, Neoprenanzug bis zur Hüfte hochgezogen, alles andere verpackt, Küsschen für die Frau und Tschüss, jetzt ging's los.
Während des Wartens auf meinen Schwimmstart durfte ich noch die Profis bewundern, die bereits seit einiger Zeit unterwegs waren und nun im Kanal an uns vorbei schwammen.
Wie eine Herde Schafe zogen wir dann ins unserer Gruppe durch den engen Durchlass mit der Zeitkontrolle zur Treppe ins bräunlich schimmernde Wasser. Locker bis zur Startleine gekrault und schon ging es los. Bald hatte ich ein Wohlfühltempo gefunden, weil sich das Feld sehr schnell in die Länge zog. Nach ein paar Hundert Metern überholte ich schon den ersten aus der Startgruppe vor mir, erkennbar an der andersfarbigen Badekappe. Ab und zu gelang es mir, im Wasserschatten eines Schwimmers vor mir zu schwimmen. Aber meistens hielt ich mich doch ziemlich rechts, weil ich da den abstand zum Ufer gut kontrollieren konnte.
Erster Wendepunkt nach knapp 1500 m - ein kurzer Blick auf die Uhr, 24:xx Minuten, hey, das läuft ja prima. Jetzt die gleiche Strecke zurück plus 500 m dazu bis zum zweiten Wenepunkt. Recht ereignislos das Ganze. Nur die Badekappen wurden zunehmend farbiger. Der Wendepunkt selbst war für mich als Blindfisch ein bisschen schwer zu erkennen, da er nur durch einen großen Luftballon markiert war. So schwamm auch von sehr weit außen an ihn heran, was dafür den Vorteil hatte, dass ich keine Prügel bezog. Auch hier ein kurzer Blick auf die Uhr - knapp unter einer Stunde, Mensch das gibt eine super Zeit!
Auf den letzten knapp 400 m wollte sich ein Krampf in mein linkes Bein einnisten. Zum Glück schaffte ich es, diesen wieder auszuschütteln. Dann war auch schon der Ausstieg. Zwischenzeit gestoppt, 1:07, Bestzeit - hurra!
Im Galopp zu den Wechselbeuteln, ab damit ins Zelt, Badekappe, Schwimmbrille und Neopren runter, Verpflegung ins Trikot gesteckt, Neopren in den Beutel gestopft, zum Fahrrad gelaufen, Brille auf, Helm auf, Schuhe an und ab geht's. Wechselzeit 3:15 Minuten, nicht schlecht.
So, und jetzt? Erst mal ein passendes Tempo finden. Zum Glück geht es in Roth erst mal leicht bergab, was mir aber nicht ausreichte, um meine Beine auf Betriebstemperatur zu bringen. So waren die ersten Anstiege noch etwas schmerzhaft - ein Omen, was mir noch bevorstehen sollte?
Allmährlich lief es dann aber besser. Ein leichter Ostwind, der bis Greding von vorne ins Gesicht blies, sorgte für etwas Abkühlung. In Greding dann der Kalvarienberg. Wie es Kalvarienberge so an sich haben, geht es auch hier länger bergauf. Ich gehe kein Risiko ein und beherzige den Rat meines Trainingskameraden Peter, immer einen Gang leichter zu fahren als es mir möglich ist. Danach kommt bald die Abfahrt nach Obermässing und dann mein persönliches "Hassstück" bis zur Verpflegungsstelle nach Karm. Aber, dank des Windes, der nun von hinten kam, war dieses Stelle sehr schnell erreicht. Nun eingeschwenkt auf die Strecke des Rothseetriathlons (

Und dann das Highlight der Radstrecke, der Solarer Berg. Duch ein Zuschauerspalier von einem Meter Breite wollte ich locker hochradeln und die Atmosphäre genießen. Aber irgendwie fühlten sich meine Beine nicht mehr so frisch an. Meine Rückenprobleme waren zwar nicht so stark wie befürchtet, was aber nicht heißt, dass ich Beschwerdenfrei war, um es freundlich auszudrücken. Nun folgte ein Haken, um die Radrunde auf die erforderliche Länge zu bringen. Diesmal mit inzwischen heftiger gewordenem Gegenwind. Nach 2:38 Stunden hatte ich die erste Radrunde beendet, was einem Schnitt von 31,5 km/h entspricht. Zu schnell? Ich weiß nicht. Aufgrund der ziemlich dürftigen Vorbereitung befürchtete ich, dass die Power nur für 120 km reichen würde. Und so war es auch. Auf den lange 20 km bis zum Gredinger Berg wurde mir die Rechnung gereicht und ich musste feststellen, dass ich kein Geld dabei hatte, bildlich gesprochen. Der Wind blies nun kräftig von vorn was mir wirklich die letzten Körner aus den Beinen zog. Trotzdem wollte ich mich nicht in den Windschatten eines anderen Sportlers hängen, so wie es nun viele taten.
Der Rest ist schnell erzählt. Nun half nur noch Tunnelblick. Gredinger Berg ging gerade noch so, weiter, immer weiter. Der Berg vor Hilpoltstein im Jogger-Tempo, Solarer Berg, inzwischen nur noch spärlich von Zuschauern besucht, schaffte ich auch noch gerade so. Die Anfeuerung durch meine Familie registrierte ich nur noch ganz weit im Hinterkopf. Die letzte Verpflegungsstelle hatten sie schon abgebaut, oder? Ist natürlich Quatsch, aber ich könnte schwören, dass sie nicht mehr da war. Ich weiß nicht wie oft ich gedacht habe, aufzuhören, den Kram hinzuschmeissen. Aber am Schluss siegte doch der Gedanke, wenigstens das laufen noch zu versuchen.
Also erreichte ich tatsächlich noch die Wechselzone, völlig am Ende und mit der Aussicht, nun nur noch ein kleines Marathonläufchen vor mir zu haben. Verständlicherweise dauerte der Wechsel etwas länger als üblich, aber das laufen ging dann gar nicht mal so schlecht. Der erste Kilometer war sogar viel zu schnell. Und auf dem zweiten bekam ich einen heftigen Krampf in der rechten Wade, der mich bis zum Schluss nicht mehr los lassen sollte, soviel vorweg. Also, dehnen, los aufen, Krampf, dehnen, los gehen, langsam ins Laufen kommen. So ging das fortan. Bis zum ersten Wendepunkt wollte ich es auf jeden Fall schaffen, weil da meine Familie wartete. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich aufgehört, definitiv! Wahrscheinlich ;-) Nach einer endlos langen Zeit erreichte ich tatsächlich den Punkt. Meine Frau war entsetzt wegen meines Aussehens und macht sich fortan größte Sorgen. Noch immer war ich nicht sicher, ob ich das Ziel erreichen würde. 30 km im 8-Minuten-Schnitt bedeuten noch vier Stunden Quälerei. Dank der salzigen Kekse, die ich regelmäßig verdrückte, wurde es aber nach etwa 15 Kilometern etwas besser, so dass die gelaufenen Stücke wieder länger wurden und auch der Krampf sich nur noch unterschwellig bemerkbar machte.
Lände Roth, km 22 - zum zweiten Wendepunkt 9 km. Tue ich mir das noch an? 20 km mal 8 sind 160 Minuten, über 2½ Stunden. Jetzt kommt der Finisher-Gedanke. Ja, ich will heute ins Ziel. Endzeit völlig egal, die 12 Stunden sind längst passé, unter 13 müsste machbar sein.
Am zweiten Wendepunkt stand wieder meine Familie und ich beruhigte meine Frau. Zu dem Zeitpunkt war ich zwar sehr, sehr müde, aber es ging mir nicht so schlecht wie noch am ersten. Was sie auch an meinem Äußeren erkannte.
Und so lief und wandere ich allmählich zurück Richtung Lände. Mit der Erkenntnis, Walken hat auch was für sich. Dort angekommen war ich nun endgültig sicher, auch die letzten vier Kilometer bis zum Ziel zu schaffen. Zumal diese seltsamerweise viel kürzer waren als die vorangegangenen 38. So konnte ich den Schnitt von 8 km/Minute auf 6:30 verkürzen. 200 m vor dem Ziel überfiel mich ein letztes Mal ein Krampf, diesmal in beiden Waden gleichzeitig. Nochmal gedehnt und dann locker im Zielkanal ins Stadion. Dort warteten schon meine Lieben und reichten mir den Sohnemann. Mit dem bin ich dann nach 12 Stunden und 35 Minuten über die Ziellinie gelaufen.
Natürlich mache ich sowas nie wieder. Wahrscheinlich. Obwohl? Wer weiß? Jedenfalls nicht mit so wenig Training. Weil Spaß gemacht hat es nur die ersten 3½ Stunden. Die restlichen 9 Stunden waren, Quälerei, Kampf und Krampf.
Aber jetzt überwiegt doch der Stolz, doch noch gefinshed zu haben und soooo schlecht ist die Zeit ja auch nicht. Obwohl mir das nun wirklich völlig egal ist.
@Ingo77: Langdistanz mit 5 Stunden Training pro Woche ist möglich. Aber ich gebe Dir recht, für einen ambitionierten Wettkampf reicht das nicht und Spaß macht er auch nur bedingt.