Schon 2005 hatte ich mich zum Marathon in Berlin angemeldet. Alles lief prima. Schon im Winter hatte ich einige längere Läufe bis zu 3 Stunden bewältigt und war mir sicher - Du kannst es schaffen. Völlig optimistisch ging ich dann im Juni an die 12-Wochen-Vorbereitung des Marathons. Leider nur 2 Wochen, dann hatte ich einen Fahrradunfall, der mich 7 Wochen aus dem Training warf




Erst im November konnte ich wieder anfangen zu laufen und hatte lange Angst, wieder Probleme zu kriegen. Das Training steigerte sich bis zum April 2006 bis zum Halbmarathon, den ich mit für mich gigantischen 1:48:32 lief

Alles war bestens. Ich steigerte wieder das Training und weil es zeitlich paßte natürlich besonders im Urlaub - also im Juli. Es ging mir zu gut und ich wurde übermütig und machte 2 3-Stunden-Läufe in 3 Tagen, das war zuviel, wieder eindeutig das rechte Knie, der Tractus - o nein

Am Abend vorm Marathon ist Fori Treff mit Rennschnecke mit Mann und Baby Antje, Ripple, Biggi, Zack, Schwabenpfeil und Frau, Sumo-Walker, Stephen. Es war ein toller Abend mit tollen Visionen für den Marathon: Realitätsberichte von falsch genannten Start-Zeiten, fliegenden Starts, schlecht ausgeschilderten Strecken, einsamen Läufen, leeren Verpflegungsständen... Aber es konnte ja nichts passieren, wir trafen uns ja schon frühzeitigst vorm geschlossenen Cafe.
Gut hat mir das Gespräch mit Nele getan, mit der ich noch ein Stück mit dem Bus fuhr. Sie hat mir von ihrem 1. Marathon berichtet und ich habe mir dann doch vorgenommen ohne Zeitziel zu laufen.
Dann die letzte Nacht, endlich... Seit um 3 konnte ich nicht mehr schlafen, von mir aus hätten wir auch um 4 starten können

Nachdem wir uns am Cafe getroffen haben, gingen wir gemeinsam in den Tiergarten, suchten unsere Kleider-LKW's auf und gingen an den Start. Ich war super froh, dass Birgit bis zum Start noch da war, die Anspannung stieg ins unermessliche. Nach halbstündigem Warten nach dem Startschuss ging's endlich los. Jetzt durfte ich endlich tun, auf was ich 2 Jahre gewartet habe. Im Hintergrund banges Erwarten, wird das Knie durchhalten?
Die ersten 5-km laufe ich für "ohne Zeitziel" doch noch zügig. Ich versuche unter 6 min zu bleiben, probieren kann mans ja mal, hab die 30 km doch auch im 5:30er Schnitt bewältigt (bloß da war ich trainiert...). Nach 10 km fange ich an zu verspannen. Ach Du Sch.... jetzt schon!? Neben mir kommt ein Läufer und fragt mich, "wann denn der Endorphin-Stoß kommt?". Ich kann das auch nicht auf den Meter konkretisieren, aber wir kommen ins Gespräch und laufen 7 - 8 km miteinander. In Kreuzberg sollte der 1. Groupie stehen, aber ich kann ihn nicht sichten. Plötzlich fällt mir auf, dass ich wieder locker bin. Tempo rausnehmen und ablenken hat mir gut getan. Ich genieße die Atmosphäre, so langsam ist richtig was los. Das Publikum ist gut drauf, es ist strahlender Sonnenschein und ich nehme mir vor, jeden Meter zu genießen, den ich dabeisein darf. Km 21 steht meine beste Freundin - winkt und freut sich, als wäre sie selbst dabei. Die Samba-Bands trommeln, mehrfach läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken - Ich bin so froh, dabeizusein. Mehrere Läufer sind so happy, dass sie unterwegs Lieder anstimmen - und ich bin mittendrin - zwischen den glücklichen Läufern und dem tobendem Publikum und den Sambatrommeln. Mir gehts prima, alles ist locker. So langsam merke ich meine Beine - ich weiß, ich bin nicht wirklich trainiert... Egal - jeden Meter genießen. Km 25 steht mein Mann mit Familie. Meine Tochter Julia bestand darauf, mir Wasser zu bringen. Wie ein professioneller Wasserträger läuft sie neben mir her, strahlend reicht sie mir die volle Flasche, nimmt die andere mit - die Freude steht ihr im Gesicht geschrieben.

Der nächste Groupie Sabine steht auf dem Ku-damm km 33 - 8 km ist ein Stück. Es geht vorbei am wilden Eber. Den habe ich mir toller vorgestellt, ich dachte immer, es wäre das High-Light, aber so hab' ichs nicht empfunden. Weitergehts den ewig ewig langen Hohenzollerndamm entlang. Km 30 bekomm ich Schwierigkeiten, weil das Läuferfeld, in dem ich bin immer an den Verpflegungspunkten stehen bleibt und somit auch ich. Es tut einfach mehr weh, wenn man wieder loslaufen muß. Ich beschließe, mir das mitgeführte Wasser einzuteilen, 12 km, meine Hausrunde, das muß doch gehen... Das wird mir später noch leid tun. Ich lasse also den nächsten Wasserstand aus. Km 33 steht Sabine und freut sich winkt mir zu "Prima, du schaffst es" - jetzt sind es nur noch 9 km! Weiter... Km 35 - bis hier laufe ich gleichtmäßig 30 - 34 min - merke ich eine leichte Schwächewelle. Schock! Ist das etwas das 1. Anzeichen vom Mann mir dem Hammer? Bloß nicht einbrechen jetzt! Was tun? OK Ein Dextroenergen, gut ah ein Verpflegungstand, 1 B Wasser, 1 isontonisches Getränke, Red Bull - noch nie getrunken, egal ....




Meine Zeit (4:41) ist völlig o.k. und war mir schon unterwegs so egal - ich war dabei, das wars was zählte. Mein größter Wunsch ist in Erfüllung gegangen.
Auf der Heimfahrt, als ich zur Ruhe kam, bekam ich auf einmal Kreislaufprobleme. Vorsichtshalber habe ich im KH ein EKG machen lassen, was aber völlig i.O. war. Allerdings war ich dehydriert und bekam 2 Infusionen, wonach es mir schlagartig besser ging. Es war also nicht der Mann mit dem Hammer km 35, sondern ein Flüssigkeitsproblem. Dabei hab ich insgesamt echt super viel getrunken... Ich mußte da noch ganz schön drüber nachdenken - hab mich auch einfach erschreckt, wie mir der Kreislauf wegsackte. Habe ja auch von dem Mann gehört, der reanimiert werden mußte.
So toll ein Marathon ist, es ist trotz alledem eine super Herausforderung an unseren Körper. Mein Körper ist kreislaufmäßig echt nicht zimperlich und doch hat er gekontert...
Was bleibt ist ein wunderschönes Erlebnis - ich bin angekommen, durchgekommen und bin gesund - und auch ein bißchen nachdenklich.
Liebe Grüße Binchen